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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 12 (Dezember 1928)
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Lenz, H.: Eduard Steigerwaldt: Das Lehr- und Lernbare des Zeichnens: [Rezension]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0377

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318-


uiid GestalluugSunkerrlcht oder Kuustuulerrlcht aude-
rerseitS stliuutt er mik uuS vollkouimeu ülierelu. Diese
Aeurteiluuci enkspriiiüt einer liefereu ErkeuutniS des
Weseus der Kuust als wir sle frtiher hatteu.

Kerscheusleiuer halle, alS er vor ruud 24 Iahreu
selu obeuueuauuleS Auch schricb, diese GesiuuuuL
sicher uoch uicht. AlS er dle Gruudsähe seines Zeicheu-
uulercichls aufstellte, silaubte er wohl — geuau wie
Pestalozzi mik seinen Zeicheuuulerrlchksvcrsucheu —
deu „Pulsschlag der Kuusl" gefuudeu zu haben. Weuu
er sich uiu dle Gesehe des oruameutaleu Gestalteus
beiuühte, so fas;te er dieS sicher als orgauischeu Wei-
terbau seiues Zeichenuuterrlchks auf. Dagegen weifz
St„ dafz das „schmückeude" Zeichueu, von dem wir
später uoch reden, innerhalb seines Zeichenunter-
rlchls uur „Gast" seiu liauu. Iusoferu ist er über Ks.
Erkeuuluisse hluausgewachseu. bn allcm Uebrigeu
befiudet er slch aber iu vvllsläudiger geistiger Hvrig-
keik vou ihm.

Das isl wohl auch der Haupkgruud, daß er mit dem
eigeutricbigeu Gestalkeu des Kiudes ulchl vlel auzu-
saugeu welfu Vou deu Aestrebuuge», es ualur-
gemüfz weiter zu eulwlckelu, dem heute uuser gröfzles
Aemüheu gilt, hält er sich feru: „ES kaun vom
Skandpuultt des ZeichenuukerrichlS abgewarket wer-
deu, waS vou deu ueueu Erkeuutuisseu im Volks-
bewufzlselu Wurzel zu fasseu vermag." Das ist rccht
einfach uud beguem. Freilich „vom Slaudpuultt des
ZeicheuuuterrichtS" kauu mau auch wohl abwarteu.
2st das aber eiu Staudpunkt, den eiu Erzieher eiu-
uehiueu darf, der das Gauze sieht? Voui Skandpuultt
der ckigeud und des VolkeS aus — und das ist der
eiuzige, überrageude Staudpuultt, deu eiu Volks-
erzleher eiuuehmeu kauu -- dars mau ebeu ulchl
abwarleu, weuu mnu eiue er.rieberlscbe Mafzuahme
für uokweudig erkanut hat uud Verpflichkuug sühlt.

Sk. läfzt die „frele Kiuderzeichuuug" das „maleude
Zelchueu" swill der diimme Ausdruck imiuer uoch
uichl verschwiudeu?) uur iu deu vler ersteu Schul-
jnhreu iu Verbiuduug mik der Heimalkuude als Aus-
druckShilfe gelleu. Er meiut zwar, die ursprüugliche,
lriebhaste Zeicheukäligkelt deS Kiudes sei zum Wachs-
liim der KludeSscele uolweudig, sie werde aber ab-
gelegt, weuu die Greuze des Kiuderlaudes über-
schrllleu werde. Dnfi liiudlicheS Geslalken vvr allem
Selbstzweck selu will, uichl uur Hllssmittel, um
WlsseuSskoff zu erarbeikeu uud Vegriffe zu kläreu,
ist ihm osscubnr uoch uicht klar gewordeu: auch hnl
er jedeusallS uoch uichl dnrüber uachgedachk, wie aus
dem kiudlicheu Geslalleu das jugeudllche Geskalleu
zu eukwickelu ist.

Wie weuig er iu das Weseu des kiudlicheu Ge-
slalleus alS elucr Vorskelluugslelstiing eiugedruugeu
ist, gehk auS seluer Vehaupluug hervor: „Das Er-
iuueruugsblld ist lypisch sür die spoukaue, freie
Kiuderzeichuuug" (S. 12). Sk. bleibk ebeu K. kreu,
der troh aller ausüuglicheu Merljchätzuug der „sreieu
Kiuderzeichuuug" sie schliefzllch ebeu doch mll dem
lutLllektualistisch und ualuralistisch geschulleu Auge
des Makhemalikers uud NaturwisseuschnfklerS be-
trachtete (uud heute uoch belrachtek). Daruui ver-
lnngte er vou der Schülerzeichuuug vor allem „Nich-
kigkeit", eineu möglichst präzisen, mit wenig Mikteln
erreichbareu Ausdruck uud melute, der Zeicbeuunker-
cicht dürfe sich so wenig wie ein auderer Uuterrlcht
uur mit Anuäheriingeii beguügeu, souderu er müsse
seine Aufgaben so wähleu, dafz der lesjle Grad der

Geuauigkeit bei der llberwiegeudeii Zahl der Kinber
erreicht werdeu kanu. (Siehe sciu Buch: „Die Lut-
wicklung der zeichnerischen Begabnng").

Diese Gesinuung Ks. hat aber uur ein Anrecht bei
dem nuf bewuszkes Beobachten und Darskellen ab-
zieleudeu Zeichenuiiterricht. Hier eiilspilcht sie auch
uuserer Auffnssuug; auch wir siud der Ausicht, dasz,
weuu schon nach der Natur beobachtet uud dargeskellk
wird, das uichk gewisseuhafk geuug gescheheu
kaun: von elneui uur ungefähreu Darstellen in rykh-
mlscheu Llnienschwüngen, das gegenwärkig vou mau-
cher Seike vertrekeu wird, halleu auch wir uichl das
Mindeste. Aber dieser Maszstab muf, vollstüudig ver-
sagen, wenn wir ihn an das phantasiemäfzige Ge-
stalken des Schülers anlegeu.

Das ist auch die Ursache, warum Kerscheusteluer
uud seiu Ausleger St. mik dem Zeichueu vou Mcusch
uud Tier ulchls auzufangeu wisseu. K. war der
Ueberzeuguug, die Darstelluug des Meuscheu köuue
uicht Gegenstand des Volksäzulzeichnens seiu, weil
bei freien Klnderzeichnuugeu selbsk die besteu Ar-
beikeu fast imuier uur teilweise oder höchsleus im
allgemeiueu aunäherud e r s ch e i u u u g s g e m ä fz
seien. Wie kuustsremd diese Bewertuug ist, erkeuut
man sofort, wenn man an die Gestalkung won Mensch
und Tier ekwa in der romanischen Kunst denltt. Doch
sagk er gelegeullich: „DaS Zelchueu vou Tiereu uud
Nreuscheu oder Ereiguisseu, also Aufgabeu, die über
das Ausdrucksvermögeu der Kiuder hiuauSgehen,
kommt der Zeichentreude iu hohem Mafze eulgegeu.
Ein solches Abweichen vom skrengeu Gaug der zeich-
uerischeu Zuchk wird wegeu der 'ZluSlösuug der Schas-
fenSlust den ganzeu Aulerrlchl belebeu: ja eS kauu,
weuu es m!k eluer Forderuug der Iluzuläuglichkeil
der dabei eukstaudeueu Leisluugeu verbuudeu isl,
uuker Umsläudeu sogar die Hauplfrage weseullich
uukerstiiszen." Somit darf mau anuehmeu, dafz Ker-
scheusleiuer, als er seiu Vuch herauSgab, das phauta-
siemäfzige Geskalkeu im Uuterricht doch sllr uuerlÄfz-
lich hielt. Welchem Verlreler deS Aibellsschulgedau-
keus köuuke auch dle deu gauzeu Uuterricht belebeude
„Auslösuug der Schaffenslust"als unwichkig erscheluen!
Welche grosze Bedeukuug dle Phaukasie, die „syu-
lheklsche Fähigkeik uuseres BewufzlseiuS", auch sür
die Veobachluug hak, das köuueu wir bei Meumauu
leseu, deu Sl. so os! als Zeugeu aurusk. Meumauu
sagt: „Auch die Beobachtuug geliugt daher am leich-
kcskeu, wo sle iu deu Dieusk der geskalteudeu uud
eiusühlcudeu Phaulasieläligkelt deS KludeS lrlll. Dle
sormnle Vilduug eluer selbsläudigeu Phaulasie bildel
üeu Auhallspuiiltt zur Weckuug der gelsligeu Selb-
stüudigkelk überhaupk".

Auch hier solgt St. Kerscheusleiuer uach, weuu er
auregl, „Zeichueu als Ausdriick als UulerrichlS-
gruudsasz auch lu der Oberslufe (der Volkschule) zu
pflegeu, so lauge das Zukeresse des Schülers au die-
ser Art des Ausdrucks wachzuhalkeu isl". Mer aber
seiueu Weg im Ilulerricht gcht, wird die -2lus-
druckslust der Schüler bald gelökek habeu. AlS Vei-
spiele solch erlaubter Aiisdrucksgesknlkiing dürfeu wir
wohl eiuige Vorschläge auf Tafel 13 auseheu. Er
scheiuk allerdiugs die Vegriffe Ausdruck uud Piusel-
druck miteiuauder zu verwechselu. Hier taucht plösz-
llch eine Schwester des „Frih Skrichmauu" auf, eiue
mit Pinseldruckeu geformke Schemaflgur. Der Hase,
der Hcihn, das Segelschiff danebeu, ebenfalls Er-
zeugnisse Ves Pinseldruckes, siud nach selner Ausicht
 
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