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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Sonderheft Kunstliteratur
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Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0785

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Architektur

Seitenräumen auf der Sinaihalbinsel, bei den kap-
padozischen Kirchen usf.
Aber selbst, wenn man das eigentliche Thema ganz
aus den Augen läßt und sich nur an die Darstel-
lung der Chorbildungen hält, bleibt noch genug Be-
denkliches. — So wird, um nur zwei Beispiele zu
nennen, der entwicklungsgeschichtlich interessante
nordsyrische Typus, der eine Abtrennung der Ost-
teile von der übrigen Kirche bringt (Glück, Breit-
und Langhausbau, Taf. III, Nr. 63 ff.), gar nicht
erwähnt und S. 65 wird von der völligen Ermange-
lung beweiskräftiger Reste für die Sitze der Prie-
sterschaft in Nordsyrien gesprochen, acht Seiten
weiter dagegen davon, daß »die Sitze der Geistlich-
keit auf der Sinaihalbinsel in der gleichen Weise
wie in Nordsyrien dem Apsisrund eingefügt« sind.
Bei kurzer Durchsicht der benutzten Literatur ver-
mißt man Bücher wie: Gerber, »Altchristliche Kult-
Bauten Istriens und Dalmatiens« (Dresden 1912),
Haupt, »Die älteste Kunst, insbesondere die Bau-
kunst der Germanen« (Berlin 1928), (die hier ab-
gebildeten Grundrisse spanischer Kirchen hätten
die Beziehungen zu Nordsyrien noch viel stärker
erscheinen lassen), Wulff, »Altchristliche und by-
zantinische Kunst« (Berlin 1914), Weise, »Unter-
suchungen zur Geschichte der Architektur und Pla-
stik des früheren Mittelalters« (Leipzig 1916), der-
selbe, »Studien zur Entwicklungsgeschichte des
abendländischen Basilikengrundrisses in den frü-
hesten Jahrhunderten des Mittelalters« (Heidelberg
191g). Jos. Braun, »Der christliche Altar« (Mün-
chen 1924), G. L. Bell, »Churches and Monaste-
riesof the Tur Abdin . . .« (Heidelberg igi3), Holl,
»Die Entstehung der Bilderwand in den griechi-
schen Kirchen« (Archiv f. Religionswissenschaft.
IX, 1906, S. 365ff.).
Jedermann weiß, daß das vom Verfasser gewählte
Thema eines der schwierigsten und wohl auch un-
dankbarsten der ganzen Kunstgeschichte ist. Wenn
er aber in der Einleitung betont, daß er die bis-
herigen Arbeiten auf diesem Gebiete überholen

und einen klärenden Einblick in die Beziehungen
der Liturgie zur alten Sakralarchitektur geben
will, so kann man nicht anders sagen, als daß er
diese Aufgabe nicht gelöst hat. A n i
Alexander Dorner

WILHELM EFFMANN: DIE KIRCHE DER AB-
TEI CORVEY. Aus dem Nachlaß des Verfassers.
Herausgegeben von Alois Fuchs, Paderborn,
Bonifaciusverlag. 1929.
Das Erscheinen dieser nachgelassenen Arbeit von
Effmann wird wohl bei allen engeren Fachleuten
mit einem Seufzer der Erleichterung begrüßt wer-
den. Die darauf gestellten Erwartungen werden in-
sofern nicht enttäuscht, als die Rekonstruktion des
8y3 bis 885 errichteten und noch zum größten Teil
erhaltenen Westwerks bis in die letzten Einzelhei-
ten überzeugend gelingt. Es ist eine genaue Paral-
lele zum Westwerk von Centula, nur mit dem Un-

terschied, daß in Corvey die Seitenschiffe nur ein-
schiffig, die Türme viereckig sind und ein Ostbau
hinzukommt. Daß dieser Ostbau in seinem Grund-
riß imd vielleicht auch noch in den östlichen Tei-
len seines Mauerwerks auf den Westbau der 822
bis 844 errichteten, jetzt durch einen Barockbau
ersetzten Kirche zurückgeht, ist durchaus wahr-
scheinlich. Auch gelingt Effmann die Rekonstruk-
tion des Querschnitts ihres Langhauses. Was ihm
dagegen nicht gelungen ist, und was ihn auch of-
fenbar weniger interessiert hat, das ist die Rekon-
struktion der Ostteile. Effmann bezeichnet die öst-
lich an Querhaus und Chor ansetzenden Gänge und
Kapellen als einen Anbau der ersten Hälfte des
12. Jahrhunderts, der die Verbindung zur Marien-
kapelle herstellen sollte. Wie nun schon Schwäbl
in einer von dem Herausgeber zitierten Notiz be-
merkt, ist die Gleichzeitigkeit dieser Ostteile mit
dem ersten Kirchenbau unzweifelhaft. Eine nähere
Parallele als S. Emeram in Regensburg und S.
Luidger in Werden scheint mir die Krypta der
Klosterkirche von Deas zu sein, die ihrerseits als
eine Weiterbildung frühchristlicher Ostanlagen an-
zusehen ist. Vielleicht war die Kryptenanlage des
657 gegründeten Mutterklosters Corbie, an das sich
der Bau von Corvey bewußt anlehnte, ähnlich.
Daß Corvey keine Confessio gehabt haben soll,
scheint mir noch nicht ausgemacht. Auch weiß ich
nicht, ob ein Querhaus in Mittelschiff höhe und eine
ausgeschiedene Vierung mit Sicherheit anzuneh-
men sind. Über diese und andere offene Fragen,
zu denen auch die Art und die Zahl der Langhausi-
arkaden und die Form des ehemaligen Atriums ge-
hören, würde eine Grabung wahrscheinlich Aus-
kunft geben können. Sie würde hier geringeren
technischen Schwierigkeiten begegnen, als sie an-
derswo überwunden sind.
Die mühsame und Selbstlosigkeit erfordernde Ar-
beit des Herausgebers verdient alles Lob. Fuchs
bat die Feststellungen Effmanns an Ort und Stelle
nachgeprüft und viele positive Belege für Eff-
manns Behauptimgen nachgetragen. Er hat auch
in Effmanns Beurteilung der Ostteile die schwache
Stelle dieser sonst vorbildlichen und unentbehr-
lichen Arbeit erkannt. Alexander Dorner
WALTER GREISCIIEL: DER MAGDEBURGER
DOM. Berlin 1929. Frankfurter Verlagsanstalt
A.-G. 62 Seiten, i44 Tafeln und 1 Grundriß,
gr. in 8.
Den Hauptteil dieses als Veröffentlichung der
Magdeburger Museumsgesellschaft erschienenen
Buches bilden neuhergestellte Aufnahmen des Do-
mes und seiner Bildwerke, die fast durchweg vor-
trefflich gelungen und von Wohlfeld ausgezeich-
net wiedergegeben sind: klar und anschaulich in
der Wahl der Standorte wie der Bildausschnitte.
Die Photographen sind sich ihrer Aufgabe bewußt
geblieben und haben sich nicht anspruchsvoll mit
angeblich künstlerischen, in Wahrheit ganz uner-

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