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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 8 (August 1928)
DOI article:
Martell, P.: Zur Geschichte des Aquarells
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Lindemann, Reinhold: Wege zur bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0264

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217

glänzendsten Zerolde des Aquarells hervor, Nudolf
vou Alk, der zum liaum überkroffenen Archikelrlur-
Aquarellisk als ein Dollendeker aufskieg. Ahks Aqua-
relle znhlen mik zu dem liostbarsten deukschen Kunst-
besih des 19. Jahrhunderks. Die Berliner Maler-
schule bildek dann gewissermnfzen den Schluszalik der
lilassischen Zeik des deukschen Aquarells, das fortan
niemand mehr übergehen liann. Menn Düsseldorf
dem Aquarell Pakhos, Wien Senkimentalität gab, so
verlieh ihm Berlin Logili nnd Mirlilichlieit. Der
geniale, zu früh in der Tragödle endende Karl Ble-
chen behandelt das Aquarell vlrkuos, trägk eine an-
helmelnde Helligkeit hinein, d!e sich inhaltlich fast
mik der Freilichkmalerei declik. Das Berllner Äqua-
rell stühk sich wenlg auf öer Landschafk, der Odem
der Hailpkskadt drüngt wie vvn selbst zum Skadkbild
nnd Bildnis, das sich Berlin denn auch zur Domäne
erlior. Theodor Hosemann und Franz Krllger, tüch-
tige Maler, in der Geschichke der Kunst feskveran-
lierte Namen, sind einige der glänzenden Borläufrr
in dieser Enkiviclilung, bis der große Prenszenmaler
Ädolpi) von Menzel mik lobiisker Genialität dns
Äquarell mit auf den Parnasz hebt. Dle Im liräfke-

spendenden preußischen Drill erworbene Gewissen-
hafkigkeit führk die geniale Zeichenkunst Menzels
zur einzigen Zöhe, von der Berlin sein einziges
wahrhafk großes Kunstwerlr empfing. Und.diese
Knnsk Menzels, aus tzistorie und Llllkag sließend,
erhielk auch im Aquarell ihren köstlichsten Nieder-
schlag. Bon anderer Art, aber auch keine geringe
Genienakur, war im Aeiche der Aquarellkunst Eduard
Hildebrandk, der sich in seinen Arbeiten als einer
der gröszken Farbensymphoniker offenbart. Seine
llkalien und dem Orienk angehörenden Motlve über-
flutet er mit einem überwälkigenden Farbenrausch,
der seine Aquarelle zu wahren Perlen der Kunst er-
hebk. lln Passini haben wir dann elnen der letzten
Träger jener in der deutschen Aquarellkunst nun fask
historisch gewordenen großen Tradikion vor uns,
deren wahrer chchalt schließlich das gokkbegnadele
Genie immer sein und bleiben wird. Das deuksche
Aquarell der Gegenwark enkbehrk bis zur Stunde die
Linie einer neuen Epoche. Die Zukunft läßk unS die
Loffnnng, daß »ach dem ewigen nnwandelbnren
Naturgeseh anf den Abend schließlich das Nlorgen-
rok erstrahlk. Dr. P. Markeil.

Wege Zur brlbenden Kunst

Bon Neinhold Li

>.

Nakur und Kunsk

Eine der ersten Fragen, üie der naive Mensch
angesichks eines Merkes der bildenden Kunsk zu stel-
len pflegk, isk die nach der mehr oder weniger er-
reichten Naturähnlichlreit und Wirklichkeltsnähei
Bon hier aus besklmmt sich zum großen Teil sein
Begriff von künstlerischer Schönheit. Eine derarklge
gewiß primikive Einskellung von vorneherein als ir-
rig und abweglg schrofs von der Zand welsen zu
wollen, wäre kunskpädagogisch ein großer Fehler.
I>n Gegenlell, hier Isk der güiisllgsle Aiiknüpsungs-
punkl sür jede Erörkcrniig über den schwlerlgen Be-
griff des Im eigenlllchen Sinne Künsklerlschen ge-
geben: gernde das enkscheidende Berhältnls der bll-
denden Kunsk zur Naknr, die fundainentale Ilnker-
schiedllchkeit zwischen Naturschönheit und Kunst-
schönheik, Naknrwahrheit und Kunskwahrhell gill eS
noch vor jeder künsllerischen Einzelbekrnchtiing all-
geinein verständlich klarzulegen.

Damlt ergibk sich zugleich eine gewisse Borstellung
voin Wesen der bildenden Kunsk überhanpt, vom
Slnn Ihrer Ezlskenz nnd ihrer leßlen Bestiinmung
Iin Gesnmkzusammeiihang des LebenS, deren der
kunskbedürftlge Laie dringend bedarf, soll sein Kunsk-
erlebniS niä)k flüchkiger Oberflächengenuß blelben.
Ein möglichst umfassender Vegriff des neuzelkllchen
Kunskwerks isk vonnöken, In dem dle Bielheit der
künsklerischen Erschelnungsfornien wieder ihre sinn-
volle Elnheit hak, nachdem dle enge Sinnverflochken-
heik der Kunst mlk der Welt des Religiösen, die dem
Mitkelalker großarkig und vorbildlrch gelang, verloren
gegangen und anderen Zielen gewichen isk. Eine
einfachste Kunstphilosophie als Grundlage also, die
auch einem unkomplizierken Menschen klarzumachen
weiß, was — abgesehen von der Wirkung im einzel-

dema n n . Mlincben

nen — ein gemalkes oder gemeißelkeS Bildwerk ganz
allgemein vom Beschauer will, und wie man sich zu
ihm zu stellen hak, damit das Auge sich nlchk allein
im Geuusz der Farben und Fvrmen ergehk oder die
Gedankcn nur bei dec Betrachkung des dargeskell-
ten Themas verweilen, sondern Auge und Sinn ver-
eint zu dem wirklich künstlerischeii Kern eines Vild-
werkes vordringen.

Das Fundamenkalproblem von Naknr und Kunsk
läßt sich am einfachsken an der Porträtkunst, der
Bildnismalerei, aufzeigen, bei der ja fllr die Mehr-
zahl der Menschen die Gefahr am nächslen liegk,
phokogrnphiiche Wirklichkeikstreue init künstlerlscher
Geslallungshöhe zu verwechseln. „Wlrd nichk das
Anklilz und die Geskalt des Menschen am richligskeii,
am objekkivsten von dem mechanisch arbeikenden pho-
kographlschen Apparak, der EinpfindungSschwanknn-
gen unb Ilnglelchhelken des Könnens nlcht nnler-
worfen isl, wiedergegeben?" Eine solche Frage liegk
nicht selten unausgesprochen der auffallenden Gleich-
gülkigkcit zu Grunde, die mnn im allgemeinen den
grofzen Werken der Porkrätkuiisk Im Gegensaß zu
der Schätzung und Beliebkheik landschafklicher Dar-
skellungen enkgegenbringt. „3» Mahrbeik kann kein
noch so genau arbeitender Apparal den Vildiilsmaler
ersetzen. Denn der Mensch isk ekwas Lebendiges
und kann nur von einer lebendigen Kraft erfaßk und
dargestellt werden. Veständig wechselt im inensch-
lichen Gesicht der Ausdruck. Wie über die Lanb-
schaft akmosphärisäze Skimmiingen ununkerbrochen
dahinziehen, erzeugt von Licht nnd Schalten, von
Trübe und Klarheit, so gehen die Wekter der Seele
über das Anklih des Menschen dahin. Der phoko-
graphische Apparat kann aber nur zufällige Augen-
blicke aus dieser Fülle geben." Der Maler dage-
gen, selbst wenn er sich bemühl, das Augenblickliche
zu erfassen, wird immer eine möglichsk prügnanle
 
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