v:
WklSMl, W M AM
Ausland.
Die österreichischen Berfassungsgegensätze.
W i e n, 24., April. Ans der Linzer Länderkonferenz stand
heute das Schulkves-cn zur Erörterung. Die Grotzdeutschen und So-
zialiften sondern grundsähsich V e r sta a t l i ch u n g d e s gesam -
te n> Schulwesens. Die ChrWchsozialen wollen der Bun-
desges-ctzgebung nur die Festsetzung der Rahmengrundsätze belassen
und es im übrigen den Ländern ausliefern, wovon eine Bedrohung
der Einheitlichkeit und der Freiheit der Schule zu befürchten ist. Die
Sozialisten vertreten auch in allen übrigen Punkten das Festhalten
am Zentralismus und den siebergang zu einem Föderalismus bis in
die letzten Konsequenzen. So sollen nach ihnen auch die einzelnen
Gebiete innerhalb der Länder die Freiheit erhalten, über ihre Lan-
deszugchörigkeik zu entscheiden.
Der grohdeutsche Verfaflungsentwurjf, der neben dem Mani-
schen Entwurf die Linzer Konferenz beschäftigt, fordert als wesent-
liche Aendcrung die Einführung von Wirtschaftskammern
zur Erhaltung des Arbeitsfriedens und Milberatung aller wirt-
schaftlichen und sozialpolitischen Gesetze. .
des lieben Brotes willen, und da M bei grundehrlicher Absicht
auf die einmalige Anfrag die einmalige Antwort, und ich fürchte
mich gar nicht darauf, hast du sagen könntest, ich möchte da nicht
zugreifen, mit beiden Händen."
„Behüt, daß ich dich von dem DirM abreden möcht! Ich
möcht ja so leine andere ins Haus, die hab ich immer im Aug ge-
habt, nur weil es einem selten nach Herzenswunsch ausgeht, so
hab ich nicht gedacht, es würd auch so kommen, und nun bin ich
recht froh. Ich will dir auch gleich nach dem Rcindorferhvf hin-
über, heut noch, voreh, versteht sich, rode ich mit deinem Vater.
Aber er wird so wenig etwas dagegen haben wie ich. Ich me ne
schon, wir stehen auch den Reindorferischen an, so meine ich schon,
freilich, wie es dann wirb und wann es sein kann, davon läßt sich
noch nichts reden." ,
„Vergelt dir Gott dein gutes Herz, Mutter; warten will ich
schon, solang echva fest» muß, dafür krieg ich, wofür sich! Wohl Warten
au-zahlt."
„Gelt! ja? Aber nun erzählt mir nur auch, wie ihr, euch, denn zu-
sam-mengfur.-den -habt und ob sie dich auch recht Leid en kann! Meiner
Treu, bas nracht mir eins rechte Freude! Nun, fang an, aber ehr-
lich, sonst mach ich dir kern-ow Schritt."
And er fing an. Er wurde nicht müde zu erzählen und -die
Mutter nicht, zuzuhören.
Er hatte sich auf eine Ecke- des Herdes gesetzt und -die Müllerin
stand mitten vor demselben, stützte sich auf den Stiel eines großen
Wfchöpflöffcls und blickte mit ieuchwndon Augen auf ihren Jungen.
Du magst schon einem Mädchen, gefallen 'können — dachte sie dabei
und es fchKkL sich,recht- Mtz daß die es ist, das gibt em paar schöne
Leute, welche auch zusammen taugen- .....
Die gänzliche Außer« chÄäss-ung und Vernachlässigung war aber
sinem der^TLpfe unerträtzlich geworden, «schon lange hatte er vor sich
bingesümmt, dann sogar ein paarmal mit der Stürze geklappert, da
aber alles nichts Haff, so wiltte er- jetzt über, — und im Gezische des
ausgelaufenen Inhaltes, dem- Aufschrei der bestürzten Hauswirtin
und dein Auflachen des Burschen zerriß unanknüpssar der Faden
des Gespräches.
Sie waren mit der Mahlzeit zu Ende. Das Gesinde war vom
Badische Politik.
Die Feier des 1. Mai.
Durch die Verordnung des Staatsministeriums vom 28. April
1919 (Gesetzes- und Verordnungsblatt Seite 301) ist der 1. Mai in
Baden dauernd in die Reihe der allgemeinen Feiertage gemäß 8 2
der landesherrlichen Vcrordnug vom 11. November 1899 (Gesetzes-
und Verordnungsblatt Seite 251) ausgenommen worden. Es bleiben
deshalb auch in diesem Jahr die Diensträume sämtlicher Behörden
und die Schulen an diesem Tage geschlossen.
Staatsvoranschlag und Kommunismus.
er. Wer hon badischen Staatsvoranischlag hinsichtlich, der
lohnvng der Staatsbeamten und Staatsangestellten vrüft, wird fin-
den, daß wir bereits in. großen Umrissen inmitten- der kommunisti-
schen Ausgleichung der Lebensverhältnisse sind. Allerdings nicht
einer Ausgleichung thinfichLich der größten Mitteilhaftigkeit an der.
ScMMgen der mordcrnen Kultur und ihren beglückenden matenel-
. len Ausstrahlungen, fvntdern hinsichtlich der zunehmenden Ausglei-
chung an- das Exist e ngm in i muin. Wenn auch die Gehälter
differenziert, sinh-, so ist angesichts der Geldentwertung dieser Dif-
ferrngterung nur eine Nuance geworden. Für den größten Teil der
siaaKcheni und auch privaten Lohn- und Gchattscmpfänger ist der
ausgleichende Kommunismus in der Verteilungs-
wirts ch a f t Tatsache geworden, aus der sich -die Kapitalisten und
FeudaHerrcia, KowKssswinÄrr u-ub Gr-oßiniNuftrielle-n, Schieber
und GröNMndkesitzrr wie -goldprotzerrde Herrenmenschen erhoben
— em Zustand, dem die Masse des arhMnden Volkes durch ent-
schiedeMe SozialisierunHS-, Enl-chZnim-gs- und Steuernraßnahmen
(auch hinsichtlich der Veranlagung) ein- Ende machen muß. Daneben
aber ist Bedacht darauf zu nehmen, diesem Kommunismus der Ver-
teilung eine sozialistische Produktionrwirtfchaft cntgcgenzusetzen, um
aus der Produktion, so viel stüber-schuß herauszuarbcsten, baß die
Verteilungsrate sich zrffehe-nds über das Existenzminimum erhebt
u. außerdem der Staat in- den, Stand kommt, seinen obersten Leitern
(wie dies das Leninsche Rußland tut, ein Einkommen zu sichern, das
einigermaßen, im Einklang der zu fordernden Arbeitsleistung u-nb
Verantwortung steht. Eine weitere Forderung erhebt sich jedoch
angesichts dieses novellierenden Kommunismus: nämlich die Auf-
gabe des Staates sich in viel höherem Maße als früher der
Kulturfragen, der Künste und Wissenschaften anzu-
nehmen. Früher bei größerem EinkommcnsüberschuH konnte der
Einzelne eher ein Scherflein für die Kunst u. bergt, ausgebeni, konnte
er irgend einen begabten jungen Menschctt zum Studium unter-
stützen, konnte ein reicher Fürst, her Kunst kräftigen Beistand leisten,
einem Theater die Mittel zur Blüte gewähren uff. Dies hat heute
aufgehört, simso -mehr wird es jedoch — bei aller Verarmung —
Aufgabe des Staates, für Kunst und Wissenschaft, Kultur
und Schule alles zu tun, was in seinen Kräften steht. Der Staat
muß ersehen, was früher der einzelne Mätzen tat und tun konnte.
Die Kunst und Wiffe-iffchplft Ml nicht fürs den- Einzelnen da sein, son-
dern für A ll e. Daß dies jedoch geschieht, daß gerade im Zeitalter
Tische aufgestanden- und verließ die Stube. Da schob auch Florian
den Teller von sich« und- rückte den Stuhl.
„Leidet es dich nimmer?" fragte der Müller. „Hast du es
heute so eilig?"
„Ich will nur meine Pfeife draußen am Zaun rauchen, näm-
lich, weil ein Schulkamerad vorüberkommen soll, den sie vorig Jahr
zu den Soldaten genommen haben -und der jetzt ein paar Tage auf
Urlaub ist."
Die Müllerin schüttelte den Kopf und dachte: Nun Gott ver-
zeih ihm! Der Bub kann ja so keck in einem Atem lügen, wie ich
ihm gar nicht zugstraut hätte. Woher er nur das -hat?
Er aber -zog sachte die Tür hinter sich« ins Schloß, Müller und
Müllerin waren allein.
Sie legte ihre Hand mit einem keifen Druck auf die Linke ihres
Mannes. „Du, Alter," sagte sie, „nimm es ihm nicht übel, aber
das vom Schulkameraden war doch nur geflunkert. Und er hat sich
Mvongemacht, weil er gemerkt hat, ich will es zur Rede bringen,
daß ihm auch, weniger um einen Kameraden, als um eine Kamera-
din zu tun ist." , , , , .
Der Müller, der immer, während man nut ihm sprach, den
Kopf gesenkt hielt, blickte leicht schmunzelnd auf.
„Im Ernst, Batey, unser Bub ist verliebt." .
„Nun, so drück halt ein Auge zu oder alle zwei. Soll er es
initmachm, solang es ihn- freut. , ... , „ ,
Die Müllerin hatte das Erröten nocy nicht verlernt, sie strich
mit der flachen Hand die Brosamen von dem Lischtuche und- sagte
leise: „Ick werbe zu dir doch nicht von-Sachen reden, an die kein
ehrsames Weib rührt?! Er hat em rechtschaffen Absehen."
„Iaiso." E drückte ihr begütigend dte Hand-. „Dann mußt du
mir freilich ldavon sagen. Nm möcht ich meinen, das kam doch etwas
zu früh für den« Jungen/' ,
„Davon ist keine Rebe, daß! sie gleich zusammengeg-eben wer-
den sollen, und auf das Zuwarten versteht er sich recht gerne, nur
das soll in aller GchörWeit ausgemacht werden, daß sie einander
zugchöre'n sollen und vor der Wett als Versprochene dastehen-."
Der Schandfleck.
Eine Dorfgeschichte von Ludwig Anzengruber.
(27. Fortsetzung.)
Die Müllerin- trat an ihren Sohn heran und sah ihm in die
Augen. „Geh, mein dummes Büberl, jetzt sperr dich nicht lang
und beichte weiter. Hast ja doch schon so viel geredet, daß dir selber
leid wär, wenn ich nicht danach fragen möcht! Nach all deinen
Reden gefällt dir ein DirM, so sag lieber gleich heraus, wer
es ist."
„Rat einmal."
„Dazu hab ich keine Zeit, da könnt eines lange Herumraten,
dann für ein Frauenzimmer ist es immer schwer, man weiß selten,
was die Mannsl-eur an einer finden."
','Wenn sie aus dem Ort ist, werd ich sie wohl kennen, denn
-da keim ich alle!"
„Sie war sogar schon auf Besuch bei uns."
„Bei uns, auf Besuch? Run, da wüßte ich doch keine."
„Aber da war sie nicht größer als so!" Er bückte sich dabei
und hielt die Hand nicht viel höher, als seine Knie vom Erdboden
- waren.
„Doch nicht gar die Lenerl vom Reinboüfer?"
„sind- gerad die!"
„Nun ja, die kann einem freilich lieb sein! Aber sag, hast du
schon mit ihr geredet?"
„O wohl."
„Mag sie dich leiden?
„Ich meine schon."
„Bist aber ein heimlicher Ding, man hat dir doch gar nichts
angemerkt."
„Es ist auch erst seit drei Tagen.
„Das ist ein wenig schnell hergegangen."
„Es kann ja, Vorkommen. Zwei meinen es ehrlich und besinnen
sich lang, sv hast du mir selber gesagt, daß es zwischen dir und dem
Baler gewesen wär, er war Soldat und du im Dienst, und ob
ihm der Großvater die Mühl auch geben wird, hat keines gewußt,
aber ich denk, zwischen, mir und der Leni braucht es kein Zuwarten
Men nur provisorisch sein. Die Poswenvakkung muh zusehen, daß neue
Ersparnisse gemacht werden. Die T et e pH o n a nle ih e lehnen wir
av.
Abg. Bruhn (D.N.): Das Zeikmgsgewerbe, besonders die klei-
neren Verlage, werden vom Ruin bedroht. Aufschub bis zum 1 Okt
ist bringend nötig.
Abg. Most (D. Vpt.): Wir können uns nur schwer entschließen, den
erhöhten Gebühren zuznMnmen.
Ein Regierungsvertteler bittet um Ablehnung der vorliegenden An-'
trage.
Ein Vertreter des ReichsfinanMinistcriums verteidigt -die in Aus-
sicht genommene Awangsa-nLeihe. Bei dem schlechten Stand des Poftetals
sei eine frei' Anleihe unmöglich.
Abg. Zubei-l (K.S.): Die Vorlage ist unannehmbar.
Abg. Irl (Bayr. Vpt.) wendet sich gegen die Telephongeb-ührcn-
erhvhrmg im Interesse der kleinen Gewerbetreibenden.
Der Antrag auf Streichung der sogen. Zwangsan-leihe wird abg-e-
lehnt mit einer geringen Majorität bei schwach besetztem Hause, eben-
so in -der srgseich vorgenomMenen- dritten Lesung.
Angenommen wird ein Antrag Ar n st ädt (D.N.), der den perio-
disch erschcinenben Zeitungen, -eine Vergün st i,g u n g bringt, ebenso der
Antrag T;rmborn (Ztr.), her -die Zeitu-ngsgMihrenerhöhMN-q bis
z u m 1. Oktobe r hinauchchiebt. " !
Die Postgösehe werden in zweiter und dritter Lesung angenom¬
men.
Au einem Gesetzentwurf über -die Abgaben zum Baukostenausgleich
bittet Reichsaöbeitsminffter -Schlick-e um Ueberweisung an einen Aus-
schuß.
Abg. Payer (Dem.) bittet im Einverständnis mit dem Seniorcn-
kovent wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes, das -Gesetz nicht mehr in
der Natio-nalversaMmsim-g gu beraten.
Das Gesetz geht an den 24er Ausschuß.
Ein Bericht des Ausschusses für Volkswirtschaft betr. Annahme von
Kriegsanleihe an ZahL-u-nMtatt wird erledigt.
ReichsfinanjMinister Wirth erklärt, im Laufe der entstandenen
Debatte über diese Frage, im Ministerium in den nächsten Tagen in Be-
sprechungen mit Abgeordneten und Interessentenkreisen eintreten zu
wollen.
Nächste Sitzung Montag l sihr. Notetat in Verbindung mit
Anträgen.
Schluß 8 tthr. '
Deutsche NatioualVersaMMlung.
Persönliche Bemerkungen. Kleine Anträge. Annahme des Eisen-
bahn-Vexrsichlichnngs-Gefetzes. Annahme des Gesetzes über
Postgeblihrenechöhung.
Berlin, 24. April.
Präsident Fehrenbach eröffnet dSe Sitzung um 1.20 Uhr.
Vor-Eintritt in die Tagesordnung erklärt der Abtz. Dr. Kahl (D.
Vpt.): Der ReichsjustiAninister hat inbczug arif mich neulich das Wort
des hannoverschen. Königs Emst August auf die Professoren an-gezogen.
Dieser Ausspruch lautet: Professoren, Huren und Tänzerinnen kann nw-n
überall für Geld haben. (Pfui.) Diese frivople, schwere Beleidigung
laste ich mir nicht gefallen, auch w'-cht für meine Fraktion und für den
Stand der 'deutschen Professoren. Ich fordere Zurücknahme und den
Ausdruck des Bedauerns. D urch Vermittlung des Herrn Präsidenten ist
mir der Entwurf einer Erklärung des Ministers zugegangen, die aber
unzureichend war. -Trfdlgt keine genügende Aufklärung, .so muß ich mir
weitere Schritte vorbehaiten.
Reichsjustizminister Blun ck legt dagegen nachdrcklich Verwahrung
ein. Der Abg. Kahl -habe seinerseits von Winkeladvokaten in herabwür
-diMnbcr Weise gesprochen. Um ihm vor Altgen zuführen, wie verwerf-
lich es sei, allgemeine Werturteile Wer einen Stand zu fällen, habe der
Minister den Ausspruch des hannoverschen Königs angezogen, ohne sich
diesen Ausspruch eines verrotteten unö moralisch verkommenen Monar-
chen zu eigen zu machen. Ihm das zu unterstellen, fei eine niedrige Ver-
dächtigung. (Lärm rechts.)
Präsident Fehrenbach weist diesen Ausdruck zurück.
Abg. Dr. Kahl (D. Vpt.): -Im Äuslegen seid nur recht munter:
legt ihr nicht aus, so legt ihr was -unter! (Beifall rechts, Lärm links.)
Ich rufe Deutschland zum Urteil darüber auf, ob ein Mann, der so -lei-cht-
sin-nig mit der Ehre anderer umgeht, an der Spitze des N-eichsf-u-slizMiüi
steriums-stchen kaim. "
Präsident F eh r enlba ch weist diesen Ausdruck zurück. Wenn ihm
der Wortlaut des Au-sfpruchs des hannoverschen Königs gegenwärtig ge-
wesen wäre, hätte er. ihn.zurü-ckgewiefen. Der Ausschuß für die Geschäfts
ordnumg beantragt, die Genehmigung zur Strafverfolgung des Abg.
Becker- Oppeln (Sog.) in einem P r iv atk l ag cv c r f ah r e n nicht
zu erteilen. Der -Antrag wird angenommen.
Der gleiche Ausschuß stellt demselben Antrag betreffs der Wga.
Geyer- Leipzig (si .S.) und Dr. Geyer- Sachsen. (tl.S.) aus Grund
einer Strafanzeige des Rates der Stadt Leipzig, weil politische Motive
Vorgelegen hätten, nicht aber eine ehrlose Handlungsweise. Der Antrag
wird angenommen.
Der gleiche Ausschuß stellt denselben Antrag betr. des Abg. Braß
(si. S.) in der LandeSv-errat-sangelegercheit. Dagegen liegt ein Antrag
vor, die Genehmigung zur -Sträßoenfstgung zu erteilen -und ein weiterer,
die Sache an den Ausschuß gukückzuvenveifen, da die -Sache nicht genü-
gend geklärt sei. Nach längerer GrschSftssrdnungsdehatt« wird der A n
trag auf Zückverw-ei'fung angenommen.
Der Gesetzentwurf betr. das deutsch-französische Abkommen über die
Zahlung -der esiaß-lochhringHchen Pensionen wird in allen drei Lesungen
angenommen.
Es folgt die zweite Beratung des -Gesetzentwurfes betr. den Staats-
siMg Lbär dän UÄe-Mnr, tAr Stalt-LsoHeiMhnen aus das Reich.
Abla. Dr, Becker- Hessen (D. Vpt.) berichtet über die Au-Sschuß-
verhanÄi'ittnrn. HMentst'ch nutzen die Länder die gewonnenen Vorteile
nicht allzu rti ckf i ch t sko s aus. Nur ki dieser Hoffnung könne der
Ausschuß -die Annahme des Gesetzes empföhlen.
Neichsverkehrsmini'ster Dr. Bett: D,ie DeraMworkmg für di« Vor-
lage mit'LkrMch' ihrer aesamten finanziellm Mtkmgen übernimmt die
Regierung volkkommen. Der siebenlahMeprei's war durchaus angemessen.
Aus Finanzrücksichten konnten wir den Vertrag nicht scheitern lassen. Das
Personal verlangte die siebernahme auf das Reich wegen der Besol-
b u n gs.r cfsr-m. Gne einheitliche Leitrmg ist auch erforderlich im
Hinblick auf die örtlichen- Streiks und- Mruh en.
Abg. Gandorfer (Bayr. Vpt.) erklärt, haß seine Partei gegen
bas Gesetz stimmen werde.
Das Gesetz wird angenommen.
Der Gesetzentwurf über die Aufhebung der Gebührcnfreiheit im
Post- und Telegraphen verkehr wird in zweiter und dritter
Lösung angenommen.
Der Gesetzentwurf über die Aufhebung des bayrischen und württem--
bergische-n Postregals wirb in zweiter urtd dritter Lesung ange-
n o in m e n.
Zweite Beratung der Gesetzentwürfe betr. die Telegraphen- und
Fernsprechgebühren und betr. die Postgebühren.
Abg. Fischbeck-Berlin (Soz.) bomängölt eine Röche von Tarif-
sätzen, durch die besonders das Zeitungsgewerbe aufs Schwerste belastet
würde.
Abig. Trimdor-n (Ztr.) beantragt, die Zeitungsgebühren erst vom
1. O k t'v L -e r ab in -Krift treten zu lasten.
ReichÄnlnister -Gkesderts: Diöse Vorlagen sind eine Warnungs-
tafel. Wir haben volles Verständnis für die schwierige Lage der Pr-este.
Wer ich versuche jetzt nur, das Defizit herauszuhölen. Mit dem Antrag
Trimbvrn bin ich einverstanden. -Eine Reform des Scheck-wesens
erstrebe ich schon lange.
Abig. N uf-chke (Dem.): Wir sehen in den neuen Gebühren eine
katastrophale Belastung des Verkehrs. Die -GöWhren
M machen. Hierfür nur wenige Beispiele. Der Ha-upkbedarf von
Eisenerz in Deutschlcknh -wird zurzeit -von der Ilseder Hütte
gedeckt. Dich: hat vor einige« Wochen eine Dividende von 40 Proz.
> verteilt!, außerdem 10 Proz. aus den Rsicklagen, die der Sicherung
dts siitterneihtnens -dienen sollen. Der Aktionär bekommt also in
«wem Jahr die Hälfte des von ihm angelegten Kapitals, ohne die
Kindeste Arbeit, zu tun. Deo Aufsichtsrat hat noch beschlossen, das
Aktienkapital von 20 auf 40 Millionen Mark zu erhöhen; letz-
teres offenbar, damit bei etwaiger SoziaWerung der Staat auch
tüchtig bluten muß.
Die MttenlgöfelLschaft Aachener Lederfabrik schüttete
für das abgeschlossene Geschäftsjahr 1919 eine Dividende
von 40 Prozent aus u-nb erhöht gleichzeitig ihr Aktienkapital von 2
auf 4 Millionen. Nach verschiedenen Abschreibungen usrv. bleibt
ihr für dies Jahr ein Reingewinn im Betrag von 214 Mill. Mk.,
also mehr als das ganze ursprüngliche Aktienkapital. Da mag wohl
der Aktionär Begeisterung schöpfen für dis Privatwirtschaft, die
Tüchtigkeit und Geschäftssinn heranzieht. Doch Arbeiter und Be-
amte 'werden, nur e-in solches- siniernchmen für wirHchaMch richttg
geleii-et erachten, dös bei' -mögkchsi -guter Bezahlung -der -Arbeiter
und ÄnMstellte-n seine Erzeugnisse der Allgemeinheit so billig wie
möglich, zur Verfügung stellt.
Aehnlich 'verfahren die andern sinLernchmun-gen; isian braucht
nur den HandelstM der größeren büpgerlrchen Zelbungen zu ver-
folgen. Ehristliche und jüdische Kapitalisten arbeiten in bester Ein-
tracht miteiriander, uw dem Volk das Fell Wer die Ohren zu ziehen.
Dividenden vo-n 12—30 Pro-z. sind heute die Rege!. Da die Kon-
kurrenz durch die Trusts, Syndikate, Pr-eiskonventionen und sin-Ser-
nchmeiorganffativnen praktisch awsgHOvffen ist, -wird sich daran
nichts ändern. Es gibt in Deutschland längst die freie Wirtschaft
nicht mehr, von der in den Programmen der bürgerlichen Parteien
noch so viel geredet wird. Die Zertrümmerung der sogen, selbständi-
gen kleinen Leute des Mittelstandes in Gewerbe und Handel ist nicht
die Schuld der „begehrlichen" Arbeiter, sondern die notwendige
Folge des Zusammenschlusses der Grvßkapitalisten, -en das kapitali-
stische System mit sich bringen muß. Das werben wir bei den Wah-
len immer wieder betonen müssen.
Die ständigen PreiserhösiuiMn sind hevoorgerufen! durch die
Riöfenprofike der Großunternehmer. Hiergegen gibt es nur ein
Mittel: Zunächst sofort alle diese Unternehmungen unter die strenge
Kontrolle der Gesamtheit stellen, oder was auf dasselbe heraus-
kommt, sie unter der bisherigen Leitung in Aktienbesitz des Staates
überführen. Wenn der - von der deutschnationalen Breis'gauer
Zeitung gepriesene „Nationale EdweökschafLSbund" behauptet, die
Idee -der -SoziaWcrung hätte völlig Schiffbruch gelitten, sv werden
wir umgekehrt fokgem: es ist höchste Zeit, die Idee der Sozialisierung
endlich in die Wirklichkeit umzirfetzen.
k
Helfferichs Kandidatenrrde.
Der frühere Vizekanzler Dr. Helfferich, der in Hannover
als Kandidat der Deulfchnationalen Vvikspartei für den Reichstag
ausgestellt werden wird, hielt dort am Mittwoch feine Kandidaten-
rede. In seinen einleitenden Ausführungen- suchte er den Nachweis
zu enbrinjgen, daß der Kapp-Putsch nicht e!wa nrtterinommerr
fest um einen Umsturz herbeizuführen, sondern um die Verfassung
gegen die Regierung, die sie durch ihr Verhalten andauernd verletze,
zu schützen. Nicht an dem „gottlos proklamierten Generalstreik",
sondern an der MchnMden Haltung weiter Kreise der Rechtspar-
teien, die sich geweigert hätten, sich hinter Kapp und Lüttwitz zu
stellen, fei, deren Unternehmen- sqcheiiert. Der 'Generalstreik habe
nun aber, wie es die Vorgänge dm Ruhrrevier bewiesen, die bol-
schewistischeGefahr für Deutschland in größte Nahe gerückt.
Jetzt muffe dis Kroße Entscheidung zwischen ruffffch-asiakffchenr Bol-
schewismus und allen, abendlichen Kulturen durchgekämpft werden.
Bei der Besprechung der -äußeren Politik der Regierung
kam Helfferich auch auf den Einmarsch der Franzosen in- Frankfurt
zu sprechen und Märte, daß, die Regierung sofort durch den Ab -
' b r u chj b e r d i plvma tis ch en B ez ieh u n ge n und die Ein-
stellung unserer Lieferungen an Frankreich aus dem Friedenevertrag
hätte antworten sollen. Die gantze Rede war nichts als eine Zu-
sammenstellung von Leitartikeln der deutschnationalen Presse.
*
Hr
Für etwas fähiger haben wir Helfferich denn 'doch gehalten, als
i daß er sich mit einem derart dummen Gewäsch feinen Wählern vor-
. stellen würde. Also nur nm die Verfassung zu schützen, hat Herr
Kapp die Verfassung für aufgehoben und die Nationalversammlung
für aufgelöst eMärt! Das reime sich wer kann, sind- dann die
Außenpolitik des Herrn Helfferich! Wer noch auf solche Mätzchen
: hineittfällt, und glaubt wir könnten der Entente mst den: Abbruch
diplomatischer Beziehungen imponieren!