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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

DOI Heft:
Heft 4 (April 1928)
DOI Artikel:
Kern, Charlotte: Zeichnen nach Musik
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0108

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92 u

Zeichnen nach Musik

Von Lharlolle Kern, Berlin-Steglih.
(Vergl. dazu dle Beilage/)

„Sowohl der Trieb zum bildhaften Gestalken, wie
auch die Gestnllungskraft sind ein Teil der Natur-
nusslaklung deS Menschen, Lie sich schon Im Kind
auswirken, und die sogenannten ewigen Gestalkungs-
gesehe der Kunst sind dxm Menschen eingeboren, in
seiner leiblichen und seelischen Natur begründet."
sPros. Kolb, BildhafkeS Gestalken.)

Ilnerschöpflich sind die Kräfke der Natur, und dtese
Kräfte koimnen beim Kinde am ungehemmtesten und
reinsken zum AuLdruck. Auf diese eingeborenen
Kräfke und Fähigkeiken bauend, Erfühltes in For-
men oder Farben umzusehen, haben wir In der
Schule versucht, gehörte Musik graphisch zu ge-
skalken. Musik und Malerei sind Schwesterkünske.
Wohl jeder Mensch hak bei Tonzusammenklängen
Farbempfindungen oder umgekehrt, wie ja auch
viele bei bestimmten Vokalen oder Zahlen immer
dieselben Farben vor sich sehen.

Abb. l und 2. M der Sezka kam es darauf an,
den Rhi)lhmuS eines LiedchenS erfühlen und nur
! n Linien ausdrücken zu inssen. Nach einmaligem
Vorspielen von Schumanns „Miegenlied" und, als
Segensah Lazu, des „fröhlichen LandmannS" von
Schubert, wobei die Schülerinnen nur zuhörken,
zeichneken alle, und ohne, dasz sie üen Tikel des
Slückes wuhlen, kam In die Zeichnungen einmal die
Auf-Abbewegung des Wiegens, üas andere Mai ein
hnrkereS, mehr marschierendes Mokiv hinein. blm
alles Nakionaie auszuschalken, wurde ersk nach Ferkig-
skellung der Zeichnungen den Schlllerinnen Ler Name
deS MusikskückeS genannk.

lln diesen jungen Menschen ist die ungebrochene
Empfindung noch so rein und kräfkig, dasz sie naiv
und unbefangen an jede Aufgabe gehen und sie
lösen, wo der schon verbildeke Erwachsene verständ-
niSloS bleibt, weil er nicht mehr die Fähigkeit hak,
sich so stark den Eindrücken der Musik hinzugeben.
Ein ähnlicber Versuch in den Oberklassen 0 III und
II II enkkäuschke ebenfalls nicht. Wenn auch wenige
ganzllch versagken — erzwingen kann man der-
arkiges ja überhnupt nichk, wer es nicht in inner-
sker Seele spürt, dem wlrd mnn es mik dem Ver-
skande allein nie klarmachen können, — so keilte
sich die Wiedergabe dcr „Phantasie in Moll" und
der „Phanknsie in Dur" in schwarz-weifze oder far-
blge abskrakke Formdarstellung oder in nakuraliskische
Wiedergabe eineS BildeindruckS, den die Musik er-
weckk hakke. 3n Abbildung 3—6 bedeuten die stark
durchgeführken Linien die Melodie, die darüber und
dazwischen sich hindurchwindeiiden helleren die Be-
gleikung, die um das Aaupkmokiv spielt. DaS weichere
Mollkhema wurde dnrchweg mit Linien in Kurven-
bewegung, das härkere Durkhema mik eckigen For-
men auszudrücken versuchk.' NetN'-'gefühlsmäszig
arbeiketen die Schülerinnen, jedes erläuternde Worl
wurde vermieden. Einige Schülerinnen konnten nur

* Lelder war cS nicht nwglich, die schönen sarbigen Schüler»
arbeiten wisderzngebeii. G. K.

elne der beiden Stimmungen ausdrllcken und gaben
an, bei der andern nicht so stark empfunden zu
haben, um im Stande zu sein, dies darskellen zu
können. Die farbigen Abbildungen muszten leider
aus pekuniären Gründen foctfallen. Datz geraüc
die Farbe den stärksten Gefühlswerl hat, erleben
wir alle käglich. 3n der IIII hakke eine die Moll-
studie !n Blau gemalt, das allmählich nach zwei-
maliger Erhebung, die in der Musik hörbar war,
in ein Meergrün verebbke. Eine andere drückte
dieses Anschwellen durch ein Lichkwerden in der
Mikte des Bildes aus. Begeisterung und kiefer Ernsi

Linolschnitt Vberrealschnls-Ioh. Dresde» (Studlenrat Bruno Schmidt)
 
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