Abg. Häfig (Soz.): Ich möchte daraus Hinweisen, daß früher Koi-
leg« Rockel für die Weinhöchstpreise eintrat. Ich kann diesen Ansicht-
wechsel nicht begreiflich finden. Wenn Wein nur ein Luxusgetränk ist,
dann müßte man den Anbau verbieten. Es ist jedoch kein Luxusgetränk.
Ein Bürgermeister eines Weinortes erklärte, baß im Falle einer Auf-
hebung der Weinhöchstpreise in seinem Orte eine Revolution entstehen
würde, weil die Bauern ihren Wein bereits zu den Höchstpreisen verkauft
hätten. Bei Aufhebung der Weinhöchstpreise wird der Wein so teuer,
daß ein Arbeiter sich ihn nicht mehr leisten kann. Wir stimmen deshalb
gegen die Aufhebung der Höchstpreise. Die Preiserhöhung der Landwirt-
schaft steigerte die Produktion nicht. Die Regierung sollte eine großzügige
Aktion zur Beschaffung von Stickstoff einleiten. Dies würde die landwirt-
schaftliche Produktion gewaltig heben und die Landwirte hätten einen wirk-
lichen Vorteil erreicht. Bei Durchführung der Theorien des Herrn Mager
käme der Laib Brot auf 30 Mk. Mit diesen Rezepten käme man schnell
ans Ende des Latein. Denn ohne Zwangswirtschaft kommen wir heute
nicht aus.
Abg. Großhans (Soz.): Bor allem trat in der Debatte das Be-
streben zutage, «in Wettrennen um die Gunst der Landwirtschaft zu ver-
anstalten. Herr Abg. Sänger stellte objektiver als Belzer fest, daß von
jeher gemeinsam mit der Sozialdemokratie für die Landwirtschaft gearbei-
tet wurde. Trotz der demagogischen Kampfesweise Men uns stiegen un-
sere Stimmen auch in bäuerlichen Bezirken von Wahl zu Wahl. Ich
Möchte seststellen, daß wir fast unterschiedslos die Söhne von Landwirten
find und ebenso wie andere an der heimischen Scholle hängen. Die oder-
badische Landwirtschaft will nicht die Aufhebung der Zwangswirtschaft.
Wir find der Auffassung, daß der Landwirt für seine Erzeugnisse und
Arbeit eine Entlohnung erfahren muß, die den heutigen Verhältnissen ent-
spricht. Doch müßen die Fehler vermieden werden, die bei der Zwangs-
wirtschaft gemacht wurden und die erbittert wirkten. Die Bauern sind
empört, daß die „besseren Damen" mit Stiefeln über die Knie herum-
kaufen. Seit einem Vierteljahr spuckt die Gegenrevolution ebenso sehr
wie die von links. Gerade deshalb muß gesagt werden, daß der Beweis
der „Mißwirtschaft" mißglückt ist. Die vberbadische Bevölkerung will von
den Bestrebungen von rechts nichts wißen, denn der vberbadische Bauer
weiß den Wett eines demokratischen Staates zu schätzen.
Abg. Kölblin (Dem.) geht auf den badischen Fremdenverkehr ein
und wünscht, daß man gegen die fremdländischen Parasiten und Schieber
vorgehl.
Abg. Odenwald (Dem.) äußert sich über die Akkordarbeit in der
Privatindustrie. Man kann ein Freund des Achtstundentages sein und
kann doch der Ansicht sein, daß die wahllose Einführung nicht richtig war.
Minister Rückert: Ein Vertrag zwischen der Siedelungs- und
Landdank und dem Staat ist noch nicht abgeschlossen. Sobald dies der
Fall ist, wird er dem Landtage vorgelegt, da wir selbstverständlich nichts
ohne den Landtag übernehmen.
Abg. Stork (Dem.) wünscht Berücksichtigung der Viehbesitzer bei
der Häutefrage. Abg. Spengler (Ztr.) äußert Wünsche zur Hafer-
bewittfchastung.
Am 7.25 Uhr stellt die Preße ihre Tätigkeit ein.
Nächste Sitzung: Mittwoch vormittag 9 Uhr. Tagesordnung: Fort-
setzung der Finanzberatung.
Badische Politik.
Ter Staats vertrag wegen der Verreichlichung der
badischen Bahnen
beschäftigte am Dienstag vormittag den Haush altsaus-
schuß des badischen Landtags. Schon diese eine Besprechung
der 37 Paragraphen, ein Schlußprotokoll und eine Be-
gründung enthaltenden Vertrages ergab, daß unendlich viele
strittige Fragen bei der Uebergabe der badischen Bahnen
an das Reich zu lösen sind. Um nur eine solche Angelegen-
heit herauszugreifen: Die Autolinien übernimmt künftig
die Postverwaltung. Sie soll in Baden in den nächsten
Jahren noch weitere 20 Linien mit 400 Kilometer Wege-
längen in Betrieb setzen. Auch die Sozialdemokratie
erklärte sich für die Angliederung des Autobetriebes an das
Reich, ohne aber dem Reiche selbst ein unbedingtes Monopol
für alle Autolinien in Baden geben zu wollen. — Die
Boden seeschiffahrt übernimmt ebenfalls das Reich.
Dabei wurde erklärt, die Stadt Konstanz wäre am besten
geeignet, die Verwaltungszentrale in der Bodenseeschiffahrt
zu werden. Aber auch Württemberg und Bayern stellen
diesbezügliche Ansprüche. — Das Reich betreibt auch auf
dem Untersee die Schiffahrt. Der § 1 fand die Zustimmung
des Ausschußes.
Die Grundstücksrechte regelt der Z 2. Hier kommen
die Bahnhöfe, die Strecken usw. in Betracht. Dieser Paragraph
wurde nur zum Teil erledigt. Auch 88 3 bis 7 wurden
in der Beratung behufs Beischaffung von weiterem Material
zurückgestellt.
Der Z 8: „Zu einer Veräußerung oder Verpfändung
der durch den Vertrag erworbenen Eisenbahnen bedarf das
Reich der Zustimmung der Landesregierung" erfuhr wegen
seiner politischen Folgen längere Erörterung, fand aber
schließlich Zustimmung; ebenso debattenlos der 8 9: „Vom
i- April 1920 an stießen alle Einnahmen dem Reiche zu
Und werden alle Ausgaben vom Reiche bestritten".
Soziale Rundschau.
Die Frau im Betriebsrätegesetz.
Selma Wolff-Ja ff ö, Stadtverordnete.
- 8n der letzten Nummer der Frauen-Zeitschrift „Deutsche Frau
schwerer Zeit" bespricht Christine Teusch, Mitglied der Na-
?°nalversammlung, das Betriebsrätegesetz und stellt die Teile des-
Mben zusammen, die für die Frau gesetzlich sestgelegt wurden. Die
Wahlen für die Betriebsräte finden schon in der nächsten Zeit statt,
ist daher notwendig, die Frauen schleunigst darauf aufmerksam
machen, daß diese Wahlen auch für die Frauen von großer Be-
^»tung sind. Im August 1919 wurde der Verfassunggebenden
putschen Nationalversammlung der Entwurf eines „Gesetzes über
^ftriebsräte" unterbreitet. Nach der Begründung handele es sich
den Betriebsräten um eine Einrichtung, die in verschiedenen
. eilen Deutschlands bei einer Reihe von Betrieben bereits besteht,
es auf Grund von tariflichen Vereinbarungen, sei es auf Grund
während oder nach der Revolution durchgesehten Machtwillens
d r Arbeiterschaft. Nur hinsichtlich der sozialen Seite bildeten die
^geschlagenen Betriebsräte eine Fortbildung der Arbeiter- und
g "ilestelltenausschüsse, während die wirtschaftliche Seite ihrer Auf-
etwas ganz Neues darstellte. Durch die Annahme des Ge-
ves ist die deutsche Republik der verfassungsmäßig gewährleisteten
"grundsätzlichen Gleichberechtigung" der Geschlechter formell gerecht
urden. Aufgabe der weiblichen Arbeiter und Angestellten bleibt
1 ' ip weitaus meisten Fällen die Arbeiterinnen zu den ungelern
tz", »der angelernten Kräften gehören, auch unter ungünstigeren
Ikk Verhältnissen arbeiten wie die Männer, die Wirkung des Ge-
lusts obzuwarten, für Verbesserung desselben sich gemeinsam ein-
Httfuen und die richtigen Vertreter zu wählen. Werden doch die
öj^ettermitglieder von den Arbeitern und Arbeiterinnen,
s H ^Westelftenmitglieder von den Angestellten beiderlei G e -
«nichts gewählt. Der Betriebsrat ist neben anderen Pflichten
(ch ?rr Verwaltung der Wohlfahrtseinrichtungen des Betriebes, also
^rin Pensionskassen, Werkswohnungen, Speisungen, Stillstuben,
8ali beteiligt. Besonders ist zu beachten, daß Arbeitnehmer im
bch » uer Kündigung Einspruch erheben können. Das können auch
Dj. oeaeun, indem sie den Arbeiter oder Angestelltenrat anrufen,
vch- Verpflichtungen nach Paragraph 2 (Wahl eines Betriebsod-
i„ "Eb hxi mindestens 5 wahlberechtigten Arbeitnehmern) müssen
erfüll, ^chen Fällen ausschließlich von Frauen (Hausangestellten)
r werden.
ch^.T/Och Paragraph 10 Ziffer 2 fallen die Mitglieder der sozial
wl>v wirkenden Brüder und Schwesterngemeinschaften, sowie
die Pflegling« und Zöglinge der betreffenden Anstalten nicht unter
das Gesetz. Nur die beruflich angestellten und ihrem Erwerb nach-
gehenden Personen (weltliches Krankenpersvnal, Hausangestellte,
Betriebs- und Gartenarbeiter) müssen Arbeitnehmerverttetungen in
den Anstalten bilden. Paragraph 6 sieht einen besonderen Arbeiter-
bzw. Angestelftenrat vor, der auch einzurichten sein wird, wenn
vorwiegend weibliche Arbeitskräfte der einen oder anderen Gruppe
in Frage kommen. Die Lehrerinnen an Privatschulen können nach
Paragraph 13 in anderen Arbeitnehmervertretungen, den Beamten-
räten und Ausschüssen, die gleichen Rechte wie im Betriebsrat ge-
währt werden. Soll die Gerechtigkeit das Leitmotiv für den Auf-
bau der Betriebsräte sein, dann dürfen dieFraue n nicht nur als
„Ergänzungsmitglieder" figurieren (Paragraph 15), sondern ihrem
Zahlenverhältnis entsprechend auf den Wahllisten auch an sicheren
Stellen stehen.
Im dritten Abschnitt, der die Aufgaben und Befugnisse der
Betriebsvertretungen ausspricht, kann man bei fast allen Para-
graphen nur recht dringend die entsprechende weibliche Vertretung
bei Bettieben mit weiblichen Arbeitskräften wünschen, und zwar
bei den vielen individuellen und sozialhygienischen Aufgaben (Un-
fallverhütung, Fürsorgeeinrichtung, Sprechstunde, Krisen im Wirt-
schaftsleben mit Massenentlassungen usw.). Die Paragraphen 81
und 84, die von den Schutzbestimmungen handeln, wurden durch
einen gemeinschaftlichen Vorstoß der Frauenabgeordneten (da die
Gefahr vorlag, daß die Gleichwertung der Frau im Wirsschaftsleben
illusorisch gemacht würde) verändert. —
Wir ersehen daraus, daß durch die in der Verfassung fest-
gelegte Gleichberechtigung der Geschlechter der weibliche Einfluß in
unserem Wirtschaftsleben gesichert ist, wenn die im Erwerbsleben
stehenden Frauen Verständnis für volkswirtschaftliche Dinge zeigen.
An den Arbeiterinnen und weiblichen Angestellten liegt es nun, ihre
Rechte auszunützen. Die nächste Gelegenheit dazu ist durch das
Bettiedsrätegesetz gegeben, können die berufstätigen Frauen doch
durch dasselbe die Arbeitsweise ihrer Betriebe, die Löhne und Ge-
hälter, ihre Arbeitszeit und Arbeitsort mitbestimmen, wenn sie ge-
eignete Kolleginnen in die Rätekörperschaften hineinwählen. Darum,
Arbeiterinnen und Angestellte, besucht die B e t r i e b s Versamm-
lungen, beteilig: euch an den Wahlen, zeigt, daß ihr reif seid,
Trägerinnen des sozialistischen Geistes in der deutschen Republik
zu sein.
Kommunales.
* Die Drage der Neckarkanalijation kam in der gestrigen Landtags-
stkung zur Sprache, wobei Abg. Gen. Maier in beredten Worten diese
wichtige Frage behandelte. Die weitere Beratung über die Neckarkanali-
sation wurde dem Haushaltungsaus-schuß überwiesen. Wir verweisen auf
unseren heutigen Landtagsbericht.
* Zur Eingemeindungsftage Kirchheim mit der Stadt Heidelberg
sind, wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, die Vorlage schon
so weit gediehen, so daß sicher am 1. April ds. Is. auf die Einge-
meindung Kirchheim mit Heidelberg gerechnet werden kann. Damit wür-
den die von Kirchheim gebegten Befürchtungen, die wir gestern zum Aus-
druck brachten, hinfällig.
!. Bürgerausschußsitzung in Schönau. Am Montag abend fand ein«
Bürgerausschußsitzung statt. Punkt 1: Beschlußfassung über Zustimmung
zum Voranschlag für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1920. Bür-
germeister Reichwein gab hierüber einigen Aufschluß, bei dieser Ge-
legenheit erklärte er, daß er sein Amt, nachdem er wiodergewählt sei, nach,
jeder Hinsicht gerecht verwalten werde. Die Vorlage fand einstimmige
Annahme: Punkt 2: Gebührenfrstsetzung für auswärtige Dienstgänge an
die Gemeindebeamten für das 2. Halbjahr 1919. Gmdv. Hauck (Soz.)
trat namens der sozialdem. Fraktion für die Vorlage ein; die Vorlage
sand einstimmige Annahme. Punkt 3: Erhöhung der Badetaxe. Gmdv.
Neumann (Soz.) wünscht Ausschluß über die Ausübung der Kontrolle.
Bürgermeister Reichwein gab die Gebühren bekannt, die für ein
Wannenbad 1 Mk., für ein Brausebad 40 Pfg. und für ein Leih-Hand-
tuch 10 Pfg. betragen. Die Vorlage wurde einstimmig genehmigt.
Punkt 4: Erhöhung der Gebührensätze des Totengräbers, der Leichenfrau
und Einzug dieser Gebühren durch die Gemeindekaße. Hier soll endlich
einmal einem schon oft von der sozialdem. Partei gestellten Anträge Rech-
nung getragen werden, Gmdev. Gutfleisch und Steigl« der (Soz.)
trugen die hierzu schon des öfteren geäußerten Wünsche vor, da von ver-
schiedenen Gemeindeverordneten Beschwerden gegen den Totengräber ge-
führt wurden (Hauptgrund die Beerdigung am letzten Samstag), wurde
die sofortige Dienstenthebung beantragt, worauf der Gemeinderat die Vor-
lage zurückzog, um die Sach« zu untersuchen. Seewald (Soz.) fragte
nach dem Stand der Autolinie und wünschte Beschleunigung in Rücksicht
der auswärts gehenden Arbeitern. Bürgermeister Reichwein ließ die
Eingänge in dieser Frage bekannt geben, woraus zu vernehmen ist, daß
es auch hier an Matenal der Herstellung fehlt. — Damit Schluß der
Sitzung.
* „Wir brauchen einen sür uns", so lautet die Wahlparole der reichen
Bauern anläßlich der Bürgermeisterwahl in Bargen (Amt
Sinsheim). Durch den Tod des seitherigen Bürgermeisters war eine Neu-
wahl erforderlich. Es hoben bereits zwei Wahlgänge stattgefunden, die
stets resultatlos verliefen. Diese „llnserpartei" hat bis jetzt alle Anstren-
gungen gemacht um einem der ihrigen zum Siege zu verhelfen. Man hat
den einzelnen Wählern Korn, Weizen, Hanf, Flachs usw. angeboten, wenn
sie ihre Stimme, dem reichen Bauernkandidaten geben würden; man hat
sich bereit erklärt, den minderbemittelten Wählern die Aecker unentgeltlich
zu pflügen. Daraus ist ersichtlich, welchen großen Wert diese Kreise dar-
auf legen, daß einer der ihrigen den Posten eines Gemeindeoberhauptes
übertragen erhält. Diese angebotenen Lockartikel haben erfreulicherweise
bei einem erheblichen Teil der minderbemittelten Einwhner keinen beson-
bereu Anklang gefunden, denn sie haben in der Person eines Kriegs-
invaliden, ihren eigenen Kandidaten aufgestellt. Die Kreise, di«
während des Krieges, so recht voll den Mund genommen haben unh ver-
sicherten, daß den Kriegern der Dank der Heimat sicher sei, sind jetzt die
größten Hetzer gegen den kriegsbeschädigten Kandidaten, der einen Fuß
verloren hat. Mit einer Hochnäsigkeit erklären sie gegenüber diesem
Manne, „ob das auch Leut seien, die sich zu einem Bürgermeister eignen."
„W ir brauchen ein en für uns" ist dann ihr Schlachtruf. Dieser
Vorgang zeigt wieder zur Genüge, wie diese Kreise die minderbemittelt«
Bevölkerung einschätzt. Erfreulich ist bei der ganzen Wahlbewegung, daß
sich endlich ein Teil der kleinen Bauern nicht mehr an den Karren der
großen spannen läßt, und nunmehr selbständig vorgeht.
Aus Stadt und Land.
Von der Universität. Prof. Dr. E. Lederer erhielt einen Ruf
für die hauptamtliche Dozentur für Volkswirtschaft an die Handelshoch-
schule Nürnberg. — Die Arbeiterschaft von Heidelberg bedauert seinen
Weggang von hier, da sie in Lederer einen unermüdlichen Vorkämpfer der
theoretischen Sozialismus verliert. Unsere besten Wünsche begleiten ihn.
* Ein sauberes Pärchen. Heute vormittag wurde ein angebliches
Ehepaar verhaftet, das verschiedene Zechbetrügereien und Diebstähle ver-
üble. In einer Wirtschaft in der Hauptstraße haben sie u. a. 11 Viertel
Wein und zweimal warmes Eßen verschlungen. Zuerst verduftete er und
später ließ er seine angebliche Frau an das Telefon rufen, dctt sich im
Hause befindet. Die Frauensperson benutzte die Gelegenheit, um eben-
falls zu verduften.
* Allerlei Diebstähle. Aus einem Hühnerstall in der Rohrbacher-
gegend wurden 19 Hühner im Wert« von 1000 Mk. entwendet, vor dem
Hause Hauptstraße 120 wurde ein Fahrrad russischen Fabrikats im Werte
von 1000 Mk. gestohlen. — Der Schaden, der bei dem Einbruch bei Uhr-
macher Speiser entstanden ist, beträgt IWO Mk. Es wurden verschiedene
silberne Uhren entwendet. — Aus einer Wohnung in Eppelheim wurden
3 weiße leinene Hemden und Bargeld im Gesamtwert von 460 Mk. ge-
stohlen. — Aus dem Gerberraum der Lederwette Pirsch in Neckargemünd
wurden sine Rind- und Ochsenhaut im Wette von 1600 Mk. gestohlen.
— Einer Kellnerin wurde in einer Wirtschaft in der Bergheimcrstraße ihr
Schließkorb erbrochen und verschiedene Kleider und sonstige Sachen im
Wette von 1600 Mk. gestohlen. — Vor dem Hause Bluntschlistraße 19
wurde ein Kindersportwagen im Wette von 150 Mk. entwendet. — Aus
einem Hühnerstall im kleinen Gaisberg wurden 11 Hühner und ein Hahn
im Wette von 500 Mk. gestohlen und aus dem Hofe des Hotel Reichs-
post wurde ien Handwagen im Werte von 500 Mk. entwendet.
* Verhaftet wurde ein Kaufmann wegen unerlaubten Handelns.^ —
Zur Anzeige kam ein Metzger von Handschuhsheim, der von auswärts
Fleisch eingesührt hatte, das er über den Höchstpreis angekauft hatte, fer-
ner ein Kaufmann aus Schlierbach, der über ein Zentner Kartoffel unter
falscher Angabe des Inhalts nach auswärts versenden wollte.
"Beförderung. Wie der „Gtaatsanzeiger" meldet, ist da, Mitglied
des badischen Landtags, Hilkstaatsanwalt Dr. Guido Leser in Heidel-
berg, zum Amtsrichter in Mannheim ernannt worden.
* Der Verein der Schlesier (Ortsgruppe Heidelberg), angegliedett an
dir vereinigten Verbände heimatstreuer Oberschlesier, hält am Freitag,
den 12. März, abends 7 Uhr im „Goldenen Engel", Hauptstraße 67 ein«
Propagandaversammlung ab, worauf wir auch an dieser Stelle besonder,
Hinweisen möchten. Mitglied des Vereins kann jeder werden, der i»
deutschen Sinne Mitarbeiten will. Die ständige Geschäftsstelle befindet sich
Bergheimerstraße 68, Fernsprecher 1217. — Am 7. April d. I. veranstal-
ten die Bereinigten Verbände heimatstreuer Oberschlesier eine große
öffentliche Versammlung, in welcher Herr Dr. Kleiner aus Kattowitz einet»
Vortrag über Oberschlesien halten wird. Wir kommen noch ausführlicher
auf das Thema zurück.
" Ein Obergauner. Der erst kürzlich verhaftete Taglöhner Ern-
von Eppelheim, wohnhaft hier, hat außer Einbrüchen noch verschieden,
hiesige Geschäftsleute ausgeschmiert. Er bestellte durch das Telefon unter
falscher Namensangabe Eisen, Draht usw. und holte die Waren mit Wa-
gen dann ab, die erschleunigst anderweitig verkaufte.
Ettlingen, 8. März. (Aufgelöst.) Am kommenden Mittwoch,
den 10. März wird die hiesige Unteroffiziersschule endgültig aufgelöst.
Noch vor dem Krieg war für die Schule auf weit gedehntem Gelände ei»
neuer Gebäudckomplex entstanden, der dann in den letzten Jahren in ei?
Reservelazarett umgewandelt, das im Dienst der Knegsbeschädigtenftv-
sorge stand.
M MMldMW Skl LMjeltW".
Französtsche Kommissäre als Wilderer.
Berlin, 10. März. (W.T.B.) Die Gemeinde Wermitz
war in den letzten Tagen 3 mal von Wilderern heimgesucht
worden. Als heute abermals Wilderer festgeftellt wurden,
wurde die Einwohnerwehr zusammengerufen. Die 8 Wild-
diebe, die mit einem Auto aus Berlin gekommen waren,
stellten sich; die Wilddiebe wurden aufgefordert, sich zu
ergeben. 4 leisteten der Aufforderung Folge, während die
übrigen zu fliehen versuchten. Von den Verfolgern wurden
Schreckschüsse abgegeben, das von den Fliehenden mit
Gewehrfeuer beantwortet wurde. 2 weitere Wilddiebe
ergaben sich, ein dritter blieb verwundet liegen, der letztere
entkam, der Verwundete erlag später seinen Verletzungen.
Die Vernehmung im Amtsgebäude zu Wermitz ergab, daß
die Wilderer, die sämtliche Zivillleidung trugen, Angehörige
der französischen überwachungskommission für Flugwesen
in Eharlottenburg find. Das Auswärtige Amt in Berlin
hat den französischen Geschäftsträger von diesem Vorfall
sofort verständigt.
Direkte Aktion der englische» Bergleute.
Amsterdam, 9. März. (W.T.B.) „Telegraaf" mel-
det aus London, die außerordentliche Kommission des
Bergarbeiterverbandes von Südwales erklärten
sich 3487 gegen 610 Stimmen für eine direkte Aktion
zur Durchführung der Sozialisierung der Steinkohlenberg-
werke. Die Kommission beschloß außerdem, eine neue Lohn-
erhöhung von 2 Pfund Sterling pro Woche zu fordern.
Die Bergarbeiter Lancashire, Goshire und Nordhumber-
land erklärten sich ebenfalls für die direkte Aktion, die Berg-
arbeiter von Durham mit geringer Stimmenmehrheit da-
gegen. Infolge des Streiks der Metallarbeiter in Waler
sind 6500 Industriearbeiter erwerbslos.
Türkischer Nationalismus.
Rotterdam, 10. März. (W.T.B.) Aus Konstantinopel
wird gemeldet, daß die Nationalisten ganz offen versuchen,
sich der Regierungsgewalt zu bemächtigen, um den Sultan
zu verhindern, ein ententefreundliches Kabinett ans Ruder
zu bringen.
Versummlungs-Kaleuder.
Lei»»«». Mittwoch, den 10. d. M., abend» ^-8 tlhr km Lokale zu»
„Rößke": Mitgliederversammlung.
Arbeiter-Sekretariat,
16—IS und 4—6 Uhr. Auskunft in
Rohrbacher Straße 13. Täglich
außer Sonntags geöffnet von
allen Arbeiterrechtsfragen.
Montag, 15. März: Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen „Sappho*.
Verkauf nur Montag.
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Voll lm
mit kreiW
Ornms aus ckern Ir-
tistenleken In 4 mitten
ttnuptckarsteller:
Will kMli
unck 1335
Vm MeiM.
kerner:
M IM
kornan in 5 ^dtei-
iunßen von Paul
konntet.
UauptckarsteUer:
KM üöWtvr
Mk MU kmii.
lin M MWl. öMinüe
richten wir auch in diesem
Jahr die freundliche Bitte,
der ärmeren Konfirmanden
durch Zuweisung von Ga-
ben zu gedenken. 880
Sie evangkl. Stadtvsamr.
8 N ::
leg« Rockel für die Weinhöchstpreise eintrat. Ich kann diesen Ansicht-
wechsel nicht begreiflich finden. Wenn Wein nur ein Luxusgetränk ist,
dann müßte man den Anbau verbieten. Es ist jedoch kein Luxusgetränk.
Ein Bürgermeister eines Weinortes erklärte, baß im Falle einer Auf-
hebung der Weinhöchstpreise in seinem Orte eine Revolution entstehen
würde, weil die Bauern ihren Wein bereits zu den Höchstpreisen verkauft
hätten. Bei Aufhebung der Weinhöchstpreise wird der Wein so teuer,
daß ein Arbeiter sich ihn nicht mehr leisten kann. Wir stimmen deshalb
gegen die Aufhebung der Höchstpreise. Die Preiserhöhung der Landwirt-
schaft steigerte die Produktion nicht. Die Regierung sollte eine großzügige
Aktion zur Beschaffung von Stickstoff einleiten. Dies würde die landwirt-
schaftliche Produktion gewaltig heben und die Landwirte hätten einen wirk-
lichen Vorteil erreicht. Bei Durchführung der Theorien des Herrn Mager
käme der Laib Brot auf 30 Mk. Mit diesen Rezepten käme man schnell
ans Ende des Latein. Denn ohne Zwangswirtschaft kommen wir heute
nicht aus.
Abg. Großhans (Soz.): Bor allem trat in der Debatte das Be-
streben zutage, «in Wettrennen um die Gunst der Landwirtschaft zu ver-
anstalten. Herr Abg. Sänger stellte objektiver als Belzer fest, daß von
jeher gemeinsam mit der Sozialdemokratie für die Landwirtschaft gearbei-
tet wurde. Trotz der demagogischen Kampfesweise Men uns stiegen un-
sere Stimmen auch in bäuerlichen Bezirken von Wahl zu Wahl. Ich
Möchte seststellen, daß wir fast unterschiedslos die Söhne von Landwirten
find und ebenso wie andere an der heimischen Scholle hängen. Die oder-
badische Landwirtschaft will nicht die Aufhebung der Zwangswirtschaft.
Wir find der Auffassung, daß der Landwirt für seine Erzeugnisse und
Arbeit eine Entlohnung erfahren muß, die den heutigen Verhältnissen ent-
spricht. Doch müßen die Fehler vermieden werden, die bei der Zwangs-
wirtschaft gemacht wurden und die erbittert wirkten. Die Bauern sind
empört, daß die „besseren Damen" mit Stiefeln über die Knie herum-
kaufen. Seit einem Vierteljahr spuckt die Gegenrevolution ebenso sehr
wie die von links. Gerade deshalb muß gesagt werden, daß der Beweis
der „Mißwirtschaft" mißglückt ist. Die vberbadische Bevölkerung will von
den Bestrebungen von rechts nichts wißen, denn der vberbadische Bauer
weiß den Wett eines demokratischen Staates zu schätzen.
Abg. Kölblin (Dem.) geht auf den badischen Fremdenverkehr ein
und wünscht, daß man gegen die fremdländischen Parasiten und Schieber
vorgehl.
Abg. Odenwald (Dem.) äußert sich über die Akkordarbeit in der
Privatindustrie. Man kann ein Freund des Achtstundentages sein und
kann doch der Ansicht sein, daß die wahllose Einführung nicht richtig war.
Minister Rückert: Ein Vertrag zwischen der Siedelungs- und
Landdank und dem Staat ist noch nicht abgeschlossen. Sobald dies der
Fall ist, wird er dem Landtage vorgelegt, da wir selbstverständlich nichts
ohne den Landtag übernehmen.
Abg. Stork (Dem.) wünscht Berücksichtigung der Viehbesitzer bei
der Häutefrage. Abg. Spengler (Ztr.) äußert Wünsche zur Hafer-
bewittfchastung.
Am 7.25 Uhr stellt die Preße ihre Tätigkeit ein.
Nächste Sitzung: Mittwoch vormittag 9 Uhr. Tagesordnung: Fort-
setzung der Finanzberatung.
Badische Politik.
Ter Staats vertrag wegen der Verreichlichung der
badischen Bahnen
beschäftigte am Dienstag vormittag den Haush altsaus-
schuß des badischen Landtags. Schon diese eine Besprechung
der 37 Paragraphen, ein Schlußprotokoll und eine Be-
gründung enthaltenden Vertrages ergab, daß unendlich viele
strittige Fragen bei der Uebergabe der badischen Bahnen
an das Reich zu lösen sind. Um nur eine solche Angelegen-
heit herauszugreifen: Die Autolinien übernimmt künftig
die Postverwaltung. Sie soll in Baden in den nächsten
Jahren noch weitere 20 Linien mit 400 Kilometer Wege-
längen in Betrieb setzen. Auch die Sozialdemokratie
erklärte sich für die Angliederung des Autobetriebes an das
Reich, ohne aber dem Reiche selbst ein unbedingtes Monopol
für alle Autolinien in Baden geben zu wollen. — Die
Boden seeschiffahrt übernimmt ebenfalls das Reich.
Dabei wurde erklärt, die Stadt Konstanz wäre am besten
geeignet, die Verwaltungszentrale in der Bodenseeschiffahrt
zu werden. Aber auch Württemberg und Bayern stellen
diesbezügliche Ansprüche. — Das Reich betreibt auch auf
dem Untersee die Schiffahrt. Der § 1 fand die Zustimmung
des Ausschußes.
Die Grundstücksrechte regelt der Z 2. Hier kommen
die Bahnhöfe, die Strecken usw. in Betracht. Dieser Paragraph
wurde nur zum Teil erledigt. Auch 88 3 bis 7 wurden
in der Beratung behufs Beischaffung von weiterem Material
zurückgestellt.
Der Z 8: „Zu einer Veräußerung oder Verpfändung
der durch den Vertrag erworbenen Eisenbahnen bedarf das
Reich der Zustimmung der Landesregierung" erfuhr wegen
seiner politischen Folgen längere Erörterung, fand aber
schließlich Zustimmung; ebenso debattenlos der 8 9: „Vom
i- April 1920 an stießen alle Einnahmen dem Reiche zu
Und werden alle Ausgaben vom Reiche bestritten".
Soziale Rundschau.
Die Frau im Betriebsrätegesetz.
Selma Wolff-Ja ff ö, Stadtverordnete.
- 8n der letzten Nummer der Frauen-Zeitschrift „Deutsche Frau
schwerer Zeit" bespricht Christine Teusch, Mitglied der Na-
?°nalversammlung, das Betriebsrätegesetz und stellt die Teile des-
Mben zusammen, die für die Frau gesetzlich sestgelegt wurden. Die
Wahlen für die Betriebsräte finden schon in der nächsten Zeit statt,
ist daher notwendig, die Frauen schleunigst darauf aufmerksam
machen, daß diese Wahlen auch für die Frauen von großer Be-
^»tung sind. Im August 1919 wurde der Verfassunggebenden
putschen Nationalversammlung der Entwurf eines „Gesetzes über
^ftriebsräte" unterbreitet. Nach der Begründung handele es sich
den Betriebsräten um eine Einrichtung, die in verschiedenen
. eilen Deutschlands bei einer Reihe von Betrieben bereits besteht,
es auf Grund von tariflichen Vereinbarungen, sei es auf Grund
während oder nach der Revolution durchgesehten Machtwillens
d r Arbeiterschaft. Nur hinsichtlich der sozialen Seite bildeten die
^geschlagenen Betriebsräte eine Fortbildung der Arbeiter- und
g "ilestelltenausschüsse, während die wirtschaftliche Seite ihrer Auf-
etwas ganz Neues darstellte. Durch die Annahme des Ge-
ves ist die deutsche Republik der verfassungsmäßig gewährleisteten
"grundsätzlichen Gleichberechtigung" der Geschlechter formell gerecht
urden. Aufgabe der weiblichen Arbeiter und Angestellten bleibt
1 ' ip weitaus meisten Fällen die Arbeiterinnen zu den ungelern
tz", »der angelernten Kräften gehören, auch unter ungünstigeren
Ikk Verhältnissen arbeiten wie die Männer, die Wirkung des Ge-
lusts obzuwarten, für Verbesserung desselben sich gemeinsam ein-
Httfuen und die richtigen Vertreter zu wählen. Werden doch die
öj^ettermitglieder von den Arbeitern und Arbeiterinnen,
s H ^Westelftenmitglieder von den Angestellten beiderlei G e -
«nichts gewählt. Der Betriebsrat ist neben anderen Pflichten
(ch ?rr Verwaltung der Wohlfahrtseinrichtungen des Betriebes, also
^rin Pensionskassen, Werkswohnungen, Speisungen, Stillstuben,
8ali beteiligt. Besonders ist zu beachten, daß Arbeitnehmer im
bch » uer Kündigung Einspruch erheben können. Das können auch
Dj. oeaeun, indem sie den Arbeiter oder Angestelltenrat anrufen,
vch- Verpflichtungen nach Paragraph 2 (Wahl eines Betriebsod-
i„ "Eb hxi mindestens 5 wahlberechtigten Arbeitnehmern) müssen
erfüll, ^chen Fällen ausschließlich von Frauen (Hausangestellten)
r werden.
ch^.T/Och Paragraph 10 Ziffer 2 fallen die Mitglieder der sozial
wl>v wirkenden Brüder und Schwesterngemeinschaften, sowie
die Pflegling« und Zöglinge der betreffenden Anstalten nicht unter
das Gesetz. Nur die beruflich angestellten und ihrem Erwerb nach-
gehenden Personen (weltliches Krankenpersvnal, Hausangestellte,
Betriebs- und Gartenarbeiter) müssen Arbeitnehmerverttetungen in
den Anstalten bilden. Paragraph 6 sieht einen besonderen Arbeiter-
bzw. Angestelftenrat vor, der auch einzurichten sein wird, wenn
vorwiegend weibliche Arbeitskräfte der einen oder anderen Gruppe
in Frage kommen. Die Lehrerinnen an Privatschulen können nach
Paragraph 13 in anderen Arbeitnehmervertretungen, den Beamten-
räten und Ausschüssen, die gleichen Rechte wie im Betriebsrat ge-
währt werden. Soll die Gerechtigkeit das Leitmotiv für den Auf-
bau der Betriebsräte sein, dann dürfen dieFraue n nicht nur als
„Ergänzungsmitglieder" figurieren (Paragraph 15), sondern ihrem
Zahlenverhältnis entsprechend auf den Wahllisten auch an sicheren
Stellen stehen.
Im dritten Abschnitt, der die Aufgaben und Befugnisse der
Betriebsvertretungen ausspricht, kann man bei fast allen Para-
graphen nur recht dringend die entsprechende weibliche Vertretung
bei Bettieben mit weiblichen Arbeitskräften wünschen, und zwar
bei den vielen individuellen und sozialhygienischen Aufgaben (Un-
fallverhütung, Fürsorgeeinrichtung, Sprechstunde, Krisen im Wirt-
schaftsleben mit Massenentlassungen usw.). Die Paragraphen 81
und 84, die von den Schutzbestimmungen handeln, wurden durch
einen gemeinschaftlichen Vorstoß der Frauenabgeordneten (da die
Gefahr vorlag, daß die Gleichwertung der Frau im Wirsschaftsleben
illusorisch gemacht würde) verändert. —
Wir ersehen daraus, daß durch die in der Verfassung fest-
gelegte Gleichberechtigung der Geschlechter der weibliche Einfluß in
unserem Wirtschaftsleben gesichert ist, wenn die im Erwerbsleben
stehenden Frauen Verständnis für volkswirtschaftliche Dinge zeigen.
An den Arbeiterinnen und weiblichen Angestellten liegt es nun, ihre
Rechte auszunützen. Die nächste Gelegenheit dazu ist durch das
Bettiedsrätegesetz gegeben, können die berufstätigen Frauen doch
durch dasselbe die Arbeitsweise ihrer Betriebe, die Löhne und Ge-
hälter, ihre Arbeitszeit und Arbeitsort mitbestimmen, wenn sie ge-
eignete Kolleginnen in die Rätekörperschaften hineinwählen. Darum,
Arbeiterinnen und Angestellte, besucht die B e t r i e b s Versamm-
lungen, beteilig: euch an den Wahlen, zeigt, daß ihr reif seid,
Trägerinnen des sozialistischen Geistes in der deutschen Republik
zu sein.
Kommunales.
* Die Drage der Neckarkanalijation kam in der gestrigen Landtags-
stkung zur Sprache, wobei Abg. Gen. Maier in beredten Worten diese
wichtige Frage behandelte. Die weitere Beratung über die Neckarkanali-
sation wurde dem Haushaltungsaus-schuß überwiesen. Wir verweisen auf
unseren heutigen Landtagsbericht.
* Zur Eingemeindungsftage Kirchheim mit der Stadt Heidelberg
sind, wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, die Vorlage schon
so weit gediehen, so daß sicher am 1. April ds. Is. auf die Einge-
meindung Kirchheim mit Heidelberg gerechnet werden kann. Damit wür-
den die von Kirchheim gebegten Befürchtungen, die wir gestern zum Aus-
druck brachten, hinfällig.
!. Bürgerausschußsitzung in Schönau. Am Montag abend fand ein«
Bürgerausschußsitzung statt. Punkt 1: Beschlußfassung über Zustimmung
zum Voranschlag für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1920. Bür-
germeister Reichwein gab hierüber einigen Aufschluß, bei dieser Ge-
legenheit erklärte er, daß er sein Amt, nachdem er wiodergewählt sei, nach,
jeder Hinsicht gerecht verwalten werde. Die Vorlage fand einstimmige
Annahme: Punkt 2: Gebührenfrstsetzung für auswärtige Dienstgänge an
die Gemeindebeamten für das 2. Halbjahr 1919. Gmdv. Hauck (Soz.)
trat namens der sozialdem. Fraktion für die Vorlage ein; die Vorlage
sand einstimmige Annahme. Punkt 3: Erhöhung der Badetaxe. Gmdv.
Neumann (Soz.) wünscht Ausschluß über die Ausübung der Kontrolle.
Bürgermeister Reichwein gab die Gebühren bekannt, die für ein
Wannenbad 1 Mk., für ein Brausebad 40 Pfg. und für ein Leih-Hand-
tuch 10 Pfg. betragen. Die Vorlage wurde einstimmig genehmigt.
Punkt 4: Erhöhung der Gebührensätze des Totengräbers, der Leichenfrau
und Einzug dieser Gebühren durch die Gemeindekaße. Hier soll endlich
einmal einem schon oft von der sozialdem. Partei gestellten Anträge Rech-
nung getragen werden, Gmdev. Gutfleisch und Steigl« der (Soz.)
trugen die hierzu schon des öfteren geäußerten Wünsche vor, da von ver-
schiedenen Gemeindeverordneten Beschwerden gegen den Totengräber ge-
führt wurden (Hauptgrund die Beerdigung am letzten Samstag), wurde
die sofortige Dienstenthebung beantragt, worauf der Gemeinderat die Vor-
lage zurückzog, um die Sach« zu untersuchen. Seewald (Soz.) fragte
nach dem Stand der Autolinie und wünschte Beschleunigung in Rücksicht
der auswärts gehenden Arbeitern. Bürgermeister Reichwein ließ die
Eingänge in dieser Frage bekannt geben, woraus zu vernehmen ist, daß
es auch hier an Matenal der Herstellung fehlt. — Damit Schluß der
Sitzung.
* „Wir brauchen einen sür uns", so lautet die Wahlparole der reichen
Bauern anläßlich der Bürgermeisterwahl in Bargen (Amt
Sinsheim). Durch den Tod des seitherigen Bürgermeisters war eine Neu-
wahl erforderlich. Es hoben bereits zwei Wahlgänge stattgefunden, die
stets resultatlos verliefen. Diese „llnserpartei" hat bis jetzt alle Anstren-
gungen gemacht um einem der ihrigen zum Siege zu verhelfen. Man hat
den einzelnen Wählern Korn, Weizen, Hanf, Flachs usw. angeboten, wenn
sie ihre Stimme, dem reichen Bauernkandidaten geben würden; man hat
sich bereit erklärt, den minderbemittelten Wählern die Aecker unentgeltlich
zu pflügen. Daraus ist ersichtlich, welchen großen Wert diese Kreise dar-
auf legen, daß einer der ihrigen den Posten eines Gemeindeoberhauptes
übertragen erhält. Diese angebotenen Lockartikel haben erfreulicherweise
bei einem erheblichen Teil der minderbemittelten Einwhner keinen beson-
bereu Anklang gefunden, denn sie haben in der Person eines Kriegs-
invaliden, ihren eigenen Kandidaten aufgestellt. Die Kreise, di«
während des Krieges, so recht voll den Mund genommen haben unh ver-
sicherten, daß den Kriegern der Dank der Heimat sicher sei, sind jetzt die
größten Hetzer gegen den kriegsbeschädigten Kandidaten, der einen Fuß
verloren hat. Mit einer Hochnäsigkeit erklären sie gegenüber diesem
Manne, „ob das auch Leut seien, die sich zu einem Bürgermeister eignen."
„W ir brauchen ein en für uns" ist dann ihr Schlachtruf. Dieser
Vorgang zeigt wieder zur Genüge, wie diese Kreise die minderbemittelt«
Bevölkerung einschätzt. Erfreulich ist bei der ganzen Wahlbewegung, daß
sich endlich ein Teil der kleinen Bauern nicht mehr an den Karren der
großen spannen läßt, und nunmehr selbständig vorgeht.
Aus Stadt und Land.
Von der Universität. Prof. Dr. E. Lederer erhielt einen Ruf
für die hauptamtliche Dozentur für Volkswirtschaft an die Handelshoch-
schule Nürnberg. — Die Arbeiterschaft von Heidelberg bedauert seinen
Weggang von hier, da sie in Lederer einen unermüdlichen Vorkämpfer der
theoretischen Sozialismus verliert. Unsere besten Wünsche begleiten ihn.
* Ein sauberes Pärchen. Heute vormittag wurde ein angebliches
Ehepaar verhaftet, das verschiedene Zechbetrügereien und Diebstähle ver-
üble. In einer Wirtschaft in der Hauptstraße haben sie u. a. 11 Viertel
Wein und zweimal warmes Eßen verschlungen. Zuerst verduftete er und
später ließ er seine angebliche Frau an das Telefon rufen, dctt sich im
Hause befindet. Die Frauensperson benutzte die Gelegenheit, um eben-
falls zu verduften.
* Allerlei Diebstähle. Aus einem Hühnerstall in der Rohrbacher-
gegend wurden 19 Hühner im Wert« von 1000 Mk. entwendet, vor dem
Hause Hauptstraße 120 wurde ein Fahrrad russischen Fabrikats im Werte
von 1000 Mk. gestohlen. — Der Schaden, der bei dem Einbruch bei Uhr-
macher Speiser entstanden ist, beträgt IWO Mk. Es wurden verschiedene
silberne Uhren entwendet. — Aus einer Wohnung in Eppelheim wurden
3 weiße leinene Hemden und Bargeld im Gesamtwert von 460 Mk. ge-
stohlen. — Aus dem Gerberraum der Lederwette Pirsch in Neckargemünd
wurden sine Rind- und Ochsenhaut im Wette von 1600 Mk. gestohlen.
— Einer Kellnerin wurde in einer Wirtschaft in der Bergheimcrstraße ihr
Schließkorb erbrochen und verschiedene Kleider und sonstige Sachen im
Wette von 1600 Mk. gestohlen. — Vor dem Hause Bluntschlistraße 19
wurde ein Kindersportwagen im Wette von 150 Mk. entwendet. — Aus
einem Hühnerstall im kleinen Gaisberg wurden 11 Hühner und ein Hahn
im Wette von 500 Mk. gestohlen und aus dem Hofe des Hotel Reichs-
post wurde ien Handwagen im Werte von 500 Mk. entwendet.
* Verhaftet wurde ein Kaufmann wegen unerlaubten Handelns.^ —
Zur Anzeige kam ein Metzger von Handschuhsheim, der von auswärts
Fleisch eingesührt hatte, das er über den Höchstpreis angekauft hatte, fer-
ner ein Kaufmann aus Schlierbach, der über ein Zentner Kartoffel unter
falscher Angabe des Inhalts nach auswärts versenden wollte.
"Beförderung. Wie der „Gtaatsanzeiger" meldet, ist da, Mitglied
des badischen Landtags, Hilkstaatsanwalt Dr. Guido Leser in Heidel-
berg, zum Amtsrichter in Mannheim ernannt worden.
* Der Verein der Schlesier (Ortsgruppe Heidelberg), angegliedett an
dir vereinigten Verbände heimatstreuer Oberschlesier, hält am Freitag,
den 12. März, abends 7 Uhr im „Goldenen Engel", Hauptstraße 67 ein«
Propagandaversammlung ab, worauf wir auch an dieser Stelle besonder,
Hinweisen möchten. Mitglied des Vereins kann jeder werden, der i»
deutschen Sinne Mitarbeiten will. Die ständige Geschäftsstelle befindet sich
Bergheimerstraße 68, Fernsprecher 1217. — Am 7. April d. I. veranstal-
ten die Bereinigten Verbände heimatstreuer Oberschlesier eine große
öffentliche Versammlung, in welcher Herr Dr. Kleiner aus Kattowitz einet»
Vortrag über Oberschlesien halten wird. Wir kommen noch ausführlicher
auf das Thema zurück.
" Ein Obergauner. Der erst kürzlich verhaftete Taglöhner Ern-
von Eppelheim, wohnhaft hier, hat außer Einbrüchen noch verschieden,
hiesige Geschäftsleute ausgeschmiert. Er bestellte durch das Telefon unter
falscher Namensangabe Eisen, Draht usw. und holte die Waren mit Wa-
gen dann ab, die erschleunigst anderweitig verkaufte.
Ettlingen, 8. März. (Aufgelöst.) Am kommenden Mittwoch,
den 10. März wird die hiesige Unteroffiziersschule endgültig aufgelöst.
Noch vor dem Krieg war für die Schule auf weit gedehntem Gelände ei»
neuer Gebäudckomplex entstanden, der dann in den letzten Jahren in ei?
Reservelazarett umgewandelt, das im Dienst der Knegsbeschädigtenftv-
sorge stand.
M MMldMW Skl LMjeltW".
Französtsche Kommissäre als Wilderer.
Berlin, 10. März. (W.T.B.) Die Gemeinde Wermitz
war in den letzten Tagen 3 mal von Wilderern heimgesucht
worden. Als heute abermals Wilderer festgeftellt wurden,
wurde die Einwohnerwehr zusammengerufen. Die 8 Wild-
diebe, die mit einem Auto aus Berlin gekommen waren,
stellten sich; die Wilddiebe wurden aufgefordert, sich zu
ergeben. 4 leisteten der Aufforderung Folge, während die
übrigen zu fliehen versuchten. Von den Verfolgern wurden
Schreckschüsse abgegeben, das von den Fliehenden mit
Gewehrfeuer beantwortet wurde. 2 weitere Wilddiebe
ergaben sich, ein dritter blieb verwundet liegen, der letztere
entkam, der Verwundete erlag später seinen Verletzungen.
Die Vernehmung im Amtsgebäude zu Wermitz ergab, daß
die Wilderer, die sämtliche Zivillleidung trugen, Angehörige
der französischen überwachungskommission für Flugwesen
in Eharlottenburg find. Das Auswärtige Amt in Berlin
hat den französischen Geschäftsträger von diesem Vorfall
sofort verständigt.
Direkte Aktion der englische» Bergleute.
Amsterdam, 9. März. (W.T.B.) „Telegraaf" mel-
det aus London, die außerordentliche Kommission des
Bergarbeiterverbandes von Südwales erklärten
sich 3487 gegen 610 Stimmen für eine direkte Aktion
zur Durchführung der Sozialisierung der Steinkohlenberg-
werke. Die Kommission beschloß außerdem, eine neue Lohn-
erhöhung von 2 Pfund Sterling pro Woche zu fordern.
Die Bergarbeiter Lancashire, Goshire und Nordhumber-
land erklärten sich ebenfalls für die direkte Aktion, die Berg-
arbeiter von Durham mit geringer Stimmenmehrheit da-
gegen. Infolge des Streiks der Metallarbeiter in Waler
sind 6500 Industriearbeiter erwerbslos.
Türkischer Nationalismus.
Rotterdam, 10. März. (W.T.B.) Aus Konstantinopel
wird gemeldet, daß die Nationalisten ganz offen versuchen,
sich der Regierungsgewalt zu bemächtigen, um den Sultan
zu verhindern, ein ententefreundliches Kabinett ans Ruder
zu bringen.
Versummlungs-Kaleuder.
Lei»»«». Mittwoch, den 10. d. M., abend» ^-8 tlhr km Lokale zu»
„Rößke": Mitgliederversammlung.
Arbeiter-Sekretariat,
16—IS und 4—6 Uhr. Auskunft in
Rohrbacher Straße 13. Täglich
außer Sonntags geöffnet von
allen Arbeiterrechtsfragen.
Montag, 15. März: Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen „Sappho*.
Verkauf nur Montag.
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Mk MU kmii.
lin M MWl. öMinüe
richten wir auch in diesem
Jahr die freundliche Bitte,
der ärmeren Konfirmanden
durch Zuweisung von Ga-
ben zu gedenken. 880
Sie evangkl. Stadtvsamr.
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