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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0650

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RUNDSCHAU

DAS ULMER BAROCKMUSEUM
Das wachsende Verständnis für die Schönheit des
deutschen Barocks hat Ulm, dem natürlichen Mit-
telpunkt zur Bereisung der oberschwäbischen Ro-
kokoklöster Neresheim, Elchingen, Ottobeuren,
Roth, Steinhausen, Buchau, Ochsenhausen, Wib-
lingen, Marchtal, Zwiefalten, eine besondere Be-
deutung gegeben. Hat auch das 18. Jahrhundert
in Ulm selbst nicht viele bedeutende Werke mehr
hervorgebracht, so liegt doch die großartige Klo-
sterkirche Wiblingens mit ihrem Freskenschmuck
von Januarius Zick heute im Weichbilde der Stadt.
So ist es naturgemäß, daß auch das Ulmer Mu-
seum die Pflege des Barocks zu einer seiner wich-
tigsten Aufgaben gemacht hat. Dank dem ent-
gegenkommenden Verständnis der Stadtverwaltung
konnten seit mehreren Jahren wertvolle Stücke
der oberschwäbischen Malerei und Plastik des 18.
Jahrhunderts gesammelt werden. Sie sind nun-
mehr, vermehrt um hochwertige Bestände aus den
Sammlungen Mesmer, Moll und Stiefenhofer in
Ulm sowie Bühler in Friedrichshafen, in den Bäu-
men des Museums, die sich um die Renaissance-
säle des Kiechel-Hauses gruppieren, aufgestellt
worden. Der schon bisher den Werken des Rokoko
zur Verfügung gestellte Oberlichtsaal erfuhr eine



Giovanni Battista Tiepolo Die hl. Familie
Berlin, Kupferstichkabinett Feder, laviert
614

Umstellung seiner Bestände. Hier sind nunmehr
als wichtigste Stücke die Studie des Januarius Zick
zum Hochaltar in Oherelchingen, eine Immaculata
aus dem Jahre 1784, die Studie von Giosue Scotti
zum Stephanusaltar in Zwiefalten, eine vorzüg-
liche Deckenbildstudie mit der Anbetung des apo-
kalyptischen Lammes von dem in Ottobeuren täti-
gen Johann Jakob Zeiller, eine heilige Theresia in
Verzückung, das früheste Werk des in Schwaben
vielfach tätigen Josef Wannenmacher aus dem
Jahre 1741 und vor allem, als Neuerwerbung, eine
heilige Walpurga von Franz Anton Maulpertsch,
wiederum das früheste bisher bekannte Werk die-
ses Künstlers aus dem Jahre 1749, zu sehen;
außerdem eine Anzahl wertvoller kleiner Rokoko-
bildwerke. Ein zweiter Raum enthält als Haupt-
stücke das ausgezeichnete Bildnis des Schöpfers
der Decke im Bibliothekssaal zu Schussenried,
Franz Georg Hermann, sowie das Bildnis seiner
Frau, zwei dekorative Prachtstücke der deutschen
Rokokomalerei, ferner eine Ecce homo von Jo-
hann Heinrich Schönfeld, eine Anbetung der
Könige von J. A. Mesmer und eine frühe Kopie
der heiligen Elisabeth des Daniel Gran in St. Karl
in Wien sowie eine Reihe vorzüglicher Barock-
skulpturen, so eine Maria, von wärmster Mütter-
lichkeit erfüllt, in der Art des Johann Michael
Feuchtmayr d. J., ein heiliger Ignatius vom Boden-
see, ein heiliger Stephanus von Guggenbichler und
ein Johann von Nepomuk aus dem Riedviertel,
ferner als eine der schönsten Skulpturen der
Sammlung ein ergreifendes Vesperbild aus der
Bodenseegegend. In diesem Raume sind auch die
wertvollsten Bestände an Paramenten ausgestellt,
eine Reihe vorzüglich erhaltener Kasein des 18.
Jahrhunderts sowie Antependien aus Wiblingen
und der Ulmer Wengenkirche. Der letzte Saal
endlich, der bisher schon eine oberschwäbische
Krippe barg, enthält nunmehr das Bildnis des
Franz Xaver Grafen von Montfort und seiner Frau
Sophia Gräfin von Limburg-Styrum, bisher un-
bekannte Frühwerke der Angelika Kauffmann,
eine anmutige Darstellung des Christkindes von
dem Weißenhorner Künstler Ivonrad Huber aus
dem Jahre 1781, von Franz Martin Kuen das Bild-
nis eines Pfarrers Molitor und endlich ein weite-
res Walpurgabild von einem bisher noch unbe-
kannten stark von Tiepolo abhängigen Künstler
sowie ein großes Altarbild mit der Darstellung der
Marter des heiligen Sebastian von dem in Lands-
berg gebürtigen, in Schwaben vielfach tätigen Jo-
hann Anwander aus dem Jahre 1756. Von Skulp-
turen sind in diesem Raume ein Teil des alten
Altares der Ulmer Wengenkirche, eine schöne
Engelfigur, auf gestellt, während wichtige andere
Teile des Altares in die Sammlungen von Stutt-
gart und Freiburg gelangt sind, ferner eine knie-
 
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