Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929
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Heft 20
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Oswald Achenbaeh Konstantinsbogen
Aus der Versteigerung Meisterwerke der Malerei des 19. Jahrhunderts
bei A. Wertheim Antiquitäten, Berlin, am 12. November 1929
nicht nur der Privaten wurde in den letzten De-
zennien arg vernachlässigt. Eine gründliche Be-
standsaufnahme in Form solcher Ausstellungen,
die zugleich das Publikum zu interessieren ver-
suchen, ist außerordentlich begrüßenswert. Daß
die geplante Reihe mit dieser Porträtausstellung
eröffnet wurde, entspricht einerseits einigen Re-
präsentationsabsichten, kommt andererseits aber
dem Geschmack des Tages entgegen. Die kaum be-
kannten Galerien Nostitz und Strahov haben einige
Rosinen beigesteuert: ein Frauenbildnis des jünge-
ren Cranach (Nostitz), das »Bildnis einer Frau in
roter Kleidung, ein Kind umfassend« von Nikolas
Neufc.hatel, ein merkwürdig verhaltenes Stück
feinster Flächenkomposition (Nostitz), den »Kopf
eines Mannes mit Backenbart« eines deutschen
Meisters um i53o (Strahov). Die Böhmentrias
Brandl, Kupetzky und Skreta ist gut vertreten,
vor allem wieder aus Strahov und Nostitz. Ein
Damenporträt des Giov. Battista Moroni aus an-
onymen Privatbesitz, ein schöner van der Heist,
steife Rigauds seien hier aus einer großen Anzahl
guter Stücke herausgegriffen. Manches ganz große
Stück mußte — wohl Risikos halber -— fortblei-
ben. So ist es nicht allzuviel, sogar angesichts der
Prager Geschichte etwas wenig. Immerhin har-
monisch. Das 19. Jahrhundert bevorzugt die eigene
Provinz, was einen flauen Ausklang dieser Reihe
verursacht.
Künstlervereinigung »Manes« hat eine große Aus-
stellung des Wiener »Ilagenbundes« zusammenge-
stellt und im Repräsentationshaus gehängt: be-
kannte Wiener Physiognomien, deren Schätzung
gerade im tschechischen Prag fast etwas rührt. Die
»Prager Sezession« bereitet für November eine
größere Ausstellung aller wesentlicheren deutschen
Künstler der Tschechoslowakei vor. Dr. 0. S.
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EMILE-ANTOINE BOURDELEF
Bourdelles ganz unerwarteter Tod hat die fran-
zösische Kunst schwer betroffen. Unter den drei
Bildhauern, denen unsere Plastik ihren hervor-
ragenden Platz verdankt (Bourdelle, Maillol und
Despiau), war Bourdelle der populärste. Die Eh-
ren, die sich auf Rodins Kopfe gehäuft hatten,
hatte er sozusagen geerbt. Voriges Jahr war die
großartige Ausstellung seiner V erke in Brüssel
eine Art Verherrlichung.
In Montauban im Jahre 1861 geboren, wurde
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