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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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HeiöslSörg/ FreiLsg, 26. Mörz -1S20
M. 72 » 2. Jahrgang

Tageszeitung Mr die werktätige Bssslkemng der AmtsS^irke H-röelSerg, Wieswch, Gi«sheim, EKpinge«, Ebrrbsch, M-sbsch, Buchs«, Mersheim, BsxSerg,
TauberbifchsfsheiM und WsrLhsim.

MUS bestimmte lleberzeugungen zu besitzen. Wie sollte man sonst!
seinen Hinweis, daß er alle „fremden Elemente" von Deutschland
fernhalten wollte, anders deuten? Er gehört zwar nicht offiziell zur
Bayerischen Volkspartei, ist aber jedenfalls so völlig gesinnungsver-
wandt, daß diese Partei die Garantie für sein parteipolitisches Ver-
halten übernehmen kann. Die Hauptaufgabe der neuen Regierung
wird jetzt außer in der Fortführung der Geschäfte in einer über-
eilten Fertigstellung des Landtagswahlgesetzes bestehen. Wir haben
schon die Bestrebungen gekennzeichnet, die auf eine Rückwärtsrevi-
sion des Wahlrechts hinzielen. Unsere Vertreter im Wahlgesetz-
ausschuß werden für eine gründliche Beratung des Entwurfes eben-
so bedacht sein wie auf Wahrung der wichtigsten demokrarischen
Grundrechte. Weiterhin dürfte sich die Bayerische Volkspartei be-
mühen, den Spuren der Abgg. Wohlmuth, Stang und Eg-
gersdörfer in der Schulgesetzgebung nachzugehen. Die
auf diesem Gebiete erreichten Kulturfortschritte bilden ja die beson-
deren Schmerzen dieser Partei. Jedenfalls werden sich in der näch-
sten Zeit im Landtage entscheidende Kämpfe zwischen den bisher
durch die Koalition verkleisterten Gegensätze abspielen. Eine Poli-
tik der Zweideutigkeit ist fernerhin unmöglch, und die bürgerlichen
Parteien werden nun deutlich Farbe bekennen müssen.
* *
Nun vergleiche man mit diesen unerhörten Tatsachen, die sich
beliebig vermehren ließen, folgende Meldung, welche gestern mit
bewußtem Stolz die „Badische Po st" brachte:
Trotha und Lüttwitz.
Von unserem Berliner Vertreter.
Berlin, 25. März. Wie der „Vorwärts" meldet, sind die Gehen-
revolutionäre Lüttwitz und v. Trotha nicht in Schutzhaft abgeführt
worden, sondern gegen ihr Ehrenwort in ihren Wohnungen
belassen worden.
Wir wissen nicht, ob die Meldung richtig ist. Aber rein sachlich
ist zu bemerken: Jeder gerecht denkende deutsche Volksgenosse, der
auch nur eine Spur wahren Ehrgefühls in sich Hat wird empört
sein über eine solche Meldung. Männer, wie Lüttwitz, die -bis zu-
letzt alle maßgebenden Instanzen über ihre Stellung zu Regierung
und Verfassung getäuscht haben, die sich an die Spitze dieses verbre-
cherischen Anschlages auf die deutsche Demokratie gestellt haben;
Männer, die heute im Bunde mit der militaristischen Reaktion die
Demokratie stürzen, während sie vor einem Jahr gegen radikalisti-
sche Arbeitermassen ihre ganzen Kriegs- und Mordwerkzeuge spielen
ließen: solche Männer haben keine Ehre und kein Ehrenwort!

an Selbstverleugnung ihrer taktischen und grundsätzlichen Ziele bis
an die äußerste Grenze des Erträglichen gegangen und aus keinen
Fall konnte sie in irgend einer Weise eine Politik unterstützen, die
zu Konzessionen an die brutale Gewalt der Reaktion bereit war.
Sagt doch ein ehrliches demokratisches Organ wie die „Frankfurter
Zeitung": Mit dem auf Maschinengewehren gestürzten Umsturz
kann es kein Paktieren und keine Kompromisse geben, wenn wir
nicht wollen, daß auch weiterhin in Deutschlmrd immer derjenige
herrsche, der über ein paar Tausend wohlbewafsneter Truppen ver-
fügt-"
Herr von Kahr hat sich bei seinem Debüt als eine Art politi-
scher Neuling vorgestellt; doch scheint er inbezug aus den AnHemitis-

Deranftsortt.: Mr inneren. Sich«« Mitch V»lkswirtschafi u. Feuilletc-n: Br.,
E. Kraus; für Kommunales u. soziale Rundschau: Z.Kahn; für Lokales:
O. Gelbel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg«
Druck und Verlag der ilnterbadischen Verlagsanstalt G. m. b. H„ Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
2673, Redaktion 2648.


Bezugspreis: Monatlich einschi. Trägsrlohn 2.S0 Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Zdetitzsile (36 mm breit) 70 pfg., Reklame-Anzeigen
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Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
Gsschäftsstunden: 8 - '/,6 Mr. Sprechstunden der Redaktion: 1.1. —12 tlhr.
Heidelberg.

Deutsche Generale.
lieber die Vorgänge, die in München zum Rücktrift des Mi-
nisterpräsidenten Hoffmann geführt haben, und bei denen der
Reichswehrgeneral v. Möh l' eine besondere, allerdings wenig
ehrenvolle Rolle gespielt hat, berichtet unser Münchener Partei-
organ. Wir lasten hier den Artikel unseres Münchener Bruder-
organs folgen:
Lieber das diktatorische Auftreten der Militärs am 14. Mär-
berichten Augen- und Ohrenzeugen folgendes:
Am Samstag früh berief Gen. Hoffmänn den Ministerrat und
die Fraktionssührer, um zu den Berliner Vorgängen Stellung zu
nehmen. Einmütig wurde in dieser Sitzung das Vorgehen der
Kapp-Lüttwitz verworfen. General Möhl nahm an der Sitzung teil
und erklärte, daß die Reichswehr hinter der verfassungsmäßigen
Regierung und dem Landtag stehe. Gesamtministerium, Präsidium
des Landtages und die Fraktionen des Landtages erließen eine
Kundgebung an das bayerische Volk, in der ausgesprochen war. daß
Bayern festhätt an der vom Volke selbst beschlossenen Verfassung
und daß Anordnungen neuer ziviler und militärischer Gewalthaber
in Berlin nicht zu befolgen sind. Die Anwendung des General-
streiks als Kampfmittel gegen die Reaktion erschien deshalb auch für
Bayern nicht notwendig. Am Samstag nachmittag traf der Mini-
sterrat mit den Parteiführern des Landtags erneut zu einer Sitzung
zusammen. Gen. Hoffmann sagte zu General Möhl, der mit seinem
Adjutanten, dem Major v. Prager, an der Sitzung teilnahm: „Herr
General, wir haben Sie hierher gebeten, damit Sie uns die volle
Wahrheit sagen. Wenn diese Wahrheit uns auch unangenehm sein
mag, wir können sie ertragen. Wie steht es mit der Reichswehr?"
General Möhl antwortete in einem Satze: Meine Herren,
die Reichswehr ist zuverlässig!"
Gestützt auf dieses Wort des Generals setzten unsere Vertreter
im Generalstreikkomitee alles ein, um den Generalstreik vorerst zu
verhindern. So wurde denn auch am Samstag spät abends von
den Münchener Arbeitern beschlossen, erst dann in den Generalstreik
einzutreten, wenn die Stellung der Regierung Hoffmann untermi-
niert werden sollte.
„Die Reichswehr ist zuverlässig!" sagte ihr Leiter am Samstag
abend. Am Sonntag früh 4)4 Uhr erschien der gleiche General
Möhl bei unserem Genosten Hoffmann und verlangte die Uebergabe
der gesamten vollziehenden Gewalt — weil es seine Offiziere for-
dern! Genosse Hoffmann lehnte das ab und erklärte, daß sr zur
Entscheidung den Ministerrat berufen werde. Um 5 Uhr trat der
Ministerrat zusammen. Dort erfuhr der Minister des Innern,
Endres, durch Möhl, daß Polizeipräsident Pöhner, Regierungs-
präsident Kahr, der Landesleiter der Einwohner wehr Escherich und
sein Stellvertreter Kanzler nachts bei Möhl vorstellig wurden und
erklärten, es sei infolge der Haltung der Reichswehr und der Zeit-
freiwilligenverbände unmöglich, die Lage zu halten, wenn nicht Ge-
neral Möhl die vollziehende Gewalt erhalte. Alle diese Personen
waren dienstlich dem Minister Endres unterstellt. Sie wußten wo
Endres zu erreichen war. Sie haben sich nicht an ihren Vorgesetzten,
den Minister des Innern, gewandt; sie haben hinter seinem Rücken
mit Möhl verhandelt. Fürwahr, die Regie klappte vorzüglich!
Während der Ministerrat über das Ultimatum Möhls verhan-
delte, kamen und gingen Reichswehroffiziere in kurzen Zeitabstän-
den. Immer energischer forderten sie eine Entscheidung. Möhl
erklärte dann so gegen 7.Uhr morgens, daß er nun für den persön-
lichne Schutz des Ministerrats nicht garantieren könne, wenn die
Entscheidung nicht bald falle. Am Eingang des Ministergebäudes
am Promenadeplatz erwarteten ungefähr 2V stahlbehelmte Reichs-
wehrleute den Entscheid des Ministerrats!
In dieser Zwangslage beschloß der Ministerrat, daß er dem
General Möhl entsprechend der Verordnung vom 4. November
1919 die Befugnisse eines Staatskommistars für München-Stadt
und -Land übertrage. Genosse Hoffmann stimmte dagegen. Auch
die übrigen sozialdemokratischen Minister erklärten, daß sie der
Uebertragung der Vollzugsgewalt nur zugestimmt hätten, weil sie
unter dem Zwange der Gewalt standen und weil sie verhindern
wollten, daß die Regierung Kapp eine moralische Stütze in ähn-
lichen Zuständen in Bayern fände.
Diese Vorgänge hatten den Rücktritt der Regierung Hoffmann
zur Folge, der noch am Sonntag nachmittag folgte. Am nachmittag
noch wurde der Generalstreik proklamiert.
* *
Als Ergänzung zu dieser Darstellung und Beurteilung der
rjtzigen politischen Situation inBayern -diene der folgende Be-
richt unserer „Fränkischen Tagespost":
Es ist kein Zufall, daß die Regierung Kahr-Matt unter
dem Knattern von Maschinengewehren, der Verwundung von drei
harmlosen Zivilpersonen — infolge des üblichen Mißverständnisses
— und unter dem Schutze eines außergewöhnlichen starken Aufge-
botes schwerbewaffneter Möhlsoldaten zustande kam. Denn sie ist
und bleibt das Produkt des halbgelungenen Staatsstreichs einer
Offiziers-Klique von der General vonMöhl allem Anschein
nach Belieben hin und her geschoben wurde.
Gegenüber dem heuchlerischen nachträglichen Gerede vom
Schutze dsr Reichs- und Landesverfassung durch die bewaffneten
Organisationen müssen diese Tatsachen festgestellt werden: Im An-
schluß an den militärischen Putsch in Berlin wurde die Regierung
in der Nacht vom 13. zum 14. März wie ein Berbrechernest um-
stellt und von ihr die Demission erpreßt. Nur der Ministerprä-
sident Hoffmann fügte sich dieser Contre-Revolution der meist
aus Zeitfreiwilligen bestehenden Verschwörerbande nicht. In dem
Augenblicke aber, in dem der Zweck der Beseitigung der verfas-
sungsmäßig bestehenden Regierung erreicht war, verwandelten sich
die Verbrecher gegen Recht und Verfassung in ihre Beschützer. Wäh-
rend die alte Regierung von Reichswehr, Polizeitruppe
Und Einwohnerwehr völlig im Stich gelassen wurde, ent-
puppt-n sich diese Organisationen ganz plötzlich als treue Hüter der
Erfassung. Diesen politischen Mummenschanz mitzumachen, ver-
bot der politische Charakter unserer Partei von selbst. War sie doch

Politische Ueberficht.
Neue reaktionäre Truppen.
Berlin, 25. März. Es sind fortgesetzt Gerüchte im
Umlauf über neue reaktionäre Militärputsche, die von den amtlichen
Stellen zwar dementiert werden, eine Entwaffnung der bei dem
Kapp-Putsch beteiligten Truppen ist aber vorläufig noch nicht er-
folgt. Der „Vorwärt s" weiß sogar heute von der Ausstellung
neuer reaktionärer Truppen zu berichten. Ihm wird aus Hamburg
berichtet: Der in Hamburg an dem Putschversuch hervorragend be-
teiligt gewesene O b e r st Le debv u r ist in Schwerin bei der dor-
tigen Reichswehrbrigade mit der Neuaufstellu-ng von Truppen be-
schäftigt. Er hat die Reste der Umsturztruppen aus Hamburg sowie
die Ueberreste der Bahrenfelder Zeitfreiwilligen nach Schwerin her-
angezvgen. Auch ist der Minenwerferbatterie der in Hamburg
stehenden Reichswehrtruppen von Oberst Ledebour, dem sie früher
unterstellt war, der Befehl erteilt worden, nach Schwerin nachzu-
rücken, um dort zu einer neu en Formation unter seinem Kom-
mando vereinigt zu werden.
Die Verhandlungen gegen die Mörder LaiLauers.
Am Freitag voriger Woche wurde vor dem Freiburger Mili-
tärgericht gegen einen der Mörder Gustav Landauer verhandelt.
Bald ein Jahr ist nun verstrichen seit jenem dusteren Tage, da ein
edler Mensch von einer Horde verkommener Subjekte unter Anfüh-
rung von Offizieren zu Boden geschlagen und wie ein toller Hund
niedergeschossen wurde.
Das Resultat der ersten gerichtlichen Untersuchung in München
war ergebnislos, da man keine der noch beteiligten Personen ermit-
teln konnte. Nur der inzwischen zum Unteroffizier beförderte An-
geklagte Digele konnte dem jetzigen Kriegsgericht in Freiburg
übergeben werden. Damals in München wurde er auf ärztliches
Attest hin aus der Untersuchungshaft entlassen, doch hinderte seine
Krankheit ihn augenscheinlich nicht, bei den Baltikumtruppen sich an-
werben zu lassen. Die Untersuchung in Freiburg lieferte folgenden
Sachverhalt: ,
Am 2. Mai wurde Landauer mit anderen Verhafteten m das
Gefängnis in Stadelheim eingeliefert. Die am Eingang sich aufhal-
tenden Soldaten begrüßten den Gefangenen, sobald sie ihn erkann-
ten, mit den Rufen: Erschlagt ihn, erschießt ihn. Sie drängten sich
mit dem Gefangenen in den Hausflur des Gefägnisses hinein. Hier
versuchte Landauer .,ch zu rechtfertigen und -als er zu den -Soldaten
von Verhetzung und Militarismus sprach, erhielt -er von einer
Militärperson,, die von den meisten Zeugen als Offizier bezeichnet
wurde, einen Schlag ins Gesicht. Ein Befehl des Kommandanten
lieh die Gefangenen nach dem Neubau verbringen. Draußen auf
dem Hof, wieder umdrängt von einem Haufen Soldaten, äußerte
ein Offizier: Der Landauer wird gleich erschossen. Als der Zug nun
ins Stocken kam, machte Landauer noch einmal -den Versuch zu spre-
chen. Doch sofort schlug ein Major und Rittergutsbesitzer v. E a
gern dem Wehrlosen mit einer Reitpeitsche in -das Gesicht und auf
den Kopf. Wie ein Signal wirkte das auf die umsteyenden Sol-
daten, die nun mit Gewehrkolben, Peitschen und pusten über ihn
herfielon. Mit dem Schrei: „Seit ihr noch Menschen brach Lan-
dauer zusammen. Ein nicht ermittelter Soldat schoß sein Gewehr
auf den am Boden Liegenden ab. Der Schuß ging ihm durch den
Kopf. Die Umstehenden aber riefen: „Er lebt noch!" Das feuerte
einen anderen an, der nun als Einziger vor dem Gerichte steht, sein«

Die Lage im Reich.
Die „Franks. Ztg." meldet aus Eisenach vom 24. ds.:
Die augenblickliche Lage in Mittel-Thüringen ist immer noch
sehr bedrohlich. Die Stärke der organisierten Roten
Garde wird zwischen 2000 und 6000 Mann geschätzt. Ge-
stern gab es über Eisenach einen regelrechten Ab-
rvehrkamps mit Geschützen und Maschinengewehren gegen
zwei feindliche Flieger, die Aufklärungsdienst für Gotha
taten. Marburger Burschenschaften haben als Zeitfreiwilligen-
Vsrbände die Wartburg besetzt. Der Vormarsch gegen
die Rote Armee dauert an.
Hagen i. W., 26. März. Der Aktionsausschuß erläßt
eine Erklärung, in der die von der Waffenstillstandskom-
mission in Bielefeld aufgestellten Richtlinien anerkannt
und sämtliche Aktionsausschüsse aufgefordert werden, eine
gleiche Erklärung abzugeben, für die Durchführung derselben
im Rahmen derselben Sorge zu tragen und die wilden
ungesetzlichen Beschlagnahmungen von Lebensmitteln im
Interesse der Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung
unbedingt zu unterlassen. Nur so würde es möglich sein,
weiteres Blutvergießen zu verhinden und unendliches Unheil
abzuwehren.
Berlin, 26. März. Die „B.Z.a.M." meldet, daß
die Leitung der Roten Armee den Fall von Wesel bekannt
gebe. Die Rote Armee sei bereits in Wesel eingezogen.
Die Umbildung des Ministeriums.
Berlin, 26. März. Die Fraktionen der National-
versammlung traten heute vormittag wiederum zu Sitzungen
zusammen. Wie aus parlamentarischen Kreisen verlautet,
ist die Übernahme des Reichswehrministeriums durch
den bisherigen Wiederaufbauminister Dr. Geßler gesichert.
Das Reichsfinanzministermm wird der auf dem Boden des
Zentrums stehende Direktor der Hamburg-Amerika-Linie
Cuno übernehmen, während für das Reichsschatzminifterium
bisher eine bestimmte Persönlichkeit noch nicht genannt
wird. Sicher ist jedoch, daß auch dieser Posten vom Zen-
trum besetzt wird. Das Wiederanfbauminifterium bleibt
vorläufig frei. Die übrige Ministerliste einschließlich des
Reichsrvirtschaftsministers und des Ernährungsministers soll,
wie bestimmt verlautet, unverändert bleiben. Die end-
giltige Bekanntmachung des neuen Ministeriums wird für
heute nachmittag zu erwarten sein.
Die bayrische Bauernschaft ist gegen eine
Arbeiter-Regiernng.
München, 26. März. Die „Münchner Zeitung" mel-
det: Der kürzlich gebildete parlamentarische Aktionsaus-
schuß der geeinigten bayrischen Bauernschaft wandte sich
auf die Nachricht hin, daß im Reich eine reine Arbeiter-
Regierung geplant fei, telegraphisch an den Reichskanzler
und erklärte, daß der Aktionsausschuß den Plan einer
Arbeiter-Regierung mit aller Entschiedenheit ablehne und
gegebenenfalls die nötigen Konsequenzen daraus ziehen
werde, u. a. sei ein Lief er streik in schärfster Form ge-
plant.
Außerordentlicher Parteitag der S. P. D.
Berlin, 24. März. Die Tatsache, daß schon zu Be-
ginn des Monats Juni Reichstagswahlen ftattfinden werden,
macht die Einberufung eines außerordentlichen
sozialdemokratischen Parteitages notwendig. Es
besteht die Absicht, diesen wichtigen Parteitag schon im
Laufe des April abzuhalten. Am nächsten Dienstag tritt
in Berlin der Parteiausschuß zusammen, der sich zugleich
mit der vorläufigen Ergänzung unsres durch das Ein-
rücken einiger Genossen in Ministerposten gelichteten Partei-
vorstandes beschäftigen soll.
Einigung zwischen den Unternehmern und
Arbeitern.
Düsseldorf, 26. März. Nach stundenlangen Ver-
handlungen ist heute abend durch Vermittlung des Zivil-
kommissärs Thielemann eine Einigung zustandege-
kommen, wonach die Unternehmer sich verpflichten, 75 Proz.
der Streikschichten an die Arbeiter zu bezahlen
unter dem Vorbehalt, daß das Reich die Gelder wieder
zurückerstattet.
 
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