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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0094

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und bki Pn'nz Adalbcrt solche für deren
Gcmahl herqcn'chtct sind, dem, Ni'emand
in dcn hvchstcn Krei'scn zwcifclt, daß diesc
Beiden c6 dcmnächst ihrer Gcsnndhcit zu-
träalich findcn wcrden, eine Lnftverände-
ruiiq vorzunchmen. Außcr di'cscn ist abcr
auch dcm Papste ein Aspl bci unü angc-
botcu. Man befürchtet abcr init^ Necht,
daß Münchcn zum Hccrde^äller inöglichen
Umtrkcbe gemacht werden würde, die cs
eininal bittcr entgeltcn müßtc; ist ja schon
jetzt dcr Namc Bavarcse in ganz Italicn
ein Schi'mpfname gcworden nnd die Be-
zeichnung für eineii gesinnnngSlosen Söld-
ling, dcr für Gcld bercit ist, überall die
Freihcit todtzuschlagen.

Wien, 22. Juli. Wie dic „M.-P."
vernimmt, ist.gegen die, drei cntlassenen
Triester Kanflcnte, dic, HH. Bram-
Lilla, Mandolfo und Nevoltella, zwar scde
strafgcrichtliche Untersuchung' cingestcNt;
doch svll gcgen dieselben auf civl'lgcricht-
lickein Wege eine Eiitschädignngsklage von
Scitcn des Aerars erhoben wcrdcn.

Wien, 23. Jnli. Lant den ans Pesth
eingelaufenen Nachrichten haben sich dic
nnrnhigen Auftritte am 21. d. M. und
auch 22. Nachts wiederholt. Schon um
8 Uhr Abcnds bildete sich beim Zriiipi-
Kaffeehause eine Ansaiiiliilüng des Publi-
knilis, wclche zum Anscl'nandergehen anf-
gefordcrt und dnrch Anfstellulig von Mi-
litär-Polizeiwache und einer Abtheilnng
Milktär zerstrent wurde. Nach Beendi-
gung dcs ungarischen Thcaters wurde die
Polizei und Cavallcric von rückwärts mit
Steinen bcworfen. Di'cse und einige Kü-
rassicrc sahen sich hi'ednrch genöthigt, in
den Hanfcn el'nzufprengen, mn dicsein
Uiifuge zu stenern. Allein bald hörte inan
wicder aiifrührcrischc Nufc, und in der
Hatvanergaffe und Kerespescrstraße erfolg-
ten neue Ängriffe lilittelst Steinwürfen von
Volkshaufcii, wclche aber sofort durch Ca-
vallerie und eine Compagnie Infaiiterl'e
zcrstreut wiirden. Zwölf Handwerkcr'und
ein Studirender der Nechtc sind verhaftet,
cin Schneidergesclle wnrdc ins Spital ge-
bracht; ob andere Verwlliidlliigcn statt-
gcfniiden havcn, ist noch nicht bekannt.
Um Mitternacht war die Nuhe attent-
halben wieder hcrgcstcllt.

Wien, 24. Iuli. Die „M. P." bringt
aus Pesth vom gestrigen Tage folgendc
telegraphische Nachricht: „Eine polizekliche
Kllil-machiing ist erschicnen, wclche ans
Anlaß der vorgckomnienen Ercessc und
Angrifsc auf dic Wachen jedwcde A n-
s a ln w liing i'n dcn Straßen verbietet,
wi-rigeiifalls nu'lltärisches Einschrei'ten und
svfortiges Verhaften crfolgcn würde."

F r a n k r e t ch.

Paris. Der Bruder deö Großherzvgs
von Badcn wird am 5. August im Laqer
von Chalons erwartet, wo zn dicser Zcit

bckanntlich große Manöver unter dcm
Oberbefehl dcs Kaisers stattfinden werden.

Paris, 27. Iuli. Nach dem „Con-
stitiiti'onnel" hat Lord I. Nnffell den
englischen Gesandten, Lord Cowley, er-
mächtigt, in Untcrhandlungcn wegen dcr
Erpedition nach Spricn einzutreten. In
Folgc der Uebereinstiminllng aller^Mächte
wcrde dic Türkei nothwendigcr Weise
sich fügcn. Es blei'bc noch übrig, dic
Grundlagen für die Erpedition festzn-
stellen; diese Anfgabe sei nicht ohnc
Schwierigkeitcn, aber deren Lösung sei zn
hoffcn.

Marseille, 25. Juli. Der Borpsthcne
bringt Nachrichten ans Konstantinopcl
vom 18. d. Die Gesandtcn haltcn Bcrichte
ans Dainaskus crhaltcn. Di'e nach Hanran
zurückkchrrnden Druscn kamcn nach Da-
maskus, iiild, schlngcn Abd-el-Kader ein
Christeiigemetzel vor. Der Emir schlug
es ab, aber das Volk nahin es an und
vom 8. auf den 9. d. haben Metzeleien
stattgcfunden. An diesem Tage betrug
die Zahl dcr Opfer schon 500. Die
Consulate sind in Brand gcsteckt worden.
Dic Soldatcn halfcn dcn Würgern. Der
General Ahmed-Pascha hat die Flncht er-
griffc». Die Obrigkeiten haben sich in
die Citadelle cingeschloffen.

I t a l i e n.

Die Verwirrung der Lage wird (wic
man -er „Allg. Ztg." mitthcilt) immer
grvßer. Ein Schreiben Garibaldi's an den
Köiii'g Victor Emanuel sagt gcradczu: er,
der Dictator, halte dic Sache Jtaliens
nicht mehr für nnauflöslich verbnndcn mit
dcr Sachc Pl'cmonts, nachdcm der Bona-
partist Cavonr durch cine Neihe schmäh-
licher (sie) Handlnngen das Band zwi-
schen König und Volk zerrissen. Victor
Emanuel schwankt niin zwischen franzö-
sischen und nationalen Einflüssen. Jcne
sncheu Cavour am Staatsruder zu erhal-
ten, wobei sie Garibaldi als einen blinden
Frailzoseiifei'nd darstellcn; dicse verlangen
laut genug cin anderes Ministerium. Von
einer Fraction des Natl'oiialvereins wird
di'eser Tage ein detaillirtes Si'iii-enregister
der Cavour'scheii Verwaltung ausgcgeben
werdcn.

Tuvin, 26. Iuli. Depeschen aus
Geuua bringen Nachrichten von Palcrmo,
24., wornach die neapolitanischen Trup-
pcn in den Gcfechtcn vvr Melazzo vom
16. und 17. cinen Verlust von 580
Kampfunfähigen erhaltcn habcn. Am 20.
griff Garibaldi die Stadt Melazzo mit
dem Bajonnet an. Nach einem heißen
Kampf zogen sich die Ncapolitaner in
das Schloß zurück.

Neapel, 26. Iuli. Nach dem „Cou-
stitlltioniiel" hätten die Garibaldianer
große Verluste bei Mclazzo crlitten.

Neapel. Das neue Miiiisterium er-
klärt iu sciner Proclamation, sobald es

sich durch Männer von festcm Charakter
und Liebe zum Vaterlaude vervollständiai
habe, wcrde es sein Programm veröffent-

lichcn. Auch das gehcime Bewcgungs-
Comite erließ am 16. Inli eine Pro-
clamation, worin es die Bevölkerung fäx
bcwahrtcs kaltes Blut bclobt, von Neueni
cinschärft, jeder Provocation znm Stra-
ßcnkampf taube Ohren zu lei'hen, g„'f
Mittelitalicn hinweist, wo der Umschwiina
ohne alles Blutvergkeßen erfolgt sei, an
die eine Ansnflhme in Parma erinncrt
dic ganz Europa init Grauen erfüllt habe'
hinznfügt, daß chie große Anzahl vvi,
Ofsiziereii und Ävldaten dic Ereignissc
vom 15. beklagen, und ermahnt: „DieAuf-
rechtcrhaltiing^der Ruhc ist unsere wich-
-tigste Pflich't! .... Wenn die Regkerung
bci ihrer strafbarcn Fahrlässigkeit Con-
flieten nicht vorziibcngcn wnßte, so gebc
ihr wciiigst'ens Nicmaiid Grimdf zn sagcn,
daß wir in dic ^alleu gegangen seken,
welche die Feinde des, Vaterlandes uns
unaufhörlich stcllcn." Dic „Gazette de
France" veroffciitll'cht ein flicgciidcs Blatt,
von dem sie behauptct, cs werde in deii
Straßcu Neapels fcil geboten. In diesem
Pamphlete, das die Unterschrift: Settein-
brini trägt> heiß.t cs: „Diese Raye könig-
licher Bettler, pie scige und verloge.ue
Naye, die von ganz Europa verachtet und
verurthcilt ist, dicse Schande der Könige,
dicsc Zuchtruthe der Völker glaubt und
behauptet, Gott habe sic an die Spitze
von neun Millioncn Mcnschcn gcstellt! . .
Wir dürsen von diescn Lcnten keine Vcr-
fastnng, kcine Zusagc, keincn Eid, kein
Bündniß und kcine Eonccssion ann,chmcn.
Alle, groß und klein, Mann und Wei'ö,
wollen wir'Älles, was dcn Namcii Boue-
bou führt, vttllassen. Diese Völkervor-
inünder, diese Schlächter ohnc Würde, die
den Fürsten ziemt ohne Ehre, die den
Edelmann ausmacht ohne Gefühl uiid
Humanität, die den Menschcn ziercn, haben
genug regiert . . Dic Herrschaft der Lüge
ist vorbei . ." Jn dicscm Tone ist das
ganze fliegendc Blatt gehaltcn; schließlich
wird als Dictator vvn Ncapel Fariiii,
„dcr cinzige Maiin in ganz Italien,, dcr
cincm solchen Unternehmeii gewachscn" sci,
empfohlen, und als Motto aufgestellt:
„Fort mit den Bourboncu! EinheitJtaliens
init Viktor Emanuel als König!" Dieser
Äufruf, wenn er echt ist, trägt indcß schon
das Datum: „Florenz, 4. Jnli 1860." —
Die neapolitanische Kritgsiiiariuc ist voll-
koinmen desorganisirt. Ünter den Mari'ne,
offizieren, welche ihre Entlassling genom-
men, und vou dencn cin Theil schon nach
Sicilicn zu Garibaldi abgercist ist, stid
die namhaftesten: Acciui, Cottrau, Libetta,
Nicastron, Dragonetti, Agrcssi, Manzi
u. s. w. Mit Vorbehalt, daß sie „keiiie
persöuliche Verpflichtung gegeu den Köiiig
übcfiiehiiicn, sonderii ihre fcste Ergebeiu
heit uur der Verfaffung gilt", haben den
 
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