Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
August
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0154

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
großarti'ger sich aiisilahin, erhob sich em
Ältar, an welchein dcr Erzbl'schof ei'n Aint
celebri'rte. Nach beendetem GotteSdi'enst
hi'elt derselbc ti'ne knrze Ansprache an di'c
Versanlinlnng, worauf di'e Wci'he der i?o-
coiiioti'ven begann, di'e vor dcr Halle, fnnf
an der Zahl, auf fünf verschl'cdenen Ge-
lcl'sen mi't den Tcnders i'n glei'chcr Neihe
aufgestestt, dicscs Angenbli'cks harrten. Da
kamen di'c fnnf Uiigeheuer, mit Dlnmen
und Fahnen ganz bedeckt, dnrch dic Halle
in gkeicher Linic l'is an den Altar lang-
sam vorgernckt, was cincn nnbeschreiblich
schönen Anblick gcwährtc. Nach diescm
kirchlichen Act sctzte sich nm 7 Uhr der
erste, rei'ch bewimvelte Festzug mit circa
E gcsadencn Gästen in Bewcgnng. Diese
bcstandcn fast nur ans Uniformen, den
ersten Staatsl'camtcn, Generälen, Ofsi-
ziercn der Linic und Landwchr, bürger-
lichen Chargen uiid wenigen Civils, nnter
letztern auch die Vertrcter dcr Prcffe,
denen für diese Fahrt von der Dircction
der Verkehrsanstaltcn Cinladungskartcn
zugesiestt worden. Die Damenwelt war
nicht vertrcten. Unter den answärtigeii
Gäste» bemerkte man anch den baperischen
Generalconslil Frciherrn v. Rothschild in
rother Uniform. Jn knrzem Zwischenraiim
folgte der zweite Festzng mit den reichen
königl. Salonwägen, und cin dritter Zng
bestand aus dcr regelmäßigen Post. An
asten Stationen hatte sich das Landvolk
nnd die Schulfngend in festlichcr Klcidung
eiilgefunden und begrüßte dic Züge mi't
lautem Hurrah. Ju allen Kirchen der
an der Bahn liegenden Ortschaftcn läu-
tetcn dic Glockeij, und die Berge widcr-
hastten von Bösterschüsseii. Jedes Wärtcr-
häuschen zeigte sich in festlichcm Schmuck.
Kaum war in Salzburg der erstc Münche-
ucr Zng nach 1l Uhr cingetroffen, kam
auch schou um halb 12 Uhr der Kaiser
von Ocsterreich von Linz her angcfahren,
umgebcn von einer glänzenden Suite und
fünf Erzherzvgcn; eine Viertelstunde dar-
auf der König von Bapern init den kgl.
Prinzen. Bcide Monarcheii begrüßtcn sich
ausis Herzlichste, währcnd die Kaiionen
der Veste donnertcn und die Mnsikchörc
die österr. und bayer. Nationalhpinnen
spielten. Im Gesolge dcs Kaiscrs bemerkte
man niehrere nngarische Magnaten i'n ihren
goldverbrämten Natlonalcostümen. Die
Alpenstadt Salzburg begrüßte den Kvnig
von Bapern mit Enthusiasmus, während
bei Aiikuuft des Kaisers dcr Einpfang noch
Manches zn wünschen übrig ließ. Im
Salzburger Bahnhof ward ebenfalls eine
kirchliche Weihe vorgenommen, wozu die
ganze Garnison ausgerückt war. Nach
Bkeiidigung der Feier (l'/^ Uhr) wurden
die Münchener und Wiener Gäste auf
Kosten.dcr Stadt in ciner Halle des Bahn-
hofcü nu't einein feinen Mahle bcwirthet.
Während desselben crschienen auch der
Kaiser iind der König und wnrden zu ihrer

Hnldigung, sowie auf die Kaiserin, Toaste
aiiSgebracht. Um 3 Uhr Nachmittags ward
danii die Hciinfahrt angctrcten, währcnd
der könr'gl. Zug mit dem Kaiscr erst später
folgte. Bis dahin glänzte die Sonne in
hcststem Scheine; um 4 Uhr kam ein Ge-
witter init Hagel angezogcu, der die Fluren
und Berge in ein wcißes Gewand hüstte.
Jn München warteten Tausendc und Tau-
scnde von Menschen am Bahnhof, dcn
bengalischc Feuer erleuchtcten. Als die
Wägen mi't den Wiener nnd lsalzburger
Gästeu nahteu, erscholl vie Lnft von stür-
iiil'schcu Vi'vatrufcii. Dicselbe Ovation
wicderholte sich bei Ankunft der beiden
Monarchen. Der Kaiscr soll er'uige Tagc
hier blkiben nnd dic Kaiscrin vou Possen-
hofcn hei'inbeglcittn. . Der heiitige Tag
gi'lt für dic beidcu Nachbarstaaten mehr
als ti'ne gcwöhnliche Festli'chkeit.

Berlin, 10. Ang. Jc näher dl'c Ca-
tastrophe in Neapcl rückt, dcsto mchr
weudet sich die össcntliche Aufmcrksamkeit
der Haltuiig zu, welchc Prcußen und
Dcntschland den in Jtalieu drohendcn
Evcntualitäten gegenüber voranssichtlich
beobachten wcrdcn. Wir habeu, uin un-
begründeten Gerüchten zu begegnen, be-
reits wiederholcntlich bemerkt, daß der
prcnßi'scheii Negierung feder Gedanke, im
Vercin mit Nnßland odcr Ocstcrreich in
dcn Gang drr italienischeii Ercignisse ein-
greifen zu wosten, fcrn liegt und fern
liegcn muß. Prcußen hat sich darauf bc-
schränkt, durch sciiic Rathschläge in mäßi-
gendem nnd versöhnlichcm Siiiuc zu wir-
ken. Es muß, um unabsehbaren Verwick-
lungeu vorzubeugeu, wünschen, daß cs, der
neapolitanischen Dpnastie gelingen mögc,
durch Einführung und aufrichtige Haud-
habnng.constitutl'oncstcr Jnstitntionen den
Sturm zu beschwvren. Sostte der Gang
der Di'nge diesc Wünsche nicht erfüllen,
und die Revolution über den Thron der
Bonrboiien hinwcggehen und auch den
Ki'rchenstaat in dic italienische Einheits-
bcwegung hineinreißen, daiin ist es die
gebotene Pflicht Prcußcns und Dentsch-
lands, auch fernerhin das Prinzip nach
allen Seiten hin anfrecht zu erhalten, dcm
alle bcstehenden Negieruugen Jtaliens, dis
anf die piemontesische, geopfert wordeu
sind: das Prinzip der Nicht-Jlilervention.
Weiin dic Jtaliencr auch dann noch wci-
ter gebcn, und den Kampf nin die Au-
nerion Vcnedi'gs an deu großen italie-
nischen Ei'nheitsstaat beginncn wvsten, so
müsscn sie darauf gefaßt sein,. ihn astein
zu bestehrn und dlc ganzc Gcfahr und aste
Folgen cines für sie unglücklichen Aus-
ganges zu tragen. Prcußen und Dcutsch-
land könnten nie und niinmer dulden, daß
eine fremde, außer-italienische Macht, welche
es immer sei, an diescni Kampfe sich be-
thcilige. Jtalien, welches jetzt die Vor-
theile der Nicht-Intervcntion genießt, muß
auch wissen, däß es von nun an nur auf

feine eigrnett Kräfte, nicht auf äuswärtige
Hülfe zu zählcn hat.

Wien, 9. Aug. Daß gelegcittlich der
Zllsaminenkuiift in Töplich für den Fall
eines neuen Kricgcö in Jtalien eine Ver-
ständigung zwischcn Ocsterreich und Preu-
ßcn zn Stande gekomiiien ist, wird hicr
ni'cht mehr bczwcifelt. In dersclben soll
vorzugswcisc der.Fall ins Auge gefaßt
worden sein, daß sich Frankreich abermals
an dem Kriege betheiligt. Prcnßen würde
sich dann ni'cht ini't cinem bloßen Protcste
bcgnügen, sondcrn auch activ cinschreiten.
Für dcn Fall eines Krieges zwischcn Ocster-
reich und Sardl'iii'en ohne Einmischnng
Frankrcichs würde Preußen sich neutral
vcrhaltcn, da nicht daran gezwcifelt wird,
daß crsteres vostkomincn in der Lage ist,
uicht niik seineu Bcsißstand in Jtalien zn
vertheidigen, sondern anch aus der De-
fensive i'n die Offcnsive überzugehen. Es
inag sei'n, daß dieselbe nicht in dieser Form
aufgestellt worden ist, dies ändert jedoch
an dem Wesen dcr Sachc nichts. Preußen
wünscht Vcnetien der Krone Oesterreichs
erhaltcn zu sehcn, es wist abcr auch, daß
diesc der verderblichen Politik der Metter-
ni'ch'schen Schule desinitiv entsage.

, Wien, 9. Aug. Hcute wurde den hie-
sigen Zeitungsredactionen amtlich cnipfoh-
len, sich der Mittheilungeii über die Cv.
liiite-Verhandlnngen dcs Reichsrathes zu
cnthalten.

St,lzburg, 12. Ang., 3 Uhr Nach-
inittags. Die Feierlichkeir der Eröffnuug
der Wien-Miinchcncr Eisenbahn hat bei
schönstcm Wetter so eben stattgefunden.
Se. Maj. der Kaiser gcruhte bei dem Fest-
mahl den folgcnden Tn'nkspruch auszu-
bringcu „Die Feier des hentigen Tages
cröffnet cinc Epoche inächtigcn Verkehrs-
aufschwungs für weite gesegnete Länder.
Mögen sie sich in regem Wetteifcr und
steigendcni Gedeihen der Wohlfahrt der
neucn Verbinvung erfreuen! Aber diese
Fei'er, Sic Alle fühlen es mit Mir, be»
ansprucht noch einc höhere Bedcutung.
Deutsche Drnderstäinme sind es, die sich
von hente an näher treten. Oesterreichs
Söhne frenen sich, ihren Brüdern von
Bapern die Hand zu reichen, und ihnen
für ihre Liebe und Trcue zu danken. Und
dieselben Gefühle der Eiuigkeit, mit wel-
chen wir Nachbarn uns begrüßen, wir
widinen sie auch allen unsern deutschen
Stammes- und Bundesgenosscn. Jiidcm
Ich dcssen in diesem Kreise gedenke, kann
Ich Mich iii'cht cnthalten, Meine Gedan-
ken freudig znrückzuwenden zu dem Tagk,
an welchem Jch vor wenigen Wochen die
Hand des Prinz-Rcgenten von Prciißcn
ergriff, ziir Bekräftigung der einmüthiM
Gesinnungen, die Wir uns cntgegcnbrach-
ten. Jch bl'n überzeugt, daß Sie sich voa
ganzein Herzen uiit Mir vereinigen lver-
den zu eiuem dreifachen Festgrnß: Em
Hoch ineinem Köiiiglr'chen Bruder unv
 
Annotationen