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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0651

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ende Maria aus München und einige kleinere Ro-
kokofiguren, teilweise Schenkungen des Münch-
ner Sammlers Dr. Wilm. Ist auch die neue Samm-
lung noch nach vielen Richtungen hin ausbaube-
dürftig, so vermittelt sie doch an der Schwelle
Oberschwabens nunmehr eine Vorstellung von der
Reichhaltigkeit und Schönheit der schwäbischen
Rokokokunst. m
AUS DEM KAISER-FRIEDRICH-MUSEUM
Das Kaiser-Friedrich-Museum hat in der Ein-
gangshalle zur Gemäldegalerie eine Ausstellung
von Rildwerken eingerichtet, die dem Resitz der
Brandenburgisch-Preußischen Kunstkammer ent-
stammen, dieser Keimzelle, aus der die Berliner
Museen hervorgegangen sind. Da erkennt man,
daß schon in jener Kunstkammer eine ganze Reihe
der besten plastischen Stücke des heutigen Kai-
ser-Friedrich-Museums vorhanden waren. Auf den
verschiedensten Gebieten hatte schon der große
Kurfürst und sein königlicher Nachfolger Kunst-
werke höchsten Ranges im Besitz. Und so steht
bedeutungsvoll in der Mitte der Ausstellung Jo-
hann Jacobis Abguß von Schlüters Modell zum
Denkmal des Kurfürsten, auf dem kunstvoll ge-
schnitzten Holztisch, dessen Säulen aus römischen
Fascien bestehen, mit Adlern statt der Kapitelle —
so hat das Denkmal einst in der Kunstkammer
selbst gestanden. Und schon damals befand sich
da ein kostbares Stück französischer Gotik: die
beiden Elfenheintäfelchen mit den leidenschaft-
lichen Szenen der Passion in drei Reihen überein-
ander, und da stand auch eine solche Seltenheit
wie die Maria des Augsburgers Heinrich Huof-
nagel aus dem Jahre 1/182. Renaissancebronzen
wie der Amor im Stile des Donatello und der ele-
gante Wasserträger des Riccio oder der sich krat-
zende Hund, der wie alle solche Kleinbronzen von
Pieren auf die Nürnberger Gießhütte der Vischer
zurückgeführt wird, sind alter Besitz der Kunst-
kammer. Und ebenso ist das der Fall bei einem
der köstlichsten Stücke deutscher Renaissancepla-
stik, der bei aller Kleinheit monumentalen IIolz-
büste eines Mannes von Ivonrad Meit.
Für die Kunstkammer von besonderer Bedeutung
waren die Elfenheinplastiken, die mit ihrer zier-
lichen Modellierung dem Geschmacke der Zeit und
ihrer Freude an technischer Verfeinerung so ent-
gegenkamen und che nun hier im Bunde mit
Bronze- und Holzplastiken ein farbig reiches Bild
geben. Von Leonhard Kern steht da eine Elfen-
heingruppe Adam und Eva: der sitzende nackte
Mann, dem die schöne Frau eben mit zärtlicher
Umhalsung den Apfel in die Hand drückt, trägt
die Züge des großen Kurfürsten selbst. Und ein
Virtuosenstück der Elfenbeinschnitzerei ist die
Gruppe von Perseus und Andromeda, die von dem
Drachen in die Luft gewirbelt wird, und aus der
Luft herunter bekämpft ihr Befreier das Untier.


Antoine Watteau Cellospieler. Rötel
Berlin, Kupferstichkabinett
Daneben reitet in streng stilisiertem römischem
Barock der große Kurfürst als heiliger Georg in
der Bronze Gottfried Leygebes, der aus Nürnberg
nach Berlin kam. Und das genießerische Gesicht
des ersten Preußenkönigs erscheint in einem zier-
lichen Wachsrelief von Andreas Roht. Vollendete
Leistungen der Kleinkunst des Elfenbeins sind die
Bildnismedaillons des großen Kurfürsten und der
Königin Sophie Charlotte von Raimund Faltz, der
an vielen Höfen der Zeit arbeitete. Aber auch die
Großplastik fehlte nicht in einer solchen Kunst-
kammer. Ein entzückendes Werk des Francois
Duquesnoy, des Brüsseler Bildhauers, der nach
Italien ging, hatten die Hohenzollern in dem mar-
mornen Cupido erworben, der sich seinen Bogen
schnitzt, und sie ließen sich dafür von Otto Man-
giot ein weniger gelungenes Gegenstück verschaf-
fen. Von dem Wiener Franz Xaver Messerschmidt,
dem Meister physiognomischer Köpfe, besaßen sie
den im Ausdruck charakteristisch durchgearbeite-
ten Kopf eines Greises. Und ein altes Hauptstück
der Kunstkammer war die Allegorie des Schwei-
gens: der von einem Niederländer gearbeitete lie-
gende kleine Amor, der den Finger an den Mund
legt. R.
 
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