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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Heilbut, Emil: Die Londoner Sommer-Ausstellung, [2]
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Schumann, Paul: Die akademische Kunstausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0455

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von kerman Helserich. — Die akademische Kunstausstellung in Dresden, von Paul Schumann. 259

zogen werden kann. W. Dendy Sadler erfreute wie
immer auch dies Jahr die Freunde seiner Werke mit
gutgelaunten Bildern. Auf dem einen zeigte er alte
Herren, die ein Lied singen, dessen erste Zeilen lauten:
laßt andere das Lob des Weines singen, wir sind für
Grog; und die dementsprechend handeln; sein zweites Bild
zeigte einen galanten alten Ehemann, der trotz der Jahre,
die er trägt, seiner ebenso alten und weißhaarigen Frau
liebevoll wie im Anfang der Ehe den Arm bietet, um sie
ins Eßzimmer zu führen, dessen Thür geöffnet ist und in
das man hineinsieht. Die alte Dame erhebt sich aus
dem hohen Lehnstuhl, in dem sie gesessen hat, und sieht
ihren Mann mit einem reizenden Blick an; und das
Zimmer ist so spiegelblank; alte Sheraton-Möbel füllen
es, an der Wand hängen Kupferstiche aus dem acht-
zehnten Jahrhundert, man lächelt, indem man das Bild
sieht, wohlwollend dem alten Ehepaare zu.

Kinderbilder sind wie alljährlich in großer Anzahl
in der Academy gewesen. Manche von ihnen hatten
Verdienst, manche von ihnen hatten nur den schönen
Gegenstand. Ich wollte diese Bilder zählen, aber als
ich über zwanzig gekommen war, habe ich aufgehört.

Die New Gallery wies ein schönes Gemälde von
Burne Jones auf, das Vsspertina (Juies heißt. Wirklich
lag Ruhe auf dem Gesicht dieses Mädchens und in der
Stimmung der Landschaft. Auch ein Porträt steuerte
Burne Jones bei, das, im Profil gesehen, auf einem
dunklen Hintergründe leuchtete, sodaß man an Paul
Dubois erinnert ward. Außerdem zeigte Burne Jones
eine Wiederholung in Öl seines Bildes, „Liebe in
Ruinen", dessen Original, wie man sich erinnern wird,
vor einiger Zeit beim Photographieren zu Grunde ge-
gangen war.

Aber das alles sind nur Fragmente aus dem Lon-
doner Kunstleben. Denn die ganze Old Bond Street war
voll von Kunst-Ausstellungen; und New Bond Street
zeigte, daß sie dieselbe Richtung fortsetzt, die Old Bond
Street hat. Und außerdem gingen auf den Fahrwegen

Sandwichmänner, die zum Besuche noch anderer Straßen
aufforderten, in denen ebenfalls Kunstausstellungen waren,
unter andern eine Troyon-Ausstellung mit seinem berühm-
testen, doch nicht schönsten Bild ,,Oa Vallee cle In
lloucques". — Aber auch das war noch nicht alles, es gab
auch Auktionen. Ein Reynolds wurde für 11 000 Guineen
versteigert, und was ebenso merkwürdig war wie dieses,
war die Ruhe auf dem Gesichte des Herrn Woods, der
die Versteigerung vornahm. Jeden Sonnabend fanden
diese Auktionen statt, und es kam immer Neues und Neues
für den Kunstfreund. Die Kette riß nicht ab, der Reich-
tum Englands an Kunstwerken ist unerschöpflich. Und
welche Quellen des Genusses hatte man, wie bewunderte
man diese alten englischen Meister, die zu einer Zeit
lebten, als es uns Deutschen schien, daß Angelika Kauff-
mann eine wirklich große Künstlerin wäre. Aber die
Engländer hatten es ja auch geglaubt, selbst Reynolds,
der ihr Gemahl zu werden wünschte, und als er refüsiert
wurde, unverheiratet blieb. Welch eine liebenswürdige
Natur muß Angelika Kauffmann gewesen sein, um einem
Künstler wie Reynolds auch als Künstlerin bedeutend zu
scheinen. In der Grafton Gallery war von ihr ein Bild
der Elisabeth Fosters, Herzogin von Devonshire, die
während ihrer ersten Witwenschaft in Rom lebte und un-
widerstehlich gefunden wurde; bei Angelika Kauffmann
sieht sie aus, wie eine der schlechten Statuen aus der
römischen Zeit, bei der die Frage: sollen wir unsere
Statuen bemalen? von einem Dekorationsmaler dritter
Klasse mit Dilettantenfarben beantwortet worden wäre.
Und das ist Angelika Kauffmann, die von Goethe Ge-
feierte, die Meisterin der Vestalin mit der geraden Nase
in Dresden. O, wie berühmt sie ist und wie unberühmt,
wenigstens im Verhältnis, die englischen Porträtisten der
Epoche bei uns. Unter diesen zeichnen selbst die geringeren
sich durch eine merkwürdige, nebenher zu beachtende Fähig-
keit aus, die Fähigkeit für die Landschaft, die sie im
Hintergründe entwickeln. Und damit bringen sie sich in
Verbindung mit der gegenwärtigen Kunst. Mso;

Me akademische Aunstaupftetlung in Dresden

von Paul Schumann.

i^achdem aus Mangel an geeigneten Räumlichkeiten
die akademischen Ausstellungen in Dresden fünf
Jahre geruht haben, sind sie mit diesem Jahre wieder
ausgenommen worden, da nunmehr die neue Ausstellungs-
halle auf der Brühlschen Terrasse fertig dasteht. Der
Umfang der Dresdener Kunstausstellung hat sich
durch das neue Gebäude nicht geändert, da die neuen
Räume für Gemälde nicht mehr Platz bieten, als das
alte Gebäude und nur für Plastik mehr Gelegenheit für
die Aufstellung dargeboten ist. Die Dresdener Ausstellungen
werden demgemäß auch in Zukunft in keiner Weise mit
den großen Ausstellungen in München, Berlin und Wien
in die Schranken treten können, falls man sich nicht ent-
schließt, sie durch besondere Einladungen zu Elite-Aus-
stellungen zu erheben. Aus Mangel an Raum mußten
übrigens, wie der Ausstellungsausschuß mitteilte, von
den 2150 eingesandten Werken noch viele zurückgewiesen
werden, die man sonst ausgenommen hätte. Von den
807 Kunstwerken, die der Katalog aufzählt, stammen

185 aus Dresden (darunter 45 Bildwerke und 9 archi-
tektonische Entwürfe), 157 aus München (7 Bildwerke
und 4 architektonische Entwürfe), 154 aus Berlin (28 Bild-
werke), 79 aus Düsseldorf, 22 aus Karlsruhe, 12 aus
Weimar, 11 aus Wien u. s. w. Das Ausland ist spär-
lich vertreten: von Italienern und in Italien wohnenden
Spaniern sind 20 Kunstwerke eingesendet worden, 16 aus
Holland, ganz vereinzelte aus Belgien, Schweden, Däne-
mark und Norwegen. Die Ausstellungsräume umfassen
im wesentlichen einen großen Saal, zwei achteckige, zwei
fünfeckige Säle, drei Kabinette und zwei Vestibüle. Das
ergiebt im ganzen etwa 250 in laufende Wandstäche.
Die Ausstellungskommission hat keinen besonderen Wert
darauf gelegt, wie dies in München geschieht, die Aus-
stellungsräume durch Einbauten wirkungsvoll anzuordnen.
Doch besitzen die Haupträume — mit Ausnahme des
zu dunklen Kuppelsaales — vorzügliche Beleuchtung.

Neue bedeutende Kunstwerke oder neue Offenbarungen
der Kunstentwicklung treten aus der Ausstellung nicht zu
 
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