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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 6 (Juni 1928)
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Braband, Reinhold: Volk, höhere Schule und moderner Kunstunterricht
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Siebert, L.: Mit Schülern auf der Fahrt durch Schwabens und Frankens altertümliche Städte
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0187

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158

muiiue» wci'dcn. Durch dieses Auä-sich-heruus-Gestul-
ie» eineS BorsieiiuiigSiwiiipiexech eiuer Siiualion,
ciiicr picisüsche» Form, einer muierischen Lrscheinung
wird Kiurheii Ler Borsleiiung, Ordnung der Vorslel-
iungsweil überhuupi erzieil. AnderseilS soiien Ge-
biide der Phunkasie, der innern Vorsteliungswell
geslullel werden. Es iioimnl nicht darauf an, dusz
schöiic AÜder zuslunde lioininen, sondern cs lroinmk
dnrnuf an, duß die VorsteiiungSwelt des Schülers
üurchgepfiügt, die Phunkusie in Bewegung geseht
wird und dic geskultcnden jind schöpferischen Krüfte
iebendig gemacht werden. Auf Grund dieser Irünst-
ierischen Bcküligung werden die S6)llier auch die
schaffeiiden Krüfte, den künstierischen Ausdruck einer
vergangenen Kuilurepoche verstehen und durch Ein-
führung i» dns Vecständnis einzeiner Kunstwerke
auch den Geist dieser Zeit recht begreifen iernen.
So ist z. B. duS humanistische Gymnusium nicht denk-
bur ohue eingehende KennkniS der griechischen Kunst.
Mungelhafke Anschauungsmitkei, wie sie hüufig noch
!n Gebrauch sind, könneir die piustische Borskeiiung
nichk vermikkeln. Aber gerade dns ist das Wesent-
iiche, nicht die liebermiiieiung eines Wissens über
üie Klinskwerke. Guke Lichibiider sind hier dus besle
Alulerial. Ferner ist der Besuch von Museen zu
empfehien, wo es sich ermöglichen lüszt. Die hohe
Kunst des PhidiuS, die Frühzeit und dunn die Mei-
ierentwickiuiig !n der heiieiiistischen Zeik, das kann
iinr sühlend erschaut werden an bestem Viider-
mnterial.

Dann ist für üus BerskäiidniS unserer Kuikur so
wichkig der Kuikurkreis des Miktelalkers mit der bei-
spiellosen Entfullung dec schöpferischen Kräfte des
germanisch-deukscheii Geistes, dessen Zeugnisse wir
uoch heule in den gewaikigen romanischen und goti-

sche» Domen und piastischen Werken vor Augen
haben. Dann die aubrechende neue Zeik mit der
mächkig aufstrebenden Renaissancekunst in Nalien,
ihr Abklingen in Deulschland im Barock und No-
koko, mik dejscn Erlöschen die künstlerischen Kräfte
des deukschen Boikes erschöpft sind. Was dann noch
kommk, bis in die Mitte des 19. liahrhunderts hin-
ein, ist Klussizismus und Akademismus, was als
Berfaii der Kunst angesehen werden muß. lln der
iieuesken Zeit von 1870 an wird die Malerei die
führende und neue Vahnen weisende Kunst, und in
der Gegenwart skehen Malerei und Brchitektur vor
neuen Problemen. Es ist nokwendig, dasz der Schü-
icr die grojze Kurve in der Entwickiung der deutschen
Kunst erfuht und daß er auch an die Probleme der
neuen Kunst herangeführt wird. Ganz besonderes
Augenmerk verdienen aber diejenigen Zeiten künst-
ierischer Entwickiung, die von besonderem Schwung
der Begeiskerung gskragen sind.

Diese kurz umrissene, vom Kunskerzieher heute zu
iösende Aufgube ist nur dann möglich, wenn ihm die
Buh» freigemacht wird, und wenn nicht, Seike an
Seite mit !hm arbeikende, nur wissenschafklich einge-
steiite Koiiegen, oder kunstseindiiche Direkkoren ihm
Hindernisse in den Meg legen.

W!r fordern deshalb freie Bahn für die Enkfai-
tung des Kunstunkerrichks, d!e dadurch bedingk ist,
dujz die einheikliche Arbeit des Koliegiums im Geiste
der Nichtünien gewährieisket ist und dajz die Arbeik
im Kunstunterricht uls gleich wertvoll für das Ganze
anerkannt wird.

Man soit endiich erkennen, duh die Kunsk ais Er-
zieherin der Menschheit eine hohe Mission zu er-
füiien huk, darum soli und mujz unsere Forderung
gehört werden.

Mit Schülern auf der Fahrt durch Schwabens und Frankens

altertümliche SLädte

Bon Dr. L. S

linsere Fuhrk soiite keine „Alierweitsstudienieise"
jcin, bei dcr mun vor lauter Besichkigen schon am
dritten Tuge so müde und ubgespannt wird, dajz
mnii neue Eindrücke kuum in fich aufnehmen kann,
sondern wir gaben ihr gleich ihren bestimmten Cha-
rukler: Skudium öes deutschen Städkebaus vom Stand-
puiikk dcs für das Romaiikisch-Aikerkümliche inter-
cssierken gebiideten Laien. Wir wohnen in Deutschiands
niszigster Gcgend, im üerzen des rheinisch-westfäli-
jchen tlnduskriegebiets, bei uns huben die Skädte dem
Auge nichts zu bieten, auch dem Geschichksfreunde
»ichts. 2hre Lntstehung verdanken !ie mit wenig
Ausiiuhme» dcm Zusuii, üer hier Koylc heiszt, ihre
üusierc iind innere Aniugc zeigt daS Lusiige, ofk
liufcriige der typischen Industriestadt. - Dcr ich mich
jcil zwci Zahrzehnten m!t der Geschichte dcr deut-
jche» Siudk befusse und meinen Schüiern nakürlich
icho» vieies üarüber erzähik habe, woiite !ch sie ein-
mui in den Teii unseres Bateriundes führen, wo
uus einem verhäitnismäfzig engbegrenzken Naum so
vicie reizvoüe, malerische Städte und Städtchen uns

ebert, Herne.

— , Nachdruck verboten.

Kunde geben vvn dem, was der deutsche Bürger in
srüheren üahrhunderken an kuitureüer Arbeik ge-
ieistet hat, und das !st Schwaben und Franken. Wir
hakten uns aiso ein ziemlich weikes Ziel geskeckt,
aber man mujz auch bedenken, dasz die Schüler im
Nuhrgebiek in so vielem sehr benachkeiiigt sind gegen-
' über anderen, die in landschustlich schöner Gegend
wohnen, umgeben von historischen Skätten und
Mitkeipunkken künstierisch-geistiger Kuikurpfiege.
Bon aüedem hubcn meine jungen Lcuie so guk wie
gurnichts und !ie kommen bei der uügemein jchiech-
tcn Wictschastsiage seiten auS üem Dreck und Staub
unserer Skadt herauS. Es war jedenfaüs nicht so
cinfuch, für etwa 10 Tage e!n unseren besonderen
Zwecken üienendes Prograinm uufzusteüen und vor
uüem dus nötige Geld uuch für die wirtschaftiich
Schwächeren aufzubringen. Aber wenn man wili,
geht ichiietzlich vieles!

So fuhren wir denn wohigemut im beschleunigken
Personenzug, „halbe IV. Klasse" am Rhein enk-
lang und durch b!s Heidelberg. Die Anlage der
 
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