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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 3 (März 1928)
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Günther, Otto Erich: Ornamentzeichnen, [2]
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Nicklaß, Elsa: Modellieren zum Zwecke der Formerfassung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0082

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>;eu wn'deu, in dem — dns Kind mil dem Aade
nnLlleschiiile! wird, analog allerdings den Grund-
jajien „neuer Sachlichlieit".

Aaiionalisierung und Typisierung wird durch diese
jnngsle Acwegung zur künsllerischen Tat und heiht
aiS solche: Geslnltung. Die uralle Tatsache, dah
vier rechlivinlrlig zusammengesehte Flächen mit einer
Decke darüber einen Aaum ergeben, hat bisher noch
iiein Zeitalter in dieser Weise gemertet! dieser Sno-
bismus blieb bezeichnenderweise erst der gegenwär-
ligen Lpoche vorbehnlkein Es ist gewissermaszen der
DndaiSmus der Architelitur entskandeii. Man gibt
nur noch VorauSsehungen, Technilr und Neuerungen
non oftmnls fragwürdigem pralitischen Merl wie
elwn zu Glaswänden verbreiterte Fenster, die eine
iiosispielige Aeheizung bedingen und auch noch andere
Nachleile habcn! Dasz Selbstverständlichkeiten für
jede Architektur, ohne die sie nichts ist, heuke aber
ausdrüclilich als Kunsl bezeichnet werden können, be-
weisl ncben verschiedenen andern Zeiteigentümlich-
lieiten, die besvnders in der ständigen Aekonung der
„Wirtschaftsbelange" liegen, die Abhängigkeil, in die
die Kunsk verstrickt ist, und ferner die Ilrteilslosig-
lieit über sic. Auf der von langer tzand vorbereitelen
Linic, dic bis zur „neiicn Snchlichkeit" geführk hat,
komini niiszcrüem für uns Deuksche immer wieder
die beschämende Taksnche unserer Geneiglheit zum
Ausdruck, fremde Einslüsse bewundernd aufzuneh-
nien u»d üagegcn das eigcne Wesen zu verleugnen
oder minder zu achten. Das liegt in der absprechen-
den Wertung deukscher Eigenart bei der Veurkeilung
deS öeutschcn Tricbes, ein persönliches Verhältnis
zu den Dingen seiner Umgebung zu gewinnen und
gestaltend zum Ausdrucli zu bringen. Als ob etwa
ein solcher Trieb überhaupt kunskfeindlich sei und
zu Aerflachung und Kiksch führen müjzte! Als ob
es ferner nur bei uns und bei keinem andern Volk
Kikfch gäbe!

Die „neue Sachlichlreit" ist allerdings Zeitsymbol,
und zwar des Mnkerialismus. lin seinem Bestreben,
unserer Epoche scinen Stempel aufzuzwingen, ist
dieser Nlakerialismus jedoch nicht ohne Gegner.
lieüenfalls hak er sich hier endlich in unüberkrefflicher
Weise selbst entlarvk und sich damik testgefahren,
und er wird durch seinen Mordanschlag auf die
Kuns! vielleichk die Gefahr des OrnamentskreupulvorS
alS des Gegenezkrcms zur „neusachlicheii Gettalkung"
ivirkungsvoller heraufbeschwLreii, als uns tieb sein
kann! Ohne Ornamenk gibk es keine Kunst, sie ist

eines ihrer Ilrelemente! Wcr sie des Ornamentes
beraubt, zerstört auch sie. Die verschiedenen ein-
schränkenden, unsicheren Aemerkungen in dem Auf-
sntz gegen dns Ornamentzeichncn scheinen aus dem
Aewusztsein dieses Gruiidgesctzes der Kunsk zu rüh-
ren, aus dem Gefühl der Kunstfeindlichkeit der Ve-
skrebungen, wie fie die „iieue Sachlichkeik" doku-
mentlerk, die sich damit als nichts anderes als eine
Modeerfcheinung erweist. Sie ist Verkörperung ver-
standesmätziger Erklügelung, mundgerechl gemacht
durch schöngeistige Reklame. Es wird ihr aber nichl
gelingen, die Kunst und die Sehnsucht nach Kunsl
auszurokken! Der Tokgeschlggene wird jchlietzlich der
Materialismus sein, dieses mammonislische und
rakionalistisch gesonnene Gespenst, das die Kultur-
welk verheert und uns in diesem Falle mit lächer-
licher Abgeschmacktheit vormachen will, datz etwa >
die praktische amerikanische Erfindung der Wand-
schränke „Naumkunst" sei.

Uebrigens noch eine Aetrachtung von einer andern,
nun ebenfalls „wirtschaftlichen" Seite!

Die Kllnstler und das Kunskhandwerk sitzen lamen-
tierend neben dem Ast, den sie selbst mit absägen
hnlfen. Währenü einige schöngeistige und spekulakive
Elemente fllr wenige „Namen" — und noch dazu
meistens fremüe, besonders für Franzosen — uner-
hörke Preise bezahlen, wird auf den Ausstellungen
so gut wie nichts verknuft, ja, es gehört neuerdings
auch nicht mehc zum guten Ton,' Bilder an den
Wänden zu habcn! Verwiinderlich ist es nur, datz
noch kein Ausjatz in unserer Zeilschrif! aus diese
Enkwicklung aufmerksam gemacht hak und unS auf-
sordert, einem andern Broterwerb nachzugehen,
denn wozu noch Kunstunterricht erkeilen, wenn es
überflüssig wird? Die Archikekten sind ja künftig
mik einem Techniker als Lehrer im Linearzeichnen
genllgend versorgt, um sich auf ihr Wirken vorzu-
bereiken! Nur eins isl noch zu überlegen: Wo bleiben
die einmal vorhandenen Bilder, Plaskiken, Graphiken
usw.? Könnke man sie nlcht in normierte Mu-
seen übers Land verteilen? Hugo Gropius wird schon
die geeigneke rationelle Vaunorm finden, und fllr
die Führung in diesen Kunskspeichern, um deren
3nhalk den Besuchern zu erklären, wird wohl die
jetzige Anzahl von Kunskhistorikern und solchen, die
sich auf diesen Aeruf vorbereiken, gcnügen. Dann
brauchen doch diesc Anglücklicheii nicht auch noch
Zigarrenreisende, Barmizer oder etwns ähnliches
werden wie wir Zeichenlehrer.

Modellieren zum Zwecke der Forinerfassung

Von Elsa Nicklatz' sElisabeth-Lyzeum, Verlin-Lichkerfelde)
tVergleiche dazu die Beilage.)

Alles, waS dem Zwecke dieni, den Sinn der Kinder
für das Erfalsen einer Form zu fördern, sollken wir
sttr unsern Unterrichk nutzbar machen. Namentlich
sollken wir die Aufgabe der Formerfassung, des
Formgedächtnisses, des Formnnchschaffens und dcs
Focmerschaffeiis ernsk nehmeii, Diese Fähigkelken
spielen in Fächern wie Nakurkunde, Malhemakik,
Kiillurgeschichte und Geogräphie eine grotze Nolle —
sie können in Deuksch, in Aeligion, in Geschichke not-
wendig werden — mir scheinen sie von höchster Wich-
kigkeit für das gesamte Kulturleben. Die einzelnen

Fächer, die einen mehr, die andern weniger, sind
dazu angskan, das Wissen um die Form zu fördern,
und es kann nichk genug darin getan werden.

Der Zeichenunterricht bringt nun allerdings focl-
während neben der Linie und der Farbe die Forni
an das Kind heran. Da es sich aber in diesem
Unkerricht stets nur um flächenhafke Darstellung des
Dreidimensionalen handeln kann, so kommt es häufig
bei oberflächlicheren Zeichnern unter den Schülern
zu einem „formelhafken" Erfassen der Körperfor-
men. Es kann wohl verstandesgemätz begriffen wor-
 
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