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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44126#0023
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«8 enge Bezie-
_ __ Deutjchösterreich Ke¬
es das letzte Ziel des Geisetregimes der ungarischen Kon-

KMMerg- Mittwoch, 7-. Lsnrrür L8LH
S - L. LEhrganK


Mv-naLKch eiaschs. TrSgrrlshn 2.5V-Mk. ArrZrlgenpreise:
«q, ^^paich'jS Kesjtzeite (SS vrm drviy 4v Ng„ Aeffame-An zeigen
^mru in-riy L- M. Bei M«bech»i,m-g«a Rachlaß nach Laris.
. GLyeunmrrktÄkBs«, werben »W avstzevomM«,.
: 8 - r/.ch Lhr. Epreckstm-en der Redaktion: 11-1L Mr.
^Msiantg KMMichs Nr. 22577. Lel.-Ebr.: NoikszLttnng.Helb-MrK.

Gegen Arco wird verhandelt!
Der Erste Staatsanwalt beim Landgericht München I. Hahn,
sendet uns folgende Zuschrift:
Die Nachricht, daß Arco-Valley, der Mörder des bayerischen
Ministerpräsidenten Kurt Eisner, für dauernd verhandlungsunsähig
erklärt worden sei und seine Tat daher ungcsühnt bleibe, ist unzu-
treffend. Rach den vorliegenden drei ärztlichen Gutachten han-
delte es sich nur um eine vorübergehende Berhandlungsun-
fähigkeit, welche die Absetzung der aus den 9. Dezember 1919 anbe-
raumken Hauptverhandlung notwendig machte. Die Staatsanwalt-
schaft bei dem Vollsgericht München l hat unmittelbar nach dieser
Terminobsetzung die zur Ermöglichung einer Hauptverhandkma er-
forderlichen Maßnahmen eingeleitet und wird, sobald es die gesund-
heitlichen Verhältnisse Arcos gestatten, voraussichtlich noch im
Laufe dieses Monats deren Durchführung betreiben.
Veruslwg im Prozeß Hiller.
Wie die Korrespondenz B. S. erfährt, ist das Urteil gegen den
Oberleutnant Hiller, der bekanntlich wegen mehrerer schwerer Miß-
handlungsfälle, darunter im Falle Helmhake, angeklagt war und
wegen Mißhandlung Untergebener in zwei Fällen mir 7 Wochen
Festungshaft bestraft worden ist, vom Gerichksherrn nicht be-
stätigt worden. Der Gerichtsherr —. der Kommandant von Ber-
lin — hat vielmehr Berufung eingelegt, und zwar im
Falle Helmhake, jedoch nicht aus 8 123 des Militärstrafgesetzbuches
lHerbeisührung des Todes), sondern aus 8 122 (vorschriftswidrige
Behandlung im Dienst). Diese vorschriftswidrige Behandlung
Helmhakes wftd erblickt in der dem H, durch Hiller verabfolgten
Ohrfeige, des Stoßes und des Verbotes des Essens. Der neue
Prozeß Hiller wird vor dem Obe rkricgsgc richt verhandelt
werden. , ,

Nur noch für 1Z Tage Brot.
Berlin, 7. Ian. (W.T.B.) Obne Unterschied der Parteien
beschäftigen sich die Blätter mit der Zukunft unserer Ernährung und
erheben die Frage, ob wir vor einer Hungersnot stehen. Der Ber-
liner Magistrat erklärte, daß ihm auch nach der Unterredung mit
den Reichsbehörden schwerste Besorgnis geblieben sei. Die Reichs-
getreidestelle besitzt zur Zeit einen Vorrat, der nur noch für ungefähr
15 Tage ausreicht. Anfangs Februar wird die Reichsgetreibestelle
leer fein. Der Magistrat richtete daher die Mahnung an die Re-
gierung, kostbare Zeit nicht ungenützt verstreichen zu lasten. Die
Besorgnis des Magistrats wird durch ein bei der Reichsgetreide-
stelle eingezogene Erkundigung des „Berl. Lok.-Anz." bestätigt. Die
Vorräte, über die die Reichsgetreidestellc verfügt, reichen nicht mehr
für einen Monat. Die einzige Hoffnung über eine Auffüllung der
Vorräte beruht in den Eingängen, die man infolge der Ablieferungs-
prämie erwartet.
Eine Einigung in den Eisenbshusr-
nerhandlrmgen.
Berlin, 7. Ian. (W.T.B.) Die Verhandlungen über den
Eisenbahnerlohntarif sind bei den sachlichen Beratungen in einem
wichtigen Punkte zu einem Ergebnis gelangt. Als oberste Wirt-
schaftsklasse wurde eine solche vereinbart, in der der Stundenlohn
für einen Arbeiter von über 24 Jahren auf 3.50 Mk. festgesetzt
wird. Darüber hinaus soll jedoch eine Ausnahme allein für Berlin
gebildet werden, in der dieser Lohn 3.60 Mk. betragen soll. Man
hofft auf rüstiges Fortfchreiten der Verhandlungen, da auf beiden
Seiten bas Verirauen vorhanden ist, den umfangreichen Stoff
möglichst bald zu erledigen.
Die rumänische Delegation in Paris.
Paris, 7. Ian. (W.T.B.) Die neue rumänische Delegation
hat am Dienstag nachmittag Dutasta im Sekretariat ber Friedens-
konferenz ihre Vollmachten überreicht.
Die Japaner in Sibirien.
Rewyo^k, 7. Ian. (W.T.B.) Ein in Honolulu erscheinen-
des japanisches Blatt Hal ein Telegramm aus Tokio erhalten, dem-
zufolge große japanische Verstärkungen nach Irkutsk geworfen wer-
den, um den Streitkräften Koltschaks bcizusteben.
dieser Republik elender Bürgerlicher bedeuten würde. Die nationalistische
oder klerikale Partei hat keine Neigung für England und immer Sym-
pathien für Rußland, aber sie denkt im Traume nicht daran, ihr Geschick
mit demjenigen Rußlands im gegenwärtigen Kriege zu vereinigen. Zwi-
schen diesen beiden Parteien wird die republikanffche Regierung neutral
bleiben und nichts tun. Ei, g ! a n d rechnet auf die Neutralität und auf
die daraus folgende Isolierung Rußlands. Ich weiß ganz genau, daß im
Dezember letzten Jahres der französische Finanzminister Rouvicr nach
feiner eigenen Versicherung dem Finanzagenten einer anderen Macht
sagte, daß aus keinen Fall, was immer .sich auch ereignen würde, Frank-
reich sich einem russisch-javanischen Kriege anschlicßcn würde, selbst wenn
England auf feiten Japans stehen würde. Um dieser Republikaner dop-
pelt sicher zu sein, hat England Frankreich Marokko übergeben. Die ab-
solute Sicherheit, daß Frankreich neutral bleibe und selbst seinen diploma
tischen Beistand England leihe, ist die Ursache dieser englischen Politik.
Dieser unerhörte Zustaird der Dinge läßt sich zum Bessern wenden, sobald
Frankreich sich der Notwendigkeit gcgenübersieht, Partei zu ergreifen und
sich offen zu erklären entweder für Petersburg oder für London. Wie ich
vorher gesagt habe, sind die Radikalen, welche England zuncigcn, dem
Kriege und dem Militarismus abgeneigt, während die Nationalisten, wenn

Volkzeitung
für die wetttLiige DrvöKenrng Ser Amtsbezirke HeiKeWerg, Mesioch, GLr»sh«m, Eppmse», «Lberbach, Mosbach, Buchen, Mersheim, Boxöer-g,
—... TtmHerSischofshsiM und

Nuslsnd.
Protestkundgebungen der Wiener Arbeiterschaft.
Wien, 5. Ian. Gestern sanden hier sechs Versammlungen der S o-
zialdemo traten gegen die fortgesetzten Hinrichtungen in Budapest
statt. Es sprachen u. a. Dr. Otto Bauer und Dr. Friedrich
Adler, welche sich in der heftigsten Weise gegen den ungarischen Terror
wandten. I» allen Versammlungen wurde eine Resolution angenommen,
welche gegen die Massenmorde der ungarischen Gegenrevolution leiden-
schaftlich protestiert und in der an die ganze zivilisierte Menschheit appel-
liert wird, dem blutigen Wüten des weißen Terrors in Ungarn Eindali
zu gebieten. Die Wiener Arbeiterschaft stellt fest, daß enge Bezie-
hungen zwischen der Reaktion in Ungarn und in Deutfchösterreich be-
stehen mch'dah es das letzte Ziel des Geisetregimes der ungarischen Kon-
terrevolution ist, nicht nur Ungarn, sondern auch-Oesterreich neuerlich dem
bluttriefenden Hause Habsburg zu unterwerfen.
Die „furchtbare Katastrophe in NußlcuiL".
Rotterdam, 5. Ian. Laut „Nicuwe Rottcrdamsche Courant"
sagte Churchill in seiner schon erwähnten Rede noch, der englisch«
Ausfuhrhandel wachse von Monat zu Monat an Wert und ilmfaiw.
Ls regne Bestellungen in fast allen größeren Indrrstriezweigen,^ nicht
nur für die inländischen, sondern auch-s"
Churchill drang nachdrücklich -pu s Einigkeit. . ,
cmandcrfallen der Kräfte, die die jetzige Regierung stützten, könne nur
die Folge haben, daß die Arbeiterpartei ans Ruder komme,
die sich noch in ihrer Entwicklungszeit befinde und daher vollkommen u n -
geeignet sei, die Verantwortung für die Regierung zu tragen. Chur-
chill betonte die Notwendigkeit, eine genügend große Flotte zu
haben, Leber die „furchtbare Katastrophe in Rußland"
jagte Churchill, der Schatten des russischen Bären erzeuge Unruhe in
Indien. Die Heere Koltschaks seien fast verf ch w unden u.»»
die Denikins in ernster Gefahr. Ihre Vernichtung würde döse Fol-
gen zeitigen, unter denen hauptsächlich «England leiden würde. An dies«
Dinge müße man denken, wenn man sich die Lage in Deutschland
ansehc. Welche Gefühle auch die Engländer hätten, die Dienste eines
großen Teiles der fähigsten und fleißigsten menschlichen Rasse könne man
nicht entbehren. Man müsse aufpassen, daß man sich nicht durch Deutsch-
land irreführen lasse, dürfe es jedoch auch nicht bis zum äußersten
treiben. ° Wenn Frankreich bereit fei, mit Deutschland Handel zu treiben, -
so dürften die Engländer nicht beiseite stehen. England müsse
dafür sorgen, daß es seinen Anteil am deutschen Markte, der vor dem
Kriege von jo unermeßlichem Interesse für die Wohlfahrt Englands ge-
wesen sei, nicht verliert.
Wahlsieg der englischen Arbeiter.
Bei der Ersatzwahl in dem englischen Wahlkreis Spe ii B a l-
l e y, die am 2. Januar stattfand, wurde der Kandidat der
Arbeiterpartei Tom Myers mit 11962 Stimmen
gewählt. Der liberale Kandidat Sir John Simons erhielt
10 244 Stimmen und der offizielle Kocilitionskanbidat Fairsax 3134
Stimmen.
Die „Freiheit" schreibt dazu:
Die Wahl Hai weit mehr als eine lokale Bedeutung, denn um Sven
Valley wurde mit großer Erbitterung und von allen Parteien mit Auf-
bietung aller Kräfte gekämpft. Der Ausgang galt von vornherein als
symptomatisch für den Stand und das Schicksal der liberal-konservativen
Regierungskoalition. Der bisherige Inhaber des Mandats T. P. Whitt-
oker war ein Liberaler, der sich auf den Boden ber Koalition stellte und -
bei den Siegeswahlen vom Dezember 1918 vor Tom Myers einen Vor-
sprung von mehr als 2000.Stimmen hatte. Nach seinem Tode zeigte sich ,
oie örtliche liberale Organisation rebellisch. Sie wollte von dem Lloyd
George-Block nichts mehr wißen und beschloß die Aufstellung eines von
der Koalition unabhängigen Bewerbers. Sie fpanble sich zunächst an
bcn srüheren Premierminister Asquith und stellte bann, als dieser ab-
lehnte, einen anderen führenden Mann der Linkslibcralen Sir John
Simons aus. Aber auch mit diesem starken Kandidaten »var der Vor-
marsch der Arbeiter nicht auszuhalten und die meisten Stimmen ver-
einigten sich auf Tom Myers, einen Mann der Unabhängigen Arbeiter-
partei, der damit, da cs in England keine Stichwahl gibt, den Sieg da-
vongetragen hat. , ....
Das Ergebnis von Spcn Valley reiht fich würdig anderen Ersatz-
wahlen an, die in der letzten Zeit vorgenommen worden sind. Ueberall
zeigt sich ein rapider Rückgang der Koalition und ein gewaltiges An-

Acrankworkl.: Für innere u. äußere Politik, Dolkcwirkfchast aHeullketon: Sk.
(Z. Kraus; für Kommunales u. soziale Rundschau: I. Kahn: für Lokales:
O.Gelbeli für dis Anzeigen: H.Hoffmann, sämtlich in Heidelberg.
Druck und Verlag derllntrrbäbischen Perlagsanstatt G. m. b. H.,Heidelberg,
Geschäftsstelle: Gchröderstraßr 3«.
Fernsprecher: Atyelgen-Ännahme-t2«kZ, Rebattwn 2«8. /

Politische Übersicht.
Deutschland und Frankreich.
«0^.8^ biesem bedeutsamen Thema schreibt uns im Anschluß an die
arb^imAichllirg der Kaiserbriefe an den Zaren unser Ä.-Mit-
Briese Wilhelm !I. an den einstigen Zaren, seinen ge-
ök jetzt von ber „Voss. Ztg." veröffentlicht werden,
minÄ, Vorwurf der Zickzackpolitik, den man ber Wilhel-
5" Aera machte, in einem Punkt ganz unbegründet war.
abe Narrheit Wilhelms gibt es heute kaum noch einen Streit,
ml/ Narr von Gottes Gnaben batte eine fixe Idee, an ber er
lein ""geheurer Zähigkeit festhielt, und bas war eben die fixe Idee
Gr Ht t° " a d e n t u m s. Sie wurde im höchsten
ade mitbcstimmender Faktor der auswärtigen Politik, und so ist
lchlietzsich, die uns in den Abgrund geführt hat. Wenn
, vHelm feinen R'iky schon 1895 vor zu intimem Umgang mit den
«-»«^llfchen Republikanern und Königsmörbern, „diesen Schuf-
«V, ivarnt und unentwegt die Idee des monarchischen Zusammen-
oMfes. verkündet, so schreibt er ebenso noch an den Rand eines
«rrenstückcs aus dem Jahre 1914, das Rußland als Hort des
-i?"Bchdchen Prinzip feiert, die Worte: „nicht mehr, seit dem es
cy mit der franz. Soz.-Republik verbündet hat!"
„ , Offiziell wurde uns gelehrt, daß auswärtige Politik ohne Rück-
lall innere getrieben werden müsse. Hinter den Kulissen
es jedoch anders aus. Die gegenseitige Thronversicherung°G.
'/lv- war das heimliche Leitmotiv, und von dem westlichen Aach-
trennte uns eine unüberbrückbare Kluft, denn sie Waren ja die
^epMikaner, Schufte und Königsmördrr. Daran mußte, solange
"Ü5 Regiment am Ruder war, jeder "Annäherungsversuch zwi-
Dnrlfchland und Frankreich scheitern, und wir verstehen heute
7>^Nchrs, z. B. bas Verbot Bülows gegen James, in Berlin zu
besser als wir es früher verstanden haben. Mehr als El-
M»Lothringen war bas deutsche Kaisertum ein Hindernis für die
"ttederrrrsiänbigung. die allein Europa dis Schrecknisse des furckck
"afften Kriege ersparen konnte.
O An diesem Tatfachenbestandc wird uns aber auch noch etwas
nämlich welch ungeheure Bedeutung der Sturz des Kaisertums
Md die Begründung der deutschen Republik für ganz Europa ge-
kann. Der Krieg und sein Ausgang haben furchtbar« Ge-
«"statze zwischen Deutschland und Frankreich wieder aufgerisfen, aber
er dauernde unüberwindliche Gegensatz dpr verschiedenen Regie-
M'gsftrmcn ist beseitigt, und klingt cs aus dem Westen: „Vivo la
l^dubttquc!" so tönt vom Osten die Antwort hinüber: „Es lebe
^„Republik!" Das ist der beste Anfang, „pour mieux sc connai-
" . um einander besser zu verstehen.
' Dazu wird freilich vor allem notwendig sein, baß Frankreich
bemokratisch republikanischer Gesinnung hinter Deutschland nicht
srirück bleibt. Genosse Trvelstra schrieb neulich, ber Militarismus
Rr lot, nur seinen Sitz von Berlin nach Paris verlegt,
^as ist Militarismus aber anders als ein Monarchismus ohne
War es in Deutschland der Monarch, für den die sranzö-
fstche Republik als Republik die ewige Feindin war, so waren es
« Frankreich die monarchistisch-militärischen Klüngel, die 40 Jahre
gegen Deutschland den Geist der Revanche näherten. Heute
U diese Gesellschaft in Frankreich oben auf, sie bat den Frieden ge-
sststft, und sie wird durch unsinnige Herausforderungen den gcgen-
«nstgen Haß noch vermehren, so lange sie am Ruder ist.
., Am 1. März 1871 hatte die französische Kammer auch über
Trieben zu entscheiden. Damals hielt der große französische
Dichter Viktor Hugo eine Rebe, in der er den künftigen Sieg
Frankreichs prophezeite mtb weiter sortfuhr:
Dann wird Frankreich ausrufen: Deutschland, da bin ich!
Sinb wir Feinde? Nein, ich bin deine Schwester! Die
Volker bilden ein Volk, eine einzige Republik, vereinigt durch
die Brüderlichkeit. Seien wir die vereinigten Staaten von
Europa, die allgem'ein« Freiheit, ber allgemeine Frieden!
Und dann möge Frankreich zu Deutschland sagen: Wir
sind Freunde. Ich werde niemals vergessen, daß du mich
von meinem Kaiser befreit hast. Ich werde dich von dem
deinigen befreien.
. Hn dieser großen weltgeschichtlichen Perspektive liegt das Heil
"kr französischen wie der deutschen Zukunft eingeschlosfcn. An dem
^s>g, an dem Frankreichs Idealisten erkennen werden, daß es nicht
«ke Aufgabe des französischen Volkes ist, andere Völker zu knechten,
N an dem Frankreichs Realpolitiker begreifen werden, daß 40
Millionen Menschen nicht 60 Millionen Menschen von gleicher
KUtturhShe und Intelligenz knechten rönnen, wird ber Abgrund
Äffchen den beiden großen Republiken des europäischen Kontinents
Überbrückt sein, und wir werden die letzten Reste des letzten Ge°
waitsrredens begraben, um eine besondere Zukunft der Menschheit
«ufzurichten.
Aus den Kaiserbriefen.
„ Nachfolgend ein Brief aus dem Jahre 1904, in welchem
Msi heim dem Zaren ein Bündnis an bi et et. Aus ihm spricht wie-
, . der ganze Haß des monarchischen Kaisers gegen das republi-
onlschx Frankreich, Zugleich ist der Schluß des Briefes ein fpre-
^ender Beweis, welche Bedeutung dieser persönlichen Stimmungs-
^hlilik des Kaisers zuerkannt werden muß, da er so wichtige Schritte
y'tzler dem Rücken seines Auswärtigen Amtes
^nz allein unternimmt.
Liebster Niki!
,. Dein liebes Telegramm bereitet mir das Vergnügen, zu fühlen, daß
Dir in einem schwierigen Moment gedient habe. Ich habe mich mit
j fta Kanzler in Verbindung gesetzt unb wir beide haben g « h e i m, vhne
Kgend jemand zu benachrichtigen, die drei Artikel des Der-
Mges, nne Du cs wünschtest, entworfen. Möge es so sein, wie Du
,°6st. Laß uns zusammensteben, dann könnte unser Bündnis ein
,/'n d e s« n si v e s s c i n, das sich ausschließlich gegen einen eulopäi-
Angreifer oder mehrere Angreifer- in ber Form einer wechselseitigen
§?uerversicherung gegen eine Feuerfront richtet. Es ist wesentlich, daß
stMerita sich nicht durch unser Bündnis bedroht fühlt. Was Fran k-
, k > ch betrifft, so wissen wir beide, daß die radikalen und die an-
» christlichen Parteien im Augenblick di« Oberhand haben und
Island zuncigcn alle Traditionen aus dem Krimkrieg, aber beid« dem
abgeneigt, da ein siegreicher General sicherlich «ine Vernichtung

Haftung ber französischen Blätter in dieser so hochpolitischen Frage
muß uickedingt z u d e n k e n g e b e n. Ist es doch rem französische
Politik im Zusammenhang mit der des Kardinal-Staatssekretärs
Gaspari, welche mit dem Gedanken eines Dsnaubunbe« durch unsere
süddeutschen Partiknlaristen gefordert wird. Das mögen sieh Herr
Heim und Genoßen wohl überlegen!

ftmfang.
größeren Indrrstriezweigen, nicht
für die ausländischen Märkte.
' k: i t. Er fagie, ein Aus-

vorher gesagt habe, sind die Radikalen, welche England zuncigcn, dem
Kriege uni . ' "f"
sie auch den Krieg an sich nicht verwerfen, doch nicht für England sind
und auch nicht gegen Rußland fechten werden.
So liegt es offenbar im Interesse beider Parteien, einen Druck aus-
zuübcn und England zu. raten, den Frieden zu erhalten. Wenn Du und
-ich Schuller und Schulter beicinanderstehen, wird das Hauptergebnis fein,
daß Frankreich sich offen, und formell uns beiden anschließen muß, indem
es schließlich Vertragsverpflichtungen gegen Rußland erfüllt, was von
höchstem Wert für uns ist namentlich mit Rücksicht auf feine schönen
Häfen und feine gute Flotte, die bann ganz zu unserer Verfügung
wären.
Dies wird, dessen magst Du versichert sein, den Befürchtungen betr.
eines sogenannten N c u t-r a l i t ä t s b r u ch c s ein Ende bereiten. Wird
dieses Ziel erst einmal erreicht, so erwarte ich, den Frieden aufrecht er-
halten zu können und Du wirst freie und ungestörte Hand Haden, mit den
Japanern abzurechncn. Laß mich offen hinzufügen, daß ich Deinen
meisterhaften politischen Instinkt bewundere, der Dich veranlaßt hat, den
Norbsee-Zwischensal! (es handelt sich um die Doggerbank-
Affäre) an den Haager Schiebsgerichtshof zu verweisen, denn gerade die-
ser systematisch verdrehte Zwischenfall ist von dem französischen Radi-
kalen Llemdncecw und all dem übrigen Lumpenpack und Pöbel als ein
weiteres Argument gegen die Notwendigkeit, baß Frankrech feine -Der-
tragsverpflichtungen gegen Rußland zu erfüllen habe, ausgenutzt worden.
Bevor wir daher irgendwelche Schritte in dieser Frage erreichen können
und uns Frankreich nähern, muß dieser verdießliche Nordsee-Zwischenfall
erst zu einem Ende gebracht fein.
Ich lege Dir hier beigeschlossen einen Entwurf der Ber-
ti a g s a r ti k c l, wie Du sie wünschest, bei; möge er Deine Billigung
finden. Niemand weih etwas davon, selbst nicht mein Auswärtiges Amt.
Die Llrbclt wurde von Bülow und mir allein gemacht. „Möge Gottes
Segen aus dem Vorhaben ber beiden hohen Herrscher ruhen und die
mächtige Dreilänberaruppc Rußland, Deutschland und Frankreich für
immer Europa den Frieden bewahren helfen." Das waren feine Worte
(Bülows), als wir damit fertig waren.
Der bayrische Partrtularismus.
Die französische Presse beginnt sich mit der Frage „B ayern
und d e r D o n a u b u n d" zu befaßen.
So schreibt „Echo de Paris" vom 2. Ian. 1920:
Lausanne, 1. Ian. Nach'der „Franks. Zig." erwägt die
bayerische Zentrumspartei den Gedanken eines A n -
schlusses Bayerns an den Donau-Skaatcnbund.
Die diesem Projekte sich widersetzenden Sozialdemokraten
ziehen es vor, mit Deutschland vereint zu bleiben.
Aus einen Wink vom Quai d'Orsay begnügt sicPdie französische
Preße vorläufig in dieser Frage mit der R e g i st r i e r u n g deut-
scher Blättermeldungen unter Verzicht aus eigene Propaganda, um
die Anhänger dieser Idee nicht kopfscheu zu machen und
den Gegnern keine Waffen zu liefern. Diese auffallende Zurück-

W
 
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