Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

DOI issue:
Heft 3
DOI article:
Baldass, Ludwig: Die Wiener Tafelmalerei von 1410-1460, 1: (Neuerwerbungen des Wiener kunsthistorischen Museums)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0101

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
des Erzengels, zeigt sich noch deutlicher Zusammenhang mit dem Londoner Gnaden-
stuhl. Andererseits findet die Maria in Haltung und Bewegung, ja sogar in der Lage
des Kopftuches ihre absolute Parallele in den hl. Lrauen der St. Lambrechter Kreuz-
tragung, die hier nach Abdeckung des falschen Goldgrundes und verschiedener kleiner
Übermalungen reproduziert werden kann (Abb. 2). Die nahe Beziehung der beiden
Meister wird durch diese neuaufgedeckte Verkündigung besonders klar, die von Suida
vollzogene Zuteilung des Meisters der Votivtafel an die steirische Schule mehr als zweifel-


haft. Offenbar das späteste Werk des Darbringungsmeisters ist die Nürnberger Beschnei-
dung mit ihren ganz ruhigen statuarischen Liguren und dem stärkeren Realismus der
Köpfe. Der Werkstatt im weiteren Sinn gehören einige kleine Tafeln im erzbischöf-
lichen Palais zu Ober St. Veit an, von denen eines die Komposition des Londoner
Gnadenstuhles, der auch auf einer Glasscheibe in Neukloster wiederkehrt, weiterbildet.
Sie leiten wieder zu den auch von dem Meister der V otivtafel beeinflußten Plügeln
des Andreas-Altars in St. Stefan zu Wien über. Die stehenden Heiligen dieser beiden
letztgenannten Werke zeigen die gleiche Stilstufe wie die Liguren eines Werkes der
Salzburger Kunst, des nach einer alten, dem Stil nach glaubwürdigen
Tradition 1440 entstandenen Halleiner Altars1.
Der Meister der Votivtafel und der Meister der Darbringung ge-
hören beide jener Generation deutscher Künstler an, die im wesent-
lichen dem weichen Stil zu seinem letzten Aus-
klang verhilft und dem neuen Realismus nur in
Einzelheiten Rechnung trägt. Im übrigenDeutsch-
land ist Meister Lranke der wichtigste Repräsen-
tant dieses Stiles.
Die ganz Deutschland erfassende, aus dem Westen
abzuleitende Evolution der dreißiger Jahre dringt
in Österreich verhältnismäßig langsam ein. Offen-
bar vom Meister der Darbringung nimmt der
Meister des Albrechtsaltars seinen Ausvanv. Für
o o
ein Lrühwerk seiner Hand halte ich die kleine,

1 Aus der glei-
chen Werkstatt
wie dieser stam-
men zwei dop-
pelseitig be-
malte Altarflü-
gel des Linzer
Museums mit
dem hl. Hiero-
nymus und ei-
nem jungen hl.
KönigundMär-
tyrer auf der
Vorder-, der
Verkündigung
auf der Rück-
seite. Abb. des
Halleiner ARa-
res bei Fischer,
Salzburger Ma-
lerei , Leipzig
1907.

Abb. 9. Österreichisch um 1440

Taufe und Einzug Christi

Wien, Gemäldegalerie

71
 
Annotationen