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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Kunstliteratur und verfielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0304

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Ausstellungen und Sammlungen. — vermischte Nachrichten.

altmodische Raritäten-KabiNett des Märkischen Museums, in dem
unter anderen hauptstädtischen Merkwürdigkeiten auch ein in einem
Berliner Käsig gestorbener Kanarienvogel sorglich ausgestopft be-
wahrt wird. Daß die malerische Ausschmückung des Rathauses
nun endlich bald beendigt sein wird, daß bei den städtischen
Bauten wenigstens die Berechtigung gewisser künstlerischer An-
sprüche anerkannt, daß gelegentlich ein Lchmnckbrunnen aufgestellt
wird, was bedeutet das alles in Vergleichung zu dem, was —
ganz abgesehen vom Auslande — andere kleinere und ärmere
Städte für ihre Kunstsammlungen thun. Eine große Anziehung
für die Fremden, von denen zahlreiche Berliner und ein nicht
geringer Teil der Berliner Industrie leben, bieten die öffentlichen
staatlichen Kunstsammlungen. Die Ltadt Berlin giebt dafür
keinen Groschen aus. lMsr;

— Magdeburg. Die Kunsthandlung von Albert
Rathke hier veranstaltet für die Zeit vom 15. Mai bis Ende
Juni eine Ausstellung von Werken moderner Künstler, der neueren
Richtung angehörend. Es wird dies die erste Ausstellung der
Modernen hier am Platze sein. M2Sj

j. 8. Berlin. In Gurlitts Knnstsalvn wurden wir
noch zum Schluß eines so ereignisreichen Äunstwinters durch die
erfreuliche Ausstellung der Arbeiten des Pariser Malers Henry
Marlin überrascht. Meines Wissens stellt er zum erstenmal in
Berlin aus. Da ist es gut, daß er sich mit einer größeren An-
zahl Bilder und darunter auch solchen älteren Datums einführt,
damit wir gewissenhaften und pedantischen deutschen Schulmeister
die Entwickelung sehen. Denn das haben mir nicht gern, wenn
uns jemand reis und fertig cnlgegenlritt, nur verfolgen ihn rück-
wärts, am liebsten bis zur Klippschule, um uns aus den Lehrern
und dem Lernapparat den späteren ganzen Kerl erklären zu
können. Was man so erklären nennt. Die sogenannte Ent-
wickelung ist bei Henry Martin sehr rasch vor sich gegangen. Er
fängt nicht vielversprechend an. Ein grauer Prometheus aus dem
Jahre 1888 ist recht schwach, nicht viel besser das Bild „Bann-
herzigkeit" aus demselben Jahre, ein brauner Mönch vor der Thür
eines Hauses, von einer großen blauen Engelserscheinung gefolgt.
Besser ist das Kücheninlericur mit der schlafenden Kochin von
1887. Aber es ist trotz entschieden besserer Färbung von geringer
Selbständigkeit und unfrei hingestrichen. Dann aber entwickelt
er sich rapide, zunächst bildet er sich eine eigene Technik aus, die
in flott tockierender Manier arbeitet. In den Bildern aus dem
Jahre 1893 zeigt sich diese Technik fertig ausgebildet, die Farbe
wird jetzt stark aufgetragen und breit hingesetzt. Das dürfte in
der bisherigen Entwickelung des Meisters der Höhepunkt sein.
Die 1894er Bilder sind keiner getüpfelt, aber es ist schon
etwas Manier zu erkennen, und dieser Eindruck wird verstärkt
durch die kranke graue Färbung in diesen jüngsten Bildern.
Vielfach malt er, und gerade in seinem guten Jahre 1893,
weibliche Halbfiguren mit beschattetem Gesicht, dem Beschauer
nahegerückt, vor einer sonnigen, Hellen Landschaft. Da ist
besonvers eine Eeres in dunkelviolettem Kleid hervorzuheben. Reiz-
voll ist ferner der lachende Mädchenkopf auf grünem Grund. Die
Landschaft ist stets mit größtem Geschmack gemalt, sowohl da,
wo sie sich als nebensächlicher Hintergrund unter die Hauptfigur
unterordnet, als da, wo sie selbständig wirken soll, wie in dem
entzückenden Wald mit dem roten Troubadour. Weniger ge-
lingen Martin religiöse Bilder. Die Madonna an der Krippe,
Christus und die Samariterin in einer Hellen Landschaft und die
Madonna mit dem Kind in einem gelben Feld sind ohne Em-
pfindung, und sie haben doch auch wieder keinen besonderen Wert
als koloristische oder sonstige Probleme. Die Bilder dieses Jahres,
„Feierabend", ein alter Mann in einem Hof, „Dämmerung", eine
junge Frau mit einem Kind auf dem Schoß in einem Hof, „Die
Rückkehr der Herde" sind in der überzarten grauen Färbung und
in der kleinlichen Tüpfelung von geringerer Wirkung. Gut
schließen sich der Ausstellung von Martin die Arbeiten von
Julius Exter und Paul Edel an. Edel ist mit mehreren
guten Pastellen vertreten, einem mystischen Nocturno mit einer
blauen Dame in verschwimmenden Formen, zwei sehr ansprechenden
norwegischen Landschaften und mit weiblichen Porträts. Julius
Exter ist uns von der letzten Ausstellung her ein guter Bekannter.
Er scheint viel zu produzieren, geht aber, wie es bei so frucht-
baren Künstlern häufig vorkommt, nicht immer eigene Wege.
Der große Kinderspielplatz ist stark im Sinne Liebermanns ge-
malt. Böcklins, Blocks u. a. Einflüsse möchte man in anderen
Bildern erkennen. Vieles ist doch recht flüchtig hingestrichen. Das
stimmungsvolle Bildchen „Am Klavier" hat mir gut gefallen,
ebenso der große auch in der Ausführung sorgfältige Hahnen-
kampf. Ein koloristisch höchst fein gestimmtes und trotz der nur

skizzenhaften Andeutung äußerst ansprechendes Bild ist das „gelbe"
Tamenporträt. Das „graue" ist dafür weniger geglückt. Immer-
hin ein starkes Talent, das anscheinend nur zu viel will und
wohl auch nicht immer weiß, was es wollen soll. jsii7j

L.-v. Darmstadt. Die großherzogl. Gemäldegalerie hat
Grützners „Weinprobe" sowie die Kartonzeichnung „Hunncn-
schlacht" (zu Ekkehard) von Wilh. Diez erworben. lsiisl
— Stuttgart. Der Verein bildender Künstler in
München (Secession) wird hier von Mitte Mai bis Ende
Juni eine Kunstausstellung veranstalten, die voraussichtlich im
neuen Flügel des kgl. Museums der bildenden Künste, wo 1891
die „Internationale Ausstellung" stattfand, nntergebracht werden
wird. fskooj

— Lemberg. Der Knnstpalast der am 1. Juni zu er-
öffnenden Landesausstellung wird eine hochbedeutsame Ausstellung
der besten Werke der polnischen Malerei dieses Jahrhunderts, ins-
besondere der Gegenwart enthalten. Ein eigener, mausoleumartiger
Pavillon wird sämtliche Werke Matejkos vereinigen. Nicht weit
davon stellen zwei verdiente Meister, Styka und Kvssak, ein
kolossales Rundgcmülde aus, welches die vor hundert Jahren von
ÄoSciuszko gewonnene Schlacht bei Raclawice darstellt. lsosgj
— Barcelona. Auf der Ende April zu eröffnenden
Internationalen Kunstausstellung wird die Münchener Kunst mit
65 Werken von 41 Künstlern vertreten sein. j3k08j

— München. In unsrer letzten Nummer berichteten wir
von einer Petition, welche die Münchener Künstlergenossenschaft
in Gemeinschaft mit der Secession bezüglich des figürlichen
Schmuckes des hier im Ban befindlichen Justizpalastes, an den
Landtag gerichtet hat. Diese Petition gelangte im Finanzausschuß
der bayer. Abgeordnetenkammer vor kurzem zur Beratung, ^.rotz
der warmen Fürsprache, die der Eingabe von einigen Abgeord-
neten und auch von dem Erbauer des Justizpalastes Professor
Thiersch, zu teil wurde, verstand sich der Finanzausschuß.nicht
dazu, dieselbe der Regierung zur Würdigung zu überweisen,
sondern beschloß darüber zur Tagesordnung überzugehen. Die
nach den Entwürfen des Professor Thiersch für die künstlerische
Ausstattung anfznwendenden Mittel würden ungefähr 550,000 M.
betragen. Es ist zu wünschen, daß die Angelegenheit durch das
ablehnende Verhalten des Finanzausschußes noch nicht endgültig
erledigt ist, sondern daß dieselbe im Plenum noch einmal zur aus-
führlicheren Erörterung kommt. IMWj

— München. Tie Künstlergenossenschaft hielt am
6. April ihre ordentliche Generalversammlung ab. Die einzelnen
Punkte der Tagesordnung betrafen vorwiegend geschäftliche Mit-
teilungen des Vorstandes, aus denen das Nachstehende hervor-
zuheben ist. Die Genossenschaft zählt zur Zeit 919 Mitglieder
(37 Ehrenmitglieder, 803 ordentliche, 79 außerordentliche Mit-
glieder, unter letzteren 73 Künstlerinnen; 172 Mitglieder wohnen
nicht in München). — Die Jahresausstellnng 1893 war mit
2329 Werken beschickt, von welchen 288 —11"/„ aller verkäuflichen
Werke um die Gesamtsumme von 388,329 M. verkauft wurden.
Die Ausstellung schließt mit einem Überschuß von 20,736 M. —
Die ständige Ausstellung am Königsplatz war mit 706 Werken
beschickt, von welchen 163 —23"/„ um den Betrag von 59,274 M.
abgesetzt wurden. — Das rentierliche Genossenschaftsvermögen
beträgt 189,533 M., die Mehrung desselben im Jahre 1893 be-
trug 14,023 M.— Der Bericht über die Verwaltung wurde ein-
stimmig genehmigt und dem Kassier, beziehungsweise dem Vor-
stand, auf Antrag der Kassarevisoren Decharge erteilt. — Die
Historische Sammlung enthält über 4000 Nummern; der Stand
der Bibliothek weist 550 Werke auf. — Die Wahlprüfungs-
Kommission wurde, den Vorschlägen des Vorstandes entsprechend,
durch Acclamation gewählt. — Die Geschäftsordnung für die
Wahlversammlung der Maler-Jury fand einstimmige Genehmigung.

— Die Ausführung geplanter Reformen in der ständigen Aus-
stellung am Königsplatz wurde in provisorischer Weise dem Vor-
stand anheimgegeben mit der Bestimmung, daß ein definitiver
Entscheid durch eine spätere Generalversammlung getroffen werde.

— Bezüglich des Künstlerhauses teilte der Vorsitzende mit, daß

von dem Erbauer, Herrn Professor Gabriel Seidl, gegenwärtig
ein Modell angefertigt wird. lsriii

— München. Der Künstier-Nnterstütznngs-Berein
hielt am 28. März seine ordentliche Generalversammlung ab. Das
Vermögen des Vereins beträgt jetzt nahezu eine Million, die Mit-
 
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