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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 11 (November 1928)
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Stiehler, Georg: Stellung zu Britsch-Kornmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0339

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Stellmtg zu BriLsch--Kornmann

Von Georc; Sliehler, Leipzig

Mir beziehen unZ aus die Ausfiihrungen von
Korninann (Zeft 10 von „Kunst und 3ugend") und
Britsch, in seinem Bnch „Theorie der bildenden
Kunst".

Aufmerlisaine Beobachter liönnen erleben, üas;
neben fanalisch Zusliinmenden auch starlie Gegner-
schaft sich bereits einnestellt hat. Es inuß uns dar-
auf ankommen, auf Grund objektiver Prüfung zu
einem festen Slandpuiikt zu kommen, in der Lehre
von Brilsch, ivie in den vornehmlich von Kornmann
weiler ausgebaulen melhodischen Alchllinien.

3n der „Hamburger Lehrer-Zeilung" vom 1. Sep-
tember 1928 stehk an erster Stelle ein Fanfarenruf:
„Aufruhr im Zeichenunlerricht — Bermirrung in
der Pädagogik". Nnch dem Schreiber wird diePnd-
ngogik entivirrt, sie ivird genesen, ivenn sie der Lehre
von Britsch in ihrem Grundgedanken nachgehk. Diese
Lehre faßt der begeiskerte Oünger von Briksch in die
dokumentarischen Morte: Kindliches i sk voll-
endet u nd ohne Zeit.

Dn stehk einer ganz abseits: der Aliinchner Zei-
cheninspektor Sleigerivnldt in seinem Buch: Das
Lehr- und Lernbare im Zeicheiiunlerricht. Da warn!
Kerschensteiner von seiner Marle aus, das Prinzip
des schöpferisch Künsklerischen in der Erziehung nicht
zu überwerlen, zu überspannen. Da lehnt ein Bres-
lnuer Akadeinieprofessor den Borlrag von Korn-
mnnn aus der Werkbundlagung nb >n der Zeilschrisl
dcs Merkbundes, da erlilärt in der „Form" die
Schriskleilung als eine wesenkliche Llufgabe deS
Zeichenunlerrichks neben dem bildhaslen Geslallen
das sachllche Zeichne», das Borslellungs- und An-
schauiingszeichnen.

Damil der Leser vvn „Kunsl und Ougend" selbsl zu
der Sache sich einslellen kann, geben wir eine kurze
Zusninmenstellung der Lehre von Arilsch-Korninnn»
und hnlten dann nlchk zurlick mit unsereiii lirkeil. —

Britsch unkersuchk die Gestaltbedingungen der Kin-
derzeichnung und der frilhen Kunst.

/ Dns Mesen üer künsllerischen Täligkeil besleht in
der iininilkelbaren geisligen Berarbeilung der Er-
lebnlsse deS Gesichtssinnes„,i

'Zluch die „Anfnnge des svriiihnflen Geslal-
le»S beim Kinde" sind „g rundsähli ch eine
k ü n st l e r i s ch e De » klei sl u n g". <S. 17.)

DaS Gekrihel.

Es ist die e r sk e Slufe aus dem Weg der „gei-
skigen Ernrbeitung von Gesichtserlebnissen".

Dns Gekritzel isk nicht nur Muskelspiel, sondern
D e n klei sl u n g, eS isl ein „gemeinler Fnrbsleck".
Ein Ilrleil im „gesichlsvorstellungäinäszigen Denken"!

„Es ist ein gemeinter Farbsleck, grenzhnft ab-
gehoben von einer nichtgemeinken Ilmgebung."

Zunächst nur Spmbol für einen allgeineinen Denk-
zusainmenhang, keine „Differenzierung", kein Ab-
bild, keine Ansicht, eine Borslufe mit geringem Er-
kennkniSinhalt, o h n e U r t e i l f ü r die Nich-
t u n g.

Das N i ch t u n g s u r t e i l.

Dle Striche, daS Gerichlelsein isl beabsichligl (ge-
meink) und gekonnk. Also »ichk mehr Spmbol, svn-

dern Gestaltung, Formgebung. Aber e i n e gefun-
dene Form (Kreis) hat Geltung für vielerlei Ge-
meintes.

Die N i ch k u n g S u n l e r s ch e i d u n g.

„Der Gesamtfarbfleck bedeutet eine geistlge Lin-
heit", innerhalb eines Farbfleckes (Gesamlform) wer-
den Teilfarbflecke nach ihrer N i ch t u n g
unterschieden (differenziert). Es ist ein Zusammen-
klang (Komplez') „rlchlungSunlerschiedener Teil-
bestände".

Die TaLsache e i n e r U n t e r s ch e i d u n g be-
deukek noch nicht eine Differenzierung
innerhalb der Unterscheidung.

Der Nichtungsunterschied wird ausgeürllckt durch
den „grösztmöglichsten Nichkungsunkerschied": senk-
recht und wagrecht.

Die Zeichnungen „geben immer denselben Bor-
skellungszusammenhang" wieder, angewendet auf ver-
schiedene gegenständliche Gesamkgebilde (Baum,
Alensch, Tier, Haus).

Der „Gegenstand der Darstellung" (dle Form der
Zeichnung) bildet sich mit der wachsenden Be -
urkeilungskraft (künstlerische Denkmöglich-
lieil), nicht umgekehrt ist die Zeichnung e i n e
Darstellung eines „G e g e n st a » d e S".

Die N i ch l u n g s v e r n n d e r l i ch k e i l.

Eä werden verschiedene Aichlungsunterlchiede
gleichzeilig nebeneinaiider aednchk, diese Unlerschiede
ein und desselben Teilsarbsleckes können im Gesaml-
sarbfleck einmal in dieser, dann in jener Nichtung
gedachl seln (Tellfleck: Bein am Tier), der Schrill
zur kiinstlerische» Aewälkigung der „Bewegung"
ist gekan.

Der N i ch t u n g s z u s a m m e n h a n g.

Es werden einheillich die verschiedenen Nichlungs-
unterschiede beurteilt (Bewegung der Beine) am Ge-
snmtfarbfleck (Gesamkdarslellung). Also nichk jedes
Bein für slch, sonder» einheilllch, wie der Organis-
inus es zeigk. (Also ist der Borslellungszusammen.
hang abhängig vom organischen Zusaniinenhang!)

Es sind keine Unkerschiede, die addiert werden,
sondern Unterscheidungen in der höhere» Einheil:
Sich bewegendes Tier! —

Der Majzslab der k ll n sl leris ch en L e i st u » g
liegt in der Einheit d e s V e n k e n s, nichl »ach
der Seite d e r g r ö f; e r e n N i ch k i g k e i l! —
ct ni i l v: Beziehunge n d e s W i ch l l g e n
und Unwichtigen.

Der gemeinte B e si a n d eines Furb-
fleckes wird mit die n i ch l g e m e i n i e U m -
g e b u n g m i k II b e z e i ch n e l.

Ein Sirausz, ein Vauin, ein Berg isl ein geineinler
Farbfleck — der Tisch beim Slrauf; wird nichl
gemeint, die Fläche neben dem Baum wird »icht ge-
nieint: diese Umgebung mufz gleichgültig
für de» Skrnuß, öen Vauin. den Berg g e m a ch i
werde n. Die Fläche, der Slrich sind das li, ^lichl-
gemeinke.
 
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