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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 1 (Januar 1928)
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Oppermann, Alfred: Kritik am Kunstunterricht
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Petersen, Benno: Ornamentzeichnen?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0015

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2ch, die Eittüeckluig üeS 2ch in öer Welt ansehen,
dnnn l>eh! »>nn dnS 3ch sich zum KoSmoS nnsdehnen,
wnhlend die Well der Elscheinllng zu flntterhnfler
Bcdeiiliuig hernbjlnkk MindestenS sino aber nlle
prlnzipien, alle SpnnniuigSverhältnisse im mii
derselben Krnft tnlig, wie in üer Welt der Snchen.
Es isl nlso gnrnichl eine Erschiitterung der Logik,
wie sie °prof. Litt zn befürchten scheint, dem die

Gefahr einer „Pcuiäslhelisieriuig" besonders bedroh-
lich dünltt, svndern die Vecsetziing der Logik an einc
nndere Slelle, die wir wollen. And es scheint, als
ob die Logik an dieser Slelle im Znnern des Ich
nicht verlieren, sondern gewinnen kann. 2n dleser
Ueberzeugung dürfen ivir den eingeschlngenen Weg
weiler verfolgen mit dem Verlrauen auf seine Men-
schenwürdigkelt und Nakurgesehlichkeit.

Ornarnentzeichnen?

Von Benno Pet

Die Anlwort auf die Frage, ob dns Ornament-
zeichnen heuke noch Dnseinsberechtigung in der
Ech»le hnt, fällt beslimmt lm negnliven Sinne nus,
ivenn wir zlinüchst die wirtschnslliche Nokwendig-
lieit in der richtigen Erkenittnis unseres rakionellen
und snchlichen ZeitalterS iinkersuchen. —

Wns hnt dnS Ornnineitt dem modernen Menschen
noch zu jngen? Prüfen wir unsere Umgebung auf den
Wert ornnmenlnlen Schmucks und reinigen unsere
Formvoijtellungen von dem Bnllnst der Trndilion,
Len Slilnrlen nller llnhrhunderle, der Bolkskunsl
und deik Arodeschöpfungen des Knnstgewerbes! —
Die üsthelische Gestnlliuig unserer Umgebung ist nichl
mehr nbhängig von humnnislischen lüdenlen, nuch
dvininierl nichl mehr der kunslgeiverbliche Geschmnck
der lehlen llnhre und die Lrichkung der Kunstlehrer
nn Fnchschulen, deren Berdlensle um d!e werkzeug-
und mnlerinlgerechte Formengebung jeglläzer De-
kornlion nichl geschmälert werden dürfen. Es herrscht
heuke ein rein wirtschnftliches Prlnzip, nusgehend
von dem gewalkigen Forlschritk in Archikelttur und
Tcchnik. Die Aiiffnssnng, dnsz Zweckmnszigkeit und
Sachlichkeit nicht mit Schonheilsbedürfnissen zu ver-
einbnren wäre, gilt heule nlS konservnliv. Bedeuket
diese neue Bewegung ein Ersticken, ein Unterbinden
des den Menschen aiigeborenen Schmuckkriebes?
KeineswegS! Nur eine Umstellung, ein Lenken in
nndere Vnhnen, eine tolnle Umwandlung groszzügiger
Arl isl erforderllch. Der fortschrittlich denkende
Mensch hnt dem dekornkiven PhanknsiebedllrfniS elne
gnnz nndere Richtung zu gcben, wenn der Sleges-
lnuf deS neuen LebenSwillenS in seiner rapiden Vor-
wärlSbewegung nichl durch rückftändigen Zrrlum ge-
bemmk werden soll. —

D!e gegenwärtigen Aestrebungen, die wir kurz
nn Aeispielen der Wohnungskullur verfolgen wol-
len, gehen nicht von Schinuckgednnken, sondern von
der Forderung der Gestnllung aus. — Der Naum
in seiner Eigenschafk nlS solcher ist ein unerbikklicher
Dilttntor geworden. Nlan nimmt ihm fnst alles, was
kunslgewerbliches Dekor in 5 Iahrzehnken einer
beispicllosen Alüteperiode hervorgebrncht hnk: Un-
zweckmäfjige Gnrdinen, Sluckplaslik der Decken, pln-
jiischer Schmuck nn Nlöbelslücken, der nicht orgaiüsch
nuS dcm Werksloff herauswächst, sondern nufgeselzt
werden musz. Die Einrichliingsgegenstände werden
nus ein Nliniinum beschränkt," dns knlt und unbe-
hnglich nnmulen könnte. Die klare Wnndgliederung,
ehemnls zerslört durch Tapeken mil unruhigen „nb-
geschniiienen" Muslern, durch Vilder, Schränke usw.
wird lediglich beherrschl durch ihre zweckmäbige und
uoiwendige Unlerbrechiing: Türen und Fenster. Er-
böhle inlensive Fnrbigkeik erseht dle früheren De-

ersen, Lübeck.

koratlonszutaten. lllegliche Beränderung der sachliche»
Gestaltung, nlles, was nach überkommenen Begrif-
sen mit „Schmuck" bezeichnet wurde, dienl nur dei
Funlttionsbekonung, geivissermalzen als unlerstrei-
chende Profillerung, als deutlich machender Finger-
zeig der wesentlichen Bestimmung aller Objekte.

Der uns Deuljchen eigentümliche anthropomor-
phische Trieb, üaS persönliche Berhälknls zu den
Gegenstünden und Gerälen unserer Umgebung hal
die Stilperioden der germnnischen Kunstgeschichle
nicht Immer in segenSreicher Weise beeinsluht. Diese
Ligenschasl führte stels zu unersreulichen Ueber-
treibungen, zu Kitsch und Berfnll. —

Wir »ilisscn immcr ivieder gründlich nn unS selber
nrbeilen, ehe wir mii — nun, wngen wlr eS zu
sngen! — nmecikanischer Nüchlernheit erkennen, ob
die Formensprache unserer Möbel, der llnnen- und
Aufzenarchikelttur unseres Hauses eine nufrichlige
und wahrhaftige ist. Es mujz unsere vornehmste
Aufgabe seln, das Feingefühl in uns so weik zu
pflegen, dnß wir die geringste Lug- und Trug-
wirkung, selbst jede noch so leise Prahlerei in
unserer Umgebung mit wachsamen Augen wahrneh-
men können. —

Aber noch andere Erscheinungen hemmen die Lnt-
wicklung nuf der Grundlage des Erreichken: Dic
Forderung Les Wechsels, das Veüürfnis der Mode,
dns besonders die Texkilindustrie in unveranlworl-
licher Melse bis zur Ueberspannung fördert. —

Trotz deS Hinweises auf die ekhlschen Gefahren,
nuf den unükonomischen Berbrnuch werkvollen
BolksvermögenS wird hier wohl jede Warnung un-
gehört verhallen. tzn ersker Linie sind aber unter dem
„Modeproblem" üie vielen, unendlich vlelen splele-
rischen und nuhlosen formnlen Lösungen zu ver-
skehen, die Ueberproduklion an Blumen und Blüm-
chenmustern, an expressionislischen, ägyptischen und
primikiven Neger-Nloliven. Die Tatsache der aus
übervollen Ouellen geschöpfken, aus inkernakionalen
Vezichungen erwnchsenen Schmuckkhemen ist so lange
hnrinlos, nlS noch nichk cin Berstofzen gegen Grund-
gesetze vorliegk. — Selbslverskändlich kann die Kennt-
nis der Slileigeniiimlichkeilen anderer Bölker von
nnregendem Nulzen seln und zur lndlviduellen Ge-
stalkung der Einzelheiken nnregen. Doch die Gefahren
für die urteilslose Mnsse sind erheblich! Mit dem
Berlangcn nnch dem „Originellen" müssen wir uns
nbfinden, dücfen uns ihm anch in bescheldenem
Matze hingeben, wenn nichk die Berfllhrung so grosz
wäre, durch Wiederholung Daueriverte zu schaffen. —

Für die individuelle Lösung einer Aufgabe nur
ein kurzes Beispiel: Ein Cafähnus in exzentrlschen,
 
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