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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.44126#0471
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg,
Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 3.50 Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 70 pfg., Reklame-Anzeigen
(93 mm breit) 2.20 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden: 8-V-bllhr. Sprechstunden der Redaktion: 11-12 llhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22517. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Donnerstag, 22. April 4920
Nr. 93 * * 2. Jahrgang

Verantwort!.: Für innereu. äußerepol!tik,Dvlkswirtschastu.Feuilleton: Dr.
E. Kraus, für Kommunales u. soziale Rundschau: F.Kahn,- für Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg
Druck und Verlag der llnterbadischen Derlagsanstalt G. m. b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Sozialistischer Wahlsieg in der Tschecho-Slowakei.

Proletarier Deutschlands, einigt
Euch!
Die Losung der Einigung des Proletariats ist heute aus aller
Lippen. Und in der Tat: wenn je der Ruf nach einheitlicher Aktion
der deutschen Arbeiterklasse zeitgemäß war, so heute. Der Kapp-
Putsch und die neuen Putjchabsichten enthüllten auch dem Ver-
trauensseligsten, welch ungeheure Gefahr für die deutfche Republik
der neuerstandene Militarismus bildet. Von der Laune der Gene-
rale, von der Stimmung der Söidnertruppe hängt es ab, wann die
zweite militaristisch-alldeutsche Offensive erfolgt. Die Koalitions-
regierung selbst ist machtlos. Wohl könnte sie sich eine Macht
schaffen, wäre sie entschlossen, sich rückhaltlos auf die demokratischen
und proletarischen Vvlkskräfte zu stützen. Aber ihr bürgerlicher
Teil klammert sich, wie Trimdorns Rede bewies, aus Bolschewisten-
angst krampfhaft an den Militarismus, und den rechtssozialistische»
Ministern fehlt zum guten Teil nicht nur die Einsicht und die Ener-
gie, um die Front rücksichtslos gegen rechts zu richten, sondern leider
auch die geschlossene proletarische Armee, die eine
siegreiche Durchführung des Kampfes gegen den Militarismus und
die Reaktion verbürgte.
Dabei hatten wir schon einmal die proletarische Einheit:
währelch der Putsch-Tage, beim Generalstreik. Die höchste Not
brachte alle Zwietracht zum Schweigen, zwang zum gemeinsamen
Kampf. Aber kaum schien die schlimmste Gefahr vorüber, da war
es auch schon wieder um die Einigkeit geschehen. Rechts und links
kam es zur Abbröckelung. Den einen ging die proletarische Aktion
zu weit, den airderen nicht wett genug. Schon beginnt wieder der
unselige Hader, der das deutfche Proletariat so ohnmächtig gemacht
und Bourgeoisie und Militarismus das Heft wieder in die Hand
gegeben hat.
Was aber beweist dieser traurige Vorgarn? Daß das Wort:
Dis proletarische Einigung müsse durch den Kampf kommen
und komme ganz von selb st, höchstens eine Halb- oder Vier-
telswahrheit ist. Die Einigung durch den Kamps und s ü r den
Kampf ist nur dann eine dauernde, wenn die Massen genau
wissen, wofür sie kämpfen. Setzt sich die Aktion kein klares Ziel,
so schreit man rechts über Mißbrauch und links über Verrat, und
die gemeirrsame Front ist zerbrochen.
Die heroischen Märzkämpfe der deutschen Proletariats konnten
nur ein Ziel haben: die Republik zu verteidigen und
die Macht der rebellierenden Offizierskot st e zu
brechen. Nur so konnte die Revolution gerettet, der sozia-
listifche Ausbau gesichert werden. Leider wurde das Ziel
bis jetzt in keiner Weise erreicht. Aber was ergibt sich daraus?
Daß der Kampf um das Ziel mit vereinten Kräften, in geschlossener
Front fortgesetzt werden muß!
Üm die kraftvolle Durchführung der Märzkämpfe hat sich der
Gewerkschqftsbund Hohe Verdienste erworben. Sein Wir-
ken für die proletarische Einigung verdient jede Anerkemmng und
Unterstützung. Aber zur Herstellung einer dauernden sozialistischen
Einheitsfront ist.eine gewerkschaftliche Zentrale allein zu schwach.
Zum gemeinsamen Kampf gehören neben den wirtschaftlichen auch
die politijchen Organisationen, die sozialistischen Par-
teien. Auch in ihnen muß der Wille zum gemeinsamen Kampf
zur Tat werden!
In vielen Orten, in ganzen Landesteilen haben die Genossen
der verschiedenen sozialistischen Parteien bereits die Einheitsfront
geschaffen. Ihre Organisationen tagen gemeinsam, fassen
gemeinsame Beschlüsse. Soll die Reaktion niedergerun-
gen, der Militarismus entwaffnet werden, so muß diese sozialistische
Kampfgemeinschaft im ganzen Lande durchgeführt werden!
So wenig zurzeit von einer Verschmelzung der sozialistischen
Parteien die Rede sein kann: ihre enge Kartellierung ist
nicht nur möglich, sondern absolute Notwendigkeit, ist revolutionäre
Selbsterhaltungspflicht. Diese Zusammenarbeit hat mit dem Zahl-
abend zu beginnen und sich bis zu den höchsten Instanzen und Ver-
tungskörprn fortzusetzen. Nicht nur die örtlichen Parteifunktionäre,
sondern auch die Landtags- und Nationalversammlungs-Fraktionen,
sowie die Parteiausschüsse und Parteivorstände müßten regel-
mäßig Gemeinschastssitz ungen abhalten. Denn diese
gemeinschaftlichen Beratungen find das wirksamste Mittel, die Rei-
bungen aus ein Mindestmaß herabzudrücken und die Meinungsver-
schiedenheiten zu sachlicher Klärung zu bringen. Nur durch gemein-
same Beratungen und Beschlüsse kann das Proletariat in kürze-
ster Zeit zu politischen Einheitsaktionen gelangen!
Die Neuwahlen stehen vor der Tür. Gehen die Sozia-
liste mit gemeinsamem Wahlprogramm, mit gemeinsamen Listen in
den Wahlkamps, so können sie die Mehrheit erringen und dem Pro-
letariate die politische Macht erobern; verzetteln und vergeuden sie
ihre Kräfte im Bruderkamps, so triumphiert die Reaktion!
Und gibt es eine natürlichere, eine bessere Wahlparole als die
der Arbeiter-Regierung, die endlich der Militärherrschaft.ein Ende
und mit der sozialistischen Eemeinwirtschast einen energischen Ansang
zu machen hat?
Viele Führer und breite Massen in allen sozialistischen Lagern
wollen diese Einheitsfront. Aber einflußreiche Funküsnärkreise
widersetzen sich aus kurzsichtigem Sonderinteresse dem Zusammen-
gehen. Der unheilvolle Einfluß dieser Elemente muß überwunden
werden! Durch die einsichtigen Führer und die Funktionäre selbst,
vor allem aber durch den unwiderstehlichen Druck der proletarischen
Massen!
Die Zentralstelle für Einigung der Sozialdemokratie arbeitet
seit mehr als Jahresfrist sür dies Zusammengehen der sozialistischen
Parteien. Die Entwicklung der politischen Zustände hat die Be-
rechtigung und die Notwendigkeit ihrer Forderung immer schlagen

Sozialistische Mehrheit in der Tschechoslowakei.
Prag, 20. April. Nach „Pravo Lidu" wird
sich die Abgeordnetenkammer wie folgt zusammensetzen:
tschechische Sozialdemokraten 77, deutsche Sozialdemo-
kraten 32, magyarische Sozialdemokraten und tschechische
Sozialisten 22, zusammen 141 sozialistische Mandate.
Auf diebürgerlichen Parteien werden entfallen: Agrarier
und Anhänger der Partei Srobas in der Slovakei 41,
Klerikale 38, Gewerbepartei 4, Deutsche Partei
40, zusammen 137 bürgerliche Mandate. Die Stimmen
der Wähler in Böhmen, Mähren und Schlesien stellen
sich wie folgt: Deutsche Sozialdemokraten 687000, Deutsche
Wahlgemeinschaft 329000, Bund der Landwirte 239000,
Deutsche Christlich-Soziale Partei 213000, Deutsch-Demo-
kratische Freiheitspartei 106000. Auf die tschechischen Par-
teien entfallen: Tschechische Sozialdemokratie 1068 OVO,
Agrarier 601000, Nationale Sozialisten 472000, Tschechische
Volkspartei 463000, National-Demokraten689000, Gewerbe-
treibende 122000, Partei Modracek 58000, Juden 43000
Stimmen.
Pässe für englische Arbeiter zum Besuch
Sowjets-Rußlands genehmigt.
London, 12. April. Die Arbeiterpartei gibt bekannt,
daß sie vom Auswärtigen Amte die Mitteilung erhalten
habe, daß der Oberste Rat die Ausstellung von Pässen
für die englische Arbeiterabordnung, die nach Sowjet-
rußland gehen will, genehmigt hat.
Eine Denkschrift der Unterfuchungskommiffion
über die Vorgeschichte des Weltkrieges.
Wie die Abendblätter melden, gelangt demnächst eine
Denkschrift des parlamentarischen Untersuchungsaus-
schusses über die Vorgeschichte des Weltkrieges
zur Ausgabe. Der erste parlamentarische Untersuchungs-
ausschuß befragte eine Reihe der wichtigsten Persönlichkeiten
über die Vorgänge bei Kriegsausbruch und vor allem die
deutschen Staatsmänner die 1914 die Geschicke Deutschlands
leiteten. Die Antworten bringen, soweit sie vorliegcn, teils
ganz überraschende Aufschlüsse.
Kapp sucht ein sicheres Plätzchen.
Berlin, 21. April. (Priv.-Telegr.) WiedieB.Z.a.M.
meldet, beantragte die Stockholmer Kriminalzolizei die
Ausweisung Kapps wegen Paßfälschung. Die Ange-
legenheit liege zur Zert der schwedischen Regierung in Stock-
holm zur Beschlußfassung vor. Kapp richtete an die schwedische
Regierung ein Schreiben, worin er bittet, in Schweden
bleiben zu dürfen. Er werde seine Frau und Tochter nach-
kommen lassen und seinen Aufenthalt in einem kleinem Orte
nehmen und sich von Politik vollkommen fernhalten. Er
Habs den Plan, sofort nach seiner Ankunft in Schweden
bei der Regierung um Asylrecht nachzusuchen, nicht aus-
führen können. Sollte er wider Erwarten nicht in Schweden
bleiben dürfen, bäte er um Ausstellung eines Passes, der
es ihm ermögliche, sich über Belgien und Frankreich nach
der Schweiz zu begeben. — Von der deutschen Luftreederei
wird heute mitgeteilt, daß eines ihrer Flugzeuge zur Zeit
nach Schweden geflogen ist. Die Pässe des Führers und
der Passagiere seien von den zuständigen Behörden, der
Flugzeugstaffel und dem Polizeipräsidenten in Johannistal,
sowie der deutschen Zollstelle in Ordnung gefunden worden. —
Kapp mußte, wie er einem deutschen Flieger in Schweden
erzählte, eine Notlandung in Warnemünde vornehmen.
Die armenische Mandatsfrage.
San Nemo, 21. April. Der Völkerbund hat es ab-
gelehnt, das Mandat über Armenien zu übernehmen.
Der Oberste Rat beschloß, die Vereinigten Staaten um eins
finanzielle Unterstützung Armeniens zu ersuchen.
der bewiesen! Und gerade in diesen Tagen und Wochen, wo sich ge-
radezu das Schicksal der Revolution entscheidet, können nur noch
blinde Fanatiker von der Fortdauer des unseligen Bruderkampfes
das Heil des Sozialismus erwarten.
Darum Arbeiter, Sozialisten schließt Euch zusammen! Beratet
in gemeinsamer Aussprache alle wichtigen Fragen. Organisiert ge-
meinsam und im Geiste vollster Brüderlichkeit die Wahlen! Macht
den Ersten Mai zu einer neuen, gewaltigen Verbrüderungs-
aktion!

Die Zentralstelle für Einigung der Soziabdemvkratie stellt nach Mög-
lichkeit Referenten zur Verfügung und ruft zu praktischer und materieller
Mitarbeit auf. Das Büro befindet sich Berlin N.W. 21, Prihwa-lkerstr. 1.
* *
-k
Gerne sind -wir der Bitte der Berliner Zentralstelle für Eini-
gung der Sozialdemokratie nachgekvmmen und haben obigen uns

zugesandten Aufruf zum Abdruck gebracht. Einmal, weil wir prin-
zipiell Vorkämpfer der Einiigungsbewegung sind, -dann aber, weil
wir -alles, was an uns liegt, tun wollen, um eine geschlossene Ein-
heitsfront des Proletariats zu schaffen'. Gerade aber für den kom-
menden Wahlkampf ist eine möglichst große und breite proletarische
Einheitsfront eine unerläßliche Vorbedingung des Sieges. Gegen
rechts -könnten die Sozialisten- keinen vernichtenderen Schlag führen,
als wenn sie sich einigten. Seit Monaten haben wir immer wieder
die Bedingung -der -Einigung bargslegt. Wir wissen, daß mit den
Kommunisten und einem großen Teil -der verhetzten linksradikalen
Unabhängigen keine Einigung möglich ist, weil unsere ganze Auffas-
sung vom Staat und von der ökonomischen Entwicklung zum So-
zialismus uns -trennt. Aber noch bleibt ein großer Teil der Un-
abhängigen übrig, die auf dem Boden des Erfurter Programms flo-
hen und mit denen ein Zusammenarbeiten sehr wohl möglich wäre;
es wäre im besten Sinne uns beiden «damit gedient. Schon einmal
hat ein Krieg die deutsche Sozialdemokratie gespalten; aber 1875
in Gotha haben sich Lasallaner und Eisenacher geeinigt und nur
durch diese Einigung sind sie stark geworden. Wenn uns auch der
Krieg getrennt hat, der Kampf gegen die kapitalistische Reaktion, der
Kampf um die Sozialisierung soll uns einigen.
Und sollte eine Einigung nicht kommen, sollten ihr phrasenhafte
Schlagworte und persönliche Verstimmungen heute noch im Wege
stehen, so möge doch der Cinigungsruf der Bernsteinsche«
Zentral st elle den einen Erfolg zeitigen: im Wahlkamps soll
der Bruderkampf ruhen! Da, wo es gilt, die politische Macht im
Reichstag für den Sozialismus zu erobern, wollen wir nicht in den
Versammlungen zum Gaudium der Bürgerlichen uns selbst zerflei-
schen . Ruhig und sachlich wollen wir unsere Grundsätze vertreten
und alle Stoßkraft gegen den neuen gemeinsamen Feind: Kapitalis-
mus und Militarismus kozentrieren. So nur sind wir unserer gro-
ßen Ahnen würdig!

Deutsche Nationalversammlung.
Berlin, 21. April.
PrcMent Fehr end ach eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr.
Aus der Tagesordnung sicht die Interpellation B -aerecke
(D.N.) betr. den Durchgangsverkehr nach Ostpreußen durch polni-
sches Gebiet.
Abg. Baerecke (D.N.) begründet die Interpellation. Polen sollte
uns zu Dank verpflichtet sein; statt dessen hat es feindselig unsere Hand
zurückgestvßen, die rvir khm zur Herbeiführung freundnachbarlicher Be-
ziehungen boten. Wir empfinden, was es heißt. Recht ohne Macht zu
haben. Der Friedensvertrag sichert uns den freien Durchgangsverkehr
auf allen Linien. Jetzt wird er auf die eingleisige Nebenlinie Czerfk-
Marienwerder beschränkt. Die unerhörten Belästigungen durch die Polen
sind in einer Anfrage meiner Partei, der Demokraten und der -Sozial-
dembkraten.'der Regierung zur Kenntnis gebracht worben. Die Regie-
rung hat Zlbhilfe versprochen. 'Es -ist aber noch schlimmer geworden. Wir
Ostpreußen wollen lieber mit Deutschland hungern, als mit den Polen
tteberfluß haben. Wir hoffen, daß der neue Reichsaußenminister einen
frischen Geist und- Imitative in sein Amt mitbringen werde.
Reichsminister des Aeuß-eren D r. Köster: Der polnische Korridor
ist ein rein künstliches Gebilde, das mit dem Aufbau eines wirtschaftlich
gesunden Europas in Widerspruch steht. Wir müssen uns darauf gefaßt
machen, daß Polen mit der Abstempelung seiner Noten nicht fertig wird
und die Sperrung des Korridors ins Angemessene verlängert. Wir
müssen zu einem endgültigen Abkommen 'kommen, wie es zugesagt ist. Dis
eingehal-tene Taktik der Polen verhindert das sehr. Wir -sind noch immer
auf den Artikel 89 des Friedensvertrags angewiesen, der uns die volle
Freiheit des Durchgangsverkehrs noch nicht sichert. -Gewisse Teilerfolge
haben wir durch Verhandlungen erreicht. Als-her Militärputsch kam,
brachen die Polen bis Verhandlungen ab, da sie die Vollmachten -unserer
Vertreter nicht anerkannten. Wir machten nun bis Korridorfrage zum
Gegenstand von Verhandlungen. Die Polen erklärten sich dazu -bereit
und in diesen- Tagen sollten die Verhandlungen darüber begimwn. Nach
Mitteilungen von heute morgen dürfen wir hoffen, daß sie zu einem Re-
sultat führen werben. In diese Verhandlungen hinein ist nun die pol-
nische Sperrverfügung angeblich wegen der Banknotenabstsmpelung ge-
platzt, was die deutsche Regierung sehr peinlich berührt hat. Der Land-
weg sicht uns nur für einzelne dentschs Wagen in polnischen Zügen auf
der Strecke Czesr-MarieNwecker und -an wenigen Tagen offen. Eine
derartige plötzliche Sperre entspricht zum mindesten nicht dem Sinne -des
Artikels 89 des Vertrags. Wir haben sofort Einspruch erhoben. Unsere
Beamten find besonders schwer davon betroffen. Wir haben auch bei
der Interalliierten Kommission in Paris protestiert. Morgen fährt eine
Abordnung des Auswärtigen Amtes, des preußischen Staatsministeriums
und des Iusttzmin-l-steriums nach Posen zur Regelung der Beamtensrage.
Es ist Aussicht vorhanden, daß die PaUchwierigkeiten gemildert werden.
Zwangsmaßnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet erübrigen sich weil wir
schon die Ausfuhr gesperrt haben, da Polen feine wirtschaftlichen Ver-
pflichtungen nicht erfüllt-hat. , „
Die Abschnürung Ostpreußens muß durch Verbesserung der Ssever-
bindung verhindert werden. Angesichts der ganzen polnischen Methode
hält es die Regierung für ihre Pflicht, zu bedenken -zu geben, daß Polen
mindestens ebenso sehr auf Deutschland angewiesen ist, wie wir umgekehrt.
Niemand weiß, wie die Dinge im Osten sich gestalten werden. Polen
muß auch mit Rücksicht aus die vielen Deutschen in seinen Gronizen min-
destens ein erträgliches Verhältnis zu uns einhalten. Die Reg-erung
wird alles tun, Ostpreußen wirtschaftlich und administrativ dieiemge
Selbständigkeit zu gewähren, die es beanspruchen kann. Geistig und
moralisch wollen wir mit Ostpreußen wie vo . Alters her m votier Ge-
meinschaft leben.
Abg. Wolff -(Sog.) schildert aus eigenem Erlebnis die Schikanen
polnischer Soldaten und Beamten -im polnischen Korndor.
Nachdem Abg. Schneider- Frauken (Bayr. Vp.) dem Wunsche
AuSdrrick gegeben hat, daß aus diesem Vorgehen keine Prezedeng ge-
schaffen werde und regierungsseitig ein Valutagewinn-Steuer-
gesetz ang-ckkündigt worden ist, wird der Gesetzentwurf in 2. und 3. Le-
sung erledig t. Das Besitzsteu -erges eh wirb soda-nn nach un-
erheblicher Debatte in 2 .Lesung a ng e n o m m - n mit der Abänderung,
da?' außer Gold- auch Silber münzen nach ihrem Werte zu ver-
güten sind. Das Gesetz wird bann auch iw 3. Lesung erledigt. Außerhalb
 
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