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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 4
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Steinbart, Kurt: Zur Spätzeit des Jacob Cornelisz
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0129

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seiner Hand gut erkennbar, der in einem 1518 zu Brüssel erschienenen Buche figuriert
und alle Eigenschaften der Blätter des zweiten Jahrzehntes trägt1. Der geistige Ha-
bitus eines derbbäuerischen Christuskopfes hier und dort! Und dennoch nicht nur aus
anderer Technik erklärbar: Im Holzschnitt etwas Klotziges, Kantiges, Struppiges, dem-
gegenüber im Bilde beabsichtigte Schönlinigkeit und Glätte. Auch ist der gotische
Knick des Hauptes zugunsten einer starren Vertikale mit betonter Frontalität aufge-
geben. Das Material des Holzes liegt diesem Meister mehr als das Element der Farbe.
Ja, man darf füglich betonen, daß seine Schwarzweiß-Blätter eine stärkere farbige
Lebendigkeit atmen als die Tafelbilder.
Vielleicht spürte er diesen Mangel in der Handhabung des Pigments und fühlte sich um
so eher zur illusionistischen Technik Scorels hingezogen. Wohl kreiert Cornelisz noch
vor der Rückkunft des Schülers 1524, dem Datum der Salome im Haag, selbständig das
in derZeit liegende antik-moderne Konglomerat, Niederschlag dürftiger italienischer Ein-
fuhrprodukte, doch liegt in der Hintergrundslandschaft seine alte, trockene Sprödigkeit
beschlossen. Hier auf dem zur Diskussion stehenden Bilde greift auf einmal eine Hand
zum Pinsel, die Scorel zu führen scheint. Das Laub der Baumkronen mit getupften,
randartigen Lichtern, die zart hingewischten Berge mit weißlichen Tönen, die über-
glitzerten Medaillons der Hallenwände verraten derart überzeugend die Beeindruckung
durch Scorel, daß ein Zweifel ausgeschlossen ist, unter welchem Signum die Endspanne
des 1533 Verstorbenen steht.
Für Holland war Scorel der erste, der das damals alleinseligmachende Heil der Kunst an
der Quelle studiert hatte. Er galt der Heimat als Lichtbringer, ihm schlugen die Herzen
der alten und jungen Generation entgegen. Während die Jüngeren, die Heemskerck,
Buys, Aertgen, Swart, Vermeyen, Lombard unter seiner Ägide entscheidende Antriebe
erfuhren, indem sie jedenfalls zeitweise seine luminaristische Manier imitierten, um
später in offener Absage die plastische Weise auf ihre Fahne zu schreiben, fällt auf Jakob
Cornelisz nur ein matter Abglanz Scorelschen Wesens. Es konnte den innersten Kern
eines Kleinmeisters nicht berühren, der zu tief im 13. Säkulum wurzelte, als daß er
nachgiebiger der neuen Strömung hätte Rechnung tragen können.

Ximenes de Prexano, Pedro, Datlicht der kerstene. 20. nov. 1518. Brüssel, Thomas van der Noot.
Ohne A.ngabe des Urhebers bei Wouter Nijhoff, L’art typographique dans les Pays Bas, Tom. II, La
Haye 1926, reproduziert. Diese unglückliche Publikation enthält im übrigen viele Holzschnitte
des Amsterdamers, die mit den wenigen bisher beschriebenen und vielen anderen mir bekannten
Stücken ein recht stattliches oeuvre ergeben, dessen endgültige Zusammenstellung ich mir an-
gelegen sein lasse.

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