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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Oettingen, Wolfgang von: Die Düsseldorfer März-Ausstellungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0274

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Von kvolfganq von Dettingen,


Vürgermrister Sprenger mit Rat und Gemeinde geleiten vr. Vuggrnhngrn zur Einführung der Reformation

in die Andreaskirche, von Hermann prell.

ist das Tüchtige und auf die Dauer Wirkende, wie es
besonders die „Freie Vereinigung", wo eine weit strengere
Jury geherrscht hat, vorwiegend bringt. Es zeugt von
einem stetigen Fortschritt und einem gesunden künstleri-
schen Wettstreit, der nur selten durch das Jagen nach
Originalität und nach verblüffenden Wirkungen entstellt
wird. Man beobachtet mit Vergnügen, wie eine große
Anzahl von Künstlern fern von Manier und Schablone,
unbefangen und freimütig schafft, also ihre Persönlichkeit
frisch und kräftig zum Ausdruck bringt, ohne dabei zu
vergessen, daß für die Oeffentlichkeit doch nicht jede be-
liebige ihrer Aeußerungen taugt. Der lächerliche An-
spruch, das gebildete Publikum für alle bizarren Einfälle,
alle Versuche, Vorurteile und Neigungen irgend eines
noch ungegohrenen Talentes zu interessieren, wird hier
noch nicht ernstlich erhoben. Ueberhaupt ist es ja eine
alte Wahrheit, daß der Besitz eines umfassenden, aus-
geglichenen Könnens den Menschen von ungerechtfertigter
Willkür wie von extremen Einseitigkeiten zurückhält und
ihn zu der inneren Gesetzmäßigkeit führt, die allen gültigen
Geistern von jeher zu ihrem Werte und ihrem Wirken
verhalf, ohne ihre Eigenart zu ersticken.

Die „Freie Vereinigung" hat einen illustrierten
Katalog in Großquart ausgegeben, der dem Bericht-
erstatter zart andeutet, wie er sich zu verhalten habe.
Die Schlußvignette stellt nämlich, mit artiger Selbst-
ironisierung, zwei Adlerkücken vor, die soeben aus dem
Ei geschlüpft sind und einander im Strahlenkränze der
ausgehenden Sonne einen Lorbeerkranz streitig machen.

Wohl bekomme ihnen die bittere Speise, und mögen sie
ihren Kampf ruhig unter sich ausfechten! Die sogenannte
Kritik räumt ihnen willig das Feld, schon deshalb, weil
sie gleichmütiger und milder gesonnen ist als die
Kombattanten, und weil eine prächtige Zeichnung von
Arthur Kampf, die die Reihe der Abbildungen einleitet,
sie in dieser Gesinnung noch wesentlich bestärkt. Ein
kräftiger, nackter Genius, eine wahre Athletenfigur, greift
gelassen in die Speichen eines Rades, auf dessen Reifen
die Wandlungen in der Malerei verzeichnet stehen:
„Dunkel", „Idealismus", „Hell", „Realismus", „Im-
pression", „Mystik", „Idealismus" u. s. w. Ein Blick
auf seine Sanduhr lehrt ihn, daß eine Periode gerade
nahe am Ablaufen ist, und er schickt sich an, den Realis-
mus zu beseitigen, um die Vorboten des Idealismus
wieder emporzuheben. Es war eben alles schon einmal
da und alles hatte seine Berechtigung; darum werde von
unserem Berichte, nach dieser vorläufigen Orientierung,
eher geschildert als geurteilt. Wir gehen auch nicht
darauf aus, alle Meister und alle Bilder zu erwähnen,
sondern gedenken mehr die Richtungen und Absichten zu
charakterisieren, die sich hier äußern.

Beginnen wir mit der „Freien Vereinigung" und
lassen in ihr den Figurenmalern den Vortritt; das ist
nur gerecht, da sie den Landschaftern an Zahl weit
nachstehen. Willy Spatz ist mit vier Bildern erschienen
und vereinigt vor ihnen lebhaft bewegte Gruppen von
Beschauern. Es scheint, daß man ihn nicht recht ver-
steht und sich doch auch von ihm angezogen fühlt. Viel-
 
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