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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 23
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Neugass, Fritz; Waroquier, Henry de [Gefeierte Pers.]: Henry de Waroquier
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0707

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Henry de Waroquier Torso. 1926
Ismen in Gärung geriet — rettete sich Waroquier in die Kunst des fernen Ostens.
In eigenwilliger und einsam ästethisclier Haltung suchte er alle Diskussionen über
Kunst zu vermeiden. leder selbstgefundene Weg war ihm lieber als fremde Wissen-
schaft. Das dekorative Wesen der Japaner, ihre originelle Form und ihr raffinierter
Eklektizismus haben ihn nahezu ein Jahrzehnt gefesselt. Seine Werke werden japa-
nisch, die Linie wird verfeinert, seine Landschaften bekommen einen exotischen Aus-
druck, der Horizont wird ganz nach dem oberen Bildrand verschoben, dabei bleiben
aber seine Bilder ganz flächenhaft und immer höchst dekorativ und phantastisch.
Waroquier erkannte, daß dieser Weg zu keiner Lösung führte. Er begann seine japa-
nischen Bilder zu konstruieren, sie mathematischen Gesetzen zu unterwerfen, sie zu
durchgeistigen und erreichte dabei, unabhängig von den zeitgenössischen Strömungen,
eine Annäherung an die kubistische Formenwelt:, aber nur kurze Zeit diente er dem
reinen Geiste, um sich bald wieder zur Natur zurückzufinden. Er überläßt sich ganz
seiner Intuition und läßt sich in seinen Versuchen von seiner inneren Stimme führen.
Er hat den Mut, Irrtümer zu begehen, aber auch, sie zu bekennen. So schrieb er ein-
mal in dem Vorwort zu einer seiner Ausstellungen: »Es ist möglich, daß ich heute das
Gegenteil von gestern sage- es ist wahrscheinlich, daß ich morgen abermals anders
sagen werde $ was macht es, wenn ich aufrichtig bleibe.« Und dies Bekenntnis ist die
höchste Tugend eines wahren Künstlers. Gegen 1918 waren seine Irrwege beendet-
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