Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 14
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Antonio Canaletto
Alnwick Castle. Ca. 1754
Aus der Canaletto-Ausstellung der Magnascu Society bei Spink & Son, London / Bes.: Duke of Northumberland
und Blumenbeeten bildet einen vorzüglichen Hinter-
grund für das vollendet und sorgsam gemalte Ge-
sicht der Dame. Ein Pastell von Degas »Deux
Danseuses«, Seurats »La Parade« und Cezannes
»Les grosses pommes« — bemerkenswert durch
die Qualität der Malerei — sind über dem Durch-
schnitt stehende Werke, deren jedes allein zum
Besuch der Ausstellung auffordern müßte.
Eine Ausstellung Alter Meister bei Colnaghi & Co.
umfaßt 21 Bilder von Meistern des späten iS. bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts und bringt unter
anderem auch Werke von Gainsborough, Guardi
und Claude Lorrain. Besonders bemerkenswert
»Die mystische Heirat der Hl. Katharina« von Mo-
retto und des Joos van Cleve »Bacchus als Knabe«,
der als nacktes Kind auf rotem Kissen gegen dunklen
Hintergrund dargestellt ist.
Bei Thos. Agnew & Sons werden
i3 Bilder ge-
zeigt, unter andern auch Porträts von van Dyck,
Gainsborough und Perroneau. Der »Männerkopf«
und »Nicolas Rockox«, beide von van Dyck, wei-
sen einen starken italienischen tizianesken Einfluß
auf. Ein sehr charakteristischer Gainsborough ist
das Bild von James Christie, dem Begründer der
bekannten Auktionsfirma. Dies einfühlende Nach-
zeichnen von Gesichtszügen, wie es gerade auf
diesem Bild bemerkbar ist, verhilf t dem Porträtisten
Gainsborough zu einer Sonderstellung in der eng-
lischen Schule. IT Txn
II. YVhitman
BERLINER AUSSTELLUNGEN
Ferienstimmung in den Salons, der auch der Verein
Berliner Künstler mit einer Schau » Deutsche
Städtebilder und Landschaften« thematisch
wie dem Grade nach genügt. Nur Weniges hebt
sich über die Ebene beiläufiger Naturabmalerei hin-
aus: ein allerdings herrliches und kaum bekanntes
Walchenseestück Corinths, Hermann Hörners traum-
haft glimmende Aquarelle aus Ulm und Schwäbisch-
Gmünd, die Bilder von Max Kaus, Ernst Thoms,
Lathegan, Koch-Zeuthen. Georg Schrimpfs bay-
rische Landschaften in ihrer transparenten Säuber -
lichkeit recht bestechend, aber doch gar zu puppig
und blitzeblank. Zu den beigesellten Großphotos
der Reichsbahn, welche das »schöne Deutsch-
land« preisen sollen, muß gesagt werden, daß sie
hinter den heute maßgebenden Kameraleistungen
Zurückbleiben und durch einseitige Bevorzugung
der Baudenkmäler, zu denen die Beichshahn auch
den Berliner Dom rechnet, den Werbegedanken
verbiegen.
In der Kunstkammer M. Wasservogel eine viel
versprechende, weniger haltende Vorführung: »Er-
erbtes Talent«. Damit ist es nun so eine Sache.
Die Kunstgeschichte kennt ein paar malbegabte
Malersöhne, aber unendlich viel mehr malbegabte
Nachkommen von Kaufleuten, Bauern, Medizinern,
so daß man wenig Veranlassung hat, nun gerade das
Talent der Malersöhne auf das der Väter zurück-
zuführen. Wenn sich künstlerische Begabung ver-
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Alnwick Castle. Ca. 1754
Aus der Canaletto-Ausstellung der Magnascu Society bei Spink & Son, London / Bes.: Duke of Northumberland
und Blumenbeeten bildet einen vorzüglichen Hinter-
grund für das vollendet und sorgsam gemalte Ge-
sicht der Dame. Ein Pastell von Degas »Deux
Danseuses«, Seurats »La Parade« und Cezannes
»Les grosses pommes« — bemerkenswert durch
die Qualität der Malerei — sind über dem Durch-
schnitt stehende Werke, deren jedes allein zum
Besuch der Ausstellung auffordern müßte.
Eine Ausstellung Alter Meister bei Colnaghi & Co.
umfaßt 21 Bilder von Meistern des späten iS. bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts und bringt unter
anderem auch Werke von Gainsborough, Guardi
und Claude Lorrain. Besonders bemerkenswert
»Die mystische Heirat der Hl. Katharina« von Mo-
retto und des Joos van Cleve »Bacchus als Knabe«,
der als nacktes Kind auf rotem Kissen gegen dunklen
Hintergrund dargestellt ist.
Bei Thos. Agnew & Sons werden
i3 Bilder ge-
zeigt, unter andern auch Porträts von van Dyck,
Gainsborough und Perroneau. Der »Männerkopf«
und »Nicolas Rockox«, beide von van Dyck, wei-
sen einen starken italienischen tizianesken Einfluß
auf. Ein sehr charakteristischer Gainsborough ist
das Bild von James Christie, dem Begründer der
bekannten Auktionsfirma. Dies einfühlende Nach-
zeichnen von Gesichtszügen, wie es gerade auf
diesem Bild bemerkbar ist, verhilf t dem Porträtisten
Gainsborough zu einer Sonderstellung in der eng-
lischen Schule. IT Txn
II. YVhitman
BERLINER AUSSTELLUNGEN
Ferienstimmung in den Salons, der auch der Verein
Berliner Künstler mit einer Schau » Deutsche
Städtebilder und Landschaften« thematisch
wie dem Grade nach genügt. Nur Weniges hebt
sich über die Ebene beiläufiger Naturabmalerei hin-
aus: ein allerdings herrliches und kaum bekanntes
Walchenseestück Corinths, Hermann Hörners traum-
haft glimmende Aquarelle aus Ulm und Schwäbisch-
Gmünd, die Bilder von Max Kaus, Ernst Thoms,
Lathegan, Koch-Zeuthen. Georg Schrimpfs bay-
rische Landschaften in ihrer transparenten Säuber -
lichkeit recht bestechend, aber doch gar zu puppig
und blitzeblank. Zu den beigesellten Großphotos
der Reichsbahn, welche das »schöne Deutsch-
land« preisen sollen, muß gesagt werden, daß sie
hinter den heute maßgebenden Kameraleistungen
Zurückbleiben und durch einseitige Bevorzugung
der Baudenkmäler, zu denen die Beichshahn auch
den Berliner Dom rechnet, den Werbegedanken
verbiegen.
In der Kunstkammer M. Wasservogel eine viel
versprechende, weniger haltende Vorführung: »Er-
erbtes Talent«. Damit ist es nun so eine Sache.
Die Kunstgeschichte kennt ein paar malbegabte
Malersöhne, aber unendlich viel mehr malbegabte
Nachkommen von Kaufleuten, Bauern, Medizinern,
so daß man wenig Veranlassung hat, nun gerade das
Talent der Malersöhne auf das der Väter zurück-
zuführen. Wenn sich künstlerische Begabung ver-
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