Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44126#0481
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Sppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Taubervischofsheim und Wertheim.


Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 3.50 Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Pctitzeile (36 mm breit) 70 Kfg., Reklame-Anzeigen
(93 »nm breit) 2.2ü Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
Gesihästsstunden: 8- V--6 Ohr. Sprechstunden derRedaktion: I1-I2ilhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Samstag, 24. April 4920
Nr. 9S * 2. Jahrgang

Verantwort!.: Jür Innereu. Sußerepolitik.Nolkswirtschaftu. Feuilleton: Or.
S.Kraus: fürKommunales ».soziale Rundschau: F.Kahn: für-Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der ilnterbadischen Verlagsanstalt G.m.b. H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
,Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Zum Parteitag in Karlsruhe.

Kr. Heidel b erg, 24. April.
Saale der „Eintracht" in Karlsruhe treten morgen die
Delegierten der badischen Sozialdemokratie zmn autzewrden-tlichen
Parteitag zusammen. Es gilt Stellung zu nchnren zur kommenden
R-eilchstagsiwahl, der ersten in der deutschen Republik. Der reak-
tionäre Staatsstreich der Kappianer- hat Regierung und National-
Versammlung den Entschluß fasten lasten, jetzt schon die Wählen
vorzunehmsn. Dio sacht. Gründe —die Notwendigkeit eines neuen,
Endlich durchgearbeitsten R-ichswahlgcffches, das Problem der
Wahl des Reichspräsidenten, die Abstimmungen in den abzutreten-
de NGcibieten u. a. — haben dafür gesprochen, die Nationalver-
sammlung ruhig über den Sommer ihre Arbeiten zu Ende führen
zu lasten, um dann im Herbst den Reichstag zu wählen. Dor Kapp-
Putsch Hut die Situation von Gründ' aus geändert. Die alten
VoKsverd-erbsr, die uns in den furchtbaren VM-evkri-eg hin-ein-ge-
triebe-n haben, haben Hand angelegt an Demokratie und Republik.
Das Volk, voran die revolutionäre klassenbewusste Arbeiterschaft,
hat die Errungenschaften der Revolution verteidigt und will jetzt
in der Wahl seiner Volksvertretung diesen verbrecherischen Hoch-
verrätern den gebührenden Denkzettel geben. So sicht sich denn
unsere Partei vor die NotwendiAeit gestellt, in kürzester Zeit die
schwere entscheidende WahlWacht zu schlagen. Nun denn, die
Gegner mögen kommen, sie fisidon uns bereit! Bereits haben all-
überall im Laich in Mi-tgl-iedervmfa-mmlun'gen. Amtsb-eziÄs- und
WaWreiskonferenzen die ersten organisatorischen Vorbereitungen
urch Rüstungen stattsefundsn; der morgige Parteitag in Karlsruhe
wirb die letzte Heerschar der letzte Appsill vor der Schlacht sein.
In gründlicher Aussprache werden die Organffationsfragen zu Na-
ron und dis Ergebnisse !den Mitgliedschaften als Richtlinien mit
aus den Weg zu geben fein. Di« Kandidatenliste mutz ausgestellt
werden; vor allem aber ist bas politisch« Aktionsprogramm in we-
nigen grvtzen Grundzügen fesltzUlegon und durchzusprechen. Zu
diesem Programm sollen Fis nachfolgenden Edda ulen einige An-
regungen geben.
Link Sv ri ei« r un g l* Das ist die Losung, die fest den
stapptagsn unßero Patteidebaiken beherrscht. Dies Wort wird auch
in Karlsruihe mchv wie einmal ausgesprochen werden, es ist ein
AiÄdruck jener RadikMsierunig, mit der das Proletariat auf den
junkerlichen Staatsstreich reagiert hat. Aber nicht in radikalisier-
ter Stimmung dürfen wir unser Wahlprogramm Mögen, sondern
in sachlicher, lcikdenschostSlofer Nüchternheit. Realpolitik! Das
mutz uchere LvfuMg fein. Auf dem Bode« der Wirklichkeit stehen,
den Tatsachen, auch wenn sie manchmal unerwünscht sind, scharf
und klar in die Augen sehen: das mutz der Grundsatz sein, von dem
die PartsitagÄdrba-tten beherrscht weichem.
Die jetzige RaMrWerUng der Masten ist die selbstverständ-
liche Antwort auf dm reaktionären- Putsch. Aber dieser kam nicht
von ungefähr, auch er würzest in tieferen geschichtlichen Zufammsn-
Häirgsn, die zu etkermsn gerähe Aufzabe des wissenschaftnch geschus-
tsn Sozialisten ist. Die Re-Aktion war nur die unvermeid-
ichci Antwort auf -die kleb er-Aktion, welche von gewissen
Gruppen immer wieder forciert worden ist. Gew ist: die Regierung
hat zu sehr die Zügel ischlsifen lasten, Nvske war zu v-ertvauenssÄg
üfw. Alles zugegeben. Aber die letzte Wurzel der Reaktion und
damit der ganzen Rechtsschwenkung, die in weiten Kreisen des
Bürgertums heute zu verzeichnen ist, liegt doch in.jenen gewalt-
samen Putschen und Aufständen, angefangon von Ken Weihnachts-
tagen 1918 bis zum 13. Januar 1920 vor dem Reichstag, in denen
immer aufs neue linksradikals Gruppen ohne jede realpolitische
Einschätzung der Tatsachen von heute auf morgen den Sozialismus
dekretieren wollten. Das hat nichts mchr zu tun mit der wahrem
Diktatur des Proletariats im Manschen Sinne, das ist unreifer ge-
waltsamer Putschismus gewisser Minderheiten, die noch nicht ein-
mal das ABC des wisseHchaftlichon Sozialismus verdauit haben,
dich« Taktik führt nicht zum- Aufstieg, zum Sieg des Proletariats,
sie führt zum Bankerott des Sozialismus und der sozialem Be-
wegung; sie ist nicht Fortschrift- von der Wissenschaft zur Tat, son-
dern- R L cks ch ritt v v n d e r Wifs-ons chaf t zu r U tv p i e!
Alle Linksorientierung in Ehren! Wir fordern sie, wo sie
möglich und erwünscht ist. Aber -erfassen wir stet» Nar die politische
und ökonomische Situation, in- der wir st-chsn. (Nur so sind
wir praktische M-a rx i st e n!) Mr st-ehm am Ende eines
verlorenen Weltkrieges. Fünf Jahre Weltkrieg! Das bedeutet
nicht nur furchtbarste Zerstörung von MsNscheinlcben und Kultür-
werten aller Art, das bedeut-st vor allem fünf Jahre Zerstörung
volkswirtschaftlicher Produktion. Das ist die Ursache aller finan-
ziellen, wirtschaftliche nNöte der Gegenwart. Kein Minister und
kein Parlament, keine demokratische und keine RAeverfastung kann
daran etwas ändern. Die WM ist arm geworden, arm am Pro-
düktio-nsmittöln und Kapital, arm an Arbeitskraft, Verkehrs- und
Transportmitteln-; überall eine ungeheure Nachfrage, nirgends ein
genügendes Angebot, daher Preissteigerung, wahnsinnige Teue-
rung. Rettung bringt nur eines: h och st e S t e i g e r u n -g d e r
Produktion. Auch so werden wir zum Sozialismus kommen,
weil diese Produktionssteigenmg nur durch Planwirtschaft und So-
ziakifierung möglich sein wird. Aber es sind zum Teil ändere Wege,
als die von Marx und Bebel geahnten. Unser Ziel ist auch heute
noch> der Sozialismus; aber'unsere Taktik mutz aus den heutigen
Verhältnisten erwachsen. Wie lächerlich, uns zum Vorwurf zu
machen, datz wir heute Dinge tun, die -wir früher nicht getan haben.
Die, die uns deshalb „Verräter" schimpfen, beweisen damit narr,
>datz sie zwar Marx getreulich abg-egückt haben, „wie.er sich
räufpebk rmb wie er spuckt", -von seinem methodischen Geist aber
nicht das Geringste verstanden haben! —
rft *
Nach rechts ist unsere Stellung klar. Von allen bürgerlichen
Partei«» trennt uns unser wirtschaftspolitisches Programm. Schwe¬

rer ist es, unser« Stellung nach links klar und eindeutig feftzulegen.
Für das Proletariat das Beste wäre ja «ine taktische Einheits-
front und Arbeitsgemeinschaft während der Wahl gewesen. Cs
ist leider trotz der Reaktion nicht möglich gewesen, da mnd dort
wirb ja S.P .und U.S.P. den Kampf gemsinfam kämpfen, im all-
gemeinen aber werden beide Parteien getrennt Vorgehen. Darum
ist für uNs doppelt notwendig eine klare Festlegung unseres takti-
schen Programms auch nach li-iÄs. Man hört heule ost kn "Ws
eigenen Reihen: es gibt keine Gefahr von links, Ker Feind steht
rechts. In gewissem Sinn ist dieses Wort ja richtig: während
rechts von uns all« bis stehen, welche prinzipielle Verfechter des
kapitalistischen Pri-oateigentuims und Gegner des Sozialismus sinh,
kämpfen ja die links von mns Stehenden — Fleisch von unserem
Fleisch und Blut -von unserem Blut — mit uns fu-r Sozialismus
Md Kommunismus. Das Ziel ist uns ja gemeinsam!
Und doch gibt es, so wie die Verhältnisse heute gelagert sind,
eine Gefahr von links. Die Gefahr droht nicht vom rechten Michel
und vom Zentrum der Unabhängigen, wo man- mehr oder weniger
fest auf dem Boden der Demokratie und der organischen Entwick-
lung steht; die Gefahr liegt m dem utopistijchen Fanatismus und
Wahn aller ltnksrabikaleiv Gruppen, die den Marr-schen Gr-u:id-
geidanke-n vergessen oder nie gekannt haben: -datz nicht der revolutio-
näre Wille entscheidend ist, sondern die ökonomisch und politische
Reife Ker Verhältnisf-e. Schwächung und Zersplittem-ng der Swtz-
kraft des Proletariats, unnötige Stärkung der bourgeoisen Reak-
t-ivn, ZurückgeiworfeNwerven der sozialistischen Entwicklung um
Jahrzehnte: das fisch die. schweren Gefahren, die von dort drohen
und dagegen gist es einen Karen, scharfen Trennungsstrich zu
ziehen!
» *
*

Koalitionsregierung! Dieses Wort schließt die ganze tragische
Stellung unserer Partei in sich; tragisch, weil rxir mit innerer
NoSwLndiskeit zu -dieser Einstellung Mwungen, sind, weil es aber
zugleich schwerste Opfer und Selbstverleugnung Mr mos bedeutet.
„Heraus aus der Koalitionsregierung", so rüst
heute mancher Genosse, und es sind nicht immer die schlechtesten
und oberflächlichsten, dis so rufen, fit glauben, es der Existenz der
Partei schuldig -zu. sein. Nun, das In-dcr-Regicrung-fitzen mit
dm Bürgerlichen ist ja kein MM-tes Muß; das Ergebnis der
Wahl wird entscheiden, 0b wir an der heutigen Form der Koa-
lition feisthalten oder nicht.
-Aber -ein viel tieferes, zentraleres Problein bildet dieses Wort
„Koakitionsregieruftg" für uns an sich, ein Problem an dessen
Lösung sich heute der Sozialismus mühh nämlich Has Problem:
Sozialismus und Staat. Da siegt der Kern uniseres Wahlpro-
gramms, der Kern unserer Stellung nach rechts und linlH. Für
Marx Und Engels bestand dieses Problem nicht. Sie lebten in
der Fest der staatl-of-m liboral-ka-pitaliistifchen Wirtschaft, der Staat
war lediglich Klasssnstaat M AchrechtechaftiMg der Herrschaft 'der
Besitzenden über -die Besitzlosen. Das Proletariat hatte die ge-
schichtliche Aufgabe, diesen Staat zu zertrümmern! und ihn durch
-kii-e sozialistische Wirtschaftsgemeinschaft zu ersetzen. An Stelle
der Herrschaft über Manschen- hat die Verwaltung von Sach-
gütern zu treten.
Die Entwicklung verlief anders. Immer mehr ist der Staat
im Zeitalter des Imperialismus ein integrierender Bestandteil des
Wirtschaftslebens geworden, der Krieg hat diese LMvickiuvg nack
jeder Richtung, auf die -Spitze getrieben. Nicht mehr ist die Wirt-
schaft regellos ihren immanent ökonomischen Gesetzen überlassen,
nicht mehr ist das Proletariat diesen Gesetzen hilflos ausgel-ieseitt!
Der Staat ist zum Wirtschaftsstaat unk Svzialstaht geworden;
die Wirtschaft zur Dienerin Kes Staates als der organisierten
Volksgesamtheit. Analog mit dieser Enkvickiung vollzog sich bis
UinPvandkuNg unserer Partei. Aus einer Oppositionspartei, die
ihre Aufgabe im- Kampfe gegen d e n Staa 1 sah, wurde im-
mer mehr eine positive Arbeiterpartei, deren Aufgabe der K -a m p f
um den Staat ist. Heute gilt es nicht mehr, den Staat als
Herrschastsmittel der Bourgeoisie zu bekämpfen, sondern den Etapt,
der schon zu einem gut Teil visier Staat geworden ist, für unsere
Ziele auszubauen und dienstbar zu machen. Aus dem Stadium
-der Kindheit sind- wir in das Stadium männlicher Reife getreten.
Ein Zurück kann es nicht mchr gebe«!
Das ist das große Problem der Kv a l i t i o n s r e g i e-
run g! Ohne die Sozialdemokratie kann man nicht mehr regie-
ren; rein fozialistische Politik aber können wir auch nicht treiben;
wieweit wir uns ihr aber nähern könnten, hängt von der Einsicht
und Wirklichkeiksdisziplin der Arbeiterschaft ab. In diesen Tat-
sachen liegt unser Glück und unsere Tragik. Das alles ist nicht
guter oder böser Wille Einzelner, das sind eherne Notwendigkeiten.
Diese Sozial-Erkenntnis: Das ist Marxschrr Geist. Möge er
die Verhandlungen -es Parteitages leiten!

Der Internationale Cozialistenkongretz in Ecks.
Soeben veröffentlicht der „Vorwärts" die Einladung Camille
Huysmomis (Sekretär der Arbeiter- und Soziaüstemnternasionale)
zum 10. Internationalen Sozialisten- und Arbeiterkongretz, begin-
nend am 31. Juli 1920 in Genf. Die Tagesordnung enthält
folgende Punkte:
1. Die Annahme der Statuten der Internationale.
2. Die Frage der internationalen Einigkeit.
3. Die Frage der V era!n tw o rtlschkeit.
4. Die allgemeine i nt e r n a! tio nalle P o li ti k:
1. Der Friede und der Völkerbund, 2. Demokratie und
Diktatur, 3. Sozialisierung, 4. Das politische System
Kes Sozialismus, 5. Arbeitergesetzgebung, 6. Kolonial-
politik, 7. Einwanderung und Auswanderung, 8. Die
Teruerung.
5. Die Organisation der Arbeiterpresse.

Der famose Herr Kapp auf freiem Frch.
Stock-Hol m, 23. April. -Seitens der Regierung wurde ent-
schieden, daß Kapp auf freien Fuß zu setzen sei unter der Bedingung,
daß er keine Politik treibe oder pvlitsiche Verbindungen unterhalte.
Der Polizei,neister und Polizeipräsident von Stockholm ist beauf-
tragh Kapps Aufenthalt zu bestimmen.
Caillarrx zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt»
London, 23. April. Laut „Echo de Paris" ist Caillaux
mit 150 gegen S1 Stimmen des Einverständnisses mit dem Feind
schuldig erklärt worden.
Paris, 23. April. Zu dem Caiilauxprozetz ist berichtigend
nachzutragen!, datz die Gefängnisstrafe durch die Untersuchungshaft
als oerbützk zu betrachten ist. Caillaux wird sich von morgen ab
olfo wieder auf freiem Füße befinden Er war bei der Urteilsver-
kündung nicht zugegen. ,
Die englische Arbeiterpartei gegen die
Kulturschande.
Amsterdam, 23. April. Wie „Allgemeen Handelsblad"
meldet, hat der Vollzugsausschuß der englischen Arbeiterpartei den
Antrag angenommen, datz gegen 'die Verwendung farbiger Truppen
im besetzten Gebiet Deutschlands bei den alliierten Regierungen
Protest erhoben und die Zurückziehung der Truppen verlangt wer-
den solle. Eine Kundgebung demselben Partei weist darauf hin, datz
-die wirtschaftliche Wiederherstellung Frankreichs nicht ohne die
wirtschaftliche Wiedecherstellung DeutWands erreicht werden könne
San Remo.
Der deutsche Geschäftsträger in Rom reist nach San Nemo.
Berlin, 23. April. „Epoca" meldet nach einem römischen
Telegramm des „B. T.": Der deutsche Geschäftsträger v. Herff,
der gestern abend eine lange Unterredung mit dem Vizepremier
Luzzatti batte, ist hmte früh nach SanRemv abgersist.
Die Memungsverschlebsuheiten.
Paris, 23. April. „Agence Havas" meldet aus San
R e -m o, man sei jetzt in der Lage, Aufklä-rung über die Ursachen
der Uneinigkeit zu geben, -welche sich in den ersten Privat-
Unterhaltungen Kölschen den Ministerpräsidenten zeigte.
Am Vormittag hahe bei brr ersten BegegnuW Millerands mit
Lloyd George dieser eMärft dis rationellste Losung der Fragen
bstr. den Frieden»» er trag von Versailles sei, eine Konferenz nach
Paris e i nz ub e r uf en, auf welcher Deutschland ver-
treten sei. Millerand habe-, ohne sich die Ungelegcnheitcn dieses
Verfahrens zu verheimlichen, -erik-lärt, er könne unter gewissen
Bedingungen z u st i mm e n. Am Nachmittag bei der Be-
ratung der drei Ministerpräsidenten hat Lloyd George seinen Vor-
schlag wieher a-üfgenomm-en und sei von Nitti unterstützt worden.
Beide Mimsterpr-Ssidentcn hatten- -den Vorteil direkter
Verhan-dl u n g e n mit den Deutschen unterstrichen und auf das
Interesse hingewicsen, das -es für Frarckre-ich habe, -die Entschä-
digung. die von- Deutschland verlangt werben soll, sofort
f estz uf e tz e n und nicht bis 1621 zu warten, namentlich deshalb,
-weil man dadurch! die Mi-tardeit des deutschen Volkes bei der
Ausführung des Vertrages und die Versöhnung -er bei-
den- V ö lker erlange. Millerand- hab- sich ak-dann dieser
Forderung so r mell widersetzt und es sei ihr keine Folge gegeben
worden. Es scheint auch nicht, als ob sie noch einmal gestellt wor-
den sei. Dies sei die Meinungsverschiedenheit, die auf den ersten
Beratungen der Konferenz gelastet hätte. Die Lage scheine jetzt
aufgeklärt und wirklich gebessert zu sein.
Türkischer Protest.
Mailand, 23. April. Der Führer der- türkischen Friedens-
delegation in San Römo erklärte einem Vertreter -der „Trrbuna",
das; er rriemals einen FriedensvertraH entgegennehmen könne, der
dem türkischen- Volke alle Rechte raube, die den anderen Völkern
und Nationen zug-estanden wurden und der schsietzlich Abrianvpel
den Griechen überlasse. Wenn die Großmächte auf der Durch-
führung solcher Forderungen bestehen würden, könnten sich eines
Tages alle mohammedanischen Streitkräfte gegen Europa richten.
Griechenland erhält Thrazien.
Berlin , 23. April. In der gestrigen Abendsitzung der Kon-
ferenz in San Remo wurden, wie ein Telegramm der „Voss. Ztg." !
besagt, die europäischen Grenzen der Türkei bis zur
Tschataldschalinie festgelegt. Beide Thrazien werden Griechenland
zugcwiesen, das so bis zum Schwarzen Meere reicht und A d r i a -
novel einschsietzt. Bulgarien erhält wirsichaftliche Rechte
an der Mar-itza-Münkung.

Politische Ueberficht
Soll Midlicher Lebensm ittel-Kredit. — Abkommen mit amerikanischen
Firmen.
Berlin, 23. April. Wie wir hören, sink zwei wichtig-
wirsichaftliche Abkommen zum Abschluß gebracht worden, über die
die Negierung voraussichtlich noch heute ausführlich berichten wird.
Es handelt sich um das Kreditabkommen mit Holland «der 2v Mil-
lionen Gulden, das gestern abgeschlossen worden sit, und daneben
um ein noch weit wichtigeres Abkommen mit amerikanischen Fir-
men, das uns für Ken Zeitraum von zwei Jahren Lcbsnsmtttel-
liefcrungen im Werke von 45 Millionen Dollars sichert.
Disie LebensmittelltLserungen setzen sich, wie in Kürze rmtge-
terlt sei, folgrn-ermatzrn zusammen: Die Lieftrung von 52 Millio-
nen Kilo Brotgetreide ist bereits abgeschlossen; der AbMug über
weitere 150 Millionen Kilo Brotgetreide ist sincknzrell sichergsstelit
 
Annotationen