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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 2 (Februar 1927)
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Rilke, Hans: Der künstlerische Führer der Schule
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Petersen, Benno: Kasperltheater und Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0048

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memaiid sein, der imr „Zauiigast" der Kunst ist: —
üer Bewahrer vor deu Llbwegen iu die iiwrastigen
9Nedcruiigen des Kiksches und der Geschmaclilosig-
lieit dars nicht durch seiue äuszere Erscheiiiung, seiue
Mohiiung usw. seine eigeueu Morte Lligeu strafeu
miisseu!

Soll also daS'für uusere Iugeuderziehuug und dar-
liber hinauS uusece Bolliäliuliur als bedeuksam er-
liannke Ziel erreicht werdeu, so ist eS die nächste
Aufgabe aller darau iuleressierker Kreise, die Vor-
auSsetzungen zu schaffeu daflir, datz auS der Theorie
Praxis werde! /

Kasperltheater und Schule

Vou A e >mu o.Pset^e rPe^ Lübeck
sAergl. dazu die Abbildungen im Text.)

Am Ausgaugstor der Schule stauden Flugzettel-
verteiler. Sez'taner uud Quiukaner lasen dle An-
liiiudiguiig der Zaudpuppeuspiele mit sichklicher An-
teiluahme, die älteren Schliler warfen die Zettel
achkloS auf die Stratze. Kollegeu schalteu auf die
Aeruureiuiguug der Skratze, auf die Ablenliuug der
Kuabeu vou ihreu häuslicheu Arbeiteu durch „ewige"
Theaker- uud Kiuovorflihruugeu. Eiu blasser Ter-
kinuer äutzerke sogar: „Dorthin gehe ich uichk, das
ist alles uur alberue Kiuderei." Zch unhm mir vor,
iu der Werlistalt mik deu Schlileru der Mltkel- oder
Oberstufe eiu Puppeutheater zu baueu. Lch hoffte
Ladurch zu erreicheu, Aorurkeile aus üer Welt zu
schasfeu, ich wollke, datz mnu die liüustlerische Wie-
dergeburk der uralkeu Kasperspiele anerlieuueu, datz
keiue blasierle Krikili deu frischeu und uuverdor-
beuen Geist dieser prachtvolleu Aolliskunst trüben
sollte, da ihm gewitz höchst erzieherische Werke bei-
zilinesseii siud. lZu diesem Sinne begannen die Ar-
beiken. Aufs Mitzkraueu erwuchs Begeiskeruug.

Ein Alick iu die Aergaugeuheit: Die Haud-
puppeuspiele haben eiue Geschichte! Die Griechen
uud Römer liauukeu sie schon. 2n Deutschland be-
siudeu sich Minakuren mik Darstelluug von Puppen-
spieleru nus dem 14. Lahrhuudert. Lm 18. tzahr-
huuderk wurdeu diese Figureu als eine Geschmack-
losiglieik empfuudeu, erst die Romantili des 10. tzahr-
huuderks brachke eiue desko stärliere Velebung der
A!ärcheu, Sageu uud Schwäulie durch die Puppen-
spiele. Graf Pocci, — mau deulie der Obersk-
zeremouieumeisker Graf vou Pocci! — schrieb einem
Müucheuer Kouiödieu sür sein Puppenkheater. —
Heuke erlebeu wir die völlige Auferskehung dieser
lustigeu Puppeu, datz mau sich liaum iu der verwir-
reudeu Fülle der lrüustlerischeii, mundartlichen und
vollrSlümlicheu Kasperspiele zurechkfiudek. — -

Was liöuuke uus bewegeu, dle Pflege der Puppen-
spiele iu die Schule zu verlegen? 3st der frische und
ausgelassene Humor eiue läppische Augelegeuheik,
soll cr lreineu Platz habeu iu deu Räuineu uuserer
Lehr- uud Lerntätiglieit? Aiele Knaben wünschen
sich ein Kasperkhenter und viele besihen schon eins.
Gibk eS nber uichk zu deulieu, datz diese teuer er-
liaufkeu Gescheuke uach lurrzer. Zelk in deu meisten
Fälleu eiu vergesseues RumpellrammerdasLiu füh-
reu? Die Grüude? Aielfach wird gesagl, wir mögen
iiichk imiuer dieselben Sküclie spielen, uud autzerdem
sehleu die Zuschauer.

Wir habeu also die Aufgabe und die Pflichk, für
Abhilfe zu sorgeu. Die Eltern sind meisk nichk in
der Lage, keilS aus Zeikmangel, teils, weil sie selbsk

dlesen Dlugeu zu ferne stehen, um ihren Kindern
helfeu zu könneu. Wollen wir nun in der Schule
den Weg zeigen und unsere Unkerrichksskunden her-
geben? 3a! Wir werden bald sehen, in wievlelen
Veziehungen eine Förderung der 3ugend durch die-
ses so unpädagoglsch erscheinende Mitkel zu erreichen

isk. Wir werden die heuke so auspruchsvolle und
doch so kümmerliche Gesellschafkskultur bereichecn
helfeu, der Phaukasie uud Eigeukäkigkeit der Kinder
im gemeiuschafklichen Arbeiksunkerrichk ein eiufach-
kiudliches uud doch eiu werkvolles und willkommeues
Werkzeug gebeu. Also „opfern" wir einige Merk-,
Zeicheu- uud Deukschskunden fllr diese so leicht unker-
schähke Aufgabe! Fröhliche und freudige Mitarbeik
der gesamken Schüler bürgk für den Ersolg!

ES isk falsch, mik dem Aühueugestell zu beginuen.
Auch Kulissen und Dekoratiouen siud Diuge, die erst
in zweiler Linie in Frage kommen. Das Haupt-
iuteresse mutz zunächst auf die Figuren gelenkt wer-
den. Eiu Sprunggestell, ein Skab uud eiuige Tllcher
geuügeu im Aufang als Spielbühne vollständig. Auch
das Herausschnihen der Köpfe aus einem Holzkloh
 
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