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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44126#0099
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LaseszMrns für dir werMlige Bevötteruug der Amtsbezirke Heidelberg, Wrsstoch, Omsheim, Eypivgerr, Sberbsch, Mssvach, Buchen, Adelsheim, Biberg
____ TauberbtfchsfSheim vnd Wertheim.

Heidelberg, Montag, 26. Januar -LS20
Nr. 21 * 2. Jahrgang

Ze»vWVÄ-- Monatlich einschl. Träaerkofpr 2L0 Mt. Anzeigenpreise:
Vk «tz-kPalLge PetiizLe (ZS nnn breit) 40 Pfg, R«Name-A°zeigen
brech L- Mk. De! Wiederholungen Nachlaß nach Laris.
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Derantwortl.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft ^FeuilletonDe.
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US»!

rrL^^Y«rsvor,<MKd over./vip MrMchsup^.^

Politische Ueberficht
Das neue Reichstagswahlrecht.
«..^Berlin, 24. Van. Der Vorentw-urf des Reichstagswahlge-
- dessen Erundzüge bereits mitgeteilt wurden, wurde nunmehr
> Reichsminssterium des Innern veröffentlicht. Die Verteilung
q / Abgeordneten auf die einzelnen Parteien erfolgt nach dem sogen.
1, t omatischen System, das zuerst in Baden für die Land
(^Wahlen eingeführt wurde. Auf je 60 000 gültige Stimmen ent-
lim! Abgeordneter. Für die Berücksichtigung der Reststimmen
verschiedene Rerfahrensarten möglich. Das Reichsministerium
Ij^Onnern stell!e daher drei EnNvürfe auf, um der breiten Oeffcnt-
t^it Gelegcnhen zu geben, zu den einzelnen Anwendungsmöglich-
heg neuen Systems Stellung zu nehmen. Im Vorentwurf I
dd: in de,r einzel. Wahlkreisen nicht verbrauchten Restftimmen
h^bie Reiä-stagswahlvorschlagsliste verrechnet. Im Dorennvurs 6
mehrere örllich zusammenhängende Wahlkreise zu einem
!^^bk>erj>ärid zusammengefaszt. Die im Wahlkreis nicht verbrauch-
sq^^thimmen -werden hier zunächst auf den Verbandswahlvvr-
Berb-ads«^chl^jE nicht verbrauchten Rest-
gjeichsaAs ,die prtM.MDnMMHstl
hjL^Wadlverbtrnde uudühciläßt es den'Watzle'r-
:Z^K«iLvorkMUMi.,die'

Hollands Antwort in der
Ansliefernngsfrage.
Haag, LZ. Januar.
Ltze Antwort der holländischen Regierung auf
da» Avstteferungsersuchen der Alliierten lautet wie folgt:
- noch eine Verbal uote vom 15. Januar, welche Ihrer Maje-
stät Vertreter in Paris überreicht wurde, wünschen die Mächte
^nter Hinweis auf Artikel 227 des V e r s a i 1 l e r Abkommens, daß
die holländische Regierung Wilhelm v. Hohenzollern, den Exkaiser
b»n Deutschlaad, in ihre Hande ausliefert, damit er verurteilt wer-
dev kann. ,
Aar llnterftützung ihres Wunsches bemerkerr sie, hast, wenn der
Parser in Deutschland geblieben wäre, die deutsche Regierung nach
bem Wortlaut des Artikels 228 des Friedensadkommcns
Gezwungen gewesen wäre, ihn auszuliefern. Indem sie eins
Reihe von Tatsachen, weiche die deutsche Obrigkeit während des
Kriege» begangen Hal, als absichtliche Verletzung der
> n 1 e « « a t i o na i« n Abkommen und als systematische Ver-
*tzu»g desVölkerrechts bezeichnen, legen die Mächte die Ver-
antwortlichkeit dafür, d. h. wenigstens die moralische,
o ufden Exkaiser.
Sie geben also ihre Meinung bekannt, daß H olland seine in-
nationalen Pflichten nicht erfülle, wenn es sich nicht denr alliierten
Wunsche anjchtieße, den Exkaiser auszuliefern und die Bestrafung
der verübten Missetaten verhindere. Sie betonen weiter den beson-
nen Sharatter ihres Wunsches, der nicht auf eine juristische
Anklage, sondern auf eine Äkr Höhererink ernationaler
P o l tlik hinausgeht, und sic appellieren an die Lhrfurchkvor
"cm Recht und die G e r e ch l i g k e it s l i e b c Hollands, das sich
>nst feiner sittlichen Amoriräl die Verletzung der wesentlichen Prinzi-
ditn der Solidarität der Nationen nicht decke.
Die Regierung Ihrer Majestät hat also in erster Linie zu
bemerken, dah die Verpflichtungen, welche für Deutsch-
'a«d aus Artikel 228 des Abkommens, entstehen dürsten, keiner-
»esWert für die Bestimmung der P f l ichren H ol lan ds ha-
be», das an diesem Abkommen keinen Anteil genommen hat. Die
Legierung der Königin, die die Gleichheit auf unerschütterliche
ncchtsgrvnde stützt, kann die Frage, welche durch den Wunsch der
Alliierten aufgeworfen wird, nur von dem Standpunkt ihrer eigenen
e lachten betrachten
- Die holländische Regierung steht den Ursachen des
nnegor völlig fern und hat ihre Neutralität nicht ohne
Schwierigkeiten bis zum Ende bewahrt. Sie steht deshalb hin-
vchrkich der' Kriegstaten auf einem völlig anderen Standpunkt als
b)e Rächte. Sie iveist jeden Verdacht, die Verletzung der wesentl-
ichen Grundsätze der Solidarität der Rationen mit ihrem souverä-
nen Recht und ihrer sittlichen Autorität in Schutz nehmen zu wol-
isl- nachdrücklichst zurück. Aber sie kann keineinternationale
Verpflichtung darin entdecken, dah sie sich dem Akt der hohen
'Nkernatwnaien Politik der Mächte anschlichen soll, bevor künftig
^u«h den Völkerbund eine internationale Jurisdiktion geschaffen
»io wirb, welche im Falle eines Krieges befugt ist, über Taten zu
Öftesten, die als Vergehen bezeichnet werden, und die durch eine den
§<nen vorangehende Gesetzgebung mit Strafen belegt werden,
^ann wird cs Sache der Niederlande sein, sich dieser neuen Rege-
'Untz aüzrrschlichen.
, Die Regierung Ihrer Majestät kann, wie der Fall jetzt liegt,
Ane anderen Pflichten anerkennen, als die, welche die Gesetze des
siegreiches und die nationalen Traditionen ihr auferlsgcn. Weder
Sraätsgesetze des Königreichs, welche auf den allgemein aner-
s°Mtten Rdchtsgrundsätzcn beruhen, noch die anerkannten, Iahrhun-
akten Traditionen, die Holland zu jeder Zeil zu einem Zu-
stuchtsört. für die Besiegten bei internationalen Konflikten gemacht
Nb«t, gestatten der Regierung der Niederlande, den Wunsch der
fächle zu bewilligen, indem sie dem Kaiser den Schutz ihrer Gesetze
"d Tradition entzieht.
D a e R ech r n nd d i e n a t i o n a l e E hr c, die als heilige
?nichten berücksichtigt werben müssen, verwehren daher dem
Mündlichen Volke, den Gefühlen zu widersprechen, welche die Wclt-
Wchichte immer gewürdigt hat und es darf den Glauben derjenigen,
'c seinen freien Einrichtungen vertrauen, nicht beschämen.
Die Regierung hegt den sichern Glauben, dah die Mächte diese
>v« Anschauungen anerkennen werden, welche über alle per-
^glichen Absichten dinausgehen und welche ihr so
??Hchlaggedend zu sein scheinen, dah sie redlicherweise keinen Raum
'r sine falsckw Auslegung ersehen kann.
(gez.) yan k.arab cek.

Ij?,Innern stellte daher drei EnNvürfe auf, um der breiten Oeffcnt-
des neuen Systems Stellung zu nehmen. Im Vorentwurf I
die in de,r einzel. Wahlkreisen nicht verbrauchten Restftimmen
^?die Rciä)stagswahlvorschlagsliste verrechnet. Im Dorennvurs6
mehrere örllich zusammenhängende Wahlkreise zu einem
!^dk>erband zusammengefaht. Die im Wahlkreis nicht verbrauch-
sqä^dfchimmen -werden hier zunächst auf den Verbandswahlvor-
Iti^iinyü -erst pje im Verbandswahlkreis nicht verbrauchten Rest-
^^at .werderv auf die Rinchsliste üdcrtragcn. . Der Boiscdlag «
cMÄ>Ä-.«leichialls .die ortstch. zvlaistMMMnde Wahlkreise zu
. .... ., ... . Mckraruvoech'MWedeiüt
iMhlvbrschlSM einzus -
MM "

AusWeisungen
aus den Abstimmungsbezirke«.
Flensburg, 25. Ian. Die kommissarischen OrtsvorstänLe
Ressloftlund und Rasafsky in Riding sind aus den nord-
schleswigschen Adstimmungsbezirken ausgewiesen worden.
Mlllerand in Stratzburg.
Straßburg, 25. Ian. (Havas.) Milleranbist heute vor-
mittag von Paris kommend in Straßburg eingetrvffcn.
Zur Besichtigung Helgolands.
Berlin, 25. Jan. Die Offiziere der interalliierten Marinekom-
mission haben die Besichtigung Helgolands beendet. Sie berichtet,
daß die Derteidigungswerke der Insel völlig in Trümmer liegen/
Wieder der ZwöLfstundenLag in Rußland?
Berlin, 25. Ian. Wie die Blätter aus Kopenhagen melden,
haben die Bolschewist die fünftägige Arbeitswoche und den Sechs-
stundentag wieder abgeschafft und den Zwölfskundentag und die 7-
tägigc Arbeitswoche eingeführt.

pen benachbarter Wahlkreise zwecks Einreichung gemeinsamer Wahl-
vorschläge (Derbanbswadlvorschlägc) verbinden. Dadurch «oll den
Parteien die Möglichkeit gegeben werden, auch in solchen Wahlkrei-
sen örtlichen Kandidaten , zum Erfolge zu verhelfen, wo sie an
fick schwächer vertreten sind. Die Wahlkreiseinteilung ist als Anlage
zu dem neuen Gesetz und damit als Bestandteil des Gesetzes gedacht.
Sie ist noch nicht entworfen, da die Ergebnisse der Volkszählung
vom 8. Oktober 1918, die ihr zu Grunde gelegt werden sollen, noch
m..,t vorliegen. Neben dem neuen Wahlsystem bringt der Vorent-
wurf au. sonstige Neuerungen gegenüber denr bisherigen Wahl-
recht. Besonders ist zu erwähnen, daß er den wiederholt l ul ge-
wordenen Wünschen, die Wahlen zu gewähren, Rechnung trägt.
Berlin, 25 .Ian. (W.B.) Aus dem RNchskagswahlgesetz-Vvr-
entwurf ist noch die in 8 13 vorgesehene Einführung von Wahl-
scheinen hervorzuheben. Solche Wahlscheine sollen alle diejeni-
gen Wähler erhalten, die keinen festen Wohnsitz haben, z. B. Rei-
sende, Lokomotivführer usw. Sie können dann in jedem beliebigen
Wahl bezirk wählen. Nach 8 21 soll der Reichsminister des Innern,
wenn infolge geringer Wahlbeteiligung bei der Zuteilung von 'je
einem Abgeordneten auf 60 000 Stimmen die Zahl der Abgeordne-
ten 400 nicht erreichen würden, das Recht Haden, durch eine Ver-
ordnung die Verteiiungszahl 60 000 soweit herabzusetzen, daß die
Zahl der Abgeordneten 400 erreicht.

Der Entwurf über die Wahl des Reichspräsidenten.
Berlin, 25. Ian. (W.B.) Der im Rcichsministerium des
Innern ausgestellte Vorentwurf des Gesetzes über die Wahl des
Reichspräsidenten wird nunmehr veröffentlicht. Der Entwurf läßt
die absolute Mehrheit entscheiden. Sollte sich aber eine
solche Mehrheit nicht ergeben, so soll im zweiten Wahlgang die
relative Mehrheit den Ausschlag geben. , Damit wird ein mittlerer
Weg eingeschlagen, da die für die Wahl des Reichspräsidenten im
Interesse des Ansehens seiner Stellung nicht erwünschte Stichwahl
vermieden wird. Der Entwurf geht davon aus, dah, wenn der erste
Wahlgang zu einer endgültigen Wahl nicht führen sollte, auf Grund
feiner Ergebnisse sich unschwer eine Verständigung zwischen den Wäh-
lergruppen in der Richtung erreichen lassen wird, daß aus dem
zweiten Wahlgang ein Mann hervorgeht, der die große Mehrheit
der Wählerschaft hinter sich hat. Die übrigen Vorschriften des
Präsidentenwahlgesetzes sind den Vorschriften des Reichstagswahl-
gesetzes angepaßt. Im Interesse der Vereinfachung der Mahlge-
schäfte sind für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl und
für die Feststellung und Prüfung des Wahlergebnisses die gleichen
Einrichtungen und Organe vorgesehen wie für die Reichstagswahlen.
Veröffentlichungen aus dem Untersuchungsausschuß.
Berli n,23. Ian. (Priv.-Tei.) Der parlamentarische Unrer-
suchungsausschuß hat zu den schon veröffenllichten stenographischen
Berichten über die öffentlichen Verhandlungen des zweiten Unter-
suchungsausschuß nunmehr ein 96 Seiten starkes Heft erscheinen las-
sen, das dieAktenstücke der Friedensaktion. Wilsons in den Jahren
1916 bis 1917 enthält. Die eisten 74 Nummern behandeln den
diplomarischen Verkehr zwischen Berlin und Washington in der Zeit
vom 11. April 1916 bis -um 15. Februar 1917, die weiteren Asten-
stücke die Entstehung des Friedensangebots der Zentralmächtc vom
12. Dezember 1916.
Prozeh Erzberger-Helfferich.
Berlin, 24. Ian. Bei Beginn der heutigen Sitzung frug der Vor-
sitzende den Minister Erzbergcr: Haben csic jemals bei Ihrer
politischen Tätigkeit sich durch geschäftliche Vorteile beeinflussen lassen?
Minister Erzberger erklärt unter seinem Eid, daß er niemats während
seiner ganzen politischen Tätigkeit sich durch persönliche geschäftliche Vor-
teile beeinflussen ließ.
Vorsitzender: Herr Direktor Rabes, wann ist Herr Erzberger in Be-
ziehungen zu der Firma Thyssen getreten?
Zeuge Rabes: Soviel bekannt ist, bestanden seit längerer Zeit
freundschaftliche Beziehungen Zwischen Herrn August Thyssen und Herrn
Erzberger, schon bevor Herr Erzberger in den Aufsichtsrar des Thyssen- ,
scheu Konzerns eingetreten ist. Auf einer geschäftlichen Reise, die ich zu-
sammen mit Herrn August Thyssen nach Stockhohl machte, sprachen wir
davon, daß die Frage der Erzbeschaffung immer schwieriger werde und
daß das Parlament sich wenig oder saft gar nicht dieser Frage annehme.
Herr Thyssen fragte mich, ob ich wohl den Abg. Erzberger für geeignet
halte, unsere Interessen im Reichstage wahrzuuehiNen. Ich bejahte dies«
Frage.
Nach einer kurzen Pause wird die Vernehmung des Zeugen Rabes
zu Ende, geführt, Hus seiner Aussage geht hervor, daß die Friedens-
resolution Ursache stlt'den Austritt Erzbergtrs aus dem Aussichtsrat ge-
wesen ist. Der Zeuge bekundet, daß nach der Friedensresolution in den
leitenden Kreisen des Thyssenkonzerns eine crregte'S.timinung gegen Erz-
berg er Platz grifft Man sei durch die Anetzt«srefyWy>zbiViAo»un«n
überrascht gewesen unv kabe sic nack ihren, Inhalt nach der Form und,
' "" .rckuoltz .7- skkjhmvh .>ftick»rD rr»<?

nach) der Zeit, in der sie gesagt wurde, für das größte Unglück für Deutsch»,
land gehalten.
Dr. Htlfferich: Ist Ihnen bekannt, daß Herr Erzberger im Jahre
19l8 eineir Vorstoß wegen der Ausfuhrzölle im Hauptausjchuß gemacht
hat? Welchen Eindruck hat dieser Vorstoß bei Ihnen hervorgenifen? —
Zeuge Rades: Man war im allgemeinen sehr erbost darüber. Es hat
wohl auch bei manchem der Eindruck Platz gegensfen, daß Hern Erzber-
ger diesen Vorstoß wohl kaum gemacht hätte, solange er noch Aufsichtsrat
der Firma Thyssen war. — Dr. H e l f s e r i ch: Das Vorgehen Erzbergers
soll auch als Racheakt gegenüber der Firma Thyssen bezeichnet worden
sein. — Aeugr Rabe s: Auch darüber wurde wohl gesprochen, leb habe
aber niemals daran geglaubt, baß das Motiv Rache sein könnte.
Zeuge Thyssen: Mir ist bekannt, daß mein Vater Herrn Erzber-
ger nicht nur als Mensch schätzte, sondern daß er auch vor seiner großen
Intelligenz Respekt hatte. Bei der Frage des Eintritts Erzbcrgers in den
AuMchtsrat hätten seiner Ansicht nach verschiedene Gründe mitgespicst, u.
.a. auch die Dennittlertätigkeit, die Erzberger in den Familienstreitigketten
der Firma Thyssen ausgeübt habe, weiterhin seine von August Thyssen
sehr geschätzte Arbeitskraft. Der Hauptgrund sei allerdings der gewesen,
daß die Firma Thyssen Verbindung mit der Zentrumspanei suchte und
für diese Zwecke Erzberger als den geeigneten Vertreter dieser Partei an-
gesehen habe.
Sonstige neue Momente ergaben sich aus der Vernehmung Thyssens
nicht. — Zu der Frage, ob di« Firma einen Enverb der Brieygruden ober
nur sine Ausbeute beabsichtigt habe, bekundet er, daß seines Wissens
während des Krieges nur an eine Ausbeute gedacht worden wäre.
Dr. Helfserich: War dem Zeugen bekannt, daß im Reichsgint
des Innern die Auffassung vorherrschte, daß man aus der Eingabe vom
23. Mai eine Absicht der Firma Thyssen herausias, baß ihr das Eigentum
an den Brieyschen Gruben übenragen werden solle?
Zeuge Thyssen: Darauf kann ich mich nach nunmehr Jahren
nicht besinnen, lieber die Gründe, die Erzberger zum Ausscheiden aus
dem Aufsichtsral veranlaßt haben, vermag auch Fritz Thyüen nichts be-
sonderes zu sagen. Er glaubt, dies Ausscheiden sei verursacht durch die
Friedensresolution und meinte ebenso wie Direktor Rabes, daß das Aus-
scheiden aus eigenem Antrieb erfolgt sei. — Die Parteien wie auch bas
Gericht richten an beide Zeugen noch einige Fragen, die aber ebenfalls
nichts Neues ergeben. Die Bernehmung ist damit beendet. Die Sitzung
wir auf Montagoertag t.
Die Gefahren des drohenden Weltbanker ottr.
Der Rückgang der Devisen fast aller Länder.
Am 23. Januar stand im „Berliner Tagblatt" folgende Mel-
dung:
Züri ch, 22. Ian. (Priv.-Tel.) An der h i ej i g e n B ö rs e
gingen heute fast alle Devisen im Kurse zurück. Es notierten: Ber-
lin 8,25 (vor. Kurs: 8,50), Wien 1,80 (1,70), Prag 7,10 (7),
Holland 207,75 (208,50), Newyork 5,55 (5,54), London 20,10
(20,30), Paris 45,75 <47), Italien 38,75 (39,50), Brüssel 45,50
(47), Kopenhagen 96 (98), Stockholm 113,50 (113,50), Kristiania
104,5t) (107), Madrid 103,50 (104,50), Buenos Aires 240 (238).
Im Anschluß daran bespricht dann das Blatt das Programm
der Amsterdamer Wirsschaftskonferenz und sagt dazu:
Der Aufruf stellt also in seinem Kern die Erkenntnis dar, daß
die Interessen der ganzen Welt unteinander solidarisch sind, und baß
man die besiegten Staaten nicht zu Grunde gehen lassen darf, ohne
damit zugleich die Weltwirtschaft an dem Lebensnerv zu treffen. Da
diese Erkenntnis von den besten Persönlichkeiten der wichtigsten Län-
der Europas zum Ausdruck gebracht wird, so darf man, selbst bei be-
rechtigter Skepsis gegen die Wirkung öffentlicher Kundgebungen, die
Hoffnmrg aussprechen, daß dieser ersten Anregung zur schleunigen
Vornahme einer internationalen Sanierung weitere Schritte folgen
werden. Der Friedensverttag ist zu einem Zeitpunkt in Kraft ge-
treten, der beinahe schon jenseits der Grenze der richtigen Gelegen-
heit für eine allgemeine Rettung steht. Es ist in der Tai höchste
Zeit, etwas zu unternehmen, denn der Zusammenbruch des inter-
nationalen Geldmarktes läßt sich nicht mehr lange aufhalten. Seine
Rettung ist die dringendste Frage, die in dem neugefchaffenen Frie-
denszustand beantwortet werden muß, denn ohne sie sind alle Siche-
rungen, die sich die Sieger Vorbehalten Haden, ebenso wertlos, wie
es bald die bedruckten Zettel der Notenbanken sein werden.
In letzter Linie wird ja nur eine planmäßige internationale Ge-
meinwirsschaft uns vor dem gänzlichen Zusammenbruch retten
können. ' ....
Ausland.
Demission des Bundesrats Lalonder.
Zürich, 23. Ian. (Priv.-Tel.) Bundesrat Lato n d e r
Hal, wie ich höre, seine Demission als Mitglied , des schweizeri-
schen Bundesrats eingereicht. Calonder hätte, wie es heißt, aus
Gesundheitsrücksichten den Amtsgeschäften 4—6 Monate fernbleiben
müssen, was er im gegenwärtigen Augenblick mit seiner Pflicht nicht
für vereinbar hielt. Man dürfte nicht fehlgehen in der Annahme,
daß die peinlichen Ueberraschungen, die der O b er st e Ra t gerade
jetzt der Schweiz in der Völkerbundsfrage bereiter, Ealvn-
der als dem Verfasser der bunbesrässichen Botschaft über den. Bei-
tritt der Schweiz zum Völkerbund in seinen: Rückttittsensschluß ge-
stärkt haben.
Miverands Vertrauensvotum.
Genf, 23. Ian. In der gestrigen Sitzung der französischen
Depullertenkammer lagen eine ganze Reihe von Interxellassonsan-
trägen vor. Da jedoch der Royalist Leon Daudet über die
Zusammensetzung des Kabinetts selbst interpellierte, so beantragte
Millerand, diese Interpellation zu erst zu erledigen. Daudet
wiederholte unter fortdauerndem Widerspruch der Linken die gegen
den neuen Minister des Innern, Steeg, gerichteten Angriffe.. Als
einige Freunde Briands den Antrag auf „Uebergang zur
einfachen Tagesordnung stellten, verlangte Millerand deshalb
ein D e rt r a u e n s v v l u m. Die gesamte Rechte, b. h. außer dem
Monarchisten, enthielten sich der Abstimmung, um Millerand deut-
lich zu machen, daß sie unzufrieden mit ihm sind, weil er euuge
Politiker der Linken in» Ministerium berufen Hal, anstatt uch aus-
schließlich auf die konservative Mittelparkeien zu stützen. Mlllerand
erhielt schließlich sein Vertrauensvotum. Die Sozia l > sten schei-
nen sich zum Teil der Abstimmung enthalten, zum a erl sogar bei der
ersten Abstimmung die Regierung unterstützt zu haben.
Das politische Ergebnis des Tages ist gerade infolge dieser Ab-
stimmungen nicht gering: schneller, als..man erwarten konnte, ist
Millerand gezwungen worden, sich aus die Linie zu stützen, und da-
nn tist der Kamps um die Macht zwischen rechts und links erpff.net.
.7tchfss yMak? -roi? -77»b : k'
 
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