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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur und verfielfältigende Kunst - Vermischte Nachrichten - Denkmäler
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Personal- und Ateliernachrichten. — Ausstellungen und Sammlungen. — Kunstlitteratur.

^ Berlin. Von der Ausstellung. Tie diesjährige große
Kunstausstellung ist trotz der zahlreichen „Konkurrenz-Ausstellungen"
äußerst lebhaft beschickt worden. Abgesehen von einer großen und
reichen Sammlung von Werken der Kunstindustrie, zu der von
München, Wien, Dresden, Frankfurt a. M., Stuttgart ui a. O.
die bedeutendsten Einsendungen gemacht wurden, gelangten über
3500 Werke der Malerei, Bildhauerei, der graphischen Kunst und
aus dem Gebiete der Baukunst zur Einlieferung. Tie Berliner
Jurh wies über 1200 Werke ab, so daß, von der Kunstindustrie
abgesehen, immerhin über 2300 Werke der bildenden Kunst zur
Ausstellung kamen. Die Berliner Künstlerschaft scheint nicht be-
sonders glücklich vertreten zu sein; erheblich vorteilhafter dagegen
Düsseldorf und Italien, letzteres verstärkt durch daselbst wohnende
spanische Künstler, wie Villegas u. a. — Ein ganz interessantes
Werk, das der Besucher viele um sich scharen wird, ist das des
Malers Klein-Chevalier-Düsseldorf, der seinen Mißerfolg
mit dem Werke der „Einweihung des Niederwald-Denkmals" wieder
wett macht. Es hat eine Episode aus dem Leben Neros zum
Vorwurf; „Nero versuchte seine Mutter Agrippina zu ertränken.
Fischer fanden die Unglückliche auf und brachten sie nach dem
Palast, als der Kaiser ein Bacchanal feierte". Die Komposition
ist äußerst gelungen und das Kolorit in prunkenden Farben". —
Von vier Berliner und einem Karlsruher Meister sind Sonder-
ausstellungen veranstaltet. Friedrich Kallmorgen-Karlsruhe
sandte 16 Werke. Ebensoviele, zum Teil erheblich mehr, lieferten
Louis Douzette, Fischer-Cörlin, H offmann-Fallers-
leben und KarlLudwig, sämtlich Hierselbst wohnhaft, zu ihren
Spezial-Ausstellungen. — Die Idee, das Knnstgewerbe mit den
Kunstausstellungen zu verquicken, ist nicht neu. Auch die Akademie
der Künste hatte bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Aus-
stellungen arrangiert, auf denen das Kunstgewerbe vertreten war,
und 1886 gelegentlich ihrer Jubelausstellung räumte sie der Kunst-
industrie, der schmückenden Kleinkunst, einen hervorragenden Platz
ein. — Den Besuchern der Ausstellung wird eine Abwechslung
in den großen Ausstellungsräumen sehr angenehm sein; indessen
dürfte eine zu große Bevorzugung des Kunstgewerbes bei Kunst-
ausstellungen nicht gerade geboten sein. — In denjenigen Künstler-
kreisen, denen eine Abweisung der Jury zuteil geworden ist, gährt
es auch in diesem Jahre. Es wird, wie man hört, beabsichtigt,
Beschwerde beim Kultusminister zu führen und bei erfolglosem
Verlauf in einer Immediateingabe an den Kaiser gegen das Urteil
der Jury Berufung einzulegen.

— München. Die Ausstellungsleitung der diesjährigen
Ausstellung im Glaspalast besteht aus dem derzeitigen Vorstand
der „Münchener Künstler-Genossenschaft" und folgenden kooptierten
Mitgliedern: den Professoren A. Echtler, W. Firle, I. Ungerer,
L. Willroider, den Herren A. Delug, G. Hensinger, I. Rosen.
Die Maler-Jury setzt sich zusammen ans den Herren A. Andersen-
Lundby, Prof. L. Willroider, K. Blos, Prof. K. Marr, M. Grön-
vold, I. Schmitzberger, I. v. Gietl, R. Falkenberg, Prof. A.
Echtler, als Ersatzmänner sind gewählt worden: G. Schuster-
Woldan, K. Kuabl, CH. Palmie, Frh. v. Cederström, G. Füget
und G. Dehn. M^l

— Paris. Der diesjährige Salon Champ-de-Mars ist
am 2b. April eröffnet worden. Der Katalog weist an Gemälden
1201 Nummern auf. Die Abteilung Zeichnungen, Aquarelle rc.
ist mit ca. 500 Nummern vertreten, Skulpturen sind 135 aus-
gestellt. Ausl

I)r. kt. Berlin. Wenn sich an anderen Orten die Künstler
zusamntenthun, so nennt man das Verein der Künstler oder
Künstlergenossenschaft, in Düsseldorf aber heißt es Malkasten.
Stellen sich anderswo Künstler zu gemeinschaftlichen Ausstellungen
zusammen, so nennen sie sich Klub der XI oder der XXIV, in
Düsseldorf aber nimmt man den Namen dann von Sankt Lukas,
dem Schutzpatron der Maler. Diese Benennung ist charakteristisch
für die rheinische Kunststadt, sie zeigt, wie im jungen Düsseldorf,
das sich doch so gerne jetzt der frühesten Secession rühmt, ein
gutes Stück vom alten steckt. Ter Mummenschanz und die Mai-
bowlen modeln auch heute noch an der Düsseldorfer Kunst. Er-
klingt und singt vom rheinischen Treiben auch noch in die Arbeits-
zeit hinein, und wäre es nur eine stimmungmachende Erinnerung.
Man zögert zu entscheidenden Schritten unter häufigem Rückwärts-
sehen. Auch wer sich hier jung und modern fühlt, thut es doch
nur als bequemer Rheinländer. Die vom St. Lukas-Klub haben
bei Schulte ausgestellt. Nicht jedem, der vor dem Heiligen kniet,

wird er zum günstigen Fürsprech. Einigen aber hat die Anrufung
genützt. So Willy Spatz. Das Bild heißt „Hängewiege". Zwei
schwarzhaarige, rotgekleidele Engel schaukeln ein Kind in einer an
Stricken ausgehängten Wiege. Wenn man auch rät, welches Kind
es sein soll, so beansprucht das Bild doch keineswegs Geltung
als religiöse Darstellung. Aber es ist bei guter Zeichnung er-
quicklich in der Farbe. Größere Ansprüche erhebt Arthur K am Pf,
und sie werden ihm auch zuerkannt. Er ist uns kein Fremder
und wird als ernsthafter Historienmaler geschätzt. Als solcher er-
scheint er diesmal nicht, aber in vielfacher anderer Gestalt. Der
„Todeskuß" zeigt vor einer hellblaugrünen Hauswand auf einem
Lehnstuhl sitzend ein elendes, mageres Weib in rosa Jacke, das
schemenhafte Schattenbild des Todes hinter ihr küßt sie und ent-
hebt sie mit diesem Kuß aller Not. Neben ihr der Mann mit
dem neugeborenen Kind, beide lachend. Zur Seite ein dürftiges
Feld mit zwei pickenden Hühnern. Ein alter mystischer Vorwurf
in nur wenig veränderter Einkleidung. Vielleicht ist die diesmal
ungesuchte Innigkeit ein Stückchen altdüsseldorfer Erbsünde, die
im modernen Kleid so anheimelt. Kampfs „Zwerg" auf einem Stuhl
kauernd, und der alte Herr, mit einer chinesischen Pagode spielend,
sind etwas gesuchte Gegenstände. Koloristisch wirkt namentlich das
letzte Bild gut. TheodorRocholls „Waldrast" — ein Kürassier,
der sein Pferd aus einem Waldteich trinken läßt — ist doch sehr
klotzig gemalt mit den aufdringlichen Lichtern auf dem Pferd und
dem Wasser. Von den Landschaftern geht wohl Olof Jernberg
den besten Weg, er ist mit mehreren Bildern da, die alle gleich-
mäßig ansprechen. Eugen Kampfs „Kartoffelernte" in bläulichem
Ton, Helmuth Liesegangs freundliche Landschaft mit etwas
schwerem Duft, G. Wendlings ernsthafte „Marinen", Anton
Henkes „Mondschein im Felde" sind alles treffliche Leistungen,
dabei doch nichts so Außerordentliches, daß man sagen könnte,
hierin liegt die Stärke der Düsseldorfer. Auch Heinrich Her-
manns' „Amsterdamer Stadtbild bei Abcndstimmung" und sein
„Interieur" gehören zu den vielbehandelten Gegenständen, die
man anderSwo schon früher gesehen hat. „Tie Sirenen" von Ale-
xander Frenz, eine Versammlung verlockend schöner Mädchen,
gefallen mir bis aus den Titel des Bildes. Im St.Lukasklub wird auch
ein Weniges in anderen Techniken gearbeitet. So weiß ArthurKampf
ans braunem Grund sehr hübsche Darstellungen herauszuschaben.
Seine Radierung „Ein Traum" erinnert in der wilden Phantastik
an die unheimlichen Gebilde des Spaniers Goya. In der radierten
Wintcrlandschast von Eugen Kampf ist der Schneehimmel in Aqua-
tintamanier trefflich wiedergcgeben. Wir sind den Düsseldorfern
dankbar, daß sie mit dieser Ausstellung zu uns gekommen sind.
Daß wir nicht alles mit gleicher Freude betrachten, werden sie
auch nicht erwartet haben. Daß sie in dieser kleinen Aus-
wahl sich keineswegs als geschlossene Gruppe mit bestimmtem Ziel
zu erkennen geben, das wird ihnen als schlimmster Vorwurf ge-
sagt werden müssen. — In den vorderen Sälen bei Schulte war
wieder eines der guten Bildnisse vom Grafen Harrach. So
wenig seine Auffassung und seine Malweise meiner persönlichen
Sympathie nahesteht, es imponiert doch immer wieder der große
Emst in den Bildern des Grafen Harrach, der auch als Künstler
im besten Linne Aristokrat bleibt. Ein rosenrotes Bild von Carl
Gut Herz, „Am Abend des sechsten Tages", bezeichnet Paris 1893,
findet den verdienten Beifall der jüngsten Damen. Carl Scherres
hat wieder eine „Überschwemmung" gemalt. Die Aquarelle von
C. Kappstein, landschaftliche Motive aus Sizilien darstellend,
werden in dem, der die Insel kennt, wenigstens durch die Unter-
schriften angenehme Reiseerinnerungen wecken. Tie beiden großen
Landschaften von P. Müllcr-Kämpff „Spätherbst" mit rot-
belaubten Bäumen auf gelbgrüner Heide, und „Der Herbstwind"
mit dem unheimlichen schwarzen Reiter in einsamer Gegend, sind
vielleicht zu gewollt ernsthaft, aber immerhin auch ernst zu nehmen.

' 1°. kt. „Ausschmückung des Interieurs des k. k. kunst-
historischen Hof-Museums in Wien" betitelt sich ein bei Schroll
dort erschienener Band von 30 Lichtdrucken, welche uns die
schönsten Decken und Wanddckorationen der Bildcrsäle wicdcr-
geben (Preis 26 M.). Man steht da einer wahren Fülle von
reizenden, meist Plastik mit Malerei verbindenden Erfindungen
in italienischem Renaissancestil gegenüber, welche dem Hasc-
mann'schcn Bau zu besonderer Zierde gereichen und die wir
daher Architekten und Dekorationsmalern ganz speziell empfehlen
möchten. 162»)
 
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