Lageszeimag für die »verktättge Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Äppmgea, Sberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbischofsheim und Wertheim.
Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 2.ZN Ml. Anzeigenpreise:
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Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
«SeschLftsstunden6 llhr. Sprechstunden der Redakston: 11-12 llhr.
Postscheckkonto «arloruhe Nr. 22S77. Tel.-Bdr.: AoltszeitungHeidelberg.
Heidelberg, Mittwoch, Februar ilS20
Nr. ÄS * 2. Jahrgang
Derantwortt.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft ».Feuilleton: Dr.
«.Krauss für Kommunales u. soziale Rundschau: I-Kahn- für Lokale«!
O.Geibel; für die Anzeigen: H.Hoffmann, sämtlich in Heidelberg.
Druck und Verlag dertlnterbabischen Verlagsanstal« G. m. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße Z9.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.
W
Politische Ueberficht
Eine Thwntk der Friedensverhandlungen.
Publikationen der Deutschen Liga für
Völkerbund.
Die Deutsche Liga für Völkerbund hat mit
schon im Oktober 181« waren keine Uniformen und kein Schuhzeug da.
. '1r meine Milpt
..tzt will man mir
>en Serumwerken
Die Deutsche Liga für Völkerbund hat mit der
Herausgabe zweier wichtigen Publikationen begonnen, die nicht nur
literarisch«, sondern auch politische Bedeutung gewinnen dürften,
«ne Schriftenreihe „Die Frieden slast" soll in einer Form,
die sich ebenso frei hält von nationalistischer Verzerrung wie von
unsachlicher Beschönigung, dem deutschen Volke die ganze furchtbare
Bedeutung des Versailler Vertrages klarmachen. Das erste Heft
der Reihe ist bereits erschienen. Ts ist die vor einigen Tagen an
dieser Stelle besprochene Schrift von Dr. Karl Melchior:
«DeutsckZands finanzielle Verpflichtungen aus dem Friedensver-
trage". Als zweites Heft erscheint demnächst „Die Belastung der
deutschen Souveränität durch die Kommissionen" von Ministerial-
direktor Dr. Simons, dem Generalsekretär der Friedensdele-
Sation. - ,
Die zweite Publikation ist ein großer von Professor Dr. Wal-
ter Schücking herausgegebener „Kommentar -um Frie-
de n s v er tr a g", der, auf streng wissenschaftlicher Grundlage
aufgebaut, für die Theorie und Praxis des In- und Auslandes
richtunggebend werden soll. Der Redaktionsausschuß des Kommen-
tars, setzt sich aus Echücking, dem Vortragenden Rat im Reichs-
lustizministerium S chl e g elb e r g e r, dem Vortragenden Rat im
Auswärtigen Amt Gaus und dem Privatdozenten Dr. Krau»
zusammen. Al- Mitarbeiter sind etwa fünfzig Männer der Theorie
Rettet die Ehre!
Wenn man gegenwärtig das Geschrei hört über die Verletzung
der Ehre, die uns Franzosen und Engländer antun wollen, so muß
man sich fragen, ob die Ehre eines Volkes mehr verletzt wird da-
durch, daß einigen Volksgenossen Unrecht geschieht, oder dadurch,
daß diese Unrecht tun. Wo waren die Retter der Ehre, als nach
dem Vertragsbruch an Belgien auch noch alle Brutalitäten der
Kriegführung verübt wurden? Wo waren die Retter der Ehre,
als ln Nvrdfrankreich Hütten und Schlösser ausgeraubt wurden?
Wo waren die Retter der Ehre, als Geiseln erschossen, als bel-
gische Arbeiter deportiert und in Nordfrankreich Frauen verjagt
wurden? Hat man je davon gehört, daß Offiziere wegen Plünde-
rung oder Gewaltanwendung gegen Zivilpersonen bestraft wurden?
Damals, als unsere Armeen im Ausland standen, wäre Gelegen-
heit gewesen, dem deutschen Namen Ehre zu verschaffen.
Ich kenne nicht die Schuld der einzelnen, die von unseren
Feinden verlangt werden. Ich habe auch kein Zutrauen zu den
Gerichten der Entente, ich weist, daß die Auslieferung von den
Militärs auf der anderen Seite nicht aus Gerechtigkeitsgefühl, son-
dern aus Rachedurst verlangt werden. Aber so gerecht wie die
meisten deutschen Kriegsgerichte, werden die Gerichte der Entente
auch urteilen.
Jeder Deutsche, ganz gleich, wie er sich zur Schuld des einzel-
nen stellt, wird es als Schmach empfinden, daß eine solche Forde-
rung an uns gestellt werden kann. Aber ebenso niederdrückend ist
für alle diejenigen, die ihr Rechtsempfinden über den Krieg her-
übergerettet haben, das Bewusttsein, dast weite Kreise unseres Vol-
kes einen Sieg des Rechtes auch vor deutschen Gerichten verhindern
wollen. Gerade diejenigen, die jetzt am lautesten über Unrecht
schreien, haben die Tätigkeit der Untersuchungsausschüsse sabotiert.
Sie haben es als Ehrensache betrachtet, jeden der Ihrigen zu decken,
wenn er auch die grötzten Schandtaten verübt hätte. Sie haben
dem Versenken der Kriegsschiffe zugejubelt und als wir dafür den
letzten Rest der Schiffe und das meiste Schiffsbaumaterial abgeben
mutzten, über Unrecht geklagt. Bei jeder Forderung der Entente
schrien sie: unmöglich — und wollen ganz vergessen machen,
Latz sie für den Fall des Sieges den Besiegten noch weit härtere
Bedingungen stellen wollten. So wenig wie die Entente von der
Ablieferung des Eisenbahnmaterials und der Schiffe Abstand nahm,
so wenig wie sie auf die Kohlenlieferung verzichtete, so wenig wer-
den sie au, die Auslieferung der geforderten Personen verzichten.
.Deshalb müssen wir uns die Frage vorlegen, was geschieht und
was geschehen soll, wenn die Entente auf ihrer Forderung beharrt.
Schon hören wir Stimmen, datz dann Europa aufs neue in eine
Katastrophe gestürzt werde. Also ein neuer Krieg. Denen,
die mit diesem Gedanken spielen, mutz gleich deutlich gesagt werden,
datz im Volk keine Neigung besteht, sich nochmals für die Herren
zu schlagen. Unter den Geforderten sind gewiß einige Männer,
die sich in allen Dolkskreisen Achtung erworben Haden, ein großer
Teil hat sich aber auch schwere Vergehen gegen die Menschlichkeit
zu schulden kommen lasten, und für solche Menschen nochmals das
Leben von Tausenden aufs Spiel zu setzen, wäre ein Verbrechen.
Die Ententemächte haben aber auch gar nicht notwendig, nochmals
Krieg mit uns zu beginnen, sie haben es in der Hand, uns in
den nächsten Monaten auszuhungern, sie haben es in der Hand,
von unseren Gefangenen Zehntausende als Pfand zurückzubehalten.
Sie werden uns einfach erklären, datz sie den Friedensvertrag nicht
zu halten brauchen, wenn wir die unterzeichneten Bedingungen
nicht halten. Bei der Aushungerung werden tausende unschuldiger
Opfer fallen und richten wir an die Herren die Frage, ob sie es
dann mit ihrer Ehre vereinbaren können. Unschuldige für sich ster-
ben zu lasten. Die Lage für das deutsche Volk ist ernst und dürfen
wir uns nicht durch Phrasen blenden lasten. Die Vabanquespieler
des Krieges spielen auch jetzt wieder ein gewagtes Spiel. Wir
Sozialdemokraten haben doppelt Ursache, den Kopf kühl zu er-
halten. Wir wollen die Politik der Entente als das bezeichnen,
was sie ist: kurzsichtige Rachepolitik. Aber wir wollen
das deutsche Volk diesen Rachepvlitikern nicht noch mehr ausliefern
als es schon geschehen ist. Es ist aber Heuchelei, wenn unsere all-
deutschen Politiker jetzt über Gewalt klagen. Wir wollen aber auch
nicht vergessen, daß die Alldeutschen diese Angelegenheit benützen
wollen, um die Republik zu stürzen und die Monarchie wieder
einzusetzen. ,
Wir haben deshalb alle Ursache, vorsichtig, recht vorsichtig zu
sein. Die Republik war noch nie so gefährdet wie heute.
W. Engler.
Auf die Behauptung des Rechtsanwalts Alsberg, datz ein Zu-
sammenhang zwischen dem Auftreten des Ministers Erzberger im Reichs-
tag und seiner Bekanntschaft mit Direktor Bethge von den Serum-
werken besteht, erklärt Erzberger unter seinem Eid, daß diese
Annahme irrig sei. — Erzberger gibt dann eine längere Erklä-
rung darüber ab, daß Bethge ihn gebeten habe, ihm mitzuteilen, wohin
er sich wegen des Bezuges von Malz und Zucker wenden könne, und
Erzberger um einen Empfehlungsbrief gebeten habe.
Bors.: Waren die angesorderten Mengen ausreichend, um damit
die «0 000 Flaschen Pmgodin herzustellen?
Lrzberger: Keineswegs. Mit dieser Menge konnten etwa
2000 Flaschen hcrgestellt werden. Es ist auch lächerlich zu behaupten,
datz ich Herrn Bethge einen besonderen Gefallen getan habe.
Es wird hierauf der Kaufmann Lautenfchläger vernommen,
der seinerzeit Gesellschafter der Pnigvdinwerke war. Die Serumwerke
feien sehr geeignet gewesen, die Geschäfte der Pnigvdingesellschaft zu
übernehmen, weil die Serumwerke internationale Beziehungen hatten.
— Aus Befragen von Rechtsanwalt Friedländer erklärt der Zeug« auch
noch, datz die Gesellschaft ein außerordentliches Vertrauen zu Erzberger
gehabt hätte, und daß dieser sich überaus uneigennützig erwiesen hätte.
Rach einer kurzen Pause wird die Aussage des Zeugen
August Thyssen verlesen, der durch den Berichterstatter des
Gerichts vernommen worden ist. Die Aussage dringt keine neuen Mo-
mente. Thyssen sagt aus, er könne sich nicht entsinnen, daß er zu dem
Angeklagten Helsferich jemals gesagt habe: Wenn Sie Schwierigkeiten
beim Kriegsministerium haben, wenden Sie sich nur an Herrn Erzberger,
ich habe gute Erfahrungen mit ihm gemacht. Zur Frage des Fixums
von 40 000 Mk., das Lrzberger als Aufsichtsratsmitglied bezog, erklärt
Thyssen, datz dies aus den besonderen Verhältnissen des Thystenkonzerns,
der keine Dividenden zahlt, heryorginge. Thyssen schiebt hie Schuld an
der schließlichen Entfremhung zwischen ihm und Erzbcrger in erster Linie
besten Abschwenkung nach links zu.
Einen hreiten Raum in der Beweisaufnahme nimmt die Vernehmung
des Geschäftsführers des „Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindu-
strieller" D r. Reichert ein, der in der B r i e y - A ng e le g e n h ei t
tätig gewesen war. Der Zeuge schildert die Vorgänge in der Sitzung
dieses Vereins im Juni 1917 in Düsseldorf. Es sei ihm da schon bekannt
gewesen, daß Erzberger eine Propaganda für die Annexion der Briey-
Gruben trieb.
Geheimrat v. Gordon: War von einer gewaltsamen Einverlei-
bung oder von einer Ausbeutung des Erzbeckens von Briey die Rede?
Zeuge: Erzberger sprach den Gedanken aus, daß man einen Aus-
tausch vornehmen könne.
Lrzberger: Kann der Herr Zeuge mir sagen, ob die von mir
angeregte wissenschaftlich« Propaganda über die Notwendigkeit der Er-
werbung des Erzbeckens für Industrie und Landwirychast unbedingt er-
forderlich war?
Zeuge: Ja.
Helsferich: Ist dem Herrn Zeugen bekannt, daß Herr Erzber-
ger nach der Friedensresolution sich noch an der Annexionspropaganda
betätigt hat, daß er die linksstehende Pr«stc mit dementsprechenden Ar-
tikeln versehen hat?
Zeuge: Ja, es erschien «ine Artikelserie in dieser Tendenz,
von der ich annahm, daß sie von Erzberger stammte.
R.--A. Friedländer: Ich stelle fest, daß der Abgeordnete Wein-
berger den Artikel „Die Metallarbeiter und der Frieden" ohne Wissen
und Auftrag des Herrn Nebenklägers hat erscheinen lasten.
Zeuge: Ich muß sagen, daß Herr Erzberger der „spiritus rector"
der ganzen Propaganda war.
Helsferich: Herr Erzberger ist also gewissermaßen der Be-
wegung, die er selbst ins ^eoen gerufen, später mit der Friedensresolution
in den Rücken gefallen?
Zeuge: Allerdings.
R.-A. D r. Alsberg: Machte Herr Erzberger die Annexion von
Briey Longwy davon abhängig, daß Deutschland Chateau SalaiN ab-
trete? - .
Zeuge: Erzberger wollte die Franzosen befriedigen, um Bney'
Longwy unter allen Umständen zu erhalten. Ich habe Herrn Erzberger
so verstanden, daß man schlimmstenfalls den Franzosen ein Pflaster aus
die Wunde leg«.
Helsferich: Ich behaupte, daß Lrzberger sich durch Thyssen hat
beeinfluss«» lasten und daß, als Erzberger die Friedensresolution machte
und zu den Linksparteien abschwenkte, Thyssen sich von ihm zurückzog. Ich
möchte nun den Herrn Zeugen darüber befragen, ob Erzbcrger im August
und September irgend etwas getan hat, um die von ihm ins L«ben ge-
rufene Annexio ns Propaganda abzu stoppen?
Zeuge: Die Agitation ging ruhig weiter, es ist mir nichts davon
bekannt daß Herr Lrzberger versucht hat, sie in andere Bahnen zu kn-
ken Wir hatten unsererseits keinen Anlaß, an Herrn Erzberger heran-
zutreten. Er hätte nach dem 19. Juli durch Herrn August Thyssen auf
uns «inen Einfluß ausüben können, hat es aber nicht getan.
Auf weiteres Befragen des Zeugen erklärt dieser, sich nicht erinnern
zu können, daß im Oktober 1917 im Reichstage unter Erzbergers Füh-
rung ein Vorstoß gegen die Baterlandspartei unternommen wurde, ob-
gleich diese genau dieselbe Agitation betrieb, wie sie Lrzberger selbst
vertreten hat. Helsferich schlägt daraus vor, die Protokolle des Reichs-
tages zu diesem Punkte heranzuziehrn._
Teilergebnisse der schleswig-holsteinischen
Abstimmung.
Kiel, 11. Februar. (W.B.) Bis 3 Uhr morgens wurden für
Deutschland 20 924 Stimmen, für Dänemark 55 279 ge-
zählt. Eine Anzahl ^Landgemeinden steht noch ns.
Die Schweiz hält dar Bankgeheimnis
aufrecht.
Bern, II. Febr. (W.B.) Der Nationalrat lehnte heute
einen Antrag auf A ufh eb u ng der B a nk g eh e i m n iss e a b.
Aus dem Saarstaat.
Paris, 11. Febr. (W.B.) Aus Saarbrücken wird gemeldet,
datz General Wirbel bestimmte, datz niemand, der nicht im
Saargebiet ansässig ist, in einer öffentlichen Versammlung das Wort
ergreifen, oder sich an der Debatte beteiligen darf.
Der neue Oberkommissar von Elsatz-
Lothringen.
Paris, 11. Febr. (W.B.) Der französische Botschafter in
Madrid Alapetite ist als Nachfolger Millerands zum Ober-
kommissar von Elsaß-Lothringen auserfehen.
Das englische Kabinett zur Auslieferungs-
frage.
London, 11. Febr. (W.B.) Der „Telegraph" meldet, das
Kabinett wird, bevor es in der Auslieferungsfrage eine Entscheidung
trifft, mit Millerand und Nit 1 y konferieren.
und Praxis tätig, die größtenteils bei den Friedensverhandlungen
in Versailles mitgewirkt haben. Das ganze Werk, das aus sechs
Bände, zwei Ergänzungshände und einen Atlas veranschlagt wird,
ist erst gegen Mitte des Jahres vollendet. Einzelne Artikel werden
bereits vorher in der Form von „VvrveröffentIichung « n"
herausgegeben werden. Bereits erschienen ist «ine „Chronik
der Friebensoerhondlungen nebst einer fieber-
sicht über die Diplomatie des W eltkrieges". Die
Chronik, die von D r. Kraus und Rödi g e r herausgegeben
ist. enthält eine übersichtliche Zusammenstellung aller diplomatischen
Ereignisse vom 23 Juni 1914 bis 10. September 1919 (dem Tage
des Friedensvertrages von St. Germain-en-Laye). Diese Zufam-
menstellung aller Geschehnisse, die zu dem Friedensvertrag geführt
haben, und aller Momente, die auf den Friedensschluß hemmend
eingewirkt haben, ist für das Verständnis des Friedensvertrages
von Bedeutung. Die Benutzung wird durch ein sorgfältig gear-
beitetes Stichwörterverzeichnis erleichtert.
Als weitere Veröffentlichungen werden die Kapitel des Frie-
densvertrages über den Osten und über das Arbeitsrecht
folgen. Neben seinen unmittelbaren praktischen und wissenschaft-
lichen Zwecken soll der große Kommentar zugleich Zeugnis dafür
ablegen, datz die deutsche Wissenschaft ungebrochen aus dem Kriege
hervorgeht.
Das Finanzabkommen mit Belgien.
Berlin, 9. Febr. Mit der belgischen Regierung
war durch den Reichsfinanzminister vor einigen Wochen ein F i -
nanzabkommen vereinbart worden, bei welchem von belgi-
schen Unterhändlern dem Reichsministerium des Auswärtigen und
dem Reichsfinanzministerium im Auftrag der belgischen Regierung
erklärt worden war, daß Belgien als Konzession für dieses Finanz-
abkommen auf die Auslieferung verzichten werde. Diese
formelle Zusage ist von der belgischen Regierung ebensowenig
eingehalten worden wie di« Zusage, die deutschenVermögen
in Belgien nicht zu liquidieren. Da beide belgischen Zusagen vom
Finanzvertrag untrennbar sind, so ist dadurch ganz von selbst das
Finanzabkommen hinfällig geworden. Die belgische Regierung
dürste in diesem Sinn von maßgebenden deutschen Stellen unter-
richtet worden sein. Die letzte Entscheidung über das Finanz-
abkommen liegt allerdings, woraus wir schon früher hingewiesen
haben, bei der deutschen Nationalversammlung, die
natürlich auch ihrerseits eine genaue Prüfung vornehmen muß, ob
die deutschen Interessen gewahrt und ob die gegebenen Zusagen
gehalten worden sind.
Der Prozeß Erzberger-Helfferich.
Berlin, 9. Februar.
Am Heufigen Montag sind die Tribünen des Schwurgerichts-
saals im Moabiter Kriminalgericht, wo der Prozeß stattfindet,
überfüllt. Landgerichtsrat Baumbach teilt mit, daß heute mög-
lichst der Fall „Thysse n" erledigt werden solle.
Bors.: Wir wollen noch einmal den Fall „Pmgodin" erörtern.
Abgeordneter Erzbeiger stellte an das Kriegsministerium die Anfrage,
ob bei einer Mobilmachung die Zahl der vorhandenen Portionen an
Serumstossen nicht zu minimal sei. Er wies weiter darauf hin, daß es
im Interesse des Kriegsministenums läge, genügenden Vorrat an Serum-
stoffen zu beschaffen. Der Vertreter de» Kriegsministeriums lehnte den
Euoventiomerungsvvrschlag als nicht ratsam und schädlich ab.
Lrzberger: An mich, als Berichterstatter des Militäretats,
wandten sich zahlreiche Vertreter der Kriegsindustrie nicht nur die Ee-
rmnwerke, auch ander« Werk«, die Munition, Bekleidung, Heeresgerät
usw. berstellten. Auch mit der Bekleidung habe ick recht aeha denn
Ar.. i„. "77 — "7H h
Als Abgeordneter habe ich es in bester lleberzeugung fü
gehalten, mich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Und fetz
vorhalten, das auf Grund meiner Beziehungen zu der
getan zu hoben.
Vor s.: Es stand also in keinem Zusammenhang damit?
H «l f f e r ich : Der Zeug« Betbg« hat erklärt, er habe Herrn Erz-
berger nie mit seinen Geschäften belästigt. Es kommt nur daraus an, den
geschäftlichen Zusammenhang mit Herrn Erzbcrger» Wirken m politischer
Beziehung festzustellen.
Lrz b e rger: Sch bestreite da».
Ausland.
Bölkerbundssitzung.
Haag, 9. Ian. Der Völkerbund wirb am nächsten
Mittwoch im St. Iames-Palast zu London eine öffent-
liche Sitzung abhalten, in der der ständige Ausschuß gewählt wer-
den soll. Es verlautet, baß Balfour Curzon als Vertreter
Englands imVerwaNungsrat ersetzen wird. Italien wird
durch Ferrari, Japan durch Marquis Chinda, Belgien
durch Huysmans, Griechenland und Brasilien durch ihre G e -
sandten in Paris vertreten sein. An den Besprechungen
werden vonschweizerischerSeite auch der bekannte Rechts-
gelehrte Huber und Bundesrat Advr teilnehmen. Am Don-
nerstag und an den folgenden Tagen sollen die Beratungen fort-
gesetzt und verschiedene wichtige auf das Programm gesetzte Fragen
erledigt werden.
Ungarn» Weg in de« Friede«.
Bud a pest, 7. Febr. Die Proteste g e g e n ,d e n An-
schluß Westungarns an Oesterreich werden immer stür-
mischer. Die eintreffenden überaus zahlreichen Petitwnen fordern
bi« Regierung auf, unbedingt auf der Volksabsfimmung zu be-
stehen. Die Regierung ist entschlossen, diese Forderung durch den
Grafen Appvnyi in Paris nachdrücklichst vertreten zu lassen.
Wien, 9. Febr. Die ungarische Friebensabvrdnung ist auf
der Reise nach Reüilly zur lleberreichung ihrer Antwort auf den
Friedensvertragsentwurf der Entente heute durch Wien gekommen.
I Der Führer der Abordnung, Graf Apponyi, erklärte, alle
j Gegenvorschläge Ungarns beruhen aus dem Grundsatz des Ple -
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Heidelberg, Mittwoch, Februar ilS20
Nr. ÄS * 2. Jahrgang
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«.Krauss für Kommunales u. soziale Rundschau: I-Kahn- für Lokale«!
O.Geibel; für die Anzeigen: H.Hoffmann, sämtlich in Heidelberg.
Druck und Verlag dertlnterbabischen Verlagsanstal« G. m. b. H., Heidelberg.
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W
Politische Ueberficht
Eine Thwntk der Friedensverhandlungen.
Publikationen der Deutschen Liga für
Völkerbund.
Die Deutsche Liga für Völkerbund hat mit
schon im Oktober 181« waren keine Uniformen und kein Schuhzeug da.
. '1r meine Milpt
..tzt will man mir
>en Serumwerken
Die Deutsche Liga für Völkerbund hat mit der
Herausgabe zweier wichtigen Publikationen begonnen, die nicht nur
literarisch«, sondern auch politische Bedeutung gewinnen dürften,
«ne Schriftenreihe „Die Frieden slast" soll in einer Form,
die sich ebenso frei hält von nationalistischer Verzerrung wie von
unsachlicher Beschönigung, dem deutschen Volke die ganze furchtbare
Bedeutung des Versailler Vertrages klarmachen. Das erste Heft
der Reihe ist bereits erschienen. Ts ist die vor einigen Tagen an
dieser Stelle besprochene Schrift von Dr. Karl Melchior:
«DeutsckZands finanzielle Verpflichtungen aus dem Friedensver-
trage". Als zweites Heft erscheint demnächst „Die Belastung der
deutschen Souveränität durch die Kommissionen" von Ministerial-
direktor Dr. Simons, dem Generalsekretär der Friedensdele-
Sation. - ,
Die zweite Publikation ist ein großer von Professor Dr. Wal-
ter Schücking herausgegebener „Kommentar -um Frie-
de n s v er tr a g", der, auf streng wissenschaftlicher Grundlage
aufgebaut, für die Theorie und Praxis des In- und Auslandes
richtunggebend werden soll. Der Redaktionsausschuß des Kommen-
tars, setzt sich aus Echücking, dem Vortragenden Rat im Reichs-
lustizministerium S chl e g elb e r g e r, dem Vortragenden Rat im
Auswärtigen Amt Gaus und dem Privatdozenten Dr. Krau»
zusammen. Al- Mitarbeiter sind etwa fünfzig Männer der Theorie
Rettet die Ehre!
Wenn man gegenwärtig das Geschrei hört über die Verletzung
der Ehre, die uns Franzosen und Engländer antun wollen, so muß
man sich fragen, ob die Ehre eines Volkes mehr verletzt wird da-
durch, daß einigen Volksgenossen Unrecht geschieht, oder dadurch,
daß diese Unrecht tun. Wo waren die Retter der Ehre, als nach
dem Vertragsbruch an Belgien auch noch alle Brutalitäten der
Kriegführung verübt wurden? Wo waren die Retter der Ehre,
als ln Nvrdfrankreich Hütten und Schlösser ausgeraubt wurden?
Wo waren die Retter der Ehre, als Geiseln erschossen, als bel-
gische Arbeiter deportiert und in Nordfrankreich Frauen verjagt
wurden? Hat man je davon gehört, daß Offiziere wegen Plünde-
rung oder Gewaltanwendung gegen Zivilpersonen bestraft wurden?
Damals, als unsere Armeen im Ausland standen, wäre Gelegen-
heit gewesen, dem deutschen Namen Ehre zu verschaffen.
Ich kenne nicht die Schuld der einzelnen, die von unseren
Feinden verlangt werden. Ich habe auch kein Zutrauen zu den
Gerichten der Entente, ich weist, daß die Auslieferung von den
Militärs auf der anderen Seite nicht aus Gerechtigkeitsgefühl, son-
dern aus Rachedurst verlangt werden. Aber so gerecht wie die
meisten deutschen Kriegsgerichte, werden die Gerichte der Entente
auch urteilen.
Jeder Deutsche, ganz gleich, wie er sich zur Schuld des einzel-
nen stellt, wird es als Schmach empfinden, daß eine solche Forde-
rung an uns gestellt werden kann. Aber ebenso niederdrückend ist
für alle diejenigen, die ihr Rechtsempfinden über den Krieg her-
übergerettet haben, das Bewusttsein, dast weite Kreise unseres Vol-
kes einen Sieg des Rechtes auch vor deutschen Gerichten verhindern
wollen. Gerade diejenigen, die jetzt am lautesten über Unrecht
schreien, haben die Tätigkeit der Untersuchungsausschüsse sabotiert.
Sie haben es als Ehrensache betrachtet, jeden der Ihrigen zu decken,
wenn er auch die grötzten Schandtaten verübt hätte. Sie haben
dem Versenken der Kriegsschiffe zugejubelt und als wir dafür den
letzten Rest der Schiffe und das meiste Schiffsbaumaterial abgeben
mutzten, über Unrecht geklagt. Bei jeder Forderung der Entente
schrien sie: unmöglich — und wollen ganz vergessen machen,
Latz sie für den Fall des Sieges den Besiegten noch weit härtere
Bedingungen stellen wollten. So wenig wie die Entente von der
Ablieferung des Eisenbahnmaterials und der Schiffe Abstand nahm,
so wenig wie sie auf die Kohlenlieferung verzichtete, so wenig wer-
den sie au, die Auslieferung der geforderten Personen verzichten.
.Deshalb müssen wir uns die Frage vorlegen, was geschieht und
was geschehen soll, wenn die Entente auf ihrer Forderung beharrt.
Schon hören wir Stimmen, datz dann Europa aufs neue in eine
Katastrophe gestürzt werde. Also ein neuer Krieg. Denen,
die mit diesem Gedanken spielen, mutz gleich deutlich gesagt werden,
datz im Volk keine Neigung besteht, sich nochmals für die Herren
zu schlagen. Unter den Geforderten sind gewiß einige Männer,
die sich in allen Dolkskreisen Achtung erworben Haden, ein großer
Teil hat sich aber auch schwere Vergehen gegen die Menschlichkeit
zu schulden kommen lasten, und für solche Menschen nochmals das
Leben von Tausenden aufs Spiel zu setzen, wäre ein Verbrechen.
Die Ententemächte haben aber auch gar nicht notwendig, nochmals
Krieg mit uns zu beginnen, sie haben es in der Hand, uns in
den nächsten Monaten auszuhungern, sie haben es in der Hand,
von unseren Gefangenen Zehntausende als Pfand zurückzubehalten.
Sie werden uns einfach erklären, datz sie den Friedensvertrag nicht
zu halten brauchen, wenn wir die unterzeichneten Bedingungen
nicht halten. Bei der Aushungerung werden tausende unschuldiger
Opfer fallen und richten wir an die Herren die Frage, ob sie es
dann mit ihrer Ehre vereinbaren können. Unschuldige für sich ster-
ben zu lasten. Die Lage für das deutsche Volk ist ernst und dürfen
wir uns nicht durch Phrasen blenden lasten. Die Vabanquespieler
des Krieges spielen auch jetzt wieder ein gewagtes Spiel. Wir
Sozialdemokraten haben doppelt Ursache, den Kopf kühl zu er-
halten. Wir wollen die Politik der Entente als das bezeichnen,
was sie ist: kurzsichtige Rachepolitik. Aber wir wollen
das deutsche Volk diesen Rachepvlitikern nicht noch mehr ausliefern
als es schon geschehen ist. Es ist aber Heuchelei, wenn unsere all-
deutschen Politiker jetzt über Gewalt klagen. Wir wollen aber auch
nicht vergessen, daß die Alldeutschen diese Angelegenheit benützen
wollen, um die Republik zu stürzen und die Monarchie wieder
einzusetzen. ,
Wir haben deshalb alle Ursache, vorsichtig, recht vorsichtig zu
sein. Die Republik war noch nie so gefährdet wie heute.
W. Engler.
Auf die Behauptung des Rechtsanwalts Alsberg, datz ein Zu-
sammenhang zwischen dem Auftreten des Ministers Erzberger im Reichs-
tag und seiner Bekanntschaft mit Direktor Bethge von den Serum-
werken besteht, erklärt Erzberger unter seinem Eid, daß diese
Annahme irrig sei. — Erzberger gibt dann eine längere Erklä-
rung darüber ab, daß Bethge ihn gebeten habe, ihm mitzuteilen, wohin
er sich wegen des Bezuges von Malz und Zucker wenden könne, und
Erzberger um einen Empfehlungsbrief gebeten habe.
Bors.: Waren die angesorderten Mengen ausreichend, um damit
die «0 000 Flaschen Pmgodin herzustellen?
Lrzberger: Keineswegs. Mit dieser Menge konnten etwa
2000 Flaschen hcrgestellt werden. Es ist auch lächerlich zu behaupten,
datz ich Herrn Bethge einen besonderen Gefallen getan habe.
Es wird hierauf der Kaufmann Lautenfchläger vernommen,
der seinerzeit Gesellschafter der Pnigvdinwerke war. Die Serumwerke
feien sehr geeignet gewesen, die Geschäfte der Pnigvdingesellschaft zu
übernehmen, weil die Serumwerke internationale Beziehungen hatten.
— Aus Befragen von Rechtsanwalt Friedländer erklärt der Zeug« auch
noch, datz die Gesellschaft ein außerordentliches Vertrauen zu Erzberger
gehabt hätte, und daß dieser sich überaus uneigennützig erwiesen hätte.
Rach einer kurzen Pause wird die Aussage des Zeugen
August Thyssen verlesen, der durch den Berichterstatter des
Gerichts vernommen worden ist. Die Aussage dringt keine neuen Mo-
mente. Thyssen sagt aus, er könne sich nicht entsinnen, daß er zu dem
Angeklagten Helsferich jemals gesagt habe: Wenn Sie Schwierigkeiten
beim Kriegsministerium haben, wenden Sie sich nur an Herrn Erzberger,
ich habe gute Erfahrungen mit ihm gemacht. Zur Frage des Fixums
von 40 000 Mk., das Lrzberger als Aufsichtsratsmitglied bezog, erklärt
Thyssen, datz dies aus den besonderen Verhältnissen des Thystenkonzerns,
der keine Dividenden zahlt, heryorginge. Thyssen schiebt hie Schuld an
der schließlichen Entfremhung zwischen ihm und Erzbcrger in erster Linie
besten Abschwenkung nach links zu.
Einen hreiten Raum in der Beweisaufnahme nimmt die Vernehmung
des Geschäftsführers des „Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindu-
strieller" D r. Reichert ein, der in der B r i e y - A ng e le g e n h ei t
tätig gewesen war. Der Zeuge schildert die Vorgänge in der Sitzung
dieses Vereins im Juni 1917 in Düsseldorf. Es sei ihm da schon bekannt
gewesen, daß Erzberger eine Propaganda für die Annexion der Briey-
Gruben trieb.
Geheimrat v. Gordon: War von einer gewaltsamen Einverlei-
bung oder von einer Ausbeutung des Erzbeckens von Briey die Rede?
Zeuge: Erzberger sprach den Gedanken aus, daß man einen Aus-
tausch vornehmen könne.
Lrzberger: Kann der Herr Zeuge mir sagen, ob die von mir
angeregte wissenschaftlich« Propaganda über die Notwendigkeit der Er-
werbung des Erzbeckens für Industrie und Landwirychast unbedingt er-
forderlich war?
Zeuge: Ja.
Helsferich: Ist dem Herrn Zeugen bekannt, daß Herr Erzber-
ger nach der Friedensresolution sich noch an der Annexionspropaganda
betätigt hat, daß er die linksstehende Pr«stc mit dementsprechenden Ar-
tikeln versehen hat?
Zeuge: Ja, es erschien «ine Artikelserie in dieser Tendenz,
von der ich annahm, daß sie von Erzberger stammte.
R.--A. Friedländer: Ich stelle fest, daß der Abgeordnete Wein-
berger den Artikel „Die Metallarbeiter und der Frieden" ohne Wissen
und Auftrag des Herrn Nebenklägers hat erscheinen lasten.
Zeuge: Ich muß sagen, daß Herr Erzberger der „spiritus rector"
der ganzen Propaganda war.
Helsferich: Herr Erzberger ist also gewissermaßen der Be-
wegung, die er selbst ins ^eoen gerufen, später mit der Friedensresolution
in den Rücken gefallen?
Zeuge: Allerdings.
R.-A. D r. Alsberg: Machte Herr Erzberger die Annexion von
Briey Longwy davon abhängig, daß Deutschland Chateau SalaiN ab-
trete? - .
Zeuge: Erzberger wollte die Franzosen befriedigen, um Bney'
Longwy unter allen Umständen zu erhalten. Ich habe Herrn Erzberger
so verstanden, daß man schlimmstenfalls den Franzosen ein Pflaster aus
die Wunde leg«.
Helsferich: Ich behaupte, daß Lrzberger sich durch Thyssen hat
beeinfluss«» lasten und daß, als Erzberger die Friedensresolution machte
und zu den Linksparteien abschwenkte, Thyssen sich von ihm zurückzog. Ich
möchte nun den Herrn Zeugen darüber befragen, ob Erzbcrger im August
und September irgend etwas getan hat, um die von ihm ins L«ben ge-
rufene Annexio ns Propaganda abzu stoppen?
Zeuge: Die Agitation ging ruhig weiter, es ist mir nichts davon
bekannt daß Herr Lrzberger versucht hat, sie in andere Bahnen zu kn-
ken Wir hatten unsererseits keinen Anlaß, an Herrn Erzberger heran-
zutreten. Er hätte nach dem 19. Juli durch Herrn August Thyssen auf
uns «inen Einfluß ausüben können, hat es aber nicht getan.
Auf weiteres Befragen des Zeugen erklärt dieser, sich nicht erinnern
zu können, daß im Oktober 1917 im Reichstage unter Erzbergers Füh-
rung ein Vorstoß gegen die Baterlandspartei unternommen wurde, ob-
gleich diese genau dieselbe Agitation betrieb, wie sie Lrzberger selbst
vertreten hat. Helsferich schlägt daraus vor, die Protokolle des Reichs-
tages zu diesem Punkte heranzuziehrn._
Teilergebnisse der schleswig-holsteinischen
Abstimmung.
Kiel, 11. Februar. (W.B.) Bis 3 Uhr morgens wurden für
Deutschland 20 924 Stimmen, für Dänemark 55 279 ge-
zählt. Eine Anzahl ^Landgemeinden steht noch ns.
Die Schweiz hält dar Bankgeheimnis
aufrecht.
Bern, II. Febr. (W.B.) Der Nationalrat lehnte heute
einen Antrag auf A ufh eb u ng der B a nk g eh e i m n iss e a b.
Aus dem Saarstaat.
Paris, 11. Febr. (W.B.) Aus Saarbrücken wird gemeldet,
datz General Wirbel bestimmte, datz niemand, der nicht im
Saargebiet ansässig ist, in einer öffentlichen Versammlung das Wort
ergreifen, oder sich an der Debatte beteiligen darf.
Der neue Oberkommissar von Elsatz-
Lothringen.
Paris, 11. Febr. (W.B.) Der französische Botschafter in
Madrid Alapetite ist als Nachfolger Millerands zum Ober-
kommissar von Elsaß-Lothringen auserfehen.
Das englische Kabinett zur Auslieferungs-
frage.
London, 11. Febr. (W.B.) Der „Telegraph" meldet, das
Kabinett wird, bevor es in der Auslieferungsfrage eine Entscheidung
trifft, mit Millerand und Nit 1 y konferieren.
und Praxis tätig, die größtenteils bei den Friedensverhandlungen
in Versailles mitgewirkt haben. Das ganze Werk, das aus sechs
Bände, zwei Ergänzungshände und einen Atlas veranschlagt wird,
ist erst gegen Mitte des Jahres vollendet. Einzelne Artikel werden
bereits vorher in der Form von „VvrveröffentIichung « n"
herausgegeben werden. Bereits erschienen ist «ine „Chronik
der Friebensoerhondlungen nebst einer fieber-
sicht über die Diplomatie des W eltkrieges". Die
Chronik, die von D r. Kraus und Rödi g e r herausgegeben
ist. enthält eine übersichtliche Zusammenstellung aller diplomatischen
Ereignisse vom 23 Juni 1914 bis 10. September 1919 (dem Tage
des Friedensvertrages von St. Germain-en-Laye). Diese Zufam-
menstellung aller Geschehnisse, die zu dem Friedensvertrag geführt
haben, und aller Momente, die auf den Friedensschluß hemmend
eingewirkt haben, ist für das Verständnis des Friedensvertrages
von Bedeutung. Die Benutzung wird durch ein sorgfältig gear-
beitetes Stichwörterverzeichnis erleichtert.
Als weitere Veröffentlichungen werden die Kapitel des Frie-
densvertrages über den Osten und über das Arbeitsrecht
folgen. Neben seinen unmittelbaren praktischen und wissenschaft-
lichen Zwecken soll der große Kommentar zugleich Zeugnis dafür
ablegen, datz die deutsche Wissenschaft ungebrochen aus dem Kriege
hervorgeht.
Das Finanzabkommen mit Belgien.
Berlin, 9. Febr. Mit der belgischen Regierung
war durch den Reichsfinanzminister vor einigen Wochen ein F i -
nanzabkommen vereinbart worden, bei welchem von belgi-
schen Unterhändlern dem Reichsministerium des Auswärtigen und
dem Reichsfinanzministerium im Auftrag der belgischen Regierung
erklärt worden war, daß Belgien als Konzession für dieses Finanz-
abkommen auf die Auslieferung verzichten werde. Diese
formelle Zusage ist von der belgischen Regierung ebensowenig
eingehalten worden wie di« Zusage, die deutschenVermögen
in Belgien nicht zu liquidieren. Da beide belgischen Zusagen vom
Finanzvertrag untrennbar sind, so ist dadurch ganz von selbst das
Finanzabkommen hinfällig geworden. Die belgische Regierung
dürste in diesem Sinn von maßgebenden deutschen Stellen unter-
richtet worden sein. Die letzte Entscheidung über das Finanz-
abkommen liegt allerdings, woraus wir schon früher hingewiesen
haben, bei der deutschen Nationalversammlung, die
natürlich auch ihrerseits eine genaue Prüfung vornehmen muß, ob
die deutschen Interessen gewahrt und ob die gegebenen Zusagen
gehalten worden sind.
Der Prozeß Erzberger-Helfferich.
Berlin, 9. Februar.
Am Heufigen Montag sind die Tribünen des Schwurgerichts-
saals im Moabiter Kriminalgericht, wo der Prozeß stattfindet,
überfüllt. Landgerichtsrat Baumbach teilt mit, daß heute mög-
lichst der Fall „Thysse n" erledigt werden solle.
Bors.: Wir wollen noch einmal den Fall „Pmgodin" erörtern.
Abgeordneter Erzbeiger stellte an das Kriegsministerium die Anfrage,
ob bei einer Mobilmachung die Zahl der vorhandenen Portionen an
Serumstossen nicht zu minimal sei. Er wies weiter darauf hin, daß es
im Interesse des Kriegsministenums läge, genügenden Vorrat an Serum-
stoffen zu beschaffen. Der Vertreter de» Kriegsministeriums lehnte den
Euoventiomerungsvvrschlag als nicht ratsam und schädlich ab.
Lrzberger: An mich, als Berichterstatter des Militäretats,
wandten sich zahlreiche Vertreter der Kriegsindustrie nicht nur die Ee-
rmnwerke, auch ander« Werk«, die Munition, Bekleidung, Heeresgerät
usw. berstellten. Auch mit der Bekleidung habe ick recht aeha denn
Ar.. i„. "77 — "7H h
Als Abgeordneter habe ich es in bester lleberzeugung fü
gehalten, mich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Und fetz
vorhalten, das auf Grund meiner Beziehungen zu der
getan zu hoben.
Vor s.: Es stand also in keinem Zusammenhang damit?
H «l f f e r ich : Der Zeug« Betbg« hat erklärt, er habe Herrn Erz-
berger nie mit seinen Geschäften belästigt. Es kommt nur daraus an, den
geschäftlichen Zusammenhang mit Herrn Erzbcrger» Wirken m politischer
Beziehung festzustellen.
Lrz b e rger: Sch bestreite da».
Ausland.
Bölkerbundssitzung.
Haag, 9. Ian. Der Völkerbund wirb am nächsten
Mittwoch im St. Iames-Palast zu London eine öffent-
liche Sitzung abhalten, in der der ständige Ausschuß gewählt wer-
den soll. Es verlautet, baß Balfour Curzon als Vertreter
Englands imVerwaNungsrat ersetzen wird. Italien wird
durch Ferrari, Japan durch Marquis Chinda, Belgien
durch Huysmans, Griechenland und Brasilien durch ihre G e -
sandten in Paris vertreten sein. An den Besprechungen
werden vonschweizerischerSeite auch der bekannte Rechts-
gelehrte Huber und Bundesrat Advr teilnehmen. Am Don-
nerstag und an den folgenden Tagen sollen die Beratungen fort-
gesetzt und verschiedene wichtige auf das Programm gesetzte Fragen
erledigt werden.
Ungarn» Weg in de« Friede«.
Bud a pest, 7. Febr. Die Proteste g e g e n ,d e n An-
schluß Westungarns an Oesterreich werden immer stür-
mischer. Die eintreffenden überaus zahlreichen Petitwnen fordern
bi« Regierung auf, unbedingt auf der Volksabsfimmung zu be-
stehen. Die Regierung ist entschlossen, diese Forderung durch den
Grafen Appvnyi in Paris nachdrücklichst vertreten zu lassen.
Wien, 9. Febr. Die ungarische Friebensabvrdnung ist auf
der Reise nach Reüilly zur lleberreichung ihrer Antwort auf den
Friedensvertragsentwurf der Entente heute durch Wien gekommen.
I Der Führer der Abordnung, Graf Apponyi, erklärte, alle
j Gegenvorschläge Ungarns beruhen aus dem Grundsatz des Ple -