Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0440
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Heft 14
DOI Artikel:Wolfradt, Willi: Lautrec, der Mensch und das Werk
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A
H. de Toulouse-Lautrec Jeanne Granier. Lithographie. 1895
erfassung geben, so ist doch liier wenn irgendwo eine Betrachtungsweise nahegelegt
und gerechtfertigt, die vom Menschlichen ausgeht und das Werk immer als Frucht
eines tragisch getroffenen, schmerzhaft gebrochenen, doch desto eigenlauniger er-
regten und unerschöpflich inspirierten Lebens und Wesens begreift. Gotthard Jed-
licka, dessen außerordentliches Buch über Lautrec der Verlag Bruno Cassirer un-
längst vorgelegt hat, ist jedenfalls auf diesem Wege dazu gelangt, den Zauber der
seltsamen und genialen Persönlichkeit so zu veranschaulichen, daß man unter dem
bannenden Eindruck einer unmittelbaren Begegnung steht, und zugleich Tiefen und
Schönheiten der künstlerischen Mitteilung zu erschließen, die wohl auch dem längst
mit diesen Zeichnungen und Bildern bewundernd Vertrauten so noch nicht offenbar
waren. Der eingehende, durch tausend Anekdoten und spitze Nebenzüge aufgehellte
Lebensbericht — aus dem neben Lautrec auch alle die merkwürdigen Zeitgenossen
hervortreten, mit denen er in nähere Berührung kam, Ateliergestalten und Kabarett-
größen, Helden des Velodroms und Literaten, besonders farbig aber die ganz kuriose
Erscheinung seines Vaters — ist mit subtilen Ausführungen über die einzelnen Blätter
und die besonders berücksichtigten Gemälde mehr lose durchflochten, als daß der
innige Zusammenhang von Leben und Werk nun systematisch durch Formanalysen
belegt und herausgearbeitet wäre. Die Einheit leuchtet gleichwohl ein, sie ergibt sich
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