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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Kunstliteratur und verfielfältigende Kunst
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Personal- und Ateliernachrichten.

Ausstellungen und Sammlungen.

2Z7

* Dresden. In der Nacht vom 10. zum II. April ver-
starb nach kurzer schwerer Krankheit der Baurat Professor
Konstantin Lipsius. Am 20. Oktober 1832 zu Leipzig
geboren, erhielt er seine praktische und künstlerische Ausbildung an
der dortigen Baugewerksschule, an der Kunstakademie ebendort
und an der Kunstakademie zu Dresden (1851— 1854^, wo er
Schüler Hermann Nicolais war. Nachdem er auf einer Studien-
reise Venedig und Paris besucht hatte, liest er sich in Leipzig
nieder. Tort wurde er 1876 Direktor der Lauschule, 1881 wurde
er als Professor der Architektur an die kgl. Kunstakademie nach
Dresden berufen, seine Hauptwerke sind die Börse
zu Chemnitz, das Johannishospital in Leipzig, die
Johauncskirche zu Gera, die Peterskirche in Leipzig
und die kgl. Kunstakademie in Dresden, die eben
ihrer letzten Vollendung zugeführt wird und in
Kürze in Benützung genommen werden soll. Als
Schriftsteller Hai sich Lipsius bethätigt durch eine
Schrift über Gottfried Semper in seiner Bedeutung
als Architekt (Berlin 1880). Als Lehrer hat Lipsius
an Stelle der schüchternen feinsinnigen Renaissance
Nicolais, der ebensowenig ivie seine Schüler je zu
großen monumentalen 'Ausgaben gelangt ist, die
prunkvolle Bauweise Garniers, des Schöpfers der
Großen Xper in Paris, gesetzt. Die Schüleraus-
stellungen der Kunstakademie glichen in der Ab-
teilung für Architektur großartigen architektonischen
Wertbewerbungen. In dem gleichartigen, wuchtigen
und überladenen Stil ist auch die neue Kunstaka-
demie gehalten, wegen deren Lipsius manchen herben
Tadel geerntet hat. Als Mensch'wie alsLehrererfreute
sich der Verstorbene allgemeiner Liebe und Verehrung.

— Gestorben: In Berlin am 28. März
der Landschafts- und Architekturmaler Professor
Julius Helfft, geb. am 6. April 1818. In
Paris am 1. April der Kupferstecher und Radierer
Eugene Michel Joseph Aböl, 58 Jahre alt, der
Landschaftsmaler Ernest Lavalard, sowie im
Alter von 76 Jahren der Genrcmaler Eugene
Lejeune. In Lüttich der Bildhauer M. Harze,
in Moskau der 1830 geborene Landschasts- und
Genremaler Hiiarion Prasch nikos. In Stutt-
gart am 12. April der Kunslschriftsteller Ludwig
Pfau, geb. 1821. lsn»l

Ausstellungen und Sammlungen.

vr. U. Berlin. Im Festsaal des Rathauses
hat die Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft eine
Berlinische Knust-Ausstellung veranstaltet.

Darunter wird diesmal die Vorführung solcher
Bilder verstanden, die ihre Motive der Stadt Berlin
und ihrer näheren und weiteren Umgebung ent-
lehnen. Man hat aber etwas sehr weit gegriffen
und den Berlinischen Ursprung oft erst künstlich
in das Bild hineininterpretiert. So findet sich hier
neben dem „Picknick im Grunewald", neben dem
„Einsturz des Doms" ein „Herbstabend in der
Mark" und „Großmutters Vorlesung in einem Ber-
liner Interieur". Man hätte von einer berlinischen
Ausstellung freilich etwas ganz anderes erwarten
dürfen. Gewiß keine Rarilätenausstellung mit einem
Brötchen aus den Freiheitskriegen und einer
Flintenkugel aus dem Jahre 48. Für solche Ge-
schmacklosigkeiten existiert ja schon das Märkische
Museum. Eine berlinische Ausstellung, in der die
Bilder nicht wegen ihres künstlerischen Wertes, sondern wegen des
dargestellten Gegenstandes Aufnahme finden, kann nur historisch
interessieren und darf daher eigentlich bloß einen retrospektiven
Charakter tragen. Bildern, die das alte Berlin zeigen, hätte man
hier, ivo der Vergangenheit der schnell gewachsenen Stadt so emsig
und liebevoll nachgeforscht wird, das größte Interesse entgegen-
gebrachl. Solche Bilder sind gar nicht da. Dann wäre auch zu
einer Vorführung noch der richtige Zeitpunkt nicht verpaßt ge-
wesen: in Bildern zu zeigen, wie aus dem alten das moderne
Berlin heransgewachsen ist. Auch dafür bietet die Ausstellung
wenig Material, jedenfalls giebt sich dieser Gedanke nicht als
leitender zu erkennen. Hans Bohrdts Skizzen: „Wie Berlin
wächst" sind launig erfundene Illustrationen, aber sie sind keine
Urkunden zur Entwicklungsgeschichte der Stadt. So ist die Aus-

stellung kaum mehr, als ein flüchtig und ungründlich zusammcu-
gebrachter Verkaufsbazar. Übrigens sind auch einige gute Sachen da^
aber nicht gerade viel. Tie stets gefällige Nationalgalerie hat aus
ihrem Schatze Adolf Menzelscher Aquarelle einige berlinischen
Inhalts dargeliehen. Treffliche Arbeiten bringt wie immer
Franz Skarbina. Die stimmungsvollen Blätter der ans
doppeltem Gebiete so begabten Marie von Bunsen berühren
wieder aufs angenehmste. Ich erwähne noch die Bilder und
Aquarelle von Edel, Hans Herr mann, Albert Hertel,
Höniger, Lejser Uri, Uth. Für eine berlinische Ausstellung

Vrirfschrribrrin. von Theodor Schmidt.

sind merkwürdig wenig Porträts da, der Kaiser nur in einem
mäßigen Bilde, Kaiser Wilhelm I. und Fürst BiSmarck, die Berlin
erst zur Weltstadt gemacht haben, gar nicht. Dafür ist aber ein
Bildnis von Ernst Wichert da, man merkt, daß die Deutsche
Schriftsteller-Genossenschaft Veranstalterin der Ausstellung ist.
Lder sollte bei der Auswahl selbst der wenigen Porträts doch
ein Tendenzlein maßgebend gewesen sein? Als vollberechtigt be-
grüßen wir hier das Bildnis des jugendlichen Siebzigers Theodor
Fontane von Fechner, wenn eines, so gehört dieses in eine
berlinische Ausstellung. Noch zu einer anderen Erwägung giebt
diese berlinische Kunstausstellung Veranlassung. Wie selten kommt
man zu einer Kunstschau ins Rathaus und wohl noch nie ist die
Stadt selbst Kunstausstellerin gewesen. Die Stadl Berlin thut
wenig für die Kunst. Für ihre Sammlungen genügt ihr das
 
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