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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0375

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HeidMerger Tagblatt.

M 2Ä8.

lich. PreiS iiüiIIxierballimgSl'Iall vleric!-
lahrlich 36 kr.

Samstag, 2v» Octover

ili,eile oder derenRaun^wcrden m,i ^lr.

/X ^ Das badische Dlaubuch.

I.

Es ist mibrstri'ttkn kincr dkr grösttrn Vor-
züge vkrsasslingsniäßlg regi'ertkr nNd dnrch
eine Volksvkrtretnng berathencr Staatcn,
daß vvn Zeit zu Zeit der di'chte Schleier
sich Inftet, wclchen das Geschäftsgrhki'iiiiilß
über schwebende Sliigelegkiihciten wi'chtigcr
Art gcworfen hat.

England, der parlamklltari'sch geschnltrste
Staat ist hi'krin Eurvpa uiit eiiieui s^glan-
zcndkii Deispicl vorangegangcn, daß vor
dessen Schcin die fcinstcn Gewebe der licht-
scheuesten di'ploinatischen Spiiinen zu St.
Petcrsburg, Paris und Wien sichtbar wur-
den und der Benrthcilnng der Presse frci
gegeben waren.

Frcilich kaiin während der Daucr der
Verhandlungen solche Osscnheit weder vcr-
langt, noch gegebkii werdkn.

Dcnnoch glauben wir, daß wenn in der
Panse zwischcn dcr erstcn und zweitcn
Scndung des verstorbenen Staatsraths
Brunner, oder wcnn nach dtsscn Dode
vor dcr Abskndiing der Gesandschaft, welchc
schlicßlich das Concordatsoperat fertig rnit-
brachte, dem Vvlkc, wie jctzt geschicht, oder
dcn Ständen, vdcr anch nur einer gehciinen
Sitzung der bei'den Kaniniern ein solchcs
Blaubnch vorgelegt wordcn wäre, dcin
Staate cin Erklcckliches an Diätcn, dcin
Volke und seiiieni erhabenen Negcnten
üianche unrnhevollc Stnnde erspart wör-
den wäre.

Einc Anzahl von Briefniarkcn hätte cs
anch gctha»; — vi'elleicht wäre ihre Zahl
anch nicht übcr die Zahl von zwci ge-
koinine», wic iin vorlicgciidcn Falle.

Dcnn daß jctzt fnrs Erste die Corre-
spondciiz zwischcn dcin Mi'iiistcrinni dcs
Auswärtigen in Karlsrnhe und zwischcn
dcm päpstli'chcn Stnhlc scine Endschaft
erlangt habe, schei'nt ni'ckt nnr aus deren
Berösscntll'chnng dcrsclbcn zn eiitnchnicn,
soiidcrii anch anö dcm Jnhalte nnd der
Forin:

Wir berührcn hente in eiiiigen Wortcn
die lctztere, iiin die zähe RücksichtSIösigkei't
dcr röiiiischkn Kanzlei u»d ihrer l!e,'ter zn
kclinzcl'chnen.

Von der folgenwichti'gen Aendcrnng,
welche die ciiii'iientc Wahrheit dcr Land-
stände in dcn Coiicordatövcrhällnissen be-
wirkcn konnte nnd bcwirkt hatke, sobald
der Landcssürst, nm sciiieni Staatc dic

Wirrsal cines Zcrwürfnisses zwischen Fürst
und Volk, zwischen erstcr und zwcitcr
Kaninier zu ersparcn, wurde dcni hciligcn
Sruhlc uiitcr offencr Darlcgung dcr Ver-
hältiil'sse, unler Mitthcilung der Gesctzes-
vorschläge, durch welche scine Negicruiig
auch bci dcr nenen Lage der Dingc den
Wünschen der katholischen Kirche gerccht
werdcii will, ohne daß der Staat dabei
gcfährdet werde, Kenntniß gegebcn.

Dicsc Staatsschrift war in 'französischer
Sprache, alö di'^loinatischcs Aktenstück zwi-
schcn zwei Regierungen gcwechselt odrr an
einen Souveiän nnd dcssen Näthe gerich-
tet, abgcfaßt; — der Großhcrzog sclbst
richtete an den Papst ein eigciihändiges
Schrciben über die hochwichtige Angelegen-
heit. Auf Ictztcrcs erfolgte cin Antwort-
schreibcn dcs Papstcs an den Großhcrzog,
welchcö i'n dcm „blaucn Bnche" nicht nii't-
getheilt ist.

Wir köniicn dcßhalb nicht darübcr ur-
thrilcn, ob es in französischer oder latei-
nischcr Spdache, oder in italienischcr ab°
gefaßL sei, ob nach dcn Grlliidsätzcn der
röniisckcn Kirche der heil. Vatcr es um-
ging, den akatholischcn Fürsten als scineii
gelicbten Sohn anznrcdcn; — odcr ob
viellcicht ein inolzto prineops, nobili8 vir
(erlauchtcr Fürst, edler Mann) ans den
Formnlaricn der päpstlichcn Kanzlci anf-
getrieben worden sei.

Aber auf die Dcnkschrift dcr großh.
Negierung hatte dcr päpstliche Staats-
secretär in der diploiiiatischeil Sprache
jcncr Schrift zu antwortcn.

Cardinal Aiitoiielli schricb italienisch.
„^ncl >vbat. dill (lieoro? Uo 8poeleo
6reoli!"; so läßt Shakespeare die rö-
uiischcn Dürgcr reden.

Dcr ehrwürdige Cardinal hat sei'ncn
Schritt gewiß wohl ermcsscn.

Er that ihn nicht, wcil es ihm etwa
an Tollmetscherii scincr Gefühlc und Ge-
danken gefchlt hätte.

Zedcr Fonrier dcr französischcii Be-
satzung hätte ihm ja aushelfen köline».
Er that ihn, wie einst Titns die Jndcn
zn Jcrusalem lateiiiisch znr Uebcrgabe
anffordcrte. Die ganze Vcrhaiidlung hat
dcn Beigcschinack, als vb er sich dcn vor-
nchmcn Anstand gcbcn wvlltc, nicht als
Vcrtrctcr cincr Negiernng init dcm Lciter
ci'iler Negiernng zü corrcspondl'reii, son-
dern als Moiisignore Antoiiclli mit ci'ncm
sichcrn 1)i-. Stabel, dcr gegcnwärtig, abcr

sichcr nicht in des apostolischeu Stnhlss
Gnadcn, an dcr Spitze des Miiiistiriuins
dcs Aliswärtigcn sich besinde. Schon burch
diese Sorin war genügcnd bczeichnet, ipas
aus dcm Wege dcr Unterhandlnng, vder
gar der Bclchrnng! zu Nom zu crreichen
wäre.

So hat denn das großh. Miiii'sterium
noch cine Antwort gegebcn, aber sich weder
der italicnischcli, noch französischen Sprache
bkdient, sondern der vaterländischen.

Wir halten diesen Umstand nicht für
bcdeutungslos.

Jn hundert und hnndcrt denlschen Her-
zen wird cs wiederhallen:

„Das großh. Miiiisterium hat mit
dem Papste nnd scinen Cardinälcn
deutsch gesprochen."

D e u t s cb l a n d.

Karlsruhe, 18. Oct. Se. Königl.
Hohcit dcr Großherzog sind heute Nach-
niittag von Koblenz hier wieder einge-
troffcn.

Vom Neckar. Bekaiilitli'ch hat der
badische Handclstag, der im Mai d. I.
in Heidslberg tagte, den Beschlnß gcfaßt,
die Jnitiative für Ailbahnung eines all-
gcmeiiien dentschcn Handelstages zu er-
grcifen und mit dem Vollzug die Handels-
kammer in Heidelberg bcauftragt. So
vicl wir nnn ans gnter Quelle verneh-
nien, hat diese natlonale Jdee in allen
Gauen unseres Vaterlandes dcn freudig-
sten Anklang gefunden; beinahe sämmt-
liche Handelskammern haben dic Wichtig-
kcit, die Tragweitc ciiies allgemeiiien dcut-
schcn Handclstages' ancrkannt und sich
bereit erklärt, dcnselben durch Dcputirte
zu beschickcn. Die Frage, ob der Handels-
tag ein allgcmeiiler deutscher oder
cin auf die Zollvercin s-Staateil
nnter Znzng der Hansestädte be-
schränktcr scin solle, wurde dnrch Majo-
ritätsbeschlnß zu Gnnsten eines allgcmei-
ncn deutscheii entschiedcn. Als Vorvrt
wnrde Heidelberg beinahc einstimmig er-
wählt, indcm nur 14 Kanimern andere
Städte votirten. Die Confcreiizen wer-
dcn Mittc Mai nächsten Jahrcs begi'ilnen,
da bci den Massen von Vorarbeitcn eiir
früherer Zci'tpuiikt »icht wohl mögli'ch ifl,
davon abgesehen, daß bei der voraiissicht-
lich großen Thcilnahme selbsi aus deil
entfcrntesten Gegciidcn Dcutschlands, die
 
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