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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 1 (Januar 1928)
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Karbe, Walther: Das Problem der Kunsterziehung in der Erwachsenenbildung, [1]
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Pazaurek, Gustav Edmund: Leitsätze für die Stilübung in den bildenden Künsten und im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0020

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jedoch bereits Formen eiuer LebenSgesialtung be-
deuien, in der dus moderne Dusein wiederum von
Deist und Seele, d. h. von Kunst durchseht Ist.

Die im eigenllichen Sinne lrunsterziehliche Arbeit
mil erwachsenen Laien beschrcinlrk sich aber auk solche
Kurse und ArbeilSgemeinschasten im Volksbiidungs-
wesen, die ausdrücltlich hierfür gedacht und gehalteil
werden. Der wesentliche Unkerschied dieser Art Kunjt-
erziehung gegenttber jener ersten liegt In der aktiven
Milarbeit'des Laien selber. Zu den Schöpfungen
jener steht der Lnie doch mehr oder weniger nur
im ÄerhnltniS des Konsumenten, der üns hinnimmk,
wnS Architelik, Techniker und lindustrie ihm anbiekek.
2m Mitkelpunkt der zweiken Art steht aber der
Laie selber, und man hat als Aufgnbe erkannt, ihm
zn helfen, von sich nus den Meg zur Kunst zu fin-
üen und sich mit ihr auseinanderzulehen. Da einer-
seits daS 2nlercsse dcs modernen Menschen sich sknr-
ker nnd skärker den kechnischen nnd sportlichen Din-
gen zugewandt hat und die Aeziehung zur Kunst
iinmer iockercr geworden ist, kann man hier nur von
Kleinarbcit innerhnlb der Erwachsenenbildung spre-
chen, und andererseiks isk auch bei dem noch Kunst-
interessierken der ursprüngliche Sinn für das Künst-
lerische auszerordentlich verschüktet, sodasz auch noch
hierans Schwierigkeiten für die Arbeit erwaäzsen.
Gewib handelt es sich in jedem Falle um Freiwillig-
!>eik, um guken Willen und auch um ernsthaftes Ve-
mühen, aber diesen stehen Zufälligkeik, Zeikweilig-
keik und Ilnklarheit gegenüber. Und es sei nicht wer-
gessen, daß Abend- und Arbeitsmüdigkeik sowie

finanzielle Bedenken die Arbeit immer wieder er-
schweren.

Die Erwartungen, mit denen der Laie in den Kreis
kunsterziehlicher Arbeit kritt, sind meist sehr alige-
mein, unklar und bleiben oft unausgesprochen. Eine
ganz einfache Deukung mag vielleicht üas Grund-
säszliche treffen: ein Suchen nach Berbindung mil
einer geistigen Welt und dem Schönen, solange nicht
einma! an eigne aklive Mitarbeit gedachk wird und
nur von der Kunsk die Aede sein soll: ein Berlangen.
bildnerische Fähigkeiken, die geahnk oder entdeckt
sind, zu kultivieren, teils aus reiner Freude am Ge-
stalten, teils mit einer Spekulakion Im Ankerbewuht-
sein, es sei vielleicht ein grojzer Kllnstler verloren
gegangen, der noch zu retten sei. Auch die Erwar-
tung, durch eine verbesserke Technik des Zeichnens
beruflich Hilfen zu gewinncn, ist zu sinden. All die-
sem Bedarf stehen wcit deuklichere und ausgespro-
chene Angebote gegenüber, und eS kennzeichnek die
ganze Beziehungslosigkeit zwischen Laien und künst-
lerischen Dingen, wenn man bei der Nachfrage des
ersteren die sellsamsten Borstellungen und die grotze
Aat- und Hilflosigkeit entdeckk. Für die Einstelluna
gegenüber künstlerischen Dingen findet man durch
Äeachlung des Aufgreifens einzelner Angebote den
besten Aufschlufz: Das Gros der Laien sammelt sich
in den Borträgen und Kursen, in denen keine
akkive Bekeiligung verlangk wird und in üenen nur
von Kunsk üie Rede ist. Die geringste Teilnahme
findet man in den Arbeiksgemeinschaften, in denen
der Laie selbst mikkun mutz. (Fortsehung folgk.)

Leitsätze für die Stilübung in den bildenden Künsten
und im Kunstgewerbe*

Aus dem Bortrag von Pros. Dr. G. E. Pazaurek vom 21. Nov. 1927 im Landes-Gewerbemuseum

zu Skuktgark.

Unfruchtbare Lzperimente einerseiks und anderer-
seilS weikgehende Äaklosigkeit, ja fafk Muklosigkeit,
charakkerisieren unsere Zeit. Pflichkbewuszke Kunsk-
pflege und, da es sich im Kunstgewerbe ebenso auch
um volkswirtschyftliche Belange handelt, die Ge-
werbeförderung hat daher die Pflicht, mahnend und
warnend einzugreifen.

Für alles brauchbare Neue müssen wir, da der
!n der Aildung begriffene ZukunftSskil kein konser-
vativer sein kann, dankbar sein. Die historischen
Kunslskile geben uns keine unveründerk herüberzu-
nehmenden Elemente, sondern lehren uns nur, wie
bestinimke Aufgaben unker wechselnden Berhältnissen
In verschiedenen Merkstofsen mehr oder weniger
glücklich gelöst wordcn sind. Wir haben uns zu be-
niühen, in gleicher Weise sür unsere Zeik und ihre
neuen Lebenääuszerungen neue, neuen Zwecken und
Werkstoffen entsprechende" Formen zu schaffen.
Falsche Nomantik ist vom Ilebel.

2 Kilintliewerbe Miiiislbaiidwerk bzw. Kiiiistiiidiistrie) ist keine
iiicürigcre ji'niistgaitiiiig, londerii alS eiii Teil der ebeiifnllZ zweck-
gcbiiiideiieii stlrchitektiir iii seineii Spiiieiileistiingeii deiien der
andereii Kiiiiste^ebeiibiirtlg.

Die bisherigcki selbständigen Schöpfungen leiden
vielfach an folgenden Grundübeln:

1. Aeberkriebene Originallkälssucht um jeden Preis.
Die Grenzen der Künste üllrfen nichk verwischt wer-
den, das Nebeneinander darf nicht mit dem Nach-
einander verwechselt werden: unkllnstlerische Milkel
sind zu verwerfen. Auch der bildende Künskler musz
wie der Dichter in der vorhandenen Sprache arbeiken
nnd keine neuen Lautzeichen für sich erfinden wollen.

2. Vewnszke Primikivikäk, und zwar: a) Kinder-
lallen, b) Skein- oder Vronzezeikkultur, e) Nakur-
völkerkulkur. —

Auch die Bolkskunst wird uns, soweit sie erstarrte
frühere hösische Kunst ist, weniger befcuchten können.

3. Das deuksche Erbübel: die Ausländerei. Na-
menklich verschiedene Franzosen und Nussen der
lehten 2ahrzehnte haben uns mehr geschadet als
genützt, ani meisken in der Malerei. Wenn wir
auch alles, was um uns vorgeht, aufinerksam ver-
folgen sollen, haben wir es nichk nvtwendig, in blinde
Nachahmungen zu verfallen. Gerade in den oppo-
sikloneilen Skilen, in der Gokik und dem Nokoko,
waren die Deukschen, nachdem die ersten Anregun-
 
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