Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]: Kunst und Jugend (N.F. 8.1928)

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fr>s6)esteii Erlebnissen zählten wir den Besuch der
Zans Sachs-Spiele an allhlstorischer Släkke, im
Kalharlnenbau. Wir haklen vor Abreise uns mil
Mchnrd WagnerS Meistersingern genan vertraut ge-
machl und fanden die Wagnersche Apotheose berech-
tigt als literarisch vollwertiges Vekennknis. Welch
schwaches Blld zeichnen die Zandbücher üblicher Art
von Zans SachS, wenn sie ihm daS Pvssenspiel vor-
nehmlich zudikkieren alS seine ureigenste Domäne
und eine salopp unbekümmerke Zanllerung mit dem
Kniltelvers: hier in Nürnberg holke eine glänzende
Inszenierung mik derb-plausiblem Nahmenwerk ge-
rade die linienklnre Eindringlichkeik, selbst im Psy-
chologischen neuarlig und lies erscheinend, die herz-
ergöszende Deuklichkeit und urgesunde Deulschtüm-
lichkeit, ja das echte, unverwüstlich fabulierende
Poetengenie herauS! Dieses Enkdecken lehker leben-
diger Kulkurzusammenhünge auf Grund eigenen
Sehens und Empfindens ist eine unverlöschlich weiker-
zeugende Geisteskrnft, die zu allseilig selbstbedingtem
Ürlell fllhrt. Dasz die Atthnensprache vorzüglich be-
handelt war wie die stilgerechke Gebärde und die
derbgesunde Verwendung der heimischen Nlundart,
machte eine anschauiiche Einheil der Wirkung aus,
die das Orgnnische der Nlirnberger Bolkheil verriet.
Damit slieszen wir wieder auf die alleS bedingende
breike Volksschicht, auf den Genius der Stadk, aus
dessen lebendigen Spannungen, volklichen Eigen-
heiken und Borzügen, ans dessen kultnrell belasteker
und kradiklonsmästlg orienlierler Gcsinnung die Kei-
mung meislerlicher Schöpfnng ans allen Gebieten enk-

sprießen konnte: als Konseguenz und doch als Ileber-
höhnng, als Abschluh des Metlskreits und doch als
Erregerquelle restloser Bervollkommnung. Alles um-
weht von öem freien Adel patrizischer Ebenmähig-
Keil, sittlicher Würde, glücklichster Erfindergabe gei-
stiger Hochkonjunkkur, vornehmer Humanität.

Und dennoch blieb ein Nest des Ungelösten, Un-
löSbaren. Ein geheimnisvolles Leben war hinter den
Dinge» gewahrt: nichl jene bis aufs lehte enlseelte,
ausgekelterke Illusionslosigkeit unserer Tage. ES
raunt — naiv ehrlich gemuszt und eingestanden —
das Myslisch-strrakionale, wie im Werke Dürers,
respekkvoll religiös und welkanschaulich tief versenkt-
Dns ist so wundersam zu sehen wie das Gegenkell:
die Schöpferfreude bis In den Mikrokosmos hineln
in einer ameisenwimmeliiden sinnlichen Fülle. Zlm-
mei und Erde berühren sich zu zeugender Fülle. Dah
es sich hier nicht um ein ausschlieszlich Geschichkliches
handelt, um ein romantisch weikverzagtes Medikieren
an fremden Formen, das liest sich nicht anders be-
weisen, als an der allgemein freudlg bejahken Be-
geisterung, am „Erlebnis", wie wir> noch einmal das
Ganze nennen wollen, diesmal geladen mit der heim-
lichen Meihe einer lebenbildenden, persönlichkeits-
sornienden Kraft. Ein Lebensguk hatke sich nieder-
geschlngen. Unkerrichk, so lnnsendfach verkörpert und
in pedankisch gewordenen Zänden versauerl und ab-
gestanden, erhielt junges Leben und wurde, mitken
am Leben der Nakion in einem grojzen Kulkurbilde
bewährk, zu dem, was wir als Erlösung so sehnlich
wünschen, zur Synlhese.

Der Anglücksgeist

LIn Unterrichlsbeispiel sür Oberklassen. Bon Rudols M i n t e r, Ludwigsburg

Gut vorbcreitet bekrltt der Lehrer den Zeichensaal,
skellk sich vor die frische Süittlerschar, gibt -ein kurzes
Zeichen, und aller Augen sind gespannk auf ihn ge-
richtet. Er beglnnk mi! dem Unterricht wie folgt:

Leider mustten wir lm Laufe des UahreS von Un-
gllicksfällen aller Art hören. Ihr alle habk bei dein
Phosgengasunglück in Zamburg mitgeziltert, die
furchlbaren Eisenbahnunglückssälle bei Nürnberg,

Zu dsm riutsrrlchtsdcilpiel voir Stiidienrat Minter! Itiigtiicksoeilt