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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 11 (November 1928)
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Umschau / Sprechsaal / Buchbesprechungen / Schreibe in Angelegenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0355

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der künstlerischen Beläligung der Kinder einsehen
lernen.

Der gröjzeren Auflilnrung über den Zweck des
5iunslunterr>chls sollle nun die Ansslellung von inale-
rischen, pluslischen und zeichnerischen Schülerarbeilen
dienen, die ain 13. April 1028 im Wohlfahrtshause
zu Landsberg a. W. eröfsnet wurde und welche später
noch in anderen Städten der Ostinarli gezeigk wer-
den soll. Gegen die Erweilerung des ursprünglichen
Zeichenunlerrichls zu einein Kunslunlerricht, der nichl
nur ernster belrieben, sonderii auch wejter, z. B. auf
säintliche bildenden Künsle ausgedehnt werden soll,
wird von den Elkern sehr ofk eingewandk, dasz es sich
hier u»> eine vorübergehende Erziehungsforiii handle,
und zuin andern, dnsz ja zur liünsllerischen Betäli-
gung Talent gehöre und Talent ein Äeschenli üeS
Zufalls sei. Lin solches Borurkeil lionnte abec nur
entskehen, weil"niun sich noch zu wenig init den Zie-
len deS verbesserken Zeichenuiiterrichks beschäftigt
und sie vor nlleni noch nicht pralilijch verwirlilichk
gesehen hat. Die Ausstellung sollle siir Landsberg
ein erster Beweis für die prnlitische Durchführbar-
lieik sein. Aus den ausgestelllen Arbeiten lronnte
nian leicht ersehen, dasz es nichk ausschliefzlich
3uge»darbeiten liominender „Gröhen" sind, sondern,
dns> nuch bei den scheinbar nm wenigslen lalenlierlen
Kindern eine gewisse Freude nn der Kunst geweclil
und üamit der Grund zu einem späleren Berständ-
niS, zu einer Würdigung und zu einem aufrichligen
Genus; der Meisterwerlie gegeben worden isk. WaS
isl schlie^lich auch der Begrisf Tnlenl! Mnn hörk
ihn fast zu oft, wenn es sich dnrum handelk, eineni
Kinde diese Gabe nbzusprechen. Aber wie osl wird
bei einer solchen allzu frühen und leichtferligen Ber-
neinung nichk auch gesündigt. Es ist ein nicht zu
unlerlchähender Borzun, dasz die neueske Melhode
deS ZeichenunlerrichlS hier Abhilse schaffen und zu
schnelle Borurteile verhindern will. Die Bertreler
der neuen Ilnlerrichlsinelhvde sind sich bewus>t, dasz
die frühere Aevvrzugung der lnlenkierlen Kinder zu
einer unberechkiglen Bennchkeiligung der anderen
führen muszke. Die Ziele ivaren fiir den Durchschnikt
zu hoäz gesteclil, die Durchführung erwies sich für
ihn als zu schwierig. Nicht Künstler will die neue
Melhode erziehen, sondern sie will sich mehr und
mehr den andern Uiikerrichksfächern anschlieszen, um
die innerliche Welt der Kinder zu verbreikern und
zu verliesen. Wenn sie in der Zeichenstunde nach
sreier Wahl schafsen dürfen, wird ihre Phanlasie
nujzerodentlich angeregl, mehr als in mnnchen ande-
ren Fächern und vor allem auch auf die am meisken
ursprünglichen Anlngen und Fähiglieilen hingelenlit.
Der Zeichenunlerrichl bezweclil also eine Anspnn-
»ung und Vereicherung des Geisteslebens der Kin-
der, nicht die ausschlieszliche Erziehung werdender
Kllnsller. Daneben abec svll die pralilische Äeläli-
guiig eine Grundlage im Hnndwerlilichen geben, da-
mit die Schüler späler darciuf aufbauen liönnen, wenn
sie in das Wesen der Kunst tiefer eindringeii oder
sie gnr als Leliensberuf ausiiben wolien.

Beränstaltek wurde die „Oskmärliische Schulliunst-
auSskellung" von der ArbeilSgemeinschaft oskmärlri-
scher Zeichenlehrer in den Aäuinen des Mohlfahrks-
hauses (2. Stock) vom 12. bis 16. April. Sie war
von 0 bis 10 Uhr geöffnet. 3ede Schule bekeiligke
sich mik 15 eingeieichkeii Arbeiten der verschieden-
slen Arbeitsgebiete: Behnndlung sreier Themen in
Farbe und Zeichnung, Stuüien nach dec Nalur, 3llu-

strationen, Linol-Schnitte, 2!adierunge>i, Kunstschrift,
Linearzeichnen, Plastih und Werliarbeiten. Das
Werbeplaliat war nach dem Entwurf eines Lands-
berger Schülers nngeferligt. Zeigte sich hierin bereits
eine pralitische Berwertung des Geleriilen, so war
es sehr zu begrüßen, dasz der Aufsorderung deS
Plakats, die Ausstellung zu besichtigen, von vielen
Seiken Folge geleisket wurde. An dieser Ausltellung
wnren beteiligt: Gpmnasium Küskrin a. O., Friede-
berg-Nm., Königsberg.Nm., Landsberg a. W., Neal-
schule zu Schönlanke, Lyceum zu Kllstrin n. O., Atäd-
chen-NNttelschule zu Landsberg a. W.

(Aus dem Landsberger General-Anzeiger vom
13.April 1928.)

3. ^l.: Nob. Burkhardt,
Aknd. Zeichenlehrer,
Friedeberg-Nm.

Wie 3sa die Nachk enkdeckke.

AuS HnnS Thoma: „3m Winker des Lebens".

Die Hilflosigkeit, die ein Menscheiiseelchen hat, das
neu auf die Welt gekommeii Und so fremd auf ihr
ist, zieht uns zu ihm hin. Wir m ü s s e n ihni ja hel-
fen, denn es geht gar lang, bis es sich in üer Neali-
läl der Welt zurechlfindel. Es niusz gar viele Pro-
ben nnslellen, um sich nur die allernöligslen Kennt-
nisse anzueignen, und schlies>lich »ius> es doch alleS
selber sinden. Wir sreuen nnS, wenn das Kind uns
sröhlich entgegenlacht, und freuen uns an seinem Ge-
baren, wenn wir merke», dasz es sicherfrech die Welt
als eine gegebene Talsache aussaszl. Freilich sieht
unS so ein Kinderauge meislens auch jo sragend an
wie^ein Tierauge. Ilnd wenn wir aujrichlig sind, jo
müssen wir auch beim Kinde jagen: eü isl eigenllich
ganz wenig, waä wir D i r sagen liönnen; liannst Du
uns nichiS sagen, Du neues Seelchen, das ja so
ganz kurz erst aus der Ilnendllchkelt zu uns ge-
lioinmen ist? Weiszk Du nichlS mehr? —

Nun will ich erzählen, und zwar worlgelreu, wie
Lisa, ein zweieinhalbjührigeS Mädchen, das schvn
rechk viele Worte gebrauchen lionnke, die Nacht ent-
deckt hat, und wie sie in ihrem Vetllein im Dunkeln
ein Nachklied gedichtek hal.

Zu der Zeik, da die Svmmerkage anfnngen kürzer
zu werden, war sie länger auf. Das Lichk brannte
im Zimmer, die Tllr, die direkt in den Garken geht,
sland ossen, da sah sie aus einmnl in die Dunkelheit
hinaus und sagle verwunderl, sasl sragend: „Ltacht
drausjen! 3sa sehen, wie Llnchl isl." Damik wak-
schelle sie zur Tiire hinaus, liehrte gleich wieder um:
„Drausjen Nacht, im Garlen Nacht, überall Nachtl"
Sie trippelte wieder hinnns bis an das Gikterlor des
Garlens, zu sehen, ob vor dem Tor im Wald auch
Nacht sei, sie kam wieder und verkllndele uns:
„Draujzen übernll Nachk, im Wald nuch Nacht, was
isl auch dnS? — ganz Nnchl!" Sie wollle aber sehen,
ob auf der andern Seile deü Hnnses auch Nacht sei,
und ich nahni sie auf den Llrm und lrug sie durch das
dunkle Gebüsch ins Geinüsegärllein. Da war auch
Nacht, aber sie sah den Himmel über sich und die
Skerne so hoch droben: „Da Skernlein, dort auch
Sternlein, grosze Sternlein, klelne Slernlein," sie
enkdeckte iinmer mehr, sie war voll Berivundecung
und voll Staunens: „Nacht, iiberall Nachl! Was ist
denn das? Biele Sternlein."

Sie wurde zu Bekt gebrachk. Sie war ganz skill.
3n der Nacht wachle sie ans nnd sing an zu sprechen,
meine Schwester hörle ihr zu. Lisa sühlle sich aber
 
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