Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0439
DOI Heft:
Heft 3 (November 1913)
DOI Artikel:Vom Schreibtisch und aus dem Atelier
DOI Artikel:Rath, Willy: Münchner Dichter
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Münchner Dichter 361
HZ
Ludwig Thomas Landsitz in Nottach am Tegernsee
„Mutter Erde" und neuerdings als er-
zählender Dichter von Bedeutung, auch als
geselliger Mensch von Geist und Witz, als
sozusagen repräsentierender Poet, nimmt
er hier eine ganz besondere Stellung ein.
monumentalen Prinzregentenstraße, gegen-
über der neuen Schackgalerie.
Von den Modernen, die zu Anfang der
neunziger Jahre in Bierbaums Musen-
almanachen vereinigt waren, haben auch
Von der Persönlichkeit
Frank Wedekinds gilt das-
selbe. Nur daß die Stel-
lung Wedekinds zur Umwelt
komplizierter ist. Ihn zieht
es ungefähr so wie andere
Künstler auch zum zweck-
befreiten Umgang mit
Menschen; wenn er zu vor-
gerückter Stunde in der
Tiroler Weinstube seine
Brettllieder zur„Klampf'n"
singt, kann er der liebens-
würdigste Mitmensch sein.
Doch fühlt er sich zuweilen,
scheint's, wieder getrieben,
inmitten der Geselligkeit als
unruhevoller Einsamer, der
er ist und bleibt, unvermutet
zu verstummen, einen Eris-
apfel indieCorona zuschleu-
dern oder zu verschwinden.
Wedekind (geboren 1864
zu Hannover, aufgewachsen
in der Schweiz) wohnte,
mit Unterbrechungen, als
Junggeselle manches Jahr
im Bohemeviertel der
Kunststadt. Als Ehemann
schuf er sich mit der an-
mutigen Lebens- und Gast-
spielgefährtin ein hochherr-
schaftliches Heim an der
HZ
Ludwig Thomas Landsitz in Nottach am Tegernsee
„Mutter Erde" und neuerdings als er-
zählender Dichter von Bedeutung, auch als
geselliger Mensch von Geist und Witz, als
sozusagen repräsentierender Poet, nimmt
er hier eine ganz besondere Stellung ein.
monumentalen Prinzregentenstraße, gegen-
über der neuen Schackgalerie.
Von den Modernen, die zu Anfang der
neunziger Jahre in Bierbaums Musen-
almanachen vereinigt waren, haben auch
Von der Persönlichkeit
Frank Wedekinds gilt das-
selbe. Nur daß die Stel-
lung Wedekinds zur Umwelt
komplizierter ist. Ihn zieht
es ungefähr so wie andere
Künstler auch zum zweck-
befreiten Umgang mit
Menschen; wenn er zu vor-
gerückter Stunde in der
Tiroler Weinstube seine
Brettllieder zur„Klampf'n"
singt, kann er der liebens-
würdigste Mitmensch sein.
Doch fühlt er sich zuweilen,
scheint's, wieder getrieben,
inmitten der Geselligkeit als
unruhevoller Einsamer, der
er ist und bleibt, unvermutet
zu verstummen, einen Eris-
apfel indieCorona zuschleu-
dern oder zu verschwinden.
Wedekind (geboren 1864
zu Hannover, aufgewachsen
in der Schweiz) wohnte,
mit Unterbrechungen, als
Junggeselle manches Jahr
im Bohemeviertel der
Kunststadt. Als Ehemann
schuf er sich mit der an-
mutigen Lebens- und Gast-
spielgefährtin ein hochherr-
schaftliches Heim an der