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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 7 (Juli 1928)
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Walbe, Heinrich: Vom Bildungswert des Zeichnens, [2]: aus der Antrittsrede des Rektors ... an der Techn. Hochschule in Darmstadt
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Klauss, Otto: Zur Psychologie des plastischen Gestaltens im Kunstunterricht: ein Beitrag zu der Frage "Versiegt die Gestaltungskraft mit dem Eintritt des jungen Menschen in die Geschlechtsreife?"
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0207

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Worte: 2m Anfan« wnr die Tnl. Von den
Universitcilen sei dns Wort nusgegnngen, aber das
W orl — so melnke er —, das zur L a t flihre. Nun,
die Technischen Hochschulen können sich diesen Ver-
gleich gefallen lassen. Der Dichker, dessen Worke
ich iniiner mieder wie den Text einer heiligen Schrifk
ineinen AuSführungen zugrunde gelegt habe, er hat
— mie er die Anschauung und das gegensländliche
Denlien in den Bordergrund schob — so auch der
T a t den Preis gegeben vor dem Work, und zwar
der technischen Tat.

Fllr den tätigen Faistt nber Isk der sehende
Lvnlieus Turinhuker, zuin Sehen geboren, zum
Schauen beskellt. Ohne den sehenden Goethe neln
tätiger Goethe.

Während Faust tm Vorgefübl des Gelingens lel-
ner Tat den höchsken Augenbliar erlebk, preist droben
auf dec Schloßwarte Lynlreus seinen Beruf, der Im
Schauen besteht, und prelst das, was er hak schauen
dllrsen in der schönen Ratur:

llhr glücklichen Augen,

Was je ihr gesehn,

Es sei wie es wolle,

Es war doch so schön!

Nur daS Geschehnls, das er entdeckt, ist grausig.
Die Hlltte von Philemon und Bauzis geht in Flam-
men auf. Der Teufel tst am Wern. And in solchen
Zeiten, wo Sorge, Nok und Tod sich leinschleichen,
erst rechk frel von Nlusionen, frel von Aloplen, die
Angen offen und frlsch zur Tatl

Zur Psychologie des plastischen Gestaltens im Kunstunterricht

Ein Beitrag zu der^Frage: „Versiegen die Phankasie- und Gestaltungskräfke mik dem Elnkritk des
—-^sungen Alenlchen in dle Geschlechtsrelfe?" Bon Otto Klautz
sSiehe dazu die Beilage.)

Der Kunsterzleher is! wie jeder andere Erzlehec
Llnwalt des ihm zur Ilebermiktlung anvertrauten
skiinsklerlschen) Kulturgukes und zugleich Anwalt der
„wachsenden Seele". Ilm beiden gerecht werden zu
können, wlrd die Ergründung des innersten Wesens
der Kunst einerseits und der seelischen Eigenart des
juiigen Menschen andererseikä Immer Boraussetzung
und vorbereitende Aufgabe sein milssen für seine
eigentllche Anterrichksarbeik. Äie dabei gewonnenen
Erkenntnisse gewährleisten ihm elne gewisse Sicher-
heik in der Wahl deS Weges zu Lem Endzlel: ein
persönllches, inneres Berhältnls zu schaffen zwischen
Kuiiskwerk und Schüler.

Dle gruiidsätzliche Neueinsteilung zur Wesenheit
der Kuiisk wie des KindeS, die uns das neue
llahrhunderk gebracht hak, lietz rasch erkennen, datz
der Weg zum vollen Berständnis eineS Kunstwerkes
nur llber die Eigengestaltiing fllhrk, die Im Schtiler
die seelische Glelchlage erst schafft, um zum Erfassen
der kllnstlerischen Aufgabe zu kommen, und die ihm
die kllnstlerischen Miktel und Werkstoffe zugänglich
macht, die zum Berständnis von Mesen und Bedeu-
tung deS SkilS erzlehen.

Die Gliederung der Kunst in Teilgebiete mit be-
sonders aeartekem Ausdrucksgepräge (Graphik,
Malerei, Plastik, Archikektur und kunstgewerbliche
Edelarbeit) machen eS darum nokwendig, im Anter-
richt ueben das bisher gepflegke Zeichnen und Malen
auch üas Formen, Vauen und d!e Werkacbelt als
ecgäiizende Lrzlehungsmiktel zu setzen. Dle allge-
mein erzieherische Absichk der grotzen Pädagogen
(Peskalozzi, Fröbel, Mvntessori u. al) mit der Ein-
fiihrung dleser Gestalkungsgebieke In den Ankerricht
wird damit bewutzt zu einer k u n st erzieherischen ge-
macht. Sie kommt zugleich einer psychologischen For-
deru.ng entgegen, üie der einseitig dceidimensional be-
gabte Schiiler stellt, dessen GestälkuiigSkrüfke mit
deii Geskaltungsmitkeln der Fläche nicht im Tiefsten
zu -rfassen sind. Zugleich fiihrt sie zum Miterleben
einer Zeitfrage, die Plaskik und Archikekkur der
Gegenwart arifwerfen, welche im Kunstschaffen des
Tageü elnen Hauptplah einnehmen.

Mit der Erkenntnis von der Aedeukung des pla-
stischen Gestaltens im Kunstunkerricht (mlt dessen
Antersuchung sich dieser Aufsatz im engeren besaht),
riickt darum an den Kunsierzieher die Aufgabe her-
an, die Enkwicklung üer plastischen Begabung des
SchülerS zu beobachken und nach den Ergebnissen
solchec Ankersuchungen Aufgabe und Ziel dleses
Unterrichksgebietes zu umreihen. Nun stellt der Aus-
druck „plastisches Gestalken" beceits eine Zielsehung
dar, wenn wir uns in der Ausdeukung des Plasti-
schen mit Max Kruse („Ein Weg zu neuer Form")
einig erklären. Er versteht darunker jede bildhaue-
rische Form, deren Körperbegrenzung durch konvexe,
nach auhen aewölbte Flächen geschieht, im Gegen-
satz zuc uiiplnstischen, skulpturellen Form, üie mit
konkaven, nach Innen gewölbken Flächen arbellet.
Seine Ankerscheidung von Plastik und Skulplur*
(ägyptische Kunst — gotische Kunst als Aeispiele)
zeigt, dah das Gestalten ües Bildhauers nichk Immer
„piastisch" gewesen ist. Wenn wir heute beim for-
menden Gestalten in der Schule dlesem „Plastischen"
den Borzug geben und die Schüler zum „Vlockge-
fühl" erzieyen, so tun wir das vor allem aus dem
selben neuerwachken Vefllhl fllr öas gedrängke Bo-
lumen und das geschwellke Profil, für das kubisch
Geschlossene und Tektonische der Form, das uns die
ägypkische Kunst heuke wieder lebendig gemacht hak.

. DaS diesem Aufsatz beigegebene Bildmakerial ist
das Lraebnls einer psychologischen Bersuchsreihe,
die im Klassenunkerricht (s. Anhang) an drei Klassen
einer Oberrealschule (Quinka, Oberterkia und Ober-
sekunda — in Württemberg Kl. II, V, VII) In zwei-
bis dreistündiger Arbeit ausgeführk wurde, und die

* Michelangelo äichcrt sich z>, diesem Bcgrisf: „Ich verstehe
uiiter Skiilxtur die Kmist, die vermitlelst d-s Wegiiehmsiis ge-
übt wird.die aber, die a»f dem Wege des Ziisehcns - plastisches
Modcllieren — bctrieben wird, ist der Malerei verwandt." lBries
a„ Benedetto Barchi). Bom süotiv ans betrachtet weist z.B.
oskar Schiirer der Plastik dic Eestaltnna des Unorganischen zu,
»nd nemit Skulptnr asie bildhaucrische Leslaltung des menschli-
ch-n Korpers m,d des Tierleibcs, da dessen Ernndslement das
Korpergefiihl sei. (Die Knnst M. Iahrg. Nr. 8). DieseBertan-
Aamsn äudert nn ber simigemäjien jlbereinstimmung
mit Max Krnse nichts. "
 
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