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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Kohut, Adolph: Die Memoiren eines 83jährigen Bildhauers
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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Preisausschreiben - Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0481

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Z78 Die Memoiren eines 8Z jährigen Bildhauers. — Personal- u. Ateliernachrichten. — Ausstellungen u. Sammlungen.

die höhere Würde und den Zweck anbelangt, sonst halte
er diese Würde zu wahren gewußt und hätte getrachtet,
diesen Bedingnissen nachzukommen, statt der über-
triebenen materiellen Richtung zu huldigen und den
geschichtlichen Vorstellungen auch noch Unwahrheiten
einzumengen. Die Kunst hat ja die Aufgabe, das Volk
mitzubilden; es soll daher die erste Lebensbedingung,
sowie erste Pflicht des Künstlers sein, die Moral bei
sich, aber auch besonders bei der Wahl seiner Dar-
stellungen, ins Auge zu fassen. Wo das Erhabene
außer acht gelassen wird, ist der höhere Zweck ver-
fehlt. . . Es hat mir immer Weh gethan, wenn ich
sah, daß begabte Künstler sich leidenschaftlich einer un-
würdigen Richtung Hingaben und absichtlich bei der
Wahl ihrer Stoffe die Moral nicht beobachteten, sondern
nur den Zauber des sinnlichen Reizes aufboten, um
bei den lüsternen Menschen Beifall zu ernten, oder
gar die geschichtlichen Stoffe zu verdrehen. Der Künstler
soll nicht nach dem gewöhnlichen Beifall buhlen, sondern
jederzeit das Höhere im Auge haben."

— Berlin. Der Kaiser hat Professor Anton v. Werner
mit der Ausführung eines Bildes beauftragt, welches das
neunzigste Geburtsfest des Grafen Moltke zum Gegenstand
haben soll. lbsso;

— München. Die bekannte hiesige Künstlerin Frau
Luise Max-Ehrler hatte in Bern das Unglück, infolge eines
Fehltrittes zu stürzen und den Fuß zu brechen. lbssq

— Berlin. Der Erbauer des Reichstagsgebäudes und
künftige Professor an der Dresdener Akademie, Baurat Wallot, ist
von der Universität Gießen durch die Verleihung des Titels eines
Or. pbil. bouoris causa ausgezeichnet worden. Das Diplom
soll am Tage der Einweihung des Reichstagsgebäudes überreicht
werden.

— Freiburg i. Br. Dem Vernehmen nach beabsichtigt
die hiesige Universität, das seit Jahren verwaiste, zu den freien
Künsten gehörende Fach eines akademischen Malers mit dem
Beginn des Wintersemesters neu zu besetzen. l3537(

— Berlin. Münsterbaumeister Professor Dr. v. Beyer
in Ulm ist zum außerordentlichen Mitglieds der kgl. Akademie
des Bauwesens in Berlin ernannt worden. l3S4?i

k. H. In George Jnneß, der jüngst im Alter von
69 Jahren in Schottland, wohin er sich zur Kräftigung seiner
Gesundheit begeben hatte, gestorbek ist, verliert Amerika einen
seiner bedeutendsten und jedenfalls der merkwürdigsten Land
schaftsmaler. Ein Künstler, der alles aus sich selbst zu schöpfen,
der nichts andern zu verdanken schien, als ganze regelmäßige
Schulung einen Monat Unterricht ini Atelier des Malers Regis
Gignoux empfangen hatte, wäre heute auch in diesem Lande,
wo seither Akademien, Zeichen-, Modellier- und Malschulen in
Massen gegründet wurden, kaum denkbar. Vielleicht beruht auf
diesem Mangel an akademischer Schulung, den Jnneß übrigens
durch zwei längere Studienreisen in Europa abznschwächen
wußte, sein größter Vorzug, seine Unmittelbarkeit, seine Unab-
hängigkeit von aller Ueberlieferung. In seinen besten Bildern
hat man die Empfindung, als hätte er die Natur ohne störende
Vermittlung belauschen dürfen. Seine künstlerische Thätigkeit zer-
fällt in zwei Perioden. Und wie alles ungewöhnlich und merk-
würdig an diesem Manne, so sind auch sie es. Die erste, ge-
wöhnlich die Zeit des Himmelstürmens, überguellender Kraft bei
weniger sicherer Beherrschung der Technik, weist bei ihm gerade
die genaueste Beobachtung der Details, die größte Sorgfalt in
der Ausführung und eine, bei einem so jungen Autodidakten
förmlich unheimliche, freie Verfügung über alle technischen Hilfs-
mittel auf: die zweite, ohne daß wir eine direkte Beeinflussung
durch die Barbizon-Schule und die Pleinairmaler entdecken könnten,
läßt ihn als überzeugten Vertreter des Wahren in der Natur
auf Kosten der glatten Ausführung erscheinen. Wenn nötig,
würde Jnneß so den Beweis liefern, " daß^die moderne Richtung

in der Landschaftsmalerei nicht? Willkürliches, sondern im Zug
der Zeit begründet sei. Die Bilder ans dieser zweiten Hälfte
feines Schaffens, die ungefähr vom Anfang der siebziger Jahre
datiert, zeichnen sich durch eine wunderbare Behandlung der
Atmosphäre, durch einen großen Zug in der Auffassung und
durch eine genaue Beobachtung amerikanischer Licht- und Farben-
wirkungen aus. Seine Wiege stand in Newburgh am Hudson,
in dem malerischsten aller Hügelländer. Die leuchtenden Tinten,
die jene Hügel im Herbst annehmen, hat keiner so wie er wieder-
zugeben gewußt. „Seine letzten Lebensjahre verlebte er in einem
lieblich gelegenen Örtchen „Montclair", unfern von New Dark,
wo er eine kleine Künstler-Kolonie um sich versammelte. Seit
im Jahre 67 sein „Amerikanischer Sonnenuntergang" auf der
Pariser Weltausstellung die Aufmerksamkeit auf diesen Selfmade-
man unter den überseeischen Künstlern lenkte, ist er auch in
Europa gekannt und geachtet. Die neue Pinakothek in München
besitzt ein Bild von ihm. Zu seinen besten Gemälden gehören
„Delaware Water Gap", „Nach dem Sturm", „Sonnenschein
und Schatten im Sommer", „Sonnenuntergang an der See-
küste" re. Er hatte die Empfindung eines echten Poeten und
die Hand eines großen Künstlers. Gegen schwere Hindernisse
ankämpfend (er litt in seiner Jugend an einem gefährlichen
Nervenleiden, einer Anlage zur Epilepsie) erreichte er sein Ziel.
Er war einer der wenigen Propheten, die in ihrem Vaterlande
geschätzt werden. Kein amerikanischer Sammler hält seine Galerie
für vollständig, wenn sie nicht einige Proben von Jnneß' Kunst
aufweist. Die Person von George Jnneß verschwand "vollständig
hinter dem Künstler. Wohl durch seinen Gesundheitszustand be-
einflußt, führte er stets ein zurückgezogenes Leben. Nur wenige,
meist Knnstgenossen, die seinen selbstgewählten Verbannungsort
in Montclair teilen dursten, wissen von ihm, daß er ein liebens-
würdiger, heiterer und hilfsbereiter Mensch gewesen ist. i^Lsi
— Wien. In Aufsee ist am 13. August der Landschafts-
maler und Radierer Remi van Haanen gestorben. Am
5. Januar 1812 zu Oosterhout (Nordbrabant) geboren, siedelte
er im Jahre 1836 nach Wien über, von wo ihn Reifen durch
fast ganz Europa führten. Sein Kunstgebiet war die Stimmungs-
jandfchaft, zumeist Mondschein- und Winterbilder. Die Berliner
Nationalgalerie besitzt von dem Verstorbenen ein Werk der letzteren
Gattung, das ursprünglich der Wagenerschen Sammlung an-
gehörte. >35411

— Gestorben: In seiner Heimat Holzkirchen der in
Berlin ansäfsige Bildhauer Mathias Vordermayer; in
Modena der Maler Giovanni Muzzioli, 40 Jahre alt; in
Rouen im Alter von 64 Jahren der Maler und Radierer Emile
Frcderic Nicolle; in Paris der französische Marinemaler
Pierre Emile Berthelemp, 1818 in Rouen geboren; am
31. Juli in Genf der dortige Architekt John Camoletti; in
Gmunden im Alter von 38 Jahren der Bildhauer Leopold
Gigl, einer der begabtesten Schüler Rätters. 1354»!

— Berlin. Dem Vernehmen nach wird die National-
galerie im Oktober d. I. eine Sonderausstellung von Werken des
jüngst verstorbenen Prof. Bruno Piglhein veranstalten. lss48>
— Wien. Das hiesige Museum für Kunst und
Industrie beabsichtigt im Winter 1895/96 eine Ausstellung zu
veranstalten, welche die Zeit des „Wiener Kongresses" dem
Beschauer vor Augen führen soll. In ihr sollen zunächst alle
Porträts derjenigen Persönlichkeiten vereinigt werden, die zu dem
Kongreß in irgend einer Weise in Beziehung gestanden oder die
in dem damaligen gesellschaftlichen Leben Wiens irgend eine Rolle
gespielt haben. Sodann sollen durch zeitgenössische Kunstwerke
und Publikationen der Kongreß sowohl "als die Festlichkeiten,
Paraden re. rc. veranschaulicht werden, die derselbe im Gefolge
gehabt hat. Eine Ausstellung damaliger Kostüme, Uniformen und
eine Sammlung von Möbeln, Geräten, Stoffen, Stickereien rc. rc.
sollen den äußeren Rahmen des Ganzen abgeben. isss»;

— Madrid. Die Infantin Donna Paz hat ihr auf
der Kunstausstellung zu Barcelona mit dem höchsten Preise aus-
gezeichnetes Porträt aus der Hand Franz von Lenbachs
dem Stadtrat von Madrid zum Geschenk gemacht. !35S9>

— Berlin. Die „Verbindung für historische Kunst" hat
auf der hiesigen großen Kunst-Ausstellung das Gemälde „General
Tillps Verwundung", ein Werk des Münchener Historienmalers
P. F. Messerschmitt, erworben. psisi
 
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