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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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Lageszettung für die werttätige BevStterung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim. Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxber-/
Tauberbischofsheim und Wertheim


Bezugspreis: Monatlich einschl. TrSgerlohn 2.50 Ml. Anzeigenpreise:
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Heidelberg, Donnerstag, 19. Februar 1920
Ar. 42 » 2. Jahrgang

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Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft ».Feuilleton: Or.
(Z.KrauS) für Kommunales u. soziale Rundschau: Z. Kahn,- für Lokales:
O. Gelbeli für die Anzeigen: H.Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Oruck und Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G.m.b. H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße ZS.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Der erste Schritt zur
Einheitsschule.*)
Von Unterstaatssekretär Heinrich Schulz.
Der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung wird
in Kürze das erste Reichsschulgesetz zugehen, das sie hof-
fentlich mit der durch die Umstände gebotenen Beschleunigung ver-
abschiedet. Zu den eigentlichen Aufgaben der Nationalversamm-
lung scheint auf den ersten Blick ein solches Gesetz nicht zu gehören,
um so weniger als für die Osterwoche dieses Jahres eine Reichs-
schulkonferenz bevorsteht, auf der sich zur Inangriffnahme der
Reichsschulgesetzgebung die Fachleute und Sachverständigen aller
Art über Umfang und Inhalt der zukünftigen Schulreform ausspre-
chen sollen. Der Gesetzentwurf scheint daher der Reichsschulkon-
ferenz vorzugreifen, wenn er über die Mindestdauer der Grund-
schule Grundsätze aufstellt und die Beseitigung der Vorschulen ver-
fangt.
Es handelt sich bei dem Gesetzentwurf jedoch keineswegs um
eine übereilte und vorwitzige Maßnahme oder um eine unberech-
tigte Vorwegnahme einer Entscheidung der Reichsschulkonferenz,
sondern das zuständige Reichsministerium des Innern ist zu dem in
Frage stehenden Gesetzentwurf durch die unmittelbaren Bedürfnisse
der Schulverwaltungen der Länder und Gemeinden veranlaßt wor-
den.
Nach dem Artikel 146 der Verfassung wird für das deutsche
Schulwesen eine für alle gemeinsame Grundschule
verlangt. Im Artikel 147 wird ferner verlangt, daß auch die priva-
ten Vorschulen aufgehoben werden. Schon bald nach der Verab-
schiedung der Verfassung im Sommer vorigen Jahres wurden an
die Reichsregierung zahlreiche Anfragen gerichtet, ob diese Bestim-
mungen bereits Gesetzeskraft hätten oder wann sie Geltung erlangen
sollten. Das neue Schuljahr steht bevor; muß daher die neue
Grundschule schon mit dem April 1920 eingeführt werden uno dür-
fen keine Vorschulen mehr bestehen, so müssen die Schulverwaltun-
gen rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen treffen. Ob angesichts
der politischen und geschäftlichen Lage des Reichs die Ergebnisse der
Reichsschulkonferenz in absehbarer Zeit zu weitergehenden und um-
fassenden Schulgesetzen verwertet werden können, ist zwar zu wün-
schen, steht aber nicht unbedingt fest. Aus diesen Gründen heraus
hat das Reichsministerium des Innern geglaubt, recht zu tun, wenn
es zunächst eine für die Entscheidung reife Einzelfrage der zukünf-
tigen Reichsschulgesetzgebung zur möglichst baldigen gesetzgeberischen
Erledigung herausgreift.
Das Gesetz umfaßt nur fünf Paragraphen. Es ist also seinem
äußern Umfange nach recht bescheiden. Auch sein Inhalt mutet
recht bescheiden an; es greift noch nicht bestimmend in die zukünftige
Gestaltung unsres Schulwesens ein; die von der Verfassung ver-
langte organische Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens soll
erst nach der Reichsschulkonferenz in Angrisf genommen werden.
Dennoch ist aber das Gesetz sachlich nichts weniger als bedeutungs-
los, sondern es bedeutet vielmehr den ersten bewußten und entschie-
denen Schritt auf dem Wege zur Einheitsschule. Es beseitigt alle
Vorschulen, sowohl die öffentlichen wie die privaten, sowohl für die
Knaben wie für die Mädchen. Die Vorschule, diese unsozialste aller
Schulgattungen, diese von allen Schul- und Volksfreunden von
jeher gehaßte Standesschule, die man in dem demokratischen Süden
Deutschlands ohnehin nicht kannte, wird aufgehoben. An ihre Stelle
tritt die Grundschule, eine wirkliche allgemeine Vorschule, die von
allen Kindern, seien sie in Hütten oder Palästen geboren, besucht
werden muß. Für die Dauer der Grundschule gibt es für die Kin-
der während der Schulzeit keine Trennung nach Kasten und Stän-
den mehr.
Line zweite wichtige Bestimmung betrifft die D a u e r der
Grundschule. Während die Vorschulen bisher nur drei Schul-
jahre umfaßten, wird die Grundschule nach den Bestimmungen des
neuen Gesetzes zunächst auf vier Jahre festgesetzt. Zunächst, das
heißt, daß der zukünftigen Reichsschulgesetzgebung in Verwertung
der Ergebnisse der Reichsschulkonserenz keine Schranken gesetzt sind/
sie kann auch eine erheblich längere Dauer der Grundschule fest-
sehen. Wohl aber soll eine kürzere als die vierjährige Dauer fort-
an ausgeschlossen jein. Die Bestimmung erzwingt zugleich automa-
tisch eine Neuordnung im Aufbau der heutigen hohem Lehranstalten.
Sie konnten bisher mit neun Schuljahren rechnen, in Zukunft müs-
sen sie aber mit acht Schuljahren auskommen! Dadurch soll nicht
etwa die Leistungsfähigkeit der höher» Schulen herabgedrückt wer-
den, woran niemand, am allerwenigsten das heutige demokratische
Deutschland, ein Interesse hätte, wohl aber soll und wird dadurch
ihre Neuordnung im Sinne neuzeitlicher Reformbestrebungen ange-
dahnt werden.
Wenn es nach meinen persönlichen Wünschen gegangen wäre,
so würde ich gern ein w e i t e r g e h e n d e s Schulgesetz vorbe-
reitet und vor allen Dingen eine längere Dauer der Grundschule
festgesetzt haben. Meine schulpolitischen Schriften lassen über meine
Wünsche in dieser Beziehung keinen Zweifel. Aber die sozialistischen
Erziehungs- und Schulziele lassen sich in einer Koalitionsregierung
nicht völlig und rein durchsetzen, sie müssen sich stets einen Ausgleich
Wit den Wünschen der gleichberechtigten koalierten Parteien gefallen-
lassen. Außerdem muß jede Verwirklichung theoretischer Ziele sich
Wit den Schwierigkeiten der realen Tatsachen abfinden. „Hart
iw Raume stoßen sich diese Sachen."
Worauf es aber auch unter Würdigung dieser Umstände an-
kommen muß, das ist nach meiner Meinung bei diesem Gesetzent-
wurf gewahrt: kein sozialistischer Grundsatz ist verletzt worden, für
die Entwicklung der Dinge in der Richtung auf unsre weit gesteckten
8iele ist jetzt ein breites Tor geöffnet worden. Es liegt an uns und
unsrer zukünftigen Politik, daß wir unfern Zielen nunmehr raschen
Schrittes näher kommen.
*) Bgl. „Volkszeitung" Samstag, 14. Februar, 2. Blatt.

Politische Übersicht.
Das Aburtestungsverfahren.
Gens, 17. Febr. (Priv.-Tel.) Wie der „Temps" ankün-
diet, wird der ehemalige französische Botschafter in Berlin, Iuler

Die Verhandlungen an dem Reichsgericht
Berlin, 18. Fehr. Die Antwortnote der Entente in der
Auslieferungsfrage hat bereits das R e i ch s k a b i n e t t beschäf-
tigt. Eine abschließende Beratung wird jedoch erst nach der Rück-
kehr des Reichskanzlers Bauer aus dem Ruhrrevier möglich sein.
Die Voruntersuchung gegen die von der Entente gemeiner
Verbrechen beschuldigten Personen, die bereits seit längerem im
Gange ist, wird, wie verlautet, äußerst beschleunigt wer-
den. In den nächsten Wochen dürste bereits mit der Beweis-
erhebung und Zeugenvernehmung begonnen werden. Wenn der
Gang der Ereignisse sich planmäßig gestaltet, erscheint es nicht aus-
geschlossen, daß man bereits in Monatsfrist zu den ersten
Verhandlungen vor dem Reichsgericht in Leipzig kommt.
Kerensky verhaftet.
Kopenhagen, 19. Febr. (W.T.B.) „Berlinske Tidende"
veröffentlicht Meldungen estländischer Zeitungen, wonach Ke-
rensky sich an Bord eines englischen Dampfers nach dem Kau-
kasus begeben habe, um mit der dortigen Bevlkerung über eine
Unterstützung der demokratischen Parteien in Rußland zu verhan-
deln. Kerensky sei aber feindlich ausgenommen und
zuletzt in Baku verhaftet worden.
Die Amerikaner und der Versailler
Vertrag.
Washington, 19. Febr. (W.T.B.) Wilson hat in seinem
Memorandum den Alliierten mitgeteilt, daß die Vereinigten Staa-
ten möglicherweise die Zurückziehung des Versailler
Vertrages aus dem Senat erwägen müßten, wenn die Alli-
ierten bei der Verfolgung ihrer Pläne weiterhin ohnedieZu-
stimmung der Vereinigten Staaten handeln.
Eine amerikanische Anleihe für Rußland.
Paris, 19. Febr. (W.T.B.) Der Genfer Korrespondent der
„Daily Mail" will erfahren, Amerika habe Rußland eine
Anleihe von 800000 Pfund Sterling gegen die Ausbeutung
seiner Petroleumquellen in 60 Jahren angeboten.

Cambon, Vorsitzender der Kommission sein, die das An-
klagematerial der A klierten gegen die sogenannten
Kriegsschuldigen zu sammeln und dem Reichsgericht in Leipzig zu
übermitteln hat.

Längere Arbeitszeit der Bergarbeiter.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Wie die „P. P. N." aus
Dresden erfahren, haben die Organisationen des Lugau -
Oelsnitzer Kohlenreviers auf den Hinweis des Arbeitsmini-
sters, daß zur Behebung der Kohlennot die Bergarbeiter täglich
eine Ueber stunde machen sollten, sich grundsätzlich dazu b e-
reit erklärt. Sie werden yierfür dieselben Löhne unter denselben
L.rveitsbedingungen erhalten, wie die Bergarbeiter des Ruhr-
reviers, außerdem extra pro Woche und Kopf ein Pfund Brot und
ein fund Speck. Es wird nun in den einzelnen Belegschaften
darüber abgestrmmt.

Ausland.
Besprechungen über das internationale Schiedsgericht.
Haag, 17. Febr. (W.B.) Gestern begannen im Friedens-
palast die Besprechungen zwischen den Vertretern Dänemarks,
Hollands, Norwegens, Schwedens u. der Schweiz,
um die von den genannten Ländern aufgestellten Entwürfe über
einen ständigen internattonalen Gerichtshof miteinander in Einklang
zu bringen.
Der Prozeß gegen Caillaux.
Paris, 17. Febr. (W.B.) Heute nachmittag begann vor
dem zum obersten Staatsgerichtshof erklärten Senat die Ver-
handlung gegen Caillaux. Caillaux ist angeklagt, von der
Kriegserklärung an in den Jahren 1914, 1915, 1916 und 1917, fei
es in Frankreich und besonders in Paris, sei es im Auslande, ge-
gen die äußere Sicherheit des Staates Anschläge unter-
nommen und ein Einverständnis mit dem Feinde versucht zu haben,
um dessen Pläne gegenüber Frankreich und seinen Alliierten zu
begünstigen. Das sind Vergehen gegen das Strafgesetzbuch
und das Militärjusttzgesetz. Caillaux wird von den Advokaten L e-
mange, de Noro-Giafferri und Montet verteidigt, die
beiden letzteren sind Abgeordneten der Kammer. Den Vorsitz im
obersten Gerichtshof hat Leon Bourgeois, als Staatsanwalt
ist Escouvre tätig. .Vn der Anklagebehörde sind 71 Zeugen
geladen, von den Vertretern Caillaux fast ebensoviel. An drei Ta-
gen in der Woche, Dienstag, Mittwoch und Freitag
wird verhandelt.
Tagung -er ungarischen Nationalversammlung.
Budapest, 18. Febr. Nach vorausgegangener kirchlicher
Feier wurde die ungarische Nationalversammlung
mit einer Ansprache des Alterspräsidenten eröffnet. Darauf gab
Ministerpräsident Huszar einen Rückblick auf die sognannte
Räteregierung. Gegenüber der Rätediktatur vertrete die
Nationalversammlung die aus gesunder und moralischer Grundlage
fußende Demokratie. Die Umtriebe der Bolschewisten hätten die
rumänische Besetzung nach sich gezogen und beides zusam-
men habe dem Lande größeren Schaden als der viereinhalbjährige
Krieg zugefügt. Trotz des Unglücks blicke die Nation mit Selbst-
bewußtsein in die Zukunft.
„Wir wollen", so fuhr der Ministerpräsident fort, „eine unga-
rische auswärtige Politik treiben und uns einsügen in den Organis-
mus der Welt. Wir wollen Frieden und im Frieden leben mit -en
übrigen Völkern. Weiterhin erklärte er die un g a ris che F r a g e
als das größte Problem Europas. Es würde keinen
Frieden und keine Ruhe geben, solange die ungarische Frage nicht

vom Gesichtspunkt der Gerechtigkeit aus ihre Lösung gefunden habe.
Im Augenblick der ersten Tagung schalle der Ruf nach Volksab-
stimmung in allen Gebieten laut in die Welt.
Der Ministerpräsident skizzierte sodann die Ausgaben der Na-
tionalversammlung. Klassenpolitik könne nicht getrieben werden.
Ungarn werde den Typ einer Agrardemokratie vertreten. Zum
Schluß erklärte der Ministerpräsident, die Regierung werde die
Macht in die Hände.des zu wählenden provisorischen
Staatsoberhaupts legen und über ihre bisherige Tätigkeit
der Nationalversammlung Rechenschaft ablegen. Die Sitzung
schloß mit einer Ehrung für die im Krieg und unter der Proletarier-
diktatur gefallenen Helden und wurde dann vertagt.
Die tschechoslowakische Arbeiterschaft für Anknüpfung brüderlicher
Beziehungen mit Sowjet-Rußland.
Prag, 16. Febr. Am Samstag abend fand in Prag eine
große Versammlung der Vertrauensmänner politischer und fach-
licher Organisationen statt, in der eine Resolution fürdenFrie-
den mit Rußland unter stürmischem Beifall einstimmig a n-
genommen wurde. Es heißt darin u. a., daß die tschechische
Arbeiterschaft alles getan habe, die Lage Sowjet-Rußlands nicht
durch eine Interventton der Tschechoslowakischen Republik zu er-
schweren. Es wird in der Resolution weiter gefordert, daß
1. ohne Rücksicht aus die Wünsche oder die Zustimmung der
Entente die tschechoslowakische Regierung unverweilt Friedensver-
handlungen mit Sowjet-Rußland einleite, 2. zu diesen Verhandlun-
gen Vertreter der organisierten tschechoslowakischen Arbeiterschaft
herzugezogen werden, 3. Sowjet-Rußland alle überzähligen Kräfte
der fachlich qualifizierten und sozialistisch bewußten Arbeiterschaft
zur Verfügung gestellt erhalte, 4. andere technische Kräfte
und Mittel für Sowjet-Rußland bereitgehalten werden, deren
Auswahl den Arbeiterorganisationen überlassen werden soll.
Die Arbeiterschaft appelliert an die Parteileitung, sofort Be-
ziehungen zu den russischen Kommunisten und den Vertretern der
Dritten Internationale anzüknüpfen und eine aus organisierten Ar-
beitern und aus Vertretern der Unternehmerschaft zusammengesetzte
Kommission nach Svwjetrußland zu senden, um eine unmittelbare
Orientierung über die Lage in Sowjetruhland und die Möglichkeit
internattonaler Beziehungen der Arbeiterschaft auf der^G rund-
lage der Dritten Internationale zu gewinnen.
Noch zwei andere Resoluttonen wurden angenommen. In der
einen wünscht die tschecho-slowakische sozialdemokratische Arbeiter-
schäft die schleunigste Anknüpfung von brüderlichen
Beziehungen zum russischen Proletariat auf allen Gebieten
der menschlichen Tätigkeit. In der zweiten wird gefordert, daß die
tschecho-slowakische Regierung offizielle unmittelbare Beziehungen
zu der Regierung Sowjetrußlands in handelswirtschaftlichen Fra-
gen anbahne.
Die Regelung der türkischen Frage.
London, 18. Feor. Man meldet, daß in der gelingen
Sitzung des Ober st en Rates drei Kommissionen mit dem
Studium der türkischen Frage beauftragt wurden. Die
erste Kommission soll einen Bericht für die Grenzen der neuen Re-
publik Armenien einreichen, die zweite die Untersuchung der ott v-
manisch en Schuld und der F i n a n z e n d e r Türkei vor-
nehmen, die dritte die Ansprüche Griechenlands auf
Smyrna prüfen. Man meldet, daß die drei Berichte der Kon-
ferenz vor Ende dieser Woche vvrliegen.
Neuer Vorstoß Churchills gegen Labour.
Amsterdam, 16. Febr. Laut „Algemeen Handelsblad"
richtete Churchill in einer Rede in Dundee heftige Angriffe
gegen die Arbeiterpartei. Die naiven Leute in der
sozialistischen Partei beteten ihren russischen Abgott an und glaub-
ten von diesem Abgott, was ihre schlecht unterrichtete Einbildungs-
kraft ihnen vorgaukele; dabei zeigten sie sich mehr denn je unfähig,
die Aufgabe der Bildung einer verantwortlichen Regierung zu
übernehmen. Dies komme daher, weil die sozialistische Partei eine
Klassenpartei geworden sei, der ihre Klassemnteressen über
den Interessen des Staates ständen. Sie hätte keinen Beweis ge-
liefert, daß sie für die schwierige Frage, der sie gegenüberstehe, eine
zweckmäßige und nützliche Lösung wisse.
Laut „Westminster Gazette" sagte Churchill zur russischen
Frage, er habe alles getan, was er konnte, um die örtlichen a n-
tibolschewistischen Truppen zu unterstützen. Es sei eine
Ehrensache gewesen, ihnen mit Waffen und Material
zu helfen. Alle Großmächte würden es bereuen, daß sie nicht kräf-
tiger die bolschewistische Eesahr ins Aerz tressen ronn^
ten, bevor sie zu mächtig geworden war.
Wilsons Erklärung zu seiner Adrianote.
Haag, 18. Febr. Aus Washington wird gemeldet: Wie
man versichert, hatWilsonin seiner Note an die Alliierten nicht
erklärt, daß die Vereinigten Staaten sich weiter mit den europäischen
Angelegenheiten beschäftigen werden, falls eine Regelung betreffs
Fiume getroffen werde, ohne daß der Standpunkt der Vereinig-
ten Staaten darin berücksichtigt worden ist. Es verlautet weiter,
daß die Schlußfolgerung, die der „Temps" an die Note Wilsons
knüpft daß nämlich die Vereinigten Staaten sich vollständig
zurückziehen wollen, zu weitgehend sei.
Unheilbarkeft Wilsons.
Haag, 18. Febr. Aus Newyvrk wird gemeldet: Die
Feindseligkeiten gegen Wilson nehmen durch eine Erklärung von
Dr. Arthur Leon Bevan, des Präsidenten der amerikanischen me-
dizinischen Association, zu, nach dessen Bericht Wilsons
Krankheit einer Folge einer teilweisen Lähmung einer Seite
des Körpers ist, die durch eine Erkrankung in den Arterien seines
Gehirns, die permanent und nicht vorübergehend ist, entstand.
Obwohl er wahrscheinlich wieder einigermaßen hergestellt werden
könne, werde der Präsident doch nie ganz gesund werden.
Darum müsse der Präsident sofort zurücktreten und dem Rate
der Aerzte, seiner Familie und seiner Freunde Folge leisten.
Aus Washing 1 vn wird gemeldet: Es wird gemeldet, daß
als Kandidaten für die Nachfolge Lansings namentlich der
jetzige interimistische Minister Polk, der Kriegsminister Baker,
 
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