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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 21
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0652

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.). M. W. Turner ßodensee. Aquarell. 1842
Aus der Retrospektiven englischer Kunst in Brüssel / Sammlung Sir Jeremiah Colman

EIN NEUES MUSEUM IN NEW YORK
Ein Komitee bekannter, sich für die moderne
Richtung interessierender Kunstfreunde hat die
baldige Gründung eines »Museums für Moderne
Kunst« in New York beschlossen, das dem Metro-
politan Museum sozusagen ergänzend an die Seite
gestellt werden soll. Wohl durch das traurige’
Schicksal des auch von reichen Enthusiasten sei-
nerzeit gegründeten künstlerischen Theaters, des
sogenannten Millionärstheaters, gewitzigt, hat man
klugerweise zunächst darauf verzichtet, ein groß-
artiges Gebäude zu errichten und dann darauf zu
warten, was da kommen werde. Zunächst ist nicht
einmal der Erwerb von Kunstwerken vorgesehen.
Es sollen vielmehr während der nächsten zwei
Jahre nur öfters Ausstellungen »moderner Künst-
ler und deren Vorfahren« unter den Auspizien
dieses Komitees und der Leitung des Mr. Alfred
II. Barr jun. in den Räumen des Heckscher Buil-
ding — wohl auf die willkommene Einladung des
kunstfreundlichen geborenen Deutschen, Herrn
August Heckscher, hin - — stattfinden. Dem Komi-
tee gehören u. a. an Mr. Frank Crowninshield, ein
eifriger Sammler moderner Kunst und Unterstüt-
zer junger amerikanischer Talente, Professor Paul
Sachs, Mitglieder der hiesigen kunstliebenden
Sachsfamilie, Mrs. John D. Rockefeiler jun., die
schon seit langem ein eifriges Interesse an moder-
ner Kunst gezeigt hat, und der bekannte Kunst-
sammler Mr. /V. Conger Goodyear. Es besteht die
Absicht, durch Kauf oder Leihgabe oder auch Ge-
schenke eine Sammlung der besten Werke sowohl
lebender wie verstorbener Künstler der neuen und
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noch nicht allgemein anerkannten Richtungen zu-
sammenzubringen. Man will das Hauptgewicht
neben einheimischen Künstlern auf solche franzö-
sischer Nationalität legen, doch dabei auch die der
anderen Länder nicht vergessen. Das Museum soll
so seinen Besuchern einen Überblick darüber er-
möglichen, was in der Welt der Kunst vor sich
geht und was sich in ihr vorbereitet. Malerei,
Bildhauerei und Graphik sollen gepflegt werden,
und von Zeit zu Zeit sollen große nationale sowie
internationale Ausstellungen in besonderen Räu-
men abgehalten werden.
Die erste Ausstellung findet diesen Monat statt,
und es werden mehr als hundert Gemälde und
Zeichnungen von Cezanne, van Gogh, Gauguin,
Renoir und Seurat gezeigt, die sozusagen als »die
unmittelbaren Vorfahren« der modernen Kunst-
bewegung anerkannt werden sollen. Diese und wei-
tere Ausstellungen werden mit Hilfe von Leih-
gaben seitens Privatsammler, Museen und auch
Händler zusammengebracht. Da man aber das
Erzieherische dieses Unternehmens zu betonen
wünscht, so wird von vornherein alles Händle-
rische und jeder Verkauf von vorgeführten Wer-
ken als ausgeschlossen bezeichnet. Die nicht unbe-
deutenden Organisationskosten scheint das kunst-
begeisterte Komitee selber tragen zu wollen. So
hat New York die beste Aussicht, endlich in den
Besitz eines »modernen Museums« zu gelangen
und die kommende wie die übernächste Saison
werden durch diese großen modernen Ausstellun-
gen gewaltig an Interesse gewinnen. F.

 
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