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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 12 (Dezember 1928)
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Umschau / Sprechsaal / Buchbesprechungen / Schreibe in Angelegenheit / Die Beilage
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0383

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Arl zu inbeilen, heute meideu wie dus Glfk, wornuä zu
entiiehmen ist: Unser ArbeilZnebiet isk eben so schwie-
rin, dasz man nie auslernt. Aus unseren Erfahruusien
heraus sind wir mehr und mehr dazugelwmmeii, den
Kunstuukerricht, in dem wir den Schlller uniniktelbar
zum Geslnllen hiuleilen wollen (er schöpst dabei auS
der i n n e r e n Vorslellung — nakiirlich nlcht unler
Ausschlusz der Nalurformen) lilar und reinlich zu
scheiden vom Darstellen nach unmiktelbarer Anschau-
ung, bei dem es auf bewuszkes Beobachten und
sachllche Wiedergabe (vor der Natur und anS dem
GcdächtniS) anliommt.

Wir fanden, mit dieser lilaren Trennung dieneii
wir sowohl der Kunsterziehuna wie den Ansprücheu
des pralrtischen Lebens, denen unsere Schüler einst
genngen müssen und glaubeu, das gewissenhafke
Nalnrslndium in unseren Schulen zu relken gcgen-
iiber unlclaren Aestrcbungen, die seit ltahren da und
dorl immer wieder auflauchen und weder daS Ge-
skalken noch das Darskellen fördern.

Darnus lrönnen Sie, Herr AmkSgonosse B., ent-
nehmen, dns; es eineui Mikglied uuserer ^lrbeiks-
gemeiiischasl niemals elnsalle» liann, !n Ihrem Ein-
lrelen siir die Geslallung nus der V o r st e l l u n g
einen Nüclrsall zu sehen in Lehrmelhoden, die der
Gesknlknngseinheik zuwider sind und heuke unmöglich
wären. Wo hat Hils ekwas ähnliches gesngt? (Eben-
sowenig hak semand ekwas von „AuSgeskopslheil I»
den Tauben" gesngt.)

Der Künskler ist naiürlich fähig, auch unmittelbar
vor der Natur zu geskalten — vbwohl das nichk
wenlgeu zum Verhäugnis wird —: aber unsere Schü-
ler, (ich spreche immer vom Durchschnillsschüler) sind
es n i ch t. Der Ausspruch Liebermanns, den Sie an-
führe», beweisl nichls gegen unsere 'Zlussnssung. Er
isl so bedingt von Erwachseneneinslellung wle auch
von Zeiteinskellung flmpressionlsinus!). Uebrigeus
bestäligt er, das, die Frnge nnch der Nakurform
nichl die eigenklich liünsilerische dlngelegenheit ist, son-
dern die Schafsung der „ideejlen Form", nämlich
der Kunslform.

Aus unseren Lrsahrungen heraus begrüsilen wlr
eS mik Freude, das; Kornmaun in Prag so lclar und
bestimmt aussprach: Darslellen der Natur ist elwas
wesenllich andenes als Geslnllung. M o n n die
deutsche Z e i ch e n l eh r e r s chia f l d i e s e n
Gegensasj begreifk und darnach h a n-
d e l t, nur d a n n wird sle einen ku nst-
e r z i e h e n d e n Anlerrichl in die Wege
leilen li ö u n e n.

Dnsz wir nichl inil Vrilsch-Kornmann gohen, weil
„Arilsch ansängt Mode zu werden" (wovon übrigens
leider wenig zü bemerlien isk), liönncn unsere Leser
nus den Zahrgängen von „Kunsk und llugend" seit
1020 enlnehmeii, wle aus dem 1. Teil meines „Vild-
haflen Gestalkens", der vor Arilsch erschieu. EL ist
iachlich nlcht unwichlig sestzuslellen, das> wir unab-
hängig von Briksch, von nuderen Vornussesjungen aus-
gehend und nuf einem andeien Weg zu unserer
ileberzeugung liamen.

Ueber llhre Veurteilung der „Theorie der bildenden
Kunst" von Gustav Britsch wird an auderer Stclle
gesprochen werden und es wird sich zeigen, dah Sie
die Theorie, trosz aller Anerliennung im Einzelnen,
ini Kern doch miszverstehen.

Dasz wir Zeichenlehrer nur zu einem Vruchteil
Künstier, d. h. schaffende Künstler sein liünnen, das
hal gerade unsere Arbeitsgeinelnschnft schon vor

liahren in K. u»d 2. eindringtich belont. Wer sich in
38 und mehr Wochenstunden rund 400 Schülern zu
widmen hat, wie wir in Würklemberg, der liann srei-
lich seine Künstlerpersönlichlieil nicht mehr so weiker-
entwickeln, wie es wünschenswerl wäre. Das gehörl
zur Tragilr uns-ereS VeruseS. Deshalb wollen wir
auch nicht darnaä) gewerlek werden, waS wir alS Künst-
ler leisten, londern was wir als Lehrer leisten. (Die
wissenschaftsichen Lehrer sind tibrigens in der gleichen
Verdammnis. Auch sie liönnen sich neben dem Unker-
richt schöpferisch wissenschaftlich, d. h. in der freicn
Forschung auch nicht oder doch nur in bescheidenem
Masze bekäligen.) Das mus; nian aber unbedingt
verlangen: Der Zeichenlehrer soll durch Veranlagung,
Vorbildung und dauernde Uebung im liünstlerischen
Gestalken verwurzelt sein und die Schüler von hier
aus zu sördern verslehen. Wcnn wir unseren Unler-
richt nls Kunslunterricht bezeichnen, so ist das Worl
liünstlerisch hier verhälknismäsjig, bedingt und ent-
wicklungsstufenmäszig zu verstehen, wie man sa im
übrigen Unkerricht von wissenschaftlichen Fächern
sprlcht, vbwohl eigentliche wissenschnslliche Arbeil
nicht geleistet werden liann.

Äoch sind wir milVhnen einig, wenn Sie dnvor war-
nen, nllzuviel von der Kunst deS Kindes zu reden. Wel-
Necht aber haben Sie, gegen Hils'Köngeter gewendel,
in diesem Zusammenhang von „Unfug und Phrase"zu
spr-echen? Veranslalteten Sie doch Ihre ?llusslellung
in Franlifurt, lihr „Archiv sür KniisterziehunjF unler
dem Titel „Äas bildschaffende Kino". Die Einwände
von Hils und Köngeter wollken ja mit darzulun, wie
gefährlich es für die gesunde Weiter-
enkwicklung unseres Arbeitsgebie l e S
i st, wenn wir angesichls svlch bescheidener Unter-
richlsleislungen, wie sie ihrer Veurleilung vorlagen,
von „schöpferischem Gestallen", von „Neuausbau der
Nakurform", von „Durchdringung der Darskellung der
Nakurform mit dem schöpferischen Geist deS Kindes",
von ,,-Schaffung eines Neue», einer in sich bcruhen-
den Geskalkungseinheik", von „Geskalten dcü Schöncn
nus der Svnkhese von Schnuen uud Fühlen" reden.

Herr Amlsgenosse Vesjler! 2llle diese überschiveng-
lichen Ausdriiare sind Ihrem Aufsai; enlnoniiuen. Ilnd
in llhrer „Einfllhruug" in Ihre „Lichlbildserie" (Vei-
lnge von Hest 10), verweisen Sie auf diesen Aussasj
„hinsichklich deS Problems d-er Geskallung", geben alS
Ziel ührer ilnlerrichtsarbeit unler nnderem an: „Schu-
lung für Bildbau und -ausdrucli". Als Priuzip der
GeslallungSarbeik bezeichiieu Sie: Konzenlrnlion des
Vildwillens aus der Freiheit deü EiupsindenS", „Ge-
slnlkung als Dichtung", „Geslallung nlS Wcg zum Ge-
heimniS der Kunsk".

Von Zeichnungen 111- bis lljähriger Kinder rcden
Sie dork von „prächkig gerundeler Arbeik", von „ab-
soluter Sicherheik", von „reizvoller Komposikion", von
„Durchdringung der Form-en mit magischen Elemen-
ken: Wirlilichlieit und Zauberei". Ein Schüler „ge-
slalkek die Sensation des WanderzirlniS uach seiner
Ark", „Kleinsladlhäuser im wirlisnmen Konlrasl ihrer
friedlichen Bürgerlichlielt zu der erregenden Veson-
derheik des Zirkus" in „gedrängker Komposilion und
selbständiger Formgebung", ein anderer „geslallel
Meereskiefe zu einem überzeugenden Erfolg". Von
der Arbeit eines 14jährigen urteilen Sie: „er findel
im Nhylhmus des liomposilionellen, fnrbigen Auf-
baus, sowle im Zug der Linie das einzig wirlisame,
expressive Element". Vom zeichnenden Schlller sage»
Sie: „Er sitzt vvr der weiszen Leere seiner Papier-
 
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