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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 4 (April 1928)
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Wiedermann, Fritz: Sollen wir photographieren?
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Schmidt, Bruno: Osterpostkarten: ein Unterrichtsbeispiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0106

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OlP

-den; denn sie erforderk den Einsah der sianzen Per-
sönlichlieil. Mit elnem bihchen „Schönmetter-Licht-
bildnerei" isl'S nichk «etan. Die Photos, die wir In
»nseren Zeikschrlften sehen, erfordern alle ein hohes
Mah von künstlerischem Empfinden und ernster
Ärbeit.

Dem mahren Schönheitssucher nnd Nakurfreund
ist abec ein kianz anderes Gebiek zunänglich, das
heute noch menig begangen mird: Zeichnen und
Ätalen. Euern Einwand, dah ihr liein „Talent"
habt, wlll ich nichk gehört haben. llhr wiht doch
wohl, dah der Pessiinifk, der einzige Mist ist, auf dem
nichts mächst? Was ihr zeichnen solli? Alles, was
euch Freude maä)t; einen Baum, einen Hauschebel,
einen Torweg. Wer mik offenen Augen die Nakur
bslrachket — elgentlich eine Selbskverständl!6)Ireit fllr
jeden Schönheitssucher — der begegnek überall in
der Nakur den feinsten Mokiven, sei es im harmo-
nischen Aufbau Ler Landschaft oder im weZ)selvollen
Spiel von Licht und Schatken. Ein alter Torkurm
oder ein Garkenhäuschen im stillen Parli, aber auch
das lebendige Spiel sehniger Körper — nur nicht
zu viel herumsuchen, sondern frisch ans Werlr gehen.

Auch die Wahl des Makerials darf uns lreln Kopf-
zerbrechcn machen. Ein Skllclr weißes Papier und
ein weicher Bleistift — das ist alles, was wir brau-
chen. Dachpappe ist ungeeignet, aber ein Stüclr Pack-
papier mit einem richtig gezeichneten Baum ist wich-
liger als ein „Kiinfklerbloclr" mik einer verschmierten
Landschaft.

Ersk teilen wir uns das Blatt ein, damit unsere
Zeichnung hllbsch in der Mitke sihk, und dann legen
wir das Bild vorsichkig In seinen aroben Umrifsen
an. Ab und zu muß man mal ein Auge zukneifen,
iiur sich nicht durch Einzelheiten zu verwirren und
die Plaskilr der Forinen zu verlieren. Der Anfänger
begnüge sich mit Umriszzeichnungen; das Schartieren
will gelernt sein. Gar mancher hak schon seine
frische lebendige Zeichnung durch eine milchig-graue
Suppe ser nannte daS „den Säzakten") verdorben.
Also Borficht damit!

Mer mlt dem Bleistifk so flarlr aufdrückt, daß er
auf den folgenden Blältern seines Sliizzenbuches

noch „Kopien" Lurchdrllckk, der kuk des Guten zu-
viel; der soll den Bleistist länger fassen und erst
einmal ein paar Kreise und Kringel in die Luft
zeichnen, auf daß sein skeifes Handgelenk beweglich
werde. Und die Mädchen sollen nicht zu zimperlich
sein; ein falscher Strich ist kein Unglllck, man braucht
nur den richtigen daneben zu sehen.

3st man mit einem Vlatt ferkig, dann soll man flch
hliten; denn jeht geht das Unglück los. Legt ja
lreine Galerien an, sondern verskaut eure Kriheleien
tief in ein dunkles Kämmerchen. Macht auch nlchk
eure Berwandken damit unglllcklich; wenn's nötig ifl,
schenkt flnselrtenpulver, das ist.sicherer. Aber an
einem k-alten Negentage oder einem langen Winker-
abende, da mögt ihr mit einem guken Freunde (aber
nur dann, wenn er selber zeichnet) die BlStter be-
gucken. Dann erst wird euch der Sinn fllrs Zeichnen
aufgehen.

Dem Maler ist sein Bild Selbstzweck; sein Werlr
befreit erst die Spannung seiner Seele. Uns aber
sind die Zeichnungen nur Milkel zum Zwecir; wir
brauchen den Umweg übers Zei6)nen, um zum
Schauen zu kommen. Die sanften Zügelwellen in
der Landschaft, die einsk Gletfcher abhobelken, haben
wir mit dem Bleistift gefühlt; die weiche Rundung
der Waldkante kasteten wir mit vorsichtigem
Schwunge ab. Das Skädtchen, das sich an die Burg-
ruine anlehnt, verband unsere Umrihlinie am Zori-
zonk. All dle hundert feinen Neize, die unserem
Auge verloren gingen, die sehen wir nun, weil wir
sie mit dem Zeichenstift erfahten.

Wem das Zeichnen zur lieben Gewohnheit wurde,
der wird merken, wieviel Vereicherung er dadurch
erfährt. Neben der Beobachtungsgabe wird auch
der Sinn für plaflische Formen geweckt. Später erst,
wonn ihm die ruhenden Dinge vertraut genug sinü,
dann lrommt das Berständnis fllr Bewegung und
Nhythmus. Mit dieser Grundlage aber ersk soll der
Mensch an Kunstwerke herantreten, um sie zu ge-
nießen. Dann erst wird er mit empfänglichem und
geschultem Blicke die Schönheik schauen und die
Werke verstehen, die wahrhaft große Künstler
schufen.

Osterpostkarten

Lin tliitei'richtsbeispiel von Vruno Schmidt, Oberrealschule Dresden-Ioh.
(Pergl. dazu die Abbildungen Seite 91, 92 uud 93)

Dajz die flahreszeiken und die Festkage des Ülahres-
laufs erwrinschte Themen fllr unsLcen Zeichenbekrieb
bedeuten, ift zur Selbstverständlichkeit geword'en.
Bon den Sexten bis weik hinauf In die Oberklassen
lassen wir sie bearbeiken mit sicherer Aussicht auf
das stnkeresse des Schlllers, wenn dieser Gelegen-
heit hak, daran sein geskeigerkeS Können, seine grö-
ßere geistige Neife oder neue Technilren zum Äus-
druck oder zur Änwendung zu bringen.

Die Oberteizianer schneiden seik einigen Mochen
Linolplakten. Zunächft beschäfkigle Fie das Thema
N e u j a h r s lr a r t e. Mie alle stahre war vor dem
WeihnachtSfeste, wo andere Aufgaben üas stnkeresse
voll in Änspruch nahinen, diese höchst akkuelle Sache
glücklich verpaßk worden. Darum nahmen wir uns
glelch nach Neujahr vor, es diesmal viel klüger

zu machen, jchon für nächskes 2ahr rechtzeikig vor-
zuarbeiten. Das Schneiden einer Schrist in der
postkarkengroßen Platte war dabei ein vesonderes
Problem, Schrifk enkweder weiß auf schwarzem oder
schwarz auf weißem Grunde. Sie hatkens bald weg,
was das schwierigere war. Sie probierten mit dem
Taschenmesfer, mit den verschiednen Rillern und
Kerbschnikkmessern, die mein Messerkasten aufweist.
Das ganze Plaktenschneiden und hernach das Drucken
macht ja bei uns seit dem Umbau und der Berlegung
des Zeichensaals ln das Dachgeschoß überhaupt keine
Schwierigkeiten mehr. Gleich neben dem groszen
Zeichensaal liegk die Schülerwerkskatt, zunächst an-
schließend der Pappraum mit seinen drei breiken
Arbeikskaseln. Linoleum wird im ganzen besorgt,
von üen Schülern in der Werkstatt zerkeilt, zunächst
 
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