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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1/2) — 1920

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ldeldefy.
«»Redaktion r»4«.

LareSreirung für die werttättge Äevölkeruvg der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Epptngen, Eberdach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Bor der-,
TmrberbischofSheim und Wertheim.

Heidelberg, Freitag, 23 Iamrar 1920
Ar. 19 » 2. Jahrgang

Denmlwortl.: Für inner« u. LuKrr« Volltlk, Volkswirtschaft ».Feuiileton: Dr.
<8.Kraot! fiS Kommunales u. soziale Rundschau: 3. Kahn, für Lokale«:
O.«Seibel, für dle Anzeige«: y-Hoffman», sämtlich io HribÄberg.
Druck und Dettag der ttnterbadischrn Verlagsanstart G.m.o.H.,
Keschäfissteve: Gchröberstraße 59.
Fernjhrecher: Änzetgeu-Annahme 26», Rede ,


Wirtschaftliche Umwälzung.
Von Wi 1 h. Engler, Freiburg.
Mit großer Freude dringen wir in unserer
„Volkszeitung" den folgenden von Gen. Engler
uns zur Verfügung gestellten Aufsatz zum Abdruck,
zumal uns an feinem weitblickenden, nüchternen und
sachlichen Urteil sehr diel gelegen ist. Wir sind der
Uederzeugung, daß diese wirtschaftspolitischen Auf-
fassungen unseres Gen. Engler die Zustimmung un-
serer Leser finden werden.
I.
I» den letzten Monaten hat sich unter dem Druck der wirtschaft-
sichen Verhältnisse ein« Umstellung der wirtschaftlichen Forderungen
vollzogen, deren Tragweite noch von wenigen erkannt wird. Als
n» de« beiden letzten Kriegsjahren und nach Eintritt des Waffen-
stkWandes dir Preise für alle Bedarfsgegenstände immer weiter in
die Höhe gingen, ertönten von allen Seiten die Rufe nach Abbau
der Preise. Ueder "die Art, wie obgebaut werden sollte, gingen die
Meinungen allerdings sehr weil auseinander. Die einen wollten
bei -en Arbeitslöhnen anfangen, die anderen bei den landwirtschaft-
liche« Produkten. Schieber und Schleichhändler sollten erhängt
werde«. Höchstpreise für die Industrie wurden besonders von
-er Landwirtschaft gefordert. Aber trotz aller Verordnungen stiegen
di« Preise immer weiter. Immer größere Warenmengen wurden
dm öffentlichen Bewirtschaftung entzogen und gingen Schleichhan-
delswoge. Arbeiter und Beamte waren gezwungen, immer neue
Lohnerhöhungen zu fordern. Der Ruf nach Abbau ist bereits
verstummt, well immer mehr Leute einsehen, daß dies nicht möglich
ist. Eine starke Preissenkung wäre nur möglich bei einem starken
Steigen unserer Valuta. Wir müssen aber damit rechnen, daß der
Wert der Mark in den nächsten Jahren nicht hoher als höchstens
35 oder 40 Rappen steigen wird.
Wenn wir heute zurückblicken, so sehen wir, daß große Fehler
gemacht wurden. Aber es roäre ungerecht, deswegen Vorwürfe
zu erheben, denn wir alle haben nach Abbau gerufen und keine
Regierung hätte eine andere Politik anwenden können. Die Wissel-
jch« Planwirtschaft hätte uns vor dem «schlimmsten bewahren
können. Es war ein Fehler, Milliarden für Lebensmittelpreissen-
kung und einmalige Teuerungszulagen auszugeben, statt die laufen-
den Löhne und Gehälter zu erhöhen. Es war ein Fehler, einzelne
landwirtschaftliche Produkte freizugeben und andere bei niederen
Preisen der Zwangswirtschaft zu unterwerfen.
Die Futtermittel sind frei. Dickrüben, Gelberüben, Mais und
Hafer kann der Bauer verkaufen, wie er will. Wenn er von einem
Hektar Land 250 Zentner Kartoffel erntet, den Zentner zu 8 Mk.
obgeben muß, so hat er einen Erlös von 2000 Mk. Wenn er Dick-
rSben pflanzt, so kann er mit einem Ertrag von 1500 Zentner rech-
ne», den Zentner zu 4 Mk., macht 6000 Mk. Ein Landwirt, der
rechnet, wird eben lieber Dickrüben pflanzen, als Kartoffel, zumal
er mit Dickrüben auch weniger Kosten und Arbeit hat. Ebenso groß
ist das Mißverhältnis zwischen Hafer und Weizen.
Wenn die Landwirte heute so laut nach freiem Handel rufen,
so hauptsächlich wogen der Preisbildung, sie wißen, daß dann die
Preissteigerungen von selber kommen. Wenn unsere Ernährungs-
pvlittk nicht zosammenbrechen soll, dann müssen wir eine Preis-
postttt treiben, bei der das Anpflanzen von Rahrungsmitteln ebenso
erträglich ist, wie das Airpslanzen von anderen Dingen.
Wir können die öffentliche Bewirtschaftung für die wichtigsten
Lebensmittel nicht entbehren: die öffentliche Bewirtschaftung darf
sich aber nur noch die Erfassung und Verteilung der Lebensmittel
zum Ziel setzen und nicht eine künstliche Niederhaltung der Preise
für einige wenige Produkte. Wird für Getreide, Kartoffel, Milch
und Fleisch ein den Verhältnissen angepaßter Preis bezahlt, so wird
deren Erfassung und gerechte Verteilung möglich. Erfassung und
Verteilung der wichtigsten Lebensmittel sind aber für die nächsten
Jahre noch unbedingt notwendig.
Eine Freigabe der Lebensmittel für den Handel würde auch
die Lebensmittelversorgung der gemeingefährlichen Spekulation ge-
wissenloser Händler ausliefern. In der behördlichen Bewirtschaf-
tung der Lebensmittel sind gewiß auch manche Schäden zutage
getreten; diese Schäden sind aber verschwindend klein gegenüber
dem Unheil, welches der private Handel angerichtet hat. Der Han-
del hat während und nach dem Kriege in der schamlosesten Weise
am Mark des Volkes gesogen. Bei jeder Preissteigerung bereicher-
len sich die Händler an ihren Warenbeständen. Nur zwei drastische
Beispiele: Alle Lederhändler und Gerber schrien nach Freigabe des
Leders, sie brachten es sogar fertig, ihre Arbeiter und Angestellten
vor ihren Wagen zu spannen. Als die Freigabe erfolgte, schnellten
die Presse für alles, was an Häuten, Fellen, Leder und Schuhen
auf Lager lag. in die Höhe, mit einem Schlag waren Riesengewinne
gemacht. Seit einigen Monaten steigen die Holzpreise von Tag zu
Tag und jeder Holzhändler, der Holz auf Lager hat, kann beim
Frühstück ausrechnen, um wieviel er über Nacht reicher geworden
ist. Nach den gemachten Erfolgen muß man sich nur wundern,
woher die Leute den Mut haben, noch für den freien Handel ein-
zutretcn.
Wenn wir trotzdem der Erkenntnis Ausdruck verleihen, daß
-ie Preise weiter steigen werden und eine entsprechende Politik
unterstützen, so tun wir das, weil wir einsehen, daß wir nach und
»ach an die Weltmarktpreise heran müssen. Schon höre ich im
demokratischen und liberalen Lager Stimmen, welche sagen: „Also
Haden wir doch recht, wir haben schon lange freie Preisgestaltung
verlangt." Gewiß, im badischen Landtag hat Gothein vor einigen
Wochen Aehnliches gesagt. Aber zu gleicher Zeit Haden einige
andere Demokraten ihre Mandate niedergelegt, weil den Arbeitern
und Beamten eine Lohnerhöhung bewilligt wurde. Wenn aber die
Presse steigen, müssen auch Löhne und Gehälter steigen, und da
in der letzten Zeit die Preise gestiegen und weitere Preissteigerungen
zu erwarten sind, so müssen in der nächsten Zeit ganz bedeutende
Lohnerhöhungen eintreten. Wir müssen an die Weltmarktpreise
heran, ob wir wollen oder nicht. Dazu gibt es zwei Wege, entweder
Hebung der Valuta oder Steigen der Inlandspreise, auf deutsch
gesagt, entweder muß die deutsche Mark im Auslande auf den Wert
steigen, den sie im Inland hat, oder sie muß im Inland auf den
Wert finken, den sie im Ausland hat. Steigen der Preise bedeutet
Entwertung der Geldes. Der Wert einer Mark bemißt sich nach

Die Eisenbahnersorderungen vor dem j
Haushaltungsausschuh.
Karlsruhe, 23. Ian. Die Forderungen der Eisenbahner,
Beamten «mb Etaatsarbeiter sind am Donnerstag im Haushalts-
ausschuß des Landtags behandelt worden.
lieber die Ausgestaltung der Zulage konnte der Ausschuß jedoch
nicht beraten, weil der Finanzminister durch wichtige Beratungen
in Berlin zurückgehaften ist. Man sprach lediglich über die Ge-
währung einer Abschlagszahlung. Auf die neu zu regelnden höhe-
ren Gehälter und Löhne sollen rückständige Steuerforderungen als
Deckungsmittel herangezogen werden.
Nach längerer Debatte einigte man sich dahingehend, daß
heute (Freitag) -ie Angelegenheit noch im Plenum behandelt wer-
den soll und endgültig entschieden wird.
Die Abschlagszahlungen dürsten wahrscheinlich folgende Höhe
erreichen: Verheiratete monatlich 300 Mk. Bei Ledigen über
21 Jahren soll eine Abstufung eintreten und bei den noch Jüngeren
eine zweite Abstufung.
Endlich der Abtransport unserer
Gefangene».
Paris, 22. Ian. Nach ein?r Havas-Meldung aus Nancy
wird der erste K riegsgefangen enzug Verdun in der
Richtung nach Trier heute verlassen.
Weitere Ausweisungen
von Deutsch-Elsah Lothringer.
Berlin, 22. Ian. Wie der „Vorwärts" mitteilt, sind be-
reits 90 000 Deutsch-Elsaß-Lothringer ausgewandert, davon wur-
den 20 000 ausgewiesen. Das „Echo de Paris" verlangt di« Aus-
lieferung der übrigen 400 000.
Trimdorn Vorsitzender der Zentrums-
partei.
Berlin, 22. Ian. In der Schlußsitzung des Zentrums-
parteitages wurde Trimdorn zum 1. Vorsitzenden der Partei ge-
wählt.
Vertrauensvotum für Ministerium
Millerand.
Paris, 22. Ian. Die Kammer hat dem Ministerium
Mille rand in einer Tagesordnung ihr Vertrauen mit 272
Stimmen gegen 23 bei 300 Enthaltungen ausgesprochen.
Ausbruch der Pest.
Berlin, 22. Ian. Wie der „Lokal-Anzeiger" meldet, ist
Prager Blättern zufolge in Oberschlesien die Pest ausgebrochen.
....em Anschein nach ist sie aus Galizien eingeicyleppt. Das Prä-
"-mm der polnischen Nation in Teiwen in durch Erkrankung
infiziert.
Vorerst leine Ratifizierung des Friedens-
vertrags durch Amerika.
Amsterdam, 22. Ian. Nach Washingtoner Meldungen
erklären einflußreiche amerikanische Senatoren, daß sie alle Hoff-
nung aufgegeben hätten ,daß der Friedensvertrag ratifiziert würde.
Es bestehe keine Aussicht, in diesem Punkte eine Uebereinstimmung
zu erzielen.

der Warenmenge, die ich mir dafür kaufen kann. In Deutschland
kann ich mir selbst im Schleichhandel noch für 20 Mk. ein Pfund
Butter kaufen. Will ich mir aber in der Schweiz ein Pfund Butter
erwerben, so muß ich mindestens 50 Mk. anlegen. Deshalb schmug-
geln gerissene und gewissenlose Schieber Butter nach der Schweiz.
Es ist zu befürchten, daß, wenn einmal die Grenze nach dem Elsaß
geöffnet wird, das Hinausschmuggeln in noch höherem Maße ge-
trieben wird. Auch dieser Punkt drängt auf den Preisausgleich.
Am meisten aber werden wir durch di« Friedensbedingungcn zu
dem Preisausgleich gezwungen. In Erfüllung des FriedensvLr-
trages müssen wir den Franzosen große Mengen Kohlen, Eisen,
Baumaterialien usw. liefern. Diese Produkte werden auf die
Kriegsentschädigung angerechnet. Die Franzosen verlangen diese
Waren zum Inlandspreis. Das heißt, sie verlangen die Kohlen
pro Doppelzentner ab Grube für etwa 15 Mk. Sie könnten die
Kohlen dann in der Schweiz für 20 Francs verkaufen. Rechnet
man für Fracht 5 Francs, bleiben noch 15 Francs. Für 15 Francs
kann man sich nach dem heutigen Geldkurs in der Schweiz 150 Mk.
kaufen und dafür dann 10 Doppelzentner Kohlen. Das Beispiel
mag «twas kraß sein, es zeigt aber deutlich, welch ungeheure Ver-
schwendung von Nationalvermögen durch den Unterschied der In-
und Auslandspreise vor "ch geht. Wir würden auf diese Art an
unseren Kohlenlieferungen allein jährlich mindestens 15 Milliarden
verschleudern Nun darf allerdings der Ausgleich nicht nur dadurch
verfucht werden, daß wir die Inlandspreise erhöben, wir müssen
vielmehr mit aller Kraft einen besseren Geldkurs anstreben. Das
muß allen Kreisen deutlich gesagt werden. Der Bauer, der Welt-
marktpreis fordert, weil dann der Doppelzentner Getreide 500 und
noch mehr Mark gift, der muß wissen, daß dann der Stundenlohn
der Arbeiter auf 25 Mk. gehen muß. Ebenso muß der Arbeiter
wissen, daß, wenn der Stundenlohn der Valuta angepaßt wird, das
Pfund Brot 4 Mk. kostet. Wenn wir bei dem jetzigen Tiefstand
der Valuta den Lohn- und Preisausgleich schaffen, dann ist die
deutsche Mark für immer entwertet. Drum soweit als möglich mit
dem Geldkurs herauf. Bei Betrachtungen über Geldkurs müssen
wir immer von der Tatsache ausgehen, daß Papiergeld ein Markt-
artikel ist, dessen Wert sich nacd Angebot und Nachfrage richtet.

Aber -och ein Marktartikel eigener Art. Ein« andere Ware kann
ich überall verwerten. Mit deutschem Papiergeld tann ich aber
nur in Deutschland kaufen. Während und nach dem Kriege wurde
von den Deutschen im Auslände immer mehr gekauft, als wir
dorthin verkauften. Wer im Ausland deutsches Papiergeld erhielt,
muhte damit rechnen, daß er nicht svgieich wieder etwas dafür
kaufen kann. Wenn wir z. B. von der Schweiz für 200 Millionen
Francs kauften und nur für 100 Millionen Gegenlieferung leisteten,
fv muhten wir für den Rest Geld geben. In Friedcnszeiten wäre»
das 81 Millionen gewesen.
Nun sagten aber die Schweizer: wer weiß, wann wir für diese»
Papiergeld etwas erhalten und bewerteten eben die Mark nicht
mehr mit 125, sondern mit 100, dann mit 80, später mit 60 und
jetzt noch ungefähr mit 10 Rappen, und so mutzten wir für die
100 Millionen Francs je nach dem Geldkurs statt 81 Millionen
Mark 100—150—300—500 und zuletzt 1000 Millionen Mk. be-
zahlen. I« tiefer der Kurs sank, um so mehr Mark mutzten wir
hmlegen, je mehr Mark wir Hingaben, um so tiefer sank der Kurs.
Wir erhalten im Ausland für eine Mark bald gar nichts mehr'.
Kommt der Ausländer zu uns, so freut er sich über das billige
Leben. Wenn der Freiburger nach Basel kommt, mutz er für em
ordentliches Mittagessen mit Wein 40 Mk. rechnen. Will der
Basier nach Freiburg, so tauft er sich für 10 Frs. deutsches Papier-
geld, fährt 1. oder 2. Klasse nach Freiburg und macht sich eine»
guten Tag. Das Ausland gibt uns für unsere Waren nicht de«
entsprechenden Gegenwert, wir müssen bei den heutigen Preise»
doppelt und dreifach soviel Waren hergeben, als wir erhalten.
Wie können wir nun den Geldkurs bessern? In erster Linie
dadurch, daß wir möglichst viel ausführen und möglichst wenig
einführen. Gesucht aus der ganzen Welt ist Holz und Kohle. An
Kohle haben wir selber Mangel. Große Betriebe liegen wegen
Kohlenmangel still. Deshalb müssen in den uns verbliebenen Koh-
iengebirten so rasch als möglich Arbeiterwohnungen erstellt werden,
um die notwendige Arbeilerzahl anzusiedeln. Bis dahin müssen
wir an die Bergarbeiter appellieren, ihre ganze Kraft für die
Kohlenförderung einzusetzen, im Interesse des Volkes, vor allem
aber auch im Interesse der Arbeiterschaft. Haben wir Kohlen, so
haben wir auch bald Industrieprodufte, um sie an das Ausland
abzugeben und wieder Lebensmittel eiyzutauschen. Holz ist in den
letzten Monaten in großen Mengen ausgeführt mordest, meistens
aber in rohen Schnittwaren; so verdienen die Holzhändler am
meisten. Die Ausfuhr von Schnittwaren muh verboten werden.
Wir haben genügend Arbeitskräfte, um aus den Brettern Möbel
zu fertigen. Für die fertigen Waren würden wir das vielfache vom
Ausland beziehen» wie für Rohstoffe. Bei dem Mangel an Roh-
stoffen sollten wir alle Rohstoffe, soweit nur irgend möglich verar-
beiten. Dabei finden dann alle Berufe Beschäftigung. Die Inter-
essen einzelner Gruppen müssen dagegen zurückstehen.

Politische Ue-erficht
Die Agitation -er Reaktion
Dem „Vorwärts" ist solgende Flugschrift auf den Redak-
tionstisch geflogen: >
„Deutschnationale Bolkspartei!
Hauptgeschäftsstelle.
Berlin, 17. Januar 1920."
Bernburgerfttaße 24.
An alle Ortsgruppen! :
Am 19. d. Mts. findet di« erste Verhandlung des
Lrzbergcr- Heissen ch-Prozesses
statt.
Doraussichtiich wird Exzellenz Helfferich dabei eine größere
programmatische Rede halten, di« weite Kreise der Partei und
des gesamten Volkes interessieren dürft«. Diese Rede wird als „Flug-
schrift Nr. 49" geringsten Umfanges im Druck erscheinen und zum Selbst-
kost en preis geliefert werden. Massenbestellungen telegraphisch an die
Deutschnationale Schristenvertriebsstelle G. m. b. H., Berlin S.W. 11.
Versand beginnt Mittwoch.
Deutschnationale Bolkspartei, Hauptgeschäftsstelle."
So! Jetzt wissen wir, warum Helfferich am Dienstag die riesige
Anklagerede gehalten hat. Es war «ine Agitationsrede -er Deutsch-
natiynalen und dazu mißbraucht man den Gerichtssaal. Und wie
haben diese Brüder getobt, als im Lebebour-Prozetz der
Angeklagte in einer längeren Rede seinen politischen Standpunkt zu
verteidigen wagt«. Diese verlogen«» Heuchler!
Der Zentrirmsparteitag.
Berlin, 21. Ian. In der Mittwochsitzung referierte
Dr. Brauns üder Parteipolttik und Presse. Er führte u. a. aus:
Die gegenseitig« Achtuitg zwischen Staat und Kirche ist die
Grundlage unserer politischen Betätigung. Aber die allgemeine
Politik darf nicht aus kirchenpolitischen Rücksichten betrieben werden.
Mit der kirchenpolitischen Einigung allein ist kein« Partei aufrecht zu
erhalten. Radikalismus von links und Reaktion von rechts werden
am besten durch ein« starke Mittelpartei paralysiert, die den
Kern der Negierung zu bilden hat, ein« Partei, der sich auch der so-
zialistische Proletarier ebenso wie der Bauer eingliedern kann. Von
größter Wichtigkeit ist auch, Nichttacholiken sichere Mandate zu ver-
schaffen und sie an leitender Stelle der Partei zur Geltung kommen
zu lassen. (Beifall.)
Der Geist der Zett fordert einen demokratischeu Aufbau
bis in die oberste Spitze: Kein Vorrecht der Geburt oder des Stan-
des, aber Berücksichtigung aller, sozialen Schichten und Erwerbs-
stände bei der Auswahl der Führer. (Lebhafter Beifall.) Einige
von früher her als grundsätzlich« Gegner der Linksorientierung be-
kannte Politiker, wieGrafPraschma und der Freiburger
Geistliche Rat Dr. Schvfer, betonen nochmals die Not-
wendigkeit, in allen Kundgebungen den streng nationalen Cha-
rakter der Partei hervorzuheden. Für eine stärker« Betonung des
konfessionellen Moments trat niemand ein. Es erhob sich sogar
starker Beifall, als das bekannte evangelische Mitglied der Zen-
trumspartei, Stadtverordneter Rehbender-Derlin, die Uederzeugung
aussprach, daß die Interessen auch der evangelischen Bevölkerungs-
teile unter der Hut des Zentrums gut aufgehoben seien. /
Am Nachmittag sprach Frau Hedwig Dransfeld, Mitglied
der Nationalversammlung, über „Di? Frau in der Partei":
 
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