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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 7 (Juli 1928)
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Bauermeister, Hans: Grundsätzliches über das Verhältnis der Gustaf Britsch-Theorie zum Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0212

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Grundsätzliches über das Verhältnis
der Gustaf Britsch-Theorie zum Zeichenunterricht"

Voii HansBauermeister. Miinchberci (Oberfranken)

Bel einer Vsratung im Preußischen Kullusministe-
riuin im 3ahre 1917 definierke linivecsitätSprofessor
Lduard Spranger: „Die Lehre von den Äil-
dungSniekhodeii hak daS Geseh des jeweiligen Sach-
gebietes und der psychischen Eniwicklung aneinander-
zuliniipfen." stede Fachmekhodilr hat also dreierlei zu
beachlen: 1. das Geseh des )eweiltgen Sachgebiekes,
2. das'Geseh der psychischcn Enkwicklung, 3. die Ver-
liiiiipfungSwelse, die eigenkliche Methode. Das Mo-
menk persönlicher Einpfindllchlieit, das ungewollk so
leicht in die Dislrussion sachmekhodischer Fragen hin-
eingerät und die Äerkreter herrschender Mekhoden

zu leicht In Neformvor
ihre Aerussehre sehen lä
ser drei Komponenken, au

chlägen einen Angrifs auf
zk, machk eine Prüfung die-
' den Ankeil derVerank -

w o r t l I ch lr e I k, die sie den In der Berufsvraxis
deS LchramkeS Stchenden aufladen, erforderlich. Ilm
das Lrgebnls vorwegzunehmen: veranlworllich ist der
Fachlehrer nur siir die V e r li n ii p f u n g s -
weIse, die lehke der dre! Koinponcnkeii. Denn das
Gcseh des seweiligen ScxhgebiekeS isk dem Lehrer nur
in den Grenzen der derzeiiigen E r li e n n b a r li e i k
zugänglichi die endgiilkige ErliennkniS gchörk zu den
wohl uneiidllchen Ausgaben der beiresfenden sachwis-
senschafllichen Forschung. WaS in den Kreisen der
berufeiien Fachwlssenschaskler alS zur Zeik wcikcsk-
gehende Annäherung an die Erlienntnis dieses Ge-
seheS anerlrannk ist, muh und darf der Ilnkerrich-
leiide seiner Mekhodili zugrundelegen, als ob dieseS
das Geseh seines Sachgebiekes selbst wäre. Die Aich-
klgkelk dieser ErkennkniS zu prüfen oder diese Er-
kennkiiis selbst vorwärks zu kreiben, würde den Kreis
seiner Pflichken llberschreiken, läge aber selbskverskänd-
lich Im Äahmen seiner Äechte. Die Kenntnis vom
Skande der Forschung über das Geseh des jeweillgen
SachgebiekeS erwirbk sich der Fachlehrer In seiner
AusbildungSzeik. Diese Skrukkur^* ** deS Sachgebiekes
und die daraus fuszende Mekhodik bildek dann ein
ebenfalls strukkurierkes Gebäude, das nach Belieben
abzureißcn und auk veränderker Grnndlage neu zu
errichken, nur den Menigsken gegeben ist; eS verkrägk
gewöhnlich nur organische Aüswechselungcn einzelner
Teile und organische Erweikerungen nnd behälk so-
mik meist für die Lebenszcik seines Trägers seine
ivesenklichen Züge bei. Schreikek die wissenschafkliche
Lrkennknis in der gleichen Linie, die der For-
schungsskand zur Ausbildungszeik eines Lehrers auf-
wies, weiker, so koinmen solche organischen lim- und
Ausbauken in Frage und können billigerweise er-
warkek werden. Trilt aber der Fall ein, dasz die
forlschrelkende wissenschafkliche Erkenntnis deii da-
maligen Forschungsstand als irrig und abwegig er-
weist, so wird ein völliger ÄeuKgU,Mvkwendig, in den
selkensten Fällen jedoch möglich sein, weil diese um-
snssende Aufgabe gewöhnlich die Anpassungsfähigkelk
deS reisen Menschcn überschreiket. An der Alchkig-

* Dustlis Vrltsch, Lheorie der bildeiide» Kiiiist, hermiSgegeben
von Egon Korttiiuiiiii, 1020, F. Briilkinann A.G., Miinchen.

** Wie Sprnnger den eigengesetzlichen Ziislimiiienhang eineS
VrganiSmnS' neiint.

keik der älleren Mekhode ändert sich dadurch
nichks, wosern sie nur innerhalb ihrer (nun-
mehr freilich als irrig erwiesenen) BorauSset-
zungen logisch verfährt. Die Berkreker dieser Me-
khode haben infolgedessen völlig rechk, wenn sie die
Äehaupkung, ihre Mekhode sei schlecht, als un-
begründet zurückweisen; ihre Gegner, die diesen Vor-
wurf erheben, verwechseln die Methode mik ihrer
G r u n d l a g e.

Aehnliches gilk von der zweiken Komponente: Auch
die ErkennkniS des Gesetzes psychischer Enkwicklung
gehörk zu den unendlichen Ausgaben wissenschaftlicher
Forschun-g, die nur mik Lilfe enksprechender For-
schungslnskitute geleistek werden kann, also ebenfallS
iiichl in den PflichtenkreiS der Lehrenden einbezogen
wcrden dnrf. Die Begriffe „Psyche" und „Enkwick-
lung" dllrfen und müssen daher ebenfalls nach dem
Skande der jeweiligen Forschung der Mekhodik zu-
grunde gelegt werden, alS ob beides restlos geklärke
Gegebenheiten ivaren.

Wofern nun das bekreffende Sachgebiek Gegen-
siände geiskiger Ark umsatzk, hak die Äerknüpfungs-
weise mik der Taksache psychischer Enksprechungen zu
rechnen, die ebensalls ciner gesehmätzigen Enkwick-
lung nnlerworsen sind: die 2. Komponenle cnlhälk
also sür den Fall g e i sk i g e r Sachgebieke noch die
geisiige Enkwicklung der dicsein Sachgebieke eigenen
psychischen Enksprechungen. Auch an diese Enksprc-
chungen kommt die Erkennknis, die wieder eine Auf-
gabe wissenschafllicher Forschung Ist, nur in Annähe-
rungen hsrnn.

Äus alledem ergibk sich, dajz es eine absolute
Mekhode eines FachgebiekeS nichk geben kann, dntz
Sache des Fachlehrers nur die m ekh o d i s ch e Sciie
des Berknllpfens, nichk aber die Feskskellung der
Komponenken „Skrukkur des Sachgebiekes" und „Ply-
chische Enkwicklung" sein kann, datz es für eine Me-
khode aber nichk genügt „richkig" zu sein, sondern
datz an sie außerdem die Forderung oes Ange-
patzkseins an die beiden mikeinander zu verknüp-
senden Gegenslände zu skellen ist.

Damik hoffe ich die objekkive Aasis gekennzeichnet
zu haben, die, enkgiftet von persönlicher Empfind-
lichlreik, eine sachliche Erörkerung derjenigen Situa -
kion erlaubk, in der der gegenwärkige Kunstunker-
richt siehk, datz nämlich durch wissenschafkliche For-
säzung den allen Methoden der Äoden enkzogen ist.
Es handelt sich um die „Theorie der bildenden Kunsk"
von G u st a f V r i t s ch mik ihren Erkennknissen über
Wesen und Skrukkur der bildenden Kunst und die
dieser Slruklur nokwendig enksprechende Enlwicklung
des künsklerischen Denkens.

Bor allem eines hoffe ich durch meine ersten Aus-
führungen klargeskellk zu haben, datz es sich auf
Grund des Borhandenseins einer neuen Theorie
niäzk darum handeln kann, ob eine älkere oder eine
neuere Mekhode richlig ist (woriiber wir Kunst -
erzieher als Fachleuke zu enkscheiden berufen
wären), sondern darum, daß, wenn diese Theo -
rie berechkigk ist (was zu enkscheiden weder Sache
 
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