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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 1.1913/​1914

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Heft 3 (November 1913)
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Molo, Walter von: Das Perpetuum mobile: die Tragikomödie der Technik
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https://doi.org/10.11588/diglit.54883#0488

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402 Walter von Molo:


Ein magnetisches Perpetuum mobile aus dem 17. Iahrh.

nik von heute und gestern manches
verdankt. Sie fanden die brauch-
barsten Dinge, gerade dann, wenn
das Gold oder der Stein der Wei-
sen sich am hartnäckigsten weiger-
ten, zu erscheinen. Vielfach und
gewunden sind die Wege, auf de-
nen sich der Mensch hinter das
Weltwunder schleichen wollte. Mit
Rädern und Gewichten, mit Wasser-
rädern und tiefsinnig placierter
Schwerkraft, mit Magnetismus
und Elektrizität, mit Flüssigkeits-
hebern, mit allem möglichen und
unmöglichen sind sie ausgezogen.
John Wilkins, Bischof von Chester
(er starb 1672), hinterließ eine Schrift über
die Bemühungen, das Perpetuum mobile zu
finden. Er teilt darin die Mittel, die seine
Zeit anwendete, wie folgt mit: 1. mittels
chemischer Extraktionen, 2. mit magnetischer
Kraft, 3. mittels der natürlichen Wirkung der
Schwerkraft.
Paracelsus und seine Zeitgenossen haben
geprahlt, daß sie mit ihren chemischen Sepa-
rationen und Extraktionen eine förmliche
kleine Welt, mit allen Himmelserscheinungen,
mit Donner, Blitz, Regen, Ebbe und Flut,
Herstellen und in perpetueller Bewegung er-
halten könnten. Nach Wilkins war solch ein
chemisches Ewigkeitsrezept zur Erzeugung
einer perpetuellen Bewegung, folgendes:
„Mische 5 Unzen von 9 mit einem gleichen
Gewichte von A; reibe sie mit 10 Unzen

Sublimat zusammen, lasse dies in einem
Keller auf einer Marmorplatte vier Tage
lang sich auflösen, bis es wie Olivenöl wird,
destilliere dies mit Feuer von Spreu oder
Treibfeuer, und es wird zu einer trockenen
Substanz werden. Durch Wiederholung
dieser Auflösungen und Destillierungen werden
mit der Zeit verschiedene kleine Atome produ-
ziert, welche, wenn sie in ein Glas gegeben
werden, eine perpetuelle Bewegung haben."
Ein magnetisches Perpetuum mobile, zu
Bischof Wilkins Zeit, zeigt eine unserer Abbil-
dungen. Der Magnet a soll die Kugel e die
schiefe Bahn hinaufziehen, durch ein Loch in
der schiefen Führung soll die Kugel hierauf
auf einen gewölbten Bogengang ll fallen, nach
vorne rollen, und dort einen daselbst ange-
ordneten Durchgang öffnen, der sie wieder
zum Ausgangspunkte ihrer
Bewegung bringt, wo sie die
„perpetuierliche" Bewegung,
in der eben beschriebenen
Weise, fortzusetzen hätte. —
Lassen wir dem Bischöfe selbst
das Wort (nachDaul): „Ob-
gleich diese Erfindung auf
den ersten Anblick eine starke
Wahrscheinlichkeit zeigt, so fin-
det sich doch verschiedenes,
was sich als verfehlt Heraus-
stellen muß: der Magnet muß
so stark sein, daß er die Kugel
auf der schiefen Bahn hinauf-
ziehen kann. Da aber die vom
Magnet angezogene Kugel
hierbei ihren Weg nicht leicht
hinauf roll en kann, sondern
schwerfällig hinaufgleiten
muß, bedarf der Magnet doch
immer einer Kraft, die Rei-
bung der Kugel auf der schie-
fen Ebene zu überwinden,
welche dann auch gewiß hin-
reicht, sobald die Kugel oben
angekommen ist, sie vol-
lends an den Magnet zu
ziehen, so daß sie nicht durch
das Loch fallen kann, sondern
am Magnete gehalten wird
und ihrem Ziel gleich am An-
fänge ein Ende gemacht wird."


Wasserrad, das das zu seinem Betriebe erforderliche Wasser selbst
in die Höhe pumpt (16. oder 17. Jahrhundert)
Aus dem Deutschen Museum in München
 
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