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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 6 (Juni 1928)
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Altherr, Heinrich: Natur und Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0173

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e Blättev füv Zeichen-Kunst- und

Zl'Uschl'tft desReichöverbandeö akad. geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Verantwortlich für dte Schriftleitimg! Prosessor Gustav Kolb, Stnttgart
Drnck isnd Berlag! Engen Hardt G. m. b. tz. Stuttgart, Langestraße 18
Für VelprechimgZexemplare, Niederschristeii oder nndere Eiiiseiidlingeii trgsndwelcher Äri
wird eine Verantwortlichkeii nnr dann nbernominen, wenn ste erbeten worden stnd

Painr und Form. Von Professor tzeinrich Altherr. — Vom Vildungswert des Zeichnens. Von Professor
Walbe. — Unser Verhältnis zur Knnst, Knltiirkiinde nnd Knnstbetrachtung. Von Wilhelm Franhen. — Volk,
höhere Schnle nnd moderner Knnstunterricht. Von Reinhold Braband. — Mit Schnlern anf der Fahrt dnrch
Schwabens nnd Frankens altertnmliche Städte. Von Dr. L. Siebert. — Masken. Von tzeimo Schöllkopf. —
In nnseren Betlagen. — Umschan. — Sprechsaal — Vnchbesprechnngen. — Beilagen-tzinweis. — Geschäft-

liches. — Inserate.

6. Iahrgang Iuni 1928 tzeft 6

Wevkunterricht

Natur und Forrn

Von He > nri 6) Altherr. Professor an der Aliademie der Bildende Kllnste

Auä der Nede zur Eröffnung der Sezesslons-Auä-
slelliing ln Skuttgark?

Lä lsl nicht schwer zu erliennen, dasz eä auf üem
Schlachtfeld der Kunstrichkiingen ruhig geworden Ist!
Die exkremen Aoheiten wie die nur äußerlichen
Spcliulatlonen sind aus den Ausstellungen ausgeschie.
den! Dle unpersönliche Ralur-Abschrift sowohl wie
die rein maschinell begriffene Abstralillon findet kel-
nen Plah mehrl Rlemnnd musz sich mehr verpflichiet
siihlen, sich zu gebärden, alS wäre in ihm fausiijcheS
Ringen oder Grlinewaldsche Elrstase, wenn dies nicht
wirlilich der Fall ist! Mer versuchk hal, sich mlt fal-
schen Federn zu schmtlcken, der läßk eS lleber wie-
der blelben und zieht vor, in seinem ihm gemäßen
Schmuck zu erschelnen! — Diese und andere Anzei-
chen slnd sehr 'erfreulich und man darf deShalb ohne
Zweifel feskskellen, daß ivlr nuf dem Wege der Festi-
gung sind!

ön dieser Festigung lrommt zum Ausdruck, daß der
Form-Wllle zugenommen hat! Es haben zu Vlele die
bilierc Erfahrung machen miilsen, dasz es unumstöß-
iichc Forderungen flir einen Vlldaufbau gibk und daß
uian ohne eine Schuluiig der Form und strennske
Disziplin nlchk durchliommk. Denn ohne ein Wissen
uin diese Dinge gibt cS einmal lieine Geskaltung!
Wozart — dessen Genie wir doch das Meiste zu-
schreibcn, hak geäuszert, dast der Kunst-Verstand beim
Koinponleren eine gcosze Rolle splele. Mit dem wie-
derholien HinweiS auf die Nakur ist es nicht getan.

« Diese Attsluhrungell des vou llus hochgesckähtett Küttstlers
uttd Kllilstlehrers scheiuell mir auch für uttsere^lrbeit bedeutuugs-
voll zu sein. Ich erblicke in ihnen eirl klares, verni'lilftiges Wort
zur rechten Ieit.daS inlllitten der auLeittattderflieszettdett, sich teil--
weise berämpfenden Meinllngen eiuen Pol zur Salnmlttug geben
kanu. H, K.

Man darf sie nicht fllr die Fehlschläge verantwork-
lich machen — weiß doch auch kein Mensch, was das
eigenklich ill — die „Nakur" — sogar Leonardo wle
Goethe haoen bekannt, daß sie es nicht wllszken! --
- Sle Ist jedenfalls der größke Sammelbegriff, den
wir kennen! Fiir die Einen ist sie gleichbedeukend mtt
einer Vorstellung von Gokt, fiir andere Ist sie be-
kannllich bloß die sinnlose Zusammenseszunn von Ako-
men! Sicher ist sie der AuSgangSpunkk jedes blld-
nerischen Gedankens wie das lehte Kriterium für
den versiändnisvollen Vekrachter! — Dazwischen ve-
deuket sie aber fiir die Gestaltung, fllr das Enkstehen
des Kunstwerks ein zweischneidines Schwerk! — Mir
vermögen eben blosz durch die Mlttel der Form und
Farbe uns der „Rakur" zu nähern, und wer das
nichk einsiehk, wer ihr nichk mit elnem Rllstzeug, mlt
einem Wissen um das Wesen von Form und Farbe
entgegenkrikk, dem wird sie unfehlbar zum Verhäng-
nis, wie der Mokke das Licht, das Ihr dte Fliigel
verbrennt!

Um diesem Wenigen über das Verhälknis der bll-
denden Kunst zur „Nakur" nur noch elnes hlnzuzu-
fiigeni Wenn wir imskande sind, eine Festlgung öer
Aiischauung feskzuskellen, so muß darin zum Ausdruck
kommen, daß die „Nakur" „einheiklichsr" begrlffen
wird! Ein Blick auf dle Gokjk vermag uns dies klar
zu machen! 3hr Wesenklichstes enkspringk einem be-
stiinmken festskehenden Verhälknls zum Vegrlff „Na-
iur", man könnte sagen, einem allnemeinen Ueber-
einkommen, wle der Msnsch dsr Nakur gegenüber
zu skehen hakke!

Line solche allgemeine einheitliche Bekrachtung der
Natur herbeizuführen, das vermag nber die Kunst nie-
mals. Das vermag allein die Religion, der Glaube
eines Volkes! Die Kunst Ist dann bloß Ihr Spiegel!
 
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