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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 20
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0625

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Ferd. v. Rayski Porträt des Grafen Humbold v. Einsiedel
Aus der Versteigerung Meisterwerke der Malerei des 19. Jahrhunderts bei A. Wertheim Antiquitäten,
Berlin, am 12. November 1929

Bourdelle in der Ecole des Beaux-Arts Falguieres
Schüler und bekam auch Dalous Ratschläge. Doch
war der entscheidende Punkt seiner Bildung seine
Tätigkeit als Gehilfe bei Rodin. Man weiß, daß
llodin nur mit Ton modellierte und daß er den
Marmor durch seine Gehilfen fast vollkommen
bearbeiten ließ. So haben fast alle namhaften
Künstler in Frankreich das Handwerk in seiner
Werkstatt gelernt.
Bourdelles ganzes Werk steht unter dem Zeichen
des Monumentalen. Das gilt nicht nur für seine
eigentlichen Monumente, sondern auch für die
Standbilder und die Büsten. In den ei’sten Jah-
ren des Jahrhunderts erschienen seine ersten selb-
ständigen Werke: der verwundete Kentaur, die
Büste von Ingres, der unter dem Eindruck der
vorklassischen griechischen Plastik entstandene
Herkules. In den Jahren 1912, 1918 vollendete
er die Reliefs und die Fresken für das von Perret
erbaute »Theatre des Champs-Elysees«. Nach dem
Kriege schuf er in raschem Tempo seine großen,
teilweise auf früheren Studien fußenden Denk-
mäler: General Alvear — für Argentinien ge-
schaffen — dessen Standbilder, an den Ecken des
Sockels: Innere Kraft, Sieg, Freiheit, Beredsam-

keit, vielleicht sein Meisterwerk darstellen: Mickie-
wicz, wo er Rüdes große Gestalten wieder belebt,
Bourdelles einziges Monument, das auf einem Pa-
riser Platz steht, und das unglücklicherweise für
diesen Platz nicht geschaffen ist, da es das rich-
tige Verhältnis zum Raum nicht besitzt. Aus den
Jahren 1920—1922 stammt die kolossale Jung-
frau Maria mit dem Kinde, die im Elsaß errich-
tet wurde und einen starken Einfluß der mittel-
alterlichen Plastik verrät. Hinzu kommt noch die
große Pallas, die auf der »Pointe de Grave«, bei
Bordeaux nach dem weiten Meer zu schauen
wird.
Ob Bourdelle — seiner eigenen Aussage nach —
ein »Architecte-sculpteur« war, mag dahingestellt
bleiben. Weniger als vom Sinne des Architekten
hängt die großartige Wirkung seiner Monumente
von diesen zwei Eigenschaften ab: Er hat den
Sinn für das Material, der Rodin leider oft ge-
fehlt hat, und er hat die Gabe, die Materie von
innenher zu beleben und zu durchgeistigen, so
daß die Schwärmerei des Künstlers sich dem Zu-
schauer mitteilt. In seinen Adern floß sicher mehr
barockes als, wie er geglaubt hat, griechisches oder
gar gotisches Blut. P. C.
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