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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 9 (September 1928)
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Zondler, Otto: Basteln: Insulanerdorf: Unterrichtsbeispiel als Gemeinschaftsarbeit 12jähriger Buben des Reform-Real-Gymnasiums Stuttgart
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Umschau / Geschäftliches / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0303

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cms: sie verseirkten sich Mnz in jene Mell voller Ge-
heimnisse, Abenkeuer uird ounkler Gefuhren. MoS-
kikoschwärme steigen uuS den Sllinpfen und tückische
Krankheiten, im Urwald driillen huugrige wilde Tiere
und hnusen Menschenfresser, lin hohen Gras schlei-
chen böse Giftschlangen, da darf man seine Vehau-
sung wohl lns Wasser aus hohe Pfähle bnuen. Von
hier aus kann man weite Fahrten inachen mit dem
schnellen Boot aufs weite Meer hinaus. Mir kön-
nen den Buben nachfühlen, wie ihr Herz höher
schlägt beim Gedanken an solch reizvolleS, gefahc- und
abenteuerreiches freies Leben. r!n solcher Luf! ge-
deihen alle schöpferischen Kräsle und lechnische Fer-
kigkeiten werden hler nebenbei, spielend erworben.
Ganz anders als lm handwerksmäszigen Werkunter-
richt, in dem dauernd nur nachgemacht wird, was
der Melster vormacht, und wvbei erfl vielfach der


Melster das Meiste macht. Aei uns mufj es heihen:
Wie könnke man Las machen? Hait, das könnle
man doch auch so machen! Das will ich jchon heraus-
bringeni i

Dajz solche Aufgaben ungemein geeignet sind fiir
die Herstellung der vielbesprochenen „Querverbindun-
gen", braucht wohl nicht weiler erörtert zu werden.

Mo es in dem Majz gelingi, den jungen Menschen
innerlich zu erfassen, da wird wahre Vildung vermit-
kelt, ob nun das Fach fiinfmai zählt oder bloß einfach.
Und diese Bildung ist ein Mert, der nie verloren
gehen kann. Da haben wir nuch im Sinne Fichtes
einen werlvollen Veitrag geleistet zur moralischen
Erziehung des jungen Menschen: er hat in reiner
Hingabe an die Sache gearbeitet mit Leib und Seele
und daniit vielleichk das höchlste Gliick erlebt, das
wir in diesem Dasein erreichen können.

AMschau

Die Aesthekiker. Aus einem Vrief des deutschen
Malers äosef Anlo» Koch, den er im 2ahr 18l)5 von
Aom aus an einen Freund an Deukschland schrieb.
„Es kommk forkwährend eine tolle Aasse von Men-
schen iiber die Alpen, die sich Aeslhetiker iienneii,
sie tragen Vrillen, schmachlen aus Schönheilsgefühl
und sehen nichts, ohne Schriften aus der Tajche zu
zlehen, allwo sie ihre geistreichen Bemerkungen hin-
einschreiben, so dasz die Kustoden versucht sind, sie
flir Äokare zu halken. Es gibk unverniinfkige Künsk-
ler, aber die uiivernünfkigen Gelehrlen sind noch
ärger. O maldelli gualnlvri! Schreibet mir bald
wieder, dann svlll bhr von diesen Greueln weiler
Lkachricht empfangen und Euch mit mlr halb tot-
lnchen".

Max Aeckmanii, Feldposlbrief. V., 11. Mni 1015.

bch male ein »eues „FreSko", das Personal der
Aadennstall darslellend. Es gibt mlr Gelegenheit, mir
dle Leute, die ich um mich sehe, zu notieceii, wns
kellwelle sehr humorislisch ist. 2ch zeichne wlirdige,
Habvschnurrbart kragende Ilnlerossiziere, groteske
Aelgierinnen, neidlsche Krankenpfleger usw. Ein hef-
lig spröder Skoff, der lelchl zum Anekdokischen ver-
leiten könnke.

5ch habe eine solche Passlon fttr die Malerel! 5m-
mer nrbeite ich an der Form. 5m Zeichnen und im
Kopf und im Schlaf. Manchmal denke ich, ich musz
verrückt werden, so ermüdet und guälk mlch diese
schmerzliche Mollust. Alles versinkl, Zeik und Naum,
und ich denke nur immer, wie malst du den Kopf
des Auferskandeiien gegen die roteii Gestirne am
Hinimel deS jüngsten Tages. Oder wie bringsl du es
ferkig, den Schnurrbnrk deS Ilnteroffiziers D. und
seine rökliche Änse zu elnein lebendlgen Ornnment
zusnmmenzuschmelzeii, oder wie wirsl du jeht Mink-
chen malen, mit emporgezogeiiem Knie, auf die Hand
den Kopf gestllhk, gegen die gelbe Wand mit ihrem
Nosa, oder das glihernde Lichk, das sich ln dem blen-
denden Weisz der Fliegergranaten am blauweiszen
Sonnenhimmel spiegell, und die nassen, scharfen, spik-
zen Schakten der Häuser dazu, oder, oder ich könnke
vier Seiten so forkschreiben, wenn ich nicht schlafen
müszke, um den hundertsken Teil von all diesem ma-
len zu können.

Ferdinand Hodler an Carl Ernsk Oslhaus (nach-
dem er den Prokest gegen die Beschieszung der
Kakhedrale von Neims unlerzeichnet hatte, wogegen
sich in Deukschland ein Skurm der Entrüstung erhob).

Hochgeehrker Herr! Von den verschiedenen gegen
mich gerichketen Kundgebungen ging mir die 5hrige
zu Herzen, deshalb geskakten Sie mir diese Erklä-
rung. Alle meine Fceunde in Deukschland sind be-
kreffs meiner Untersüzrift deS Prokestes gegen Las
Vombardemenk von Äeims erstaunl und irrgeführt.
Man hat mich deshalb, jelzk schon, zum Deukschfeind
gemacht. Nun sollen Sie wissen, daß das der Mahr-
heik und nieinem inneren Mesen vollständig wlder-
sprichk. — Das bin ich nichl. — Als ich den Pcolest
unlerschrieb, hatle ich allein dle Absicht, mein Ve-
dauern gegen die Zersiörung eines so bedeulenden
Kunstwerks auszusprechen. Hätten Franzosen, oder
eine andere Macht, in gleicher Meise ein deulsches
Kunstwerk beschädigt, würde ich nicht gezögerl
haben, einen ähnlichen Prvlesl zu unterzeichnen.
LUemalS aber halle ich den Gedanken, das deulsche
Volk, das ich hochschälze, zu beleidigen.

5ch bikle Sie alsv, was meine Ilnkerschrist anbe-
langt, nur in diesem Sinne aufzufassen, d. h. ohne
jede beleidigende Form. Glnuben Sie, hochgeehrter
Herr, wie zuvor an ineinen lnneren Zusamiiienhang
mit dem deukschen Wesen. Es grüszt Sie 5hr er-
gebener Ferdinand Hodler.

Die „Vorslelliing^ in ber Kunsk. ^

Dle königliche Krask des Eroberers im Menschen
äuszert sich nicht nur im Ergreifen aller stofflichen
Dinge des Daseins mit Händen. Sie niinint auch mik
den Greiforganen der Augen alles aus, was die
Sinne nur irgend fassen können. Was die Augen
wahrnehmen, das ist der reichste Stoff sür den
Künstlec. 5eder andere Slvsf, den dle Hände greifen
können, ist armselig — mit dem Anschauungsgul ver-
glichen. Welche Fülle von Stoffen Tag sür Tng,
und jeden Tag neu und frisch und lockend. Ilnabseh-
bar reihen sich die Wahrnehinungen aus der ganzen
umgebenden Welt aneinnnoer, ln üppigerem Neich-
kum als die Väume des Maldes, wenn der Kllnskler
einen Stamm braucht, in reicherer Schönhelk als die
Muscheln am Strande, auS denen er seiner Geliebken
einen Schmuclc sucht.
 
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