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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0178

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dr'e Kraft miscier Sehncii uiid auf di'c
Begcisteriliig, die uiiscr Hcrz belebt. Dem
Schwerte, »i'cht aber dcn Fedcrn, deu
Kri'eqern, m'cht aber deu Di'plomatcn, inus-
sen wi'r f»r dic Zukunft vertraueu."

Wien, 16. Aug. Daö gcstrige Fest
,'m Augartcii, wozu di'e Lokalität, wi'e
vlcllci'cht kei'ue zwei'te, wi'e geschaffen war,
hat i'n jedcr Beziehuiig di'e Erwartungeii,
di'c man sich davon gcmacht, übcrtroffen.
E6 i'st unmögli'ch, ciii auch nur elni'ger-
maßcn zutreffeudes Vi'ld von dcm groß-
arti'gen Schauspi'cl zu geben, welches der
Augarten bvt, als er i'n der vollen Pracht
seincr buiitfarbl'grn Beleuchtung dastand,
und die vi'elen Tausende von Cl'nhcl'mi'schcn
und Frcmden, Kops an Kopf gedrängt,
denselbcn füllten. Wahrhaft magisch wirkte
auf die Stimmung der Mcngc der aus-
gezeichneteVortragtrefflicherGcsängcdurch
dic Wiener Licdertafel und patriotischer
Wcisen durch die verschicdenen Musikchöre
desMilitärs,ilamentIichder österreichischen,
prcußischen und baperischen Nationalhpmiik
»nd des Nadehkpmarsches. So oft na°
mentlich dieser ertönte, und es war mehr-
mals der Fall, ertöntc Iubelrlif vou Seite
der Massen. Das Vaterlandslied Arndt's
mußte auf stürmischcn Zuruf zweimal ge-
silngen werden. Das Feuerwerk crregte
dur'ch den patriotischen Wahlspruch, dcr
in Flammenschrift strahlend erschien, „Einig-
keit macht stark", die größte Begeisterung,
die stch noch steigcrtc, als plötzlich in cincr
zweitcn Figur der österreichische Doppelaar
obcn ,'n der Mittc, rechts und links die
Adlcr Preußens, und im Mittelfeld die
vereinigten Wappen Habsburgs und Wit-
telsbachs im Flammcnlicht crschienen. Die
bapcrischen Gäste wurden mit einer Auf-
merksamkeit behaudelt, dic nicht ihrcs Glei-
chen hat, illid allgemein dic dankbarste An-
crkeiinung von ihrer Seite fand.

Wien, 18. Aug. Während dic ofsi-
ciellen Delegramme meldcn, daß nur
wenige Garibaldianer in Calabricn ge-
landet seien und die Negieriing oder
eigentlich der Hof entschlossen sei, dcn
Kampf mit den Freischaaren aufzunehmen,
sind hier Privat-Telcgramme bekaunt,
welche an einige dcr ersteu Wiener Bank-
bäuser gerichtet warcn und in dencn es
heißt, daß die Garibaldiaiier bereits be-
deuteude Fortschritte auf dem Festlande
gemacht hättcn und allrr Wahrschei'nlich-
keit nach binnen Kurzem in Neapel ein-
ziehen würden. AchnlicheNachrichten warcn
auch an dcr Börse verbrcitet und wirkten
drückcnd anf die Notirungeii. — Die Cr-
richtung cincs Lagcrs bei Laibach für
50,000 Mann scheint stch zu bestätigen.
llcberhaupt herrscht scit ciniger Zcit anf
dem militärischeii Gebiete ein schr reges
Lebe». Jn allen Zweigcn dcr militäri-
schen Vcrwaltung gibt sich ei'ne crhöhte
Thätigkeit kund, und es wird immer
wahrscheinlicher, daß das Iahr 1860

nicht ruhig verlaufen wird. — Einiges
Aufsehen erregen hier dic Nüstiingen,
wclchc der Herzog von Modcna bctreibt.
Er wirbt Frei'willigc, kauft Pserde und
hat eine Proklamatu'ii au seiue Truppen
erlasseu, welche übrigcns grvßtciitheils
aus Freinden bcstehen, in dcr es heißen
soll, daß stc bi'nnen Kurzem in das Feld
geführt wcrdcn würdcn. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach hat dcr Herzog die
Abstcht, stinc Truppen mit der Armee
Lamorieicrs zu vcreinigen, sobald Gari-
baldi den Kirchenstaat bctritt.

Wien, l8. Aug. Jc nühcr wir dem
18. Aug. kamcn, desto lcbhaftcr träumte
alles von Consti'tiition. Groß und Klein,
Rcich und Arm, Adel und Bürgerthum,
kurz Allcs erwartetc mi't Zuverstcht, dcr
18. Aug. werde Oesterreichs Bürgcru
die langcrsehnte Reichsverfassung bringcn.
Daß unserc vaterländischc Prcssc diesc
Ncgung gauz ignorirte und daß diesclbc von
Akiißerungen und Wünschcn, dic täglich
von vielcn huiidkrttausend Lippen aüs-
gesprochen wurden, gar keine Notiz nahm,
kann Niemand wunder nehmen; denn es
ist cin öffentliches Gkheimniß, daß sämint-
liche Ncdaetionen dic Weisung crhaltcn
habei', dcr colistitutionellen Ncgiernngs-
form nicht das Wort zu redeu. Sonder-
bar! und dennoch dic größtc Ucbcrcin-
stlinmuiig. Millionen Seclen uiid' nur
Ein Gcdanke! Sogar die neue Minister-
listc circulirte schon, durchweg Namen
vom besten Klauge.

Dic ungarischen Zeitschriftcn besasseu
stch jetzt hauptsächlich mit dcm 20. Aug.,
alS dcm Fest des heil. Stephan, ersten
Königs der Ungarn. Es werdcu allc
Hebel angesetzt, um an di'esem Tag eine
recht wirksame „stille Demonstration" in
Scene zu setzcn. Alle magparischen Dlätter
plaidiren zu diefem Zweck, und Nicmand,
dcr dic Ereignisse der letzten'Monate mit
Ailfmcrksaiiikcit bcobachtete, wird bezwei-
feln, daß es nach all diesen Präiniffen
auch wirklich gclingcn wird, die beabsich-
tigte „stille Dcmonstration" mit Glanz
hervorzurufen. Wohin das alleS führen
soll uud wird? bcnierkt die Allg. Ztg. hierzu.

F r a n k r e i ch.

Paris, II.Ang. Dcr Bcp von Tunis
wird zur Zeit dcr Auwesenheit des Kai-
sers nach Algicr konimen. — In Nom
ist das Napoleonsfest gut vorübcrgcgan-
gen. — Garibaldiaiiische Manifestationeil
wurden vorhindert.

Marseillc, 18. Aug. Der Graf und
die Gräfin Aquila sind aus Neapel an
Bord der Corvctte Brestlia, die ein nea-
politanischcr Kriegsdampfer escortirte, hicr
eingetrosseii, und werden noch heute Abend
nach Paris abreisen.

B e l g t e tt.

Brüssel. Die patriotischc Idec des
Vcrfassers der „Carabiniers Belges" hat

im ganzen Lande aufrichtigen Beifall
und, was noch besser ist, bereits an inan-
chen Orten ihre praktische Verwi'rklichunq
gesunden. Jn mehrercn Städtcn haben
sich Carabiiiier-Vereine und nunmcbr >n
Brüffcl ein „Comite zur Landes-Vcrthei.
digung" gebildet, an dessen Spihc nebcn
mchreren Abgeordneten und anderen Nola-
bilitätcn der Präsident dcr Kammer, ver
treffliche Hcrr August Orts, stcht. Man
kaiin dcm muthvolleu Unternehmeu nur
bestcs Gedeihen wünschen.

Brüsiel, 18. Aug. I» Lüttich ist
ein Adjutant Garibaldi's angekommen und
hat daselbst auf Rechnung des heroischcn
Dictalors 20,000 Bomben in Bestcllung
gcgebcn.

G tt g l a n d.

London, 18. Aug. Dcpeschen aus
Neapel (so berichtet „Chronicle" mit
fetter Schrift an der Spitze seiner Spal-
ten) mclden, daß König Franz H. die ihm
voin Kaiser Franz Joseph angebotene Gast-
freundschaft angenommen hat, für den Fall,
daß Se. Maj. cs für räthlich haltcn sollte,
seinc Hauptstadt zu verlassen. Anderer-
scits erfahrcn wir aus Wien, daß daselbst
zuin Empfange des königlichen Flüchtlings
thatsächlich bereits Vorbereiiuiigcn.getroffcir
werden.

London, 21. Aug. Jm Unterhaus
bchauptete am Montag Palmerston,
die Maroniten (Christen) seien die
erstcn Angreifer gewcseu; selbst Thouvenel
habe denselben Berichr. Das rcchtfertige
abcr uicht die Grausamkeit der Drusen.

Z t a 1 i e n

Turin, 16. Aug. (Äaribaldi soll in
Cagliari angekommen scin. Bis z,ir
Stnnde hat noch keine bcträchtliche Lnn-
dnng in Neapel stattgefimden, abcr inan
glanbt, Garibaldi bercite sich vor, schon
i'n den nächsten Tagen ei'nen Schlag gcgcn
Nrapel zn führen. Die Lage der hiesigcn
Rcgiernng ist eigenthümlich genug. Sie
mnß Alles thun, was sie kann, mn Ga-
ribaldi zu verhindern, nach Neapel zu
kommen, nnd wenn die Plane bes Dic»
tators gclingen, ist ste gestürzt. Cavour
ist mit der Einhcit Italicns identistcirt,
er mag nuii Garibaldi's Plane bllligcn
oder nicht. Wenn dcr Anschlag auf Neapel
uicht geräth, mnß Cavvur stch ziirückziehen
und anderii Staatsmänncrii Platz machcii.

Turin, 20.- Aug. Wiuspeare wurdc
zum iieapolitanischen Gcsandlen in Turiu
ernaniit. Dic ofstcielle „Gazrtta" bn'ugt
das Circnlar für Bildung von Frciivä'
ligencorps dcr Nationalgarvc.

Mniland, 18. Aug. Die »P-Nc-
vcranza" meldet aus Messtna: „Dcr
Stellvertreter des dortigen Erzbischoss
sei anf Befehl Garibalvi's verhaflel und
vor ein Kriegsgericht gestcllt worden.
Garibaldi sei am 15. August am Bord
 
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